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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 22.01.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 29/07
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 307 Abs. 1 Satz 2
BGB §§ 305 ff.
BGB § 308 Nr. 4
BGB § 612 a
ArbGG § 66 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 170 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 170 Abs. 2
ZPO § 178 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 180
ZPO § 180 Satz 1
ZPO § 182 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 418 Abs. 1
Zur Ermittlung des Leistungszwecks einer Sonderzahlung sind vorrangig ihre tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen heranzuziehen.
Tenor:

Die Berufung des Klägers sowie die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Von den Kosten der Berufung tragen die Beklagte 55 %, der Kläger 45 %.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine übertarifliche monatliche Zulage sowie eine übertarifliche Sonderzahlung.

Wegen des Parteivortrages und der Sachanträge erster Instanz wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Zahlung der Firmenzulage im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, arbeitsvertraglich sei ein entsprechender Anspruch nicht gegeben. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder § 612 a BGB liege nicht vor. Die notwendige Beteiligung des Betriebsrates sei erfolgt. Der Kläger habe aber Anspruch auf die übertarifliche Sonderzahlung aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Aus der Rückzahlungspflicht dieser Sonderzahlung bei einem Ausscheiden bis zu einem bestimmten Stichtag ergebe sich, dass die Sonderzahlung die Betriebstreue der Arbeitnehmer honorieren solle. Die Herausnahme der Mitarbeiter aus dem Kreis der Begünstigen, die einer verlängerten Arbeitszeit nicht zugestimmt hätten, sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Das Urteil ist ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 64 der Akte) an die Beklagte am 26.05.2007 in der Weise zugestellt worden, dass der Bedienstete der Firma PZU GmbH es in einen "zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt" hat, weil die Übergabe des Schriftstückes in der Wohnung bzw. im Geschäftsraum nicht möglich war. Die Berufung ist am 22.06.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und am 27.07.2007 ausgeführt worden; am 17.08.2007 hat die Beklagte vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und ausgeführt, am 26.05.2007 sei tatsächlich keine wirksame Zustellung erfolgt, da das Urteil einer Mitarbeiterin der Firma W. S. S. GmbH, einem externen von der Beklagten beauftragten Sicherheits- und Bewachungsunternehmen, das die Pförtnerloge der Beklagten verwalte, übergeben worden sei. Das Urteil sei erst am 29.05.2007 (Dienstag nach Pfingsten) von Mitarbeitern der Beklagten von der Pförtnerloge abgeholt worden. Die Poststelle im Verwaltungsgebäude sei ihre einzige Einrichtung zur Entgegennahme von Post. Diese sei nur von Montags bis Freitags besetzt. Die Mitarbeiterin der Firma W. sei als Botin des Zustellers anzusehen, weshalb die Übergabe an sie noch keine der Beklagten zuzurechnende Empfangnahme des Urteils bewirkt habe. Erst nach Zugang der Verfügung des Landesarbeitsgerichts im Parallelverfahren 6 Sa 45/07, wonach die Zustellung laut Zustellungsurkunde bereits am 26.05.2007 erfolgt sei, habe die Beklagte Anlass gehabt zu zweifeln, ob auch im vorliegenden Fall von einer Zustellung am 29.05. oder aber bereits am 26.05.2007 auszugehen sei; jene Verfügung sei dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 31.07.2007 zugegangen, weshalb jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei.

