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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 21.04.2006
Aktenzeichen: 7 Ta 2/06
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ArbGG § 85 Abs. 1 Satz 3
ArbGG § 91 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 569 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 750 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 890 Abs. 1 Satz 1
BetrVG § 23 Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 7 Ta 2/06

Stuttgart, 21.04.2006

Im Beschwerdeverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 7. Kammer -durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfeiffer ohne mündliche Verhandlung am 21.04.2006 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 09.1.2006 - 1 BV 10/02 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Die Arbeitgeberin wird verurteilt, ein Ordnungsgeld in Höhe von € 1.000,00 zu zahlen.

b) Der weitergehende Antrag des Betriebsrats wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf € 4.000,00 festgesetzt.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Sachverhalts wird in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Die Bestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 1 ArbGG steht dem nicht entgegen. Denn vorliegend ergeht nicht eine Entscheidung über eine Beschwerde im Beschluss - und somit im Erkenntnisverfahren, sondern eine solche im Zwangsvollstreckungsverfahren.

II.

Die statthafte, frist- und formgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Arbeitgeberin, über die der Vorsitzende der Beschwerdekammer allein zu entscheiden hat, ist überwiegend begründet. Die objektiv kumulativ zur Entscheidung gestellten Anträge sind jeweils zulässig, aber nur bezogen auf den Fall der Arbeitnehmerin G. vom 19.08.2005 begründet. Insoweit hat die Arbeitgeberin dem rechtskräftigen Unterlassungstitel des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 29.10.2002 (- 1 BV 10/02 -) zuwider gehandelt, weswegen ein Ordnungsgeld in Höhe von € 1.000,00 festzusetzen ist.

1. Die sofortige Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig.

Sie ist als solche statthaft (§ 83 Abs. 5, § 78 Satz 1, § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 793, § 891 ZPO) und wurde von der Arbeitgeberin fristgerecht gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt.

2. Die sofortige Beschwerde ist im vorgenannten Umfang begründet.

a) Der Antrag des Betriebsrats auf Festsetzung eines "Zwangsgeldes" gegen die Arbeitgeberin ist zulässig.

aa) Der Antrag des Betriebsrats ist bestimmt genug. Er bedarf jedoch seiner Auslegung.

(1) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, der auf jedwedes arbeitsgerichtliche Erkenntnisverfahren aber auch auf das Zwangsvollstreckungsverfahren Anwendung findet (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., Vor § 704 Rz. 5), muss der Antrag die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Damit wird der Streitgegenstand bestimmt und die Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) abgegrenzt.

(2) Hieran gemessen ist der auszulegende Antrag des Betriebsrats hinreichend bestimmt. Zunächst folgt aus der Antragsbegründung, dass der Betriebsrat objektiv kommulierend vier Anträge zur Entscheidung stellt. Er behauptet vier Zuwiderhandlungen, von denen drei zweitinstanzlich angefallen sind, derentwegen er die Zwangsvollstreckung auf der Grundlage des Unterlassungstitels des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 29.10.2002 eingeleitet hat. Dieses Verständnis trägt den beiden nebeneinander stehenden zwangsvollstreckungsrechtlichen Grundlagen des § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG und des § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO Rechnung (zum Verhältnis beider Vorschriften siehe BAG, Beschluss vom 29.04.2004 - 1 ABR 30/02 -AP Nr. 3 zu § 77 BetrVG 1972 Durchführung, zu B IV 2 b cc der Gründe). Denn darin heißt es jeweils, dass der Schuldner wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers zu verurteilen ist. Dementsprechend ist für jeden Verstoß gesondert zu erkennen.

Dass der Betriebsrat für jede Zuwiderhandlung keinen Einzelbetrag benannt hat, ist unschädlich, da ersichtlich die Verurteilung zulässigerweise in das Ermessen des Gerichts gestellt wurde.

