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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 26.08.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 60/07
Rechtsgebiete: BGB, BImSchG, KSchG, ArbGG, BetrVG, BDSG


Vorschriften:

BGB § 626
BImSchG § 58
BImSchG § 58 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 2
ArbGG § 64 Abs. 2c
BetrVG § 102 Abs. 1 Satz 3
BDSG § 4f Abs. 3
BDSG § 4f Abs. 3 Satz 3
BDSG § 4f Abs. 3 Satz 4
Ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter genießt Sonderkündigungsschutz und ist deshalb in eine Sozialauswahl nicht einzubeziehen.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25.07.2007, Aktenzeichen 19 Ca 10951/06, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien des Berufungsverfahrens streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung und um eine Abmahnung. Wegen des Parteivortrages und der Sachanträge erster Instanz wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts vom 25.07.2007 (Bl. 265 ff. der Akte) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage mit der Begründung abgewiesen, die Kündigung der Beklagten Ziff. 1 vom 30.11.2006 sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Die unternehmerische Entscheidung der Beklagten Ziff. 1 vom 19.07.2006, den vom Kläger besetzten Arbeitsplatz eines Versorgungsingenieurs zu streichen sei vom Gericht nur auf Willkür und offenbare Unsachlichkeit sowie darauf zu überprüfen, ob sie tatsächlich getroffen worden sei. Der Vortrag der Beklagten Ziff. 1, ihre Analyse habe ergeben, dass die Energiebereitstellung durch Erneuerung und Kapazitätsanpassung der versorgungstechnischen Anlagen für die nächsten Jahre sichergestellt sei; durch die in den Jahren 2004/2005 erfolgte Neustrukturierung der "Instandhaltung" sei zudem die technische Betreuung der Energieversorgung in ausreichendem Maße gewährleistet worden, trage die unternehmerische Entscheidung. Es gebe keinen Anlass für die Annahme, der Unternehmerentscheidung liege erkennbar kein wirtschaftlicher Zweck zugrunde. Das Arbeitsgericht ist der Behauptung des Klägers nicht gefolgt, die Umstrukturierungsmaßnahme in den Jahren 2004/2005 hätten allein dazu gedient, ihn aus dem Unternehmen zu drängen. Dass die Umstrukturierung letztlich mit dazu beigetragen habe, dass der Arbeitsplatz des Klägers aus Sicht der Beklagten Ziff. 1 verzichtbar sei, mache diese nicht zu einer willkürlichen Maßnahme. Die Beklagte Ziff. 1 habe sich auch nicht dadurch gebunden, dass die Vorlage zum Geschäftsleitungsbeschluss vom 17.07.2006 vorgesehen habe, dem Kläger einen Altersteilzeitvertrag anzubieten, zumal der Geschäftsleitungsbeschluss selbst die Vorlage insoweit nicht aufgegriffen habe. Auch die Verlautbarungen des Geschäftsführers der Beklagten Ziff. 1 in den Medien, in seinem Unternehmen gebe es keine betriebsbedingten Kündigungen, enthalte keine rechtlich bindende Erklärung im Sinne eines an die Mitarbeiter gerichteten Kündigungsverzichts. Die Kündigung sei nicht dadurch vermeidbar, dass der Kläger in einem anderen freien Arbeitsplatz beschäftigt werden könne. Die Beklagte Ziff. 1 sei insbesondere nicht verpflichtet, einen neuen Arbeitsplatz z. B. als "Facility Manager" oder Ingenieur mit Sonderaufgaben zu schaffen. Die Sozialauswahl sei fehlerfrei erfolgt. Der Kläger sei insbesondere nicht mit dem Mitarbeiter H. vergleichbar. Insoweit hätte es dem Kläger oblegen, im Einzelnen darzulegen, inwieweit er über die Qualifikationsanforderungen des als Sicherheitsingenieur und Umweltbeauftragter tätigen Herrn H. verfüge. Mit Herrn M., dem direkten Vorgesetzten des Klägers, sei der Kläger nicht vergleichbar; darüber hinaus habe er nicht vorgetragen, dass er gegenüber Herrn M. deutlich schutzwürdiger sei.

Die Betriebsratsanhörung sei fehlerfrei erfolgt. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er gegenüber drei Personen unterhaltsverpflichtet sei und diesen Umstand der Beklagten Ziff. 1 auch nicht bekannt gemacht.

Ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung vom 15.04.2005 stehe dem Kläger nicht zu, da das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten Ziff. 1 vom 30.11.2006 aufgelöst werde.

Das Urteil ist dem Kläger am 30.10.2007 zugestellt worden. Mit der am 27.11.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und innerhalb der bis 31.01.2008 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 31.01.2008 ausgeführten Berufung rügt der Kläger, für die Beklagte Ziff. 1 habe auf der Hand gelegen, dass der Kläger zum Unterhalt verpflichtet sei. Die Beklagte Ziff. 1 habe gewusst, dass der Kläger verheiratet gewesen sei, da in seiner Lohnsteuerkarte bis 2000 die Steuerklasse 3, danach Steuerklasse 1 eingetragen gewesen sei. Die Zahl der Unterhaltsberechtigten habe die Beklagte Ziff. 1 durch Nachfrage ermitteln müssen. Tatsächlich zahle er monatlich Ehegattenunterhalt von 270,00 EUR an seine geschiedene Ehefrau sowie Unterhalt für seine beiden Kinder.