Das Arbeitsgericht habe den Zweck der von ihr gewährten übertariflichen Sonderzahlung fehlerhaft gewürdigt. Sowohl nach ihrer inneren Willensbildung als auch nach ihrem ausdrücklichen nach außen bekundeten Willen habe sie mit der Zahlung weder erbrachte noch künftige Betriebstreue belohnen wollen, sondern ausschließlich die erbrachte zusätzliche Leistung und Leistungsbereitschaft der in der 40-Stunden-Woche ohne Entgeltausgleich arbeitenden Mitarbeiter belohnt, wenn diese mindestens ein Jahr betrage. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor. Der Kläger sei mit den Arbeitnehmern, die die Sonderzahlung erhalten hätten nicht vergleichbar, da er im Gegensatz zu diesen lediglich 38,5 Stunden und nicht 40 Stunden pro Woche ohne Entgeltausgleich arbeite. Jedenfalls sei ein sachlicher Grund für die Differenzierung gegeben. Sie habe eine Differenzierung nach dem Kriterium des zeitlichen Umfanges der geleisteten und nicht gesondert vergüteten Arbeitsleistung vorgenommen und diejenigen Arbeitnehmer bedacht, die eine stärkere Belastung und einen gedanklichen Entgeltnachteil gegenüber der anderen Gruppe hätten. Sie habe den Kläger auch nicht benachteiligt, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt habe. Die Rechtsausübung durch den Kläger, nämlich die Weigerung, eine Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag zu unterzeichnen, sei für die Herausnahme aus der Sonderzahlung kein Motiv gewesen.

Die Beklagte beantragt,

1. unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 27.03.2007, Aktenzeichen 28 Ca 10340/06, soweit der Klage stattgegeben wurde, wird die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

2. Vorsorglich wird Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist beantragt.

3. Vorsorglich wird Anschlussberufung eingelegt und beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 27.03.2007, Aktenzeichen 28 Ca 10340/06, soweit der Klage stattgegeben wurde, wird die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückzuweisen und die Anschlussberufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

sowie

die Berufung der Beklagten als unzulässig zu verwerfen.

Er meint, ausweislich der Zustellungsurkunde sei das Urteil des Arbeitsgerichts bereits am 26.05.2007 zugestellt worden und bestreitet, dass die Poststelle im Verwaltungsgebäude der Beklagten die einzige Einrichtung zur Entgegennahme von Post sei. Die Beklagte müsse sich möglicherweise das Verhalten der Mitarbeiterin der Firma W. zurechnen lassen, die im übrigen auch auftragsgemäß für die Beklagte die Zustellungsurkunde in Empfang genommen habe. Jedenfalls sei die Berufung der Beklagten aber unbegründet.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Kläger am 29.05.2007 zugestellt worden. Mit der am 26.06.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und am 24.07.2007 ausgeführten Berufung rügt der Kläger, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht eine Maßregelung durch die Anrechnung der Tariflohnerhöhung auf die übertarifliche Zulage verneint. Diese verstoße auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Anrechnungsvorbehalt halte auch einer Klauselkontrolle nach den §§ 305 ff. BGB nicht stand.

Der Kläger beantragt,

1. auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 28 Ca 10340/06, vom 27.03.2007 teilweise abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 350,00 EUR brutto nebst Zins in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2007 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers und die der Beklagten sind vom Arbeitsgericht zugelassen worden und damit statthaft. Sie sind beide auch im übrigen zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Berufung der Beklagten:

a) Die Berufung der Beklagten ist rechtzeitig eingelegt und ausgeführt. Die am 27.07.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufungsbegründung wahrt die Frist des § 66 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, da von einer Zustellung des arbeitsgerichtlichen Urteils an die Beklagte am 29.05.2007 auszugehen ist:

Nach § 170 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO hat die Zustellung bei anwaltlich nicht vertretenen juristischen Personen an deren gesetzlichen Vertreter oder deren Leiter zu erfolgen. Wird die vorgenannte Person in ihrem Geschäftsraum nicht angetroffen, kann das zuzustellende Schriftstück einer im Geschäftsraum beschäftigten Person zugestellt worden (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Ist danach die Zustellung nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist (§ 180 Abs. 1 ZPO). Über die Zustellung ist eine Urkunde anzufertigen (§ 182 Abs. 1 Satz 1 ZPO), die als öffentliche Urkunde vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen begründet. Diese Beweiskraft reicht nur soweit, wie gewährleistet ist, dass die zur Beurkundung berufene Person die Tatsachen selbst verwirklicht oder aufgrund eigener Wahrnehmung zutreffend festgestellt hat; sie erfasst keine außerhalb dieses Bereiches liegenden Umstände. Daher vermag beispielsweise die Urkunde über eine Ersatzzustellung nicht den Urkundenbeweis dafür zu bringen, dass der Adressat unter der Zustellungsanschrift wohnt. Ebenso wenig bezieht sich die Beweiskraft auf die Tatsache, dass die Person, der die Sendung zur Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO übergeben wurde, damals wirklich zu den Bediensteten der Adressatin gehörte.