Die rechtsfehlerhafte Bezeichnung der Festsetzung eines Zwangsgeldes ist ebenfalls unerheblich. Beide vorgenannten Bestimmungen sehen jeweils entsprechend dem Inhalt der Zuwiderhandlung ausschlussweise entweder ein Ordnungs- oder aber ein Zwangsgeld vor. Vorliegend ist das repressiv ausgestaltete Ordnungsgeld einschlägig, da der für die Zwangsvollstreckung die Grundlage bildende Titel des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 29.10.2002 auf Unterlassung gerichtet ist.

bb) Die allgemeinen zwangsvollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen, nämlich Titel, Klausel und Zustellung, liegen vor.

(1) Die allgemeinen zwangsvollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen gelten auch für eine auf § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gestützte Zwangsvollstreckung. Denn diese Bestimmung stellt keine die allgemeine Zwangsvollstreckung nach § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ausschließende Sonderregelung dar (BAG, Beschluss vom 25.08.2004 - 1 AZB 41/03 - AP Nr. 41 zu § 23 BetrVG 1972, zu B II 2 a + b der Gründe; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 26.06.2003 - 16 Ta 47/03 - LAGE § 85 ArbGG 1979 Nr. 5, zu 2 c der Gründe, mit zahlreichen Nachweisen).

(2) Grundlage der Zwangsvollstreckung ist der Unterlassungstitel des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 29.10.2002 (- 1 BV 10/02 -); er hat hinreichend vollstreckungsfähigen Inhalt. Für die Arbeitgeberin ist zuverlässig erkennbar, welche Handlungen sie zu unterlassen hat. Dem Betriebsrat als Gläubiger wurde am 02.10.2003 eine vollstreckbare Ausfertigung des vorgenannten Titels erteilt. Die Zustellung des Vollstreckungstitels an die Arbeitgeberin als Schuldnerin erfolgte von Amts wegen weit vor Antragstellung am 26.11.2002. Der Zustellung der Vollstreckungsklausel bedarf es vorliegend nicht, § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG.

cc) Der Arbeitgeberin wurde bereits im Vollstreckungstitel unter Nr. 2 seines Beschlusstenors ein Ordnungsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung in Höhe von bis zu € 10.000,00 in nicht zu beanstandener Weise angedroht.

dd) Der Betriebsrat hat auch entsprechend dem für das Zwangsvollstreckungsverfahren geltenden Enumerationsprinzip die statthafte Zwangsvollstreckungsart beantragt. Das ergibt jedenfalls die vorstehend durchgeführte Auslegung des Antrags ("Ordnungsgeld anstatt Zwangsgeld").

b) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist der Antrag des Betriebsrats nur insoweit begründet, als die Arbeitgeberin in Bezug auf die Arbeitnehmerin G. am 19.08.2005 dem rechtskräftigen Unterlassungstitel zuwider gehandelt hat. Das vom Arbeitsgericht für jeden von ihm festgestellten Fall der Zuwiderhandlung festgesetzte Ordnungsgeld in Höhe von jeweils € 4.000,00 ist unverhältnismäßig.

aa) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes ("zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen", § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG, § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO) liegen nur für den 19.08.2005 im Fall der Arbeitnehmerin G. vor.

(1) Nach § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist der Arbeitgeber auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen, wenn er der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider handelt, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der abzuweichen die Beschwerdekammer keine Veranlassung hat, ist § 890 ZPO neben § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG anwendbar, jedoch ist die Art und Höhe der zwangsvollstreckungsrechtlichen Sanktion spezialgesetzlich in § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG abschließend geregelt (Beschluss vom 29.04.2004 - 1 ABR 30/02 - a.a.O., zu B IV 2 b cc der Gründe). Danach kommt die Verurteilung zu einer Ordnungshaft nicht in Betracht. Das Ordnungsgeld ist für jede Zuwiderhandlung auf € 10.000,00 begrenzt. Im Hinblick auf den repressiven Charakter des Ordnungsgeldes ist Voraussetzung seiner Verhängung ein Verschulden der Arbeitgeberin (BAG, Beschluss vom 18.04.1985 - 6 ABR 19/84 - AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972, zu B II 3 der Gründe; BVerfG, Beschluss vom 14.07.1981 - 1 BvR 575/80 -NJW 1981, 2457, zu B der Gründe).

