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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 06.12.2005
Aktenzeichen: 8 Sa 40/05
Rechtsgebiete: BGB, BetrVG


Vorschriften:

BGB § 612 a
BGB § 613 a
BetrVG § 77 Abs. 3
BetrVG § 87 Abs. 1
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 8 Sa 40/05

verkündet am 06.12.2005

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 8. Kammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Kaiser, den ehrenamtlichen Richter Gläser und den ehrenamtlichen Richter Seiz auf die mündliche Verhandlung vom 06.12.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17.02.2005, Az. 4 Ca 11787/04, teilweise abgeändert:

Die Klage wird auch im Übrigen abgewiesen.

Auf die Widerklage der Beklagten wird festgestellt, dass dem Kläger ab Februar 2005 kein Anspruch auf die allgemeine Vergütungserhöhung des Jahres 2004 in Höhe von 35,00 € zusteht.

2. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

4. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für den Kläger zugelassen.

Die Parteien streiten um eine Gehaltserhöhung ab Februar 2004. Wegen des Parteivortrages und der Sachanträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 17.02.2005 (Blatt 84 ff. der Akte) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Widerklage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung Anspruch auf eine Gehaltserhöhung. Die Beklagte verletze den Grundsatz der Gleichbehandlung dadurch, dass sie Arbeitnehmer ohne "XX-Standardvertrag" wie den Kläger und solche Beschäftigte, die diesen Arbeitsvertrag hätten, unterschiedlich behandle. Sinn der Gehaltserhöhung sei der Ausgleich der inflationsbedingten Teuerungsrate. Da die Beklagte nach einem generalisierenden Prinzip diesen Kaufkraftausgleich gewähre, müsse der Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt werden. Die "unterschiedlichen Welten" der Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer mit und ohne Standard-Arbeitsvertrag seien kein sachliches Differenzierungskriterium. Zwar könnten sich die Arbeitnehmer bei abgeschlossenen Regelungskomplexen nicht jeweils unter Berufung auf das Gleichbehandlungsgebot "die Rosinen herauspicken". Bei jährlichen generellen Gehaltserhöhungen sei aber der Gleichbehandlungsgrundsatz anzuwenden. Allein der Betriebsübergang und die dadurch entstandene Vielfalt von Arbeitsbedingungen entbinde den Arbeitgeber nicht von der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer bei generellen Maßnahmen. Lediglich wenn die Vergütung des Klägers bereits eine Regelung zum Kaufkraftausgleich enthalte, könne eine Differenzierung zulässig sein. Das sei aber nicht der Fall. Das Arbeitsgericht meint, der Schutzzweck des § 613 a BGB werde in sein Gegenteil verkehrt, wenn die zulässige Berufung des Klägers auf seine alten Arbeitsbedingungen dazu führe, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz bei allgemeinen Lohnerhöhungen deshalb für ihn beseitigt werde. Ob die Betriebsvereinbarung zur allgemeinen Lohnerhöhung wirksam sei, sei unerheblich, da auch die Betriebspartner den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten müssten und der Kläger unabhängig von der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung die Gleichbehandlung mit den Kollegen, die einen Teuerungsausgleich erhielten, verlangen könne. Allerdings stehe ihm die allgemeine Erhöhung (35,00 € monatlich) nur zeitanteilig entsprechend seiner wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden (im Vergleich zu den 38 Stunden arbeitenden Arbeitnehmern mit "Standard-Arbeitsvertrag") zu. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Widerklage sei unbegründet, da der Kläger einen Anspruch auf Lohnerhöhung habe.