Aus diesen Grundsätzen ergibt sich, dass das arbeitsgerichtliche Urteil nicht wie in der Postzustellungsurkunde vermerkt am 26.05.2007, sondern erst am 29.05.2007 zugestellt worden ist. Der von der Beklagten glaubhaft gemachte chronologische Ablauf des Zustellvorgangs unterliegt nicht der Beweiskraftwürdigung des § 418 Abs. 1 i. V. m. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Die bei der mit Hoheitsbefugnissen ausgestatteten Firma PZU GmbH (beliehener Unternehmer) beschäftigte Zustellungsperson hat nämlich die in der Postzustellungsurkunde vermerkten Tatsachen nicht aufgrund eigener Wahrnehmungen zutreffend festgestellt. Die Zustellungsperson hat weder festgestellt, ob die an diesem Tag die Pförtnerloge der Beklagten verwaltende Frau M. beschäftigte Person im Sinne des § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist noch hat sie festgestellt, ob die Pförtnerloge von der Beklagten für den Postempfang eingerichtet ist (§ 180 Satz 1 ZPO):

Eine Zustellung erfolgte am 26.05.2007 nicht durch Übergabe des Schriftstückes an eine in der Pförtnerloge der Beklagten beschäftigte Person. Zum einen hat der Zusteller ausweislich der von ihm selbst gefertigten Postzustellungsurkunde eine Ersatzzustellung gem. § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht vorgenommen. Er will das Urteil vielmehr "in dem zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt" haben. Zum anderen handelt es sich bei der die Pförtnerloge zum damaligen Zeitpunkt verwaltenden Beschäftigten der Firma W. S. S. GmbH um keine "dort beschäftigte Person" im Sinne des § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Dort beschäftigt ist, wer im Geschäftsbetrieb des Zustellungsadressaten zur Leistung von Diensten angestellt und im Geschäftsraum mit der Entgegennahme der Post beschäftigt ist (Zöller, ZPO, § 178 Rn. 18). Nach den nicht bestrittenen und im übrigen eidesstattlich versicherten Ausführungen der Beklagten war Frau M. nicht bei der Beklagten, sondern bei der Firma W. S. beschäftigt, was für den Zusteller auch ersichtlich war. Darüber hinaus hatte diese den Zusteller ausdrücklich darauf hingewiesen, sie sei nicht berechtigt, Zustellungen zu quittieren.

Eine Ersatzzustellung nach § 180 ZPO ist am 26.05.2007 ebenfalls nicht bewirkt worden. Das Urteilskuvert ist nicht in einen zu den Geschäftsraum gehörenden Briefkasten eingelegt worden, sondern wurde in der Pförtnerloge hinterlegt. Diese ist keine einem Briefkasten vergleichbare ähnliche Vorrichtung. Es ist eidesstattlich versichert und von dem Kläger auch nicht bestritten, dass die Beklagte im Erdgeschoss des Gebäudes S.straße eine eigene Poststelle eingerichtet hat, die jedoch Samstags nicht besetzt ist. Diese eidesstattlich versicherten Behauptungen der Beklagten stehen der nicht der Beweiskraftwirkung unterfallenden Niederschrift in der Postzustellungsurkunde entgegen. Denn nach dem Wortlaut des § 180 Satz 1 ZPO muss die "ähnliche Vorrichtung" vom Zustellungsadressaten objektiv dem Postempfang gewidmet sein.