(2) Hieran gemessen ergibt sich folgende Erkenntnis:

(aa) Der Vortrag der Beteiligten im Fall B. rechtfertigt nicht die Annahme einer Zuwiderhandlung der Arbeitgeberin gegen den Unterlassungstitel. Denn es ist von einer fiktiven Zustimmung des Betriebsrats zum Arbeitszeit- und Pausenplan vom 05.07.2005 für den Zeitraum 01. bis 06.08.2005 auszugehen. Die Arbeitgeberin hat auf der Grundlage des § 2 der nachwirkenden Betriebsvereinbarung vom 26.07.2001 den Wochenplan für die Verkaufsstelle K-straße erstellt. Darin wurde die mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden teilzeitbeschäftigte Frau B. im Hinblick auf die urlaubsbedingte Abwesenheit von Frau N. mit 29 Wochenarbeitsstunden eingetragen. Der Arbeitszeit- und Pausenplan ging dem Betriebsrat am 11.07.2005 zu. Nach dem Vortrag der Beteiligten kann nicht davon ausgegangen werden, dass die diesbezügliche Ablehnung des Betriebsrats, dafür spricht das Schreiben vom 11.07.2005, fristgemäß bei der Arbeitgeberin eingegangen ist. Nach § 2.2 der Betriebsvereinbarung vom 26.07.2001 hat der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Ablehnung in schriftlicher oder mündlicher Form spätestens 5 Kalendertage nach Erhalt des Arbeitszeit- und Pausenplans mitzuteilen. Erfolgt keine rechtzeitige Stellungnahme, so gilt die Zustimmung als erteilt. Von der Zustimmungsfiktion ist vorliegend auszugehen. Zwar hat der Betriebsrat im Schriftsatz vom 08.03.2006 behauptet, der in Rede stehende Arbeitszeit- und Pausenplan sei noch am Tage seines Eingangs am 11.07.2005 abgelehnt worden. Anhaltspunkte dafür, dass seine Ablehnung nicht bei der Arbeitgeberin eingegangen sein soll, gebe es nicht. Dabei verkennt der Betriebsrat, dass er sich auch im zwangsvollstreckungsrechtlichen Beschlussverfahren zu den für ihn günstigen Tatsachen schlüssig zu erklären hat. Nach § 83 Abs. 1 ArbGG erforscht das Gericht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge von Amts wegen. Jedoch haben die am Verfahren Beteiligten an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Eine Amtsermittlung in alle Richtungen ist jedoch ohne weitere Anhaltspunkte ausgeschlossen (vgl. BAG, Beschluss vom 10.12.1992 - 2 ABR 32/92 - AP Nr. 4 zu § 87 ArbGG 1979, zu B II 5 c aa der Gründe; BAG, Beschluss vom 22.04.2004 - 8 ABR 10/03 - ZTR 2004, 582 - 585, zu B II 1 c cc der Gründe). Die Pflicht der Erforschung des wahren Sachverhalts darf nicht dazu führen, dass es in der Hand der Beteiligten liege, die Sachaufklärung durch zögerliche Stellungnahmen zu verhindern. Ist ein strittiger Punkt nicht mehr aufklärbar, ist die Entscheidung insoweit nach der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu treffen. Nicht erwiesene Umstände gehen zu Lasten des Beteiligten, der vom Vorliegen des Umstandes einen Vorteil gehabt hätte (Ostrowicz u.a., Der Arbeitsgerichtsprozess, 2. Aufl., Rz. 340). Dafür, dass die ablehnende Stellungnahme des Betriebsrats spätestens innerhalb von 5 Kalendertagen nach Erhalt des Arbeitszeit- und Pausenplans bei der Arbeitgeberin eingegangen ist, fehlt es sowohl an einem bestimmten Vortrag (wann wurde die Ablehnung wie wem gegenüber erklärt oder zugeleitet?) als auch an der Angabe eines Beweismittels. Aus dem Umstand, dass der in Rede stehende Arbeitszeit- und Pausenplan die Formulierung "abgelehnt" enthält, bestätigt lediglich den Inhalt des Schreibens des Betriebsrats vom 11.07.2005. Daraus lässt sich jedoch nicht eine fristgemäße Zustimmungsverweigerung entnehmen, zumal offen bleibt, von wem die Formulierung "abgelehnt" stammt.