Das Urteil ist beiden Parteien am 13.05.2005 zugestellt worden. Mit der am 12.05.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und am 07.07.2005 ausgeführten Berufung rügt die Beklagte, der Arbeitgeber dürfe unterschiedliche Arbeitnehmergruppen - auch beim Vergütungssystem - unterschiedlich behandeln. Einschlägig sei hier das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.11.2003 (AP Nr. 15 zu § 77 BetrVG 1972 Nachwirkung), wonach unterschiedliche Vergütungssysteme angewandt werden dürften, wenn die Gruppenbildung auf sachlichen Gründen beruht. Auch die weitere Entwicklung solcher Systeme sei nicht Gegenstand der Überprüfung innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit. Lediglich die sachfremde Gruppenbildung und willkürliche Schlechterstellung innerhalb einer Gruppe sei verboten, nicht aber eine Ungleichbehandlung der Gruppen. Tatsächlich behandle die Beklagte den Kläger nicht ungleich. Sie habe dem Kläger eine Tariflohnerhöhung zum 01.06.2003 gewährt und ihm nach Ablauf der Jahresfrist (01.11.2003) den XX-Standardvertrag angeboten. Im Grunde handele es sich vorliegend um eine Stichtagsregelung, da alle Mitarbeiter, die den XX-Standardvertrag angenommen hätten, ab 01.11.2003 wie die bisherigen Mitarbeiter der Beklagten behandelt würden, die anderen aber zu den am 01.11.2002 geltenden Arbeitsbedingungen weitergeführt würden. Der allgemeine Zweck der Lohnerhöhung (Inflationsausgleich) könne nicht "systemübergreifend" zur Ungleichbehandlung führen. Die sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung bzw. der unterschiedlichen Entgeltsysteme könne nicht mit dem Argument "Inflationsausgleich" überwunden werden. Es sei unerheblich, ob ein sachlicher Grund bezogen auf den Inflationsausgleich als Zwecksetzung der Leistung vorliege; der sachliche Grund beziehe sich vielmehr auf die Zulässigkeit unterschiedlicher Vergütungssysteme. Andernfalls müsste immer der Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet werden, da die Mehrzahl der Leistungen (Sonderzahlung, Jubiläumsleistungen u. Ä.) eine gemeinsame Zwecksetzung habe. Auch der Ausschluss des Klägers (bzw. der Gruppe, der er zugehöre) von der allgemeinen Lohnerhöhung sei nicht willkürlich. Die ehemaligen C.Mitarbeiter seien insgesamt besser gestellt als die sonstigen Mitarbeiter der Beklagten, da sie im Jahr 2003 eine Lohnerhöhung von 3,1 %, 2003 von 2,6 % erhalten hätten, die Mitarbeiter der Beklagten dagegen lediglich 2 % (2002) bzw. 2,5 % (2003). Außerdem seien die Arbeitszeiten beider Gruppen unterschiedlich; auch die Altersversorgung der bisherigen Mitarbeiter der Beklagten sei niedriger, was insbesondere ältere Mitarbeiter betreffe. Da die allgemeine Lohnerhöhung auch zu einer Verbesserung der Altersleistungen führe, sei es nicht willkürlich, gerade diese Arbeitnehmer mit der ohnehin höheren Altersversorgung von der Leistung auszunehmen. Die Beklagte meint, auch bei Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung bleibe es bei der Entscheidung der Beklagten, die von C. übernommenen Arbeitnehmer von der Lohnerhöhung auszunehmen. Gerade weil § 613 a BGB zu einem schwer zu entwirrenden Knäuel mit erheblichem Streitstoff führe, sei der Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung eingeschränkt worden. Im Hinblick auf die Vorschrift des § 613 a BGB weist die Beklagte darauf hin, dass lediglich der Bestand der Arbeitsbedingungen im Zeitpunkt des Übergangs geschützt werde, aber keine Regelung für die künftige Entwicklung getroffen sei. Einen Grundsatz, wonach die übernommenen Arbeitnehmer ihre Arbeitsbedingungen behielten und außerdem mit den neuen Kollegen gleichbehandelt würden, gebe es nicht.

Die Beklagte beantragt

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17.02.2005, Az. 4 Ca 11787/04, wird abgeändert.

2. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

3. Auf die Widerklage der Beklagten wird festgestellt, dass dem Kläger ab Februar 2005 kein Anspruch auf die allgemeine Vergütungserhöhung des Jahres 2004 in Höhe von EUR 35,00 brutto

hilfsweise

EUR 32,24 brutto monatlich zusteht.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17.02.2005 wird zurückgewiesen.