Nachdem die Berufung damit rechtzeitig und auch im übrigen zulässig ist, fallen der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist sowie die Anschlussberufung nicht zur Entscheidung an.

b) Die Berufung der Beklagten ist aber nicht begründet. Die Entscheidung der Beklagten, nur an die Mitarbeiter, die der Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zugestimmt haben, eine über die tarifliche Sonderzahlung hinausgehende freiwillige Sonderzahlung im November 2006 zu leisten, verstößt gegen den von der Rechtsprechung entwickelten Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser besagt, dass der Arbeitgeber, der aufgrund eines Freiwilligkeitsvorbehalts in seiner Entscheidung frei ist, ob und unter welchen Voraussetzungen er seinen Arbeitnehmern eine zusätzliche Leistung gewährt, an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden ist, wenn er nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln freiwillig Sonderzahlungen leiste. Er darf einzelne Arbeitnehmer nicht sachfremd gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage schlechter stellen. Gewährt der Arbeitgeber aufgrund einer abstrakten Regelung eine freiwillige Leistung nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip und legt er gemäß dem mit der Leistung verfolgten Zweck die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistung fest, darf er einzelne Arbeitnehmer von der Leistung nur ausnehmen, wenn dies sachlichen Kriterien entspricht. Arbeitnehmer werden dann nicht sachfremd benachteiligt, wenn sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, diesen Arbeitnehmern die den anderen Arbeitnehmern gewährte Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbestimmung einer Sonderzahlung ergibt sich vorrangig aus ihren tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen wobei die Bezeichnung nicht allein maßgeblich ist. Ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt kann der benachteiligte Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmer behandelt zu werden (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. AP BGB, § 611 Gratifikation Nr. 265).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Beklagte gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Sie hat zwei Gruppen von Arbeitnehmern gebildet, und zwar die Gruppe derjenigen, die einer Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zugestimmt hat und die Gruppe derjenigen, die dies nicht getan haben. Der einen Gruppe wurde eine zusätzliche Leistung - unter bestimmten Bedingungen - gewährt, der anderen nicht. Es bestehen bei der Beklagten nicht etwa zwei Entgeltsysteme, sondern es gibt Arbeitnehmer mit unterschiedlich langer Arbeitszeit bei gleicher Vergütung. Es ist nicht unüblich, dass im Laufe der Zeit je nach der wirtschaftlichen Situation des Betriebes und des Arbeitsmarktes - gegebenenfalls auch je nach den Wünschen der Arbeitnehmer - unterschiedliche vertragliche Bedingungen nebeneinander für die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit bestehen. Dies allein schafft keine unterschiedlichen Vergütungssysteme. Gründe, die es nach dem Zweck der Leistung unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen Arbeitnehmergruppe, die der anderen Gruppe gewährte Leistung vorzuenthalten, bestehen nicht.