(bb) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Bezug auf den Fall der Arbeitnehmerin G. vom 16.08.2005 nicht vor. Denn insoweit fehlt es jedenfalls an einem dem Inhaber der Arbeitgeberin zuzurechnenden Verschulden. Wie vorstehend bereits ausgeführt, bedarf es bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen im Hinblick auf den regressiven Charakter des Ordnungsgeldes eines festzustellenden Verschuldens des gesetzlichen Organs einer juristischen Person bzw. des Inhabers einer Einzelfirma (BVerfG, Beschluss vom 14.07.1981 - 1 BvR 575/80 - a.a.O., zu B der Gründe; BAG, Beschluss vom 18.04.1985 - 6 ABR 19/84 - a.a.O., zu B II 3 der Gründe). Es kann dahinstehen, ob Frau G. am 16.08.2005 abweichend vom Arbeitszeit- und Pausenplan nach 16:30 Uhr überhaupt eine Arbeitsleistung erbracht hat, und ob diese ggf. auch als Überstunde im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu bewerten ist. Denn jedenfalls kann weder ein persönliches Verschulden des Inhabers der Arbeitgeberin, Herrn S., noch ein der Arbeitgeberin zuzurechnendes Organisationsverschulden festgestellt werden. Von einem solchen kann nur dann ausgegangen werden, wenn das unterstellte mitbestimmungswidrige Verhalten der Arbeitgeberin vorsätzlich oder fahrlässig verursacht worden wäre, § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB. Ein Organisationsverschulden ist nicht allein deshalb zu vermuten, weil sich eine Arbeitnehmerin entgegen der eingetragenen und verplanten Arbeitszeit im Arbeitszeit- und Pausenplan über das Arbeitszeitende hinaus in der Verkaufsstelle aufgehalten und ggf. Arbeitsleistungen erbracht hat. Vorliegend kann weder die Anordnung von Überstunden noch deren Duldung angenommen werden. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Bezirksleiterin A. am 16.08.2005 der Arbeitnehmerin G., Verkaufsstellenverwalterin, mitteilte, die Verkaufsstelle um 16:30 Uhr zu verlassen und nach Hause zu gehen. Demgegenüber ist der Vortrag des Betriebsrats zu diesem Sachverhaltskomplex substanzlos. In seinem Schriftsatz vom 13.09.2005 behauptet er, Frau G. arbeitete an diesem Tag (gemeint ist der 16.08.2005) bis 18:36 Uhr (Bl. 339 der Vorakte). Im weiteren Schriftsatz vom 21.10.2005 heißt es, nach Kenntnis habe Frau G. an diesem Tage bis 18:36 Uhr gearbeitet (Bl. 379 der Vorakte). Der weitere Schriftsatz vom 21.11.2005 verhält sich zu diesem Komplex nicht. Im Beschwerdeerwiderungsschriftsatz vom 08.03.2006 heißt es demgegenüber, die Betriebsratsvorsitzende habe nach der Betriebsratssitzung gegen 18:30 Uhr am 18.06.2005 Frau A., Frau L., weitere Bezirksleiterin, und Frau G. in der Verkaufsstelle P., D.Straße angetroffen. Unterstellt man den Vortrag des Betriebsrats als richtig, so enthält er jedenfalls keinen Anhaltspunkt für die Annahme eines Verschuldens hinsichtlich eines mitbestimmungswidrigen Verhaltens im Rahmen der behaupteten Anordnung oder Duldung von Überstunden. Soweit die Arbeitgeberin behauptet, die Bezirksleiterin A. habe die Arbeitnehmerin G. ausdrücklich auf ihr Arbeitszeitende hingewiesen, steht diese Behauptung jedenfalls in Übereinstimmung mit dem im Arbeitszeit- und Pausenplan für den 16.08.2005 von der Arbeitgeberin festgesetzten Arbeitszeitende für die Arbeitnehmerin G.. Andere Schlüsse könnten gezogen werden, soweit in dem dem Betriebsrat vorgelegten Arbeitszeit- und Pausenplan für diesen Tag ein anderes Zeitende vorgesehen gewesen wäre. Abstrakt ist es sicherlich auch zutreffend, dass der Arbeitgeber seinen Betrieb so zu organisieren hat, dass die betriebsverfassungsrechtlich geregelten Arbeitszeitgrenzen eingehalten werden. Hierzu muss er auch die Übereinstimmung betrieblicher Abläufe mit den normativen Vorgaben der von ihm geschlossenen Betriebsvereinbarung überprüfen und erforderlichenfalls korrigierend eingreifen. Er kann sich seiner Verantwortung für die Führung seines Betriebes nicht entziehen (z.B. BAG, Beschluss vom 29.04.2004 - 1 ABR 30/02 - a.a.O., zu B IV 2 a bb (3)). Vorliegend fehlen jedoch diesbezügliche Umstände, die den Schluss zulassen könnten, dass die Arbeitgeberin derartige Verhaltensweisen von Arbeitnehmern kennt oder gar bewusst herausfordert und in der Vergangenheit keinerlei Maßnahmen ergriffen hat, um der Einhaltung der Betriebsvereinbarungen Rechnung zu tragen. In der vorliegenden Situation konnte die Bezirksleiterin davon ausgehen, dass ihre Weisung bzw. der Hinweis auf das festgelegte Arbeitszeitende im Arbeitszeit- und Pausenplan von der Verkaufsstellenverwalterin G. befolgt bzw. eingehalten wird. Tritt in der Person der Arbeitnehmerin G. künftig eine vergleichbare Konstellation ein, bedürfte es einer Darlegung der Arbeitgeberin, welche Anstrengungen sie aus Anlass des vorliegenden Falles unternommen hat, um vergleichbare Konstellationen für die Zukunft auszuschließen.