Er verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts soweit der Klage stattgegeben worden ist und meint, aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Gleichbehandlungsgrundsatz sei zu entnehmen, dass der Regelfall einer rechtlich gebotenen und gerechten betrieblichen Lohngestaltung die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei und dass die Gruppenbildung nicht primär von einseitigen Interessen des Unternehmens geprägt sein dürfe; im Mittelpunkt stehe - nicht nur im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG - die innerbetriebliche Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit. Der Kläger meint, die Beklagte knüpfe mit dem Kriterium der "subjektiven Entscheidung" einzelner Arbeitnehmer im Hinblick auf unterschiedliche Vertragsmodelle an ein Kriterium an, das keine zulässige Differenzierung erlaube. Bei der allgemeinen Erhöhung des Jahres 2004 sei es um eine allgemeine Anpassung des Gehaltsniveaus im Zusammenhang mit der Erhöhung der Lebenshaltungskosten gegangen und nicht gerade um den Inflationsausgleich. Für den Kläger hätten insoweit genau die gleichen Überlegungen gegolten, wie sie die Beklagte hinsichtlich der Arbeitnehmergruppe mit XX-Standardvertrag angestellt habe. Allein eine "systemübergreifende" Anwendung der Gehaltsanhebung tue dem Gleichbehandlungsgrundsatz Genüge. Die Prüfung könne auch nicht darauf verengt werden, dass lediglich eine Willkürprüfung stattfinde. Eine "leistungsmäßige Besserstellung" der ehemaligen C.-Mitarbeiter bestreitet der Kläger als zu pauschal. Das sei auch nicht entscheidungserheblich, weil die Beklagte bei ihrer Entscheidung zur allgemeinen Lohnerhöhung auch nicht darauf abgehoben habe, wie die einzelnen Mitarbeiter tatsächlich "leistungsmäßig" stünden.

Der Kläger meint, die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11.02.2003 verstoße gegen § 87 Abs. 1 BetrVG und sei darüber hinaus nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. § 613 a BGB dürfe nicht so verstanden werden, dass die beim Übergang bestehenden Arbeitsbedingungen "festgeschrieben würden". Durch die Eingliederung der übergehenden Arbeitnehmer entstehe vielmehr eine neue betriebliche Gemeinschaft, die als solche wiederum dem betrieblichen Gleichbehandlungsgrundsatz unterliege.

Der Kläger meint, eine Kürzung der allgemeinen Lohnerhöhung wegen seiner im Vergleich zu den bisherigen Arbeitnehmern der Beklagten geringeren Wochenarbeitszeit sei unzulässig. Die Beklagte habe bei der allgemeinen Lohnerhöhung nur zwischen Vollzeit und Teilzeitkräften unterschieden; der Kläger sei aber Vollzeitbeschäftigter.

Die Beklagte habe Mitte Februar 2005 in ihrem Intranet eine Information zur "generellen Gehaltserhöhung" veröffentlicht, die dort angegebene zusätzliche Gehaltserhöhung aber wiederum nicht an den Kläger bezahlt.

Die Berufungsbegründung ist dem Klägervertreter am 18.07.2005 zugestellt worden. Mit der am 05.08.2005 eingelegten und zugleich begründeten Anschlussberufung beantragt der Kläger in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17.02.2005, - 4 Ca 11787/04 - wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger für die Monate Februar 2004 bis Januar 2005 jeweils weitere € 35,00 brutto sowie für die Monate Februar 2005 bis zum Monat vor der letzten mündlichen Verhandlung jeweils weitere € 95,00 brutto als Gehalt zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank jeweils seit dem 1. des Folgemonats zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Sie meint, die Berufung des Klägers sei unzulässig, da sie sich mit dem Urteil des Arbeitsgerichts nicht hinreichend auseinandersetze. Gemessen an der regelmäßigen Arbeitszeit bei der Beklagten arbeite der Kläger weniger und sei daher Teilzeitbeschäftigter.

Die Beklagte gewähre ab Februar 2005 den Vollzeitbeschäftigten eine Erhöhung von 60,00 € monatlich. Sie habe die Erhöhung auch für die Gruppe des Klägers geprüft, habe sie jedoch mit Rücksicht auf deren überproportionale Vergütungsanhebungen in der Vergangenheit und die unterschiedliche Altersversorgung unterlassen. Allenfalls stehe dem Kläger wiederum ein anteiliger Anspruch zu.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Die Anschlussberufung des Klägers ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet.