Die Beklagte hat im Aushang über die Sonderzahlung von November 2006 ausgeführt, dass sich die Geschäftsleitung entschlossen habe in diesem Jahr eine freiwillige Sonderzahlung denjenigen Beschäftigten zu gewähren, die der arbeitsvertraglichen Einführung der 40-Stunden-Woche zugestimmt hätten und dass sie mit dieser Maßnahme die besondere Leistung dieser Beschäftigten honorieren und sich auf diese Weise für den zusätzlichen Arbeitseinsatz bedanken möchte. Desweiteren trifft die Beklagte eine ausdifferenzierte Regelung der Anspruchsvoraussetzungen für die freiwillige Sonderzahlung, die auf die tarifliche Sonderzahlung aufgestockt wird, die eine Stichtagsregelung sowie einen Rückzahlungsvorbehalt enthält, wenn das Arbeitsverhältnis bis zum 31.03. des Folgejahres endet. In diesem Fall soll die freiwillige Sonderzahlung mit dem Bekanntwerden der Kündigung bei der nächsten Lohn-/Gehaltsabrechnung einbehalten werden. Im übrigen sollen die Bestimmungen des Manteltarifvertrages des Groß- und Außenhandels Baden-Württemberg in seiner Fassung vom 01.01.1997 auch für den übertariflichen Teil der Sonderzahlung gelten. Die Leistungsvoraussetzungen entsprechen somit den typischen Regelungen bei der Gewährung des sogenannten Weihnachtsgeldes, die vergangene Betriebstreue belohnen und zukünftige Betriebstreue fördern sollen. Auch der Verweis auf die tarifliche Regelung zur Sonderzahlung spricht dafür, dass der Zweck der Leistung dem der tariflichen Sonderzuwendung entspricht, die Gratifikationscharakter aufweist. Auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts hierzu wird Bezug genommen. Soll die Sonderleistung somit nur den Arbeitnehmern zugute kommen, die die erforderlichen Betriebszugehörigkeitszeiten aufweisen und die sonstigen tariflichen Voraussetzungen erfüllen, so treffen diese ebenso gut auf solche Arbeitnehmer zu, die der Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich nicht zugestimmt haben. Soweit die Beklagte in der Berufung ausführt, durch die weitere übertarifliche Sonderzahlung hätten im Wesentlichen die Mitarbeiter für ihre Mehrarbeit belohnt werden sollen, die in der 40-Stunden-Woche gearbeitet hätten, erscheint das nicht stichhaltig. Aus der dem Aushang für die Sonderzahlung November 2006 beigefügten Tabelle (Bl. 66 der Akte) ergibt sich nämlich, dass solche Mitarbeiter nicht in den Genuss der übertariflichen Sonderzahlung kommen, die nicht vor dem 02.12.2004 bei der Beklagten beschäftigt worden sind. Denn die Sonderzahlung wird bei einem Eintritt zwischen dem 02.12.2004 bis 01.12.2005 nicht gewährt, diese Mitarbeiter erhalten vielmehr nur die tarifliche Sonderzahlung. Damit kann der eigentliche Zweck der übertariflichen Sonderzahlung nicht die Belohnung der Mehrarbeit der Gruppe der Arbeitnehmer sein, die der Vertragsänderung zugestimmt haben. Zahlungszweck ist vielmehr die zusätzliche Leistung für Betriebstreue. Die unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmergruppen, je nach dem, ob sie in der 38,5-Stunden-Woche oder der 40-Stunden-Woche arbeiten, ist damit kein anerkennenswerter sachlicher Grund, der eine Differenzierung rechtfertigen könnte. Trotz des Eingangssatzes des Aushangs vom 27.11.2006, der die Gründe der Bevorzugung der einen Arbeitnehmergruppe nennt, ist damit nicht der eigentliche Zweck der freiwilligen Sonderzahlung festgelegt, da sich aus dem Gesamtzusammenhang und den aufgestellten Voraussetzungen eindeutig ergibt, dass die freiwillige Sonderzahlung nur zur Aufstockung der tariflichen Sonderzuwendung gedacht ist und an deren Zweckbestimmung insoweit teilnimmt. Der von der Beklagten beanspruchte angebliche Hauptzweck der Leistung, nämlich ein Ausgleich von Nachteilen im Entgeltbereich, kann ja nur bei solchen Arbeitnehmern eintreten, die entsprechende Betriebszugehörigkeitszeiten aufweisen. Ein zeitlicher Zusammenhang mit den Zeiträumen, in denen diese Arbeitnehmer bereits in der 40-Stunden-Woche gearbeitet haben, ist aus der Regelung nicht ersichtlich.

Die Berufung der Beklagten ist daher zurückgewiesen worden.

2. Die Berufung des Klägers:

Auch die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsgericht folgt dem Arbeitsgericht, auf dessen Ausführungen zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Ergänzend wird auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 01.03.2006 (AP Nr. 3 zu § 308 BGB) hingewiesen, wonach eine Vertragsklausel, die eine Zulage unter den Vorbehalt der Anrechnung stellt, ohne dass die Anrechnungsgründe näher bestimmt sind, nicht nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist und auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt.

Die Berufung des Klägers ist daher ebenfalls zurückgewiesen worden.

II.

Die Kostenentscheidung folgt dem Verhältnis des Obsiegens der Parteien.

Die Revision ist für die Beklagte zugelassen worden, da das Urteil von der Entscheidung der 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts (Urteil vom 28.09.2007, Aktenzeichen 7 Sa 47/07) abweicht. Im übrigen liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vor.

Ende der Entscheidung

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