Der Kläger meint, die Streichung seiner Planstelle sei rechtsmissbräuchlich und verweist auf ein weiteres arbeitsgerichtliches Verfahren, in dem er Mobbingvorwürfe gegen die Beklagte Ziff. 1 sowie seinen Vorgesetzten, den Beklagten Ziff. 2 erhebt. Dieser versuche den Kläger aus dem Unternehmen zu drängen. Er sei aus unsachlichen Gründen bei der Stellenbesetzung für den Leiter Instandhaltung im Jahr 2004 nicht berücksichtigt worden. Seine Unterstellung unter den neuen Vorgesetzten Herrn M. sei diskriminierend. Die Beklagte Ziff. 1 wisse, dass der Kläger dem Beklagten Ziff. 2 unliebsam und lästig geworden sei und deshalb aus dem Unternehmen entfernt werden sollte. Der Beklagte Ziff. 2 habe auch im Vorfeld die Auflösung des Arbeitsplatzes des Klägers und dessen Kündigung empfohlen. Der Kläger behauptet, die der Kündigung zugrunde liegende Unternehmerentscheidung sei unsachlich. Sein neuer Vorgesetzter könne das Gebiet der Versorgungstechnik und Energietechnik nicht abdecken, weil dafür ingenieurmäßiger Sachverstand erforderlich sei. Es sei auch unsachlich, Versorgungs- und Energiethemen bei zukünftigen Projekten in andere Gewerke zu integrieren; für eine besondere Nachhaltigkeit der Energiewirtschaft sei es unerlässlich, die Versorgungstechnik durch eine Projektingenieurstelle zu gewährleisten. Der Kläger schildert die Ausgangssituation für das Sachgebiet Versorgungstechnik im Jahr 1991 mit teilweise (60 %) veralteten Energieanlagen. Der Kläger habe diese Gebiete entscheidend verbessert woraus sich ergebe, dass innerbetrieblich ingenieurmäßiger Sachverstand dauernd und für unabsehbare Zeit in Zukunft unverzichtbar sei. An konkreten Projekten (2. Ausbaustufe des Blockheizkraftwerkes mit Absorptionskälte, Umbau-Druckluft, Ersatz des Kältemittels R22, Museumsbetrieb, Projekt Grundmasse - Energie) sei erkennbar, dass Entscheidungen ohne Mitwirkung eines Ingenieurs für Energietechnik und Maschinenbau fehlerhaft getroffen worden seien bzw. künftig getroffen werden sollten. Weitere notwendige Projekte habe der Kläger im August 2006 geplant und gelistet (Bl. 74 der Akte). Bei der Umsetzung dieser Themen bestehe im Betrieb weiter Beschäftigungsbedarf für den Kläger. Es gebe in Deutschland und in angrenzenden Staaten auch kein industrielles, schokoladeproduzierendes Unternehmen, das für das Gebiet der Energietechnik und maschinenbautechnische Instandhaltung nicht mindestens einen Ingenieur als Angestellten beschäftige. Die Abschaffung dieser Position bei der Beklagten Ziff. 1 sei deshalb unsinnig und unsachlich. Externe Ingenieure könnten sich nicht ausreichend und in angemessener Zeit in die betrieblichen Gegebenheiten einarbeiten. Schließlich habe die Beklagte Ziff. 1 selbst im Jahr 2003 bei der ausgeschriebenen Stelle eines Leiters Instandhaltung einen Ingenieur gesucht.

Der Kläger behauptet, seine wesentlichen Arbeitsaufgaben seien auf Kollegen umverteilt worden. Dies habe zur Notwendigkeit regelmäßiger Überstunden, insgesamt 1.000 Arbeitsstunden jährlich geführt. Stellenabbau auf Kosten der Leistung von Überstunden durch die Arbeitskollegen sei unverhältnismäßig und die entsprechende Entlassung sozialwidrig.

Der Kläger rügt die durchgeführte Sozialauswahl. Er sei mit Herrn H., der lediglich 50 Sozialpunkte aufweise, vergleichbar (der Kläger erreicht 77 Sozialpunkte). Beide Arbeitsplätze seien gleichwertig. Die Haupttätigkeit des Herrn H. sei eine solche als Sicherheitsingenieur, der Kläger habe die entsprechende Qualifikation. Er habe chemische Kenntnisse bei früheren Arbeitgebern erworben, notwendige Schulungen würden ständig angeboten und könnten von ihm innerhalb weniger Wochen absolviert werden. Als CE-Koordinator sei er ohnehin geeigneter als Herr H.. Die Tätigkeit als Umweltbeauftragter/Datenschutzbeauftragter sei in der Stellenbeschreibung des Herrn H. nicht enthalten und daher nicht ausschlaggebend für die Vergleichbarkeit, sie machten nur ca. 10 % der Arbeitszeit des Herrn H. aus. Für den Datenschutzbeauftragten sei keine Ausbildung erforderlich, sondern allenfalls eine Woche Schulung. Er sei ausgebildeter Sicherheitsingenieur, habe in der Vergangenheit sicherheitstechnisch und umweltrechtlich relevante Projekte bearbeitet und zusätzlich verschiedene einschlägige Fortbildungen absolviert. Der Kläger meint