1. Dem Kläger steht kein Anspruch auch die generelle Gehaltserhöhung für den Zeitraum Februar 2004 bis Januar 2005 zu.

a) Der Anspruch folgt zunächst nicht aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11.02.2003 (Blatt 52 ff. der Akte), was der Kläger so auch nicht behauptet. Unabhängig von der Frage, ob diese Gesamtbetriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam ist, unterfällt der Kläger nicht ihrem Geltungsbereich, da die Beklagte nach dem 31. Oktober 2002, nämlich am 01.11.2002 in das Arbeitsverhältnis kraft gesetzlich angeordneter Rechtsnachfolge (§ 613 a BGB) eingetreten ist und der Kläger keinen "XX-Standardarbeitsvertrag" unterzeichnet hat. Der Kläger meint zwar, gerade mit diesen Kriterium werde der allgemeine Gleichheitsgrundsatz verletzt. Es käme dann eine Teilnichtigkeit der Gesamtbetriebsvereinbarung in Betracht mit der Folge, dass der Kläger gegebenenfalls Gleichbehandlung mit den begünstigten Arbeitnehmern verlangen könnte, da sich nur auf diese Weise der Grundsatz der Gleichbehandlung tatsächlich verwirklichen lässt (vgl. zur Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in einem Sozialplan: BAG AP Nr. 57 zu § 112 BetrVG 1972).

Dass dies nicht der Fall ist, wird sogleich unter b) ausgeführt.

b) Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Nach dem in Rechtsprechung und Rechtslehre allgemein anerkannten arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung ist jede unsachliche Differenzierung zum Nachteil einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen verboten. Unsachlich ist eine unterschiedliche Behandlung, die nicht aus vernünftigen und einleuchtenden Gründen, die auch die anerkannten Wertungen des Arbeitsrechts bei der kollektiven Behandlung der Arbeitnehmer beachten, erfolgt (vgl. BAG AP Nr. 18 zu § 1 betriebliches Altersversorgungsgesetz Gleichbehandlung; AP Nr. 39, 67 und 68 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere der mit der Leistung des Arbeitgebers erkennbar verfolgte Zweck (BAG AP Nr. 76 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Sachgemäße Unterscheidungen, die in den unterschiedlichen Verhältnissen der Arbeitnehmer oder durch besondere Umstände beim Arbeitgeber begründet sind, sind zulässig. Das gilt sowohl beim Abschluss des Arbeitsvertrages als auch bei der rechtlichen und tatsächlichen inhaltlichen Ausgestaltung des Einzelarbeitsverhältnisses. Eine individuelle Vereinbarung liegt dann nicht mehr vor, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, etwa wenn er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt, wenn er bestimmte Vergütungssysteme anwendet und dabei nicht nur einzelne Arbeitnehmer wegen besonderer individueller Umstände besser stellt.

Bei Anlegung dieses Prüfungsmaßstabs liegt der vom Kläger behauptete Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nicht vor. Die Differenzierung der Vergütung zwischen der Stammbelegschaft einerseits und den übernommenen Beschäftigten andererseits ist nicht sachwidrig, sondern plausibel nachvollziehbar.

Der Kläger gehört zu der Gruppe der Mitarbeiter, die bis 31.10.2002 bei der Firma C.-Computer GmbH beschäftigten und mit Wirkung zum 01.11.2002 von der Beklagten übernommenen Arbeitnehmer. Sein Gehalt richtete sich zunächst nach einem Haustarifvertrag, der neben verschiedenen Sonderregelungen an die Tarifverträge Metall Südwürttemberg/Südbaden und im Entgeltbereich an die Tarifverträge der Bayerischen Metallindustrie angelehnt war; daneben galten verschiedene Gesamtbetriebsvereinbarungen. Demgegenüber existieren bei der nicht tarifgebundenen Beklagten lediglich Gesamtbetriebsvereinbarungen, weitere Regelungsabreden bzw. Gesamtzusagen. Konkret führt dies zu einer maßgeblichen Differenz hinsichtlich der regelmäßigen Wochenarbeitszeit (35 Stunden beim Kläger im Vergleich zu 40 bzw. 38 Stunden für die Stammbelegschaft bei der Beklagten), einer für den Kläger günstigeren betrieblichen Altersversorgung als die von der Beklagten gewährten und unterschiedlichen Gehaltserhöhungen, die im Jahr 2003 beim Kläger als Tariflohnerhöhung 2,6 % zuzüglich 0,5 % Einmalzahlung betrug, im Durchschnitt der Stammbelegschaft der Beklagten aber lediglich 2,5 % (bezogen auf eine 38-Stunden-Woche). Es kann daher festgestellt werden, dass im Betrieb der Beklagten aus sachlich gerechtfertigten Gründen unterschiedliche Vergütungssysteme bestehen. Grund ist der Bestandsschutz nach § 613 a BGB einerseits und das nicht zu beanstandende Bestreben der Beklagten andererseits, ihr eigenes Vergütungssystem beizubehalten. Es liegt damit eine Teilung der Belegschaft in Mitarbeiter vor, die bereits vor dem 01.11.2002 beschäftigt waren und solchen, die mit diesem Stichtag übernommen wurden. Weitergehende Differenzierungen innerhalb der jeweiligen Beschäftigtengruppe sind damit nicht verbunden. Eine gerichtliche Überprüfung der Fortentwicklung dieses Systems nach dem Maßstab innerbetrieblicher Entgeltgerechtigkeit hat daher zu unterbleiben. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, es sei einem Arbeitgeber grundsätzlich nicht verwehrt, im selben Betrieb mehrere von einander unabhängige Vergütungssysteme anzuwenden. Allerdings dürfe er damit nicht gegen den Zweck des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verstoßen. Dieser besteht darin, die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Unternehmers orientierten und willkürlichen Lohngestaltung zu schützen. Es sollen das betriebliche Lohngefüge angemessen und durchsichtig gestaltet und die betriebliche Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit gewahrt werden. Die Verteilungsgerechtigkeit sei dabei regelmäßig nur mit Hilfe einer vergleichenden Wertung des gesamten betrieblichen Entgeltgefüges zu erreichen (BAG AP Nr. 15 zu § 77 BetrVG 1972 Nachwirkung). Bestehen aus sachlich gerechtfertigten Gründen unterschiedliche Vergütungssysteme im Betrieb, ist die weitere Entwicklung dieser Systeme im Verhältnis zueinander nicht Gegenstand der Überprüfung nach den Maßstäben innerbetrieblicher Entgeltgerechtigkeit (vgl. BAG a.a.O. unter Berufung auf BAGE 98, 323, 336).

Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte mit der allgemeinen Lohnerhöhung das Ziel des (jedenfalls teilweisen) Kaufkraftausgleichs verfolgt. Es liegt vielmehr in der Konsequenz der Eigenständigkeit zweier Vergütungssysteme, dass ein System übergreifender bewertender Vergleich einzelner Arbeitgeberleistungen zum einen mitbestimmungsrechtlich nicht geboten ist. Zum anderen ist es einem Arbeitgeber individualrechtlich nicht versagt, die gleiche Tätigkeit von Arbeitnehmern ungleich zu vergüten. Der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist keine allgemein gültige Anspruchsgrundlage. Vielmehr besteht in Fragen der Vergütung Vertragsfreiheit, die lediglich durch verschiedene rechtliche Bindungen wie Diskriminierungsverbote und tarifliche Mindestentgelte eingeschränkt ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber wie oben ausgeführt nur, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er verbietet eine willkürliche Schlechterstellung Einzelner innerhalb der Gruppen und eine sachfremde Gruppenbildung. Ein solcher Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt im Streitfall nicht vor. Die Beklagte hat dem Kläger wie allen übernommenen Arbeitnehmern angeboten, den "Standardarbeitsvertrag" abzuschließen. Das beruhte auf ihrer unternehmerischen Entscheidung, das Vergütungssystem und die sonstigen Arbeitsbedingungen ihrer Stammbelegschaft beizubehalten und die bei der Firma C. GmbH üblichen arbeitsvertraglichen Bindungen nicht mehr neu zu begründen, vielmehr möglichst abzulösen und so wenn möglich wieder zu einheitlichen Arbeitsbedingungen im gesamten Betrieb zu gelangen.

Es ist deshalb festzustellen, dass die Herkunft der Arbeitnehmer aus verschiedenen Betrieben und der Zweck der Besitzstandswahrung durch § 613 a BGB sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung beider Gruppen bilden (ebenso Hergenröder, AR-Blattei SD, 500.1; Commandeur/Kleinebrink, Betriebs- und Firmenübernahme, Rz. 402). Ein Anspruch auf Lohnerhöhung ist daher nicht gegeben.

Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, im Falle der Gewährung eines inflationsbedingten Kaufkraftausgleichs dürfe ein Arbeitnehmer nur bei Vorliegen sachlicher Gründe ausgeschlossen werden, die gerade mit dieser Zwecksetzung vereinbar sind (BAG AP Nr. 76 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Der Kammer erschließt sich der signifikante Unterschied zur Gewährung sonstiger finanzieller Leistungen nicht. Weshalb der sachliche Grund im Falle der Gratifikation oder eines Weihnachtsgeldes unabhängig vom Zweck der Leistung sein darf, im Falle des Kaufkraftausgleichs jedoch speziell mit diesem zu tun haben muss, wird in der genannten Entscheidung auch nicht näher begründet. Die Kammer geht deshalb davon aus, dass in beiden Fällen die Bildung unterschiedlicher Arbeitnehmergruppen je nach betrieblicher Herkunft zulässig ist. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Gruppe des Klägers sowohl im Jahr 2003 wie auch in dem (allerdings nur teilweise bei der Beklagten zurückgelegten) Kalenderjahr 2002 durch entsprechende Tariflohnerhöhungen im Metallbereich bereits ein relativ höheres Gehaltsniveau erreicht hatte, als dies bei der Stammbelegschaft der Beklagten der Fall war, welche in beiden Jahren hinter der Tariflohnerhöhung zurückbleibende Gehaltserhöhungen bezogen hat. Selbst bei Berücksichtigung des Zwecks der Leistung ist damit festzustellen, dass die Gruppe des Klägers bis einschließlich des Jahres 2003 bereits einen höheren Kaufkraftausgleich erhalten hatte als die Stammbelegschaft. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint es zulässig, dass die Beklagte ihrer Stammbelegschaft einen (teilweisen) Kaufkraftausgleich zukommen ließ, den hinzugekommenen Mitarbeitern der C. GmbH aber nicht.

Soweit vertreten wird, dass die betriebliche Herkunft als sachlicher Grund für die Unterscheidung der beiden Arbeitnehmergruppen im Lauf der Zeit wegfallen kann, so dass die benachteiligte Arbeitnehmergruppe dann eine Angleichung aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangen kann (Hergenröder, AR-Blattei SD, 500.1 Rz. 718; KR/Pfeiffer, § 613 a Rn. 75), ist dieser Zeitpunkt zwei Jahre nach Übernahme noch nicht erreicht.

c) Dem Kläger steht der Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Maßregelungsverbots zu. Eine Kausalität zwischen der Benachteiligung des Klägers und der zulässigen Wahrnehmung seiner Rechte ist nicht gegeben. Für die Vorschrift des § 612 a BGB ist wesentlich der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Rechtsausübung und der Benachteiligung. Neben der Ursächlichkeit im Sinne der Äquivalenz kommt es auf die subjektive Seite des Arbeitgebers an. Die (zulässige) Rechtsausübung durch den Arbeitnehmer muss der tragende Beweggrund, d. h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme oder Vereinbarung sein. Unzureichend ist es, wenn die Rechtsausübung lediglich den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet. Vorliegend ist der tragende Beweggrund für die unterlassene Gehaltserhöhung für den Kläger nicht dessen Weigerung, den Standardarbeitsvertrag zu unterschreiben, sondern die Tatsache, dass sich seine Arbeitsbedingungen - wie die der übrigen von der Firma C. GmbH übernommenen Arbeitnehmer - wesentlich von denen der Stammbelegschaft unterscheiden, und zwar zugunsten der übernommenen Arbeitnehmer. Dass die Beklagte diesen ohnehin besser gestellten Arbeitnehmern nicht eine weitere Vergünstigung zukommen lassen will, kann nicht als Maßregelung angesehen werden.

2. Die Widerklage der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Der Beklagten steht ein rechtliches Interesse an der Feststellung zu, ob dem Kläger die allgemeine Vergütungserhöhung des Jahres 2004 zusteht; der Feststellungsantrag geht über die beziffert eingeklagten Beträge hinaus.

Wie oben ausgeführt ist ein Anspruch des Klägers auf Vergütungserhöhung nicht gegeben, weshalb der Widerklage stattzugeben war.

3. Die Anschlussberufung des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet, da dem Kläger kein Anspruch auf Lohnerhöhung für das Jahr 2004 zusteht. Auf die Ausführungen unter 1. der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Für das Jahr 2005 ergibt sich keine andere rechtliche Beurteilung, weshalb die erweiterte Klage auch insoweit abzuweisen war.

Da der Kläger unterlegen ist, hat er die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Ziffern 1 und 2 ArbGG.

Gegen dieses Urteil kann vom Kläger Revision zum Bundesarbeitsgericht in Erfurt eingelegt werden. Die Revisionsschrift muss innerhalb eines Monats, die Revisionsbegründungschrift innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Berufungsurteils beim Bundesarbeitsgericht Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt eingehen.

Die Revisions- und die Revisionsbegründungsschrift müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Ende der Entscheidung

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