(cc) Zu Recht hat das Arbeitsgericht eine zurechenbar verschuldete Zuwiderhandlung der Arbeitgeberin gegen den rechtskräftigen Unterlassungstitel im Fall der Arbeitnehmerin G. vom 19.08.2005 angenommen. Denn die Arbeitgeberin hat die von der Arbeitnehmerin G. am 19.08.2005 betriebsvereinbarungswidrig geleistete Mehrarbeit jedenfalls geduldet. Unstreitig befand sich die Arbeitnehmerin G. jedenfalls gegen 8:30 Uhr in der Verkaufsstelle in Arbeitskleidung. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Betriebsrats führte die Arbeitnehmerin G. mit dem Bestellgerät (MDE-Gerät) Arbeiten aus. Durch die von der Arbeitnehmerin G. betriebsvereinbarungswidrig erbrachte Mehrarbeit und deren Duldung durch die Arbeitgeberfunktionen ausübenden Personen K., stellvertretender Verkaufsleiter, und A., Bezirksleiterin, ist objektiv von einer Zuwiderhandlung gegen den rechtskräftigen Unterlassungstitel und subjektiv von einem dem betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitgeber zuzurechnenden Verschulden auszugehen. Frau A. ist als Bezirksleiterin Gehilfin des Inhabers der Arbeitgeberin in Bezug auf die Einhaltung und Erfüllung der betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben innerhalb ihres Bezirkes. Denn nach § 2 Nr. 1 der nachwirkenden Betriebsvereinbarung vom 26.07.2001 ist sie für die Genehmigung des Arbeitszeit- und Pausenplans und damit auch für dessen Vereinbarkeit mit den betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben verantwortlich. Obgleich Frau G. nach dem Arbeitszeit- und Pausenplan für den 19.08.2005 erst um 9:00 Uhr ihre Arbeit hätte aufnehmen dürfen, haben sie und auch ihr Vorgesetzter Herr K. es unterlassen, den betriebsvereinbarungswidrigen Zustand durch entsprechende Anweisung zu beenden. Denn die vorliegend betriebsübliche regelmäßige Arbeitszeit (vgl. hierzu z.B. BAG, Teilbeschluss vom 26.10.2004 - 1 ABR 31/03 (a) - AP Nr. 113 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, zu B III 2 a der Gründe) begann für die Arbeitnehmerin G. nach dem Arbeitszeit- und Pausenplan für den 19.08.2005 erst um 9:00 Uhr. Die frühere Arbeitsaufnahme stellt eine Verlängerung im Sinne des Unterlassungstitels dar, die über die im Arbeitszeit- und Pausenplan vorgesehene tägliche Arbeitszeit hinausgeht und deswegen die Zustimmung des Betriebsrats erfordert hätte.

bb) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist die Festsetzung eines Ordnungsgeldes für einen Fall der Zuwiderhandlung in Höhe von € 4.000,00 unverhältnismäßig. Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von € 1.000,00 für den Verstoß der Arbeitgeberin vom 19.08.2005 ist angemessen.

(1) Nach § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG, nichts anderes gilt in Bezug auf Art und Höhe der Sanktionsmittel wegen des spezialgesetzlichen Regelungscharakters der vorgenannten Bestimmung für § 890 Abs. 1 ZPO (BAG, Beschluss vom 29.04.2004 - 1 ABR 30/02 - a.a.O., zu B IV 2 b cc der Gründe), beträgt das Höchstmaß des Ordnungsgeldes für einen Fall der Zuwiderhandlung € 10.000,00. Im Hinblick auf den repressiven Charakter des Ordnungsgeldes ist die festzusetzende Höhe einerseits abhängig von Art und Grad des Verschuldens. Andererseits beruht der vorliegend als Grundlage der Zwangsvollstreckung dienende Unterlassungstitel des Arbeitsgerichts vom 29.10.2002 auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 BetrVG, mithin also auf einem gesetzlich eingeräumten, kollektivrechtlichem Abmahnungsrecht des Betriebsrats auf Einhaltung der dem Arbeitgeber obliegenden betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten (BAG, Beschluss vom 18.04.1985 - 6 ABR 19/84 - AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972, zu B I 5 b der Gründe). Die Parallelität zwischen der individual-rechtlichen und kollektivrechtlichen Abmahnung zwingt dazu, dass auch die kollektivrechtliche Abmahnung dahin zu bewerten ist, ob der Arbeitgeber als Adressat der damit verfolgten Zwecksetzung Rechnung getragen hat (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27.12.2001 - 1 TaBV 15 c/01 - NZA RR 2002, 357 - 360, zu II 2.3 der Gründe). Da der Unterlassungstitel die Sicherung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bezweckt, ist das mitbestimmungswidrige Quantum der abgearbeiteten Überstunden für die Bemessung der Höhe des Ordnungsgeldes unerheblich.

(2) Hieran gemessen ist die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von € 1.000,00 angemessen. Die Arbeitgeberin hat die kollektivrechtliche Abmahnung durch Beschluss vom 29.10.2002 angenommen, ihr betriebsverfassungsrechtliches Verhalten mit Ausnahme lediglich einer Verfehlung vom 04.06.2003 (vgl. LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.06.2004 - 2 Ta 20/04 -) betriebsverfassungskonform bis zum Verstoß vom 19.08.2005 gestaltet. Dass die kollektivrechtliche Abmahnung entsprechende Wirkung entfaltet hat, belegt der Umstand, dass im Betrieb Pforzheim allein in der Zeit vom 01.01.2005 bis 30.08.2005 unstreitig insgesamt 11.437 Überstunden geleistet worden sind. Demgegenüber handelt es sich vorliegend lediglich um einen Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Im Lichte des Regel-Ausnahmeverhältnisses ist belegt, dass die Arbeitgeberin seit der kollektivrechtlichen Abmahnung gewillt ist, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Bereich der Überstunden zu wahren. Dementsprechend ist auch bezogen auf die vorliegende Zuwiderhandlung nicht von einer rücksichtslosen und die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats leugnenden Verhaltensweise der Arbeitgeberin auszugehen.

III.

Eine Kostenentscheidung entfällt. Auch das Zwangsvollstreckungsverfahren zählt noch zu den Beschlussverfahren des § 2 a Abs. 1 ArbGG, für die nach § 2 Abs. 2 GKG keine Kosten erhoben werden (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 26.06.2003 - 16 Ta 47/03 - a.a.O., zu 3 der Gründe).

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf € 4.000,00 festgesetzt. Insoweit wird auf die vom Vorsitzenden geteilten Gründe im Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 23.03.2006 (3 Ta 46/06) Bezug genommen.

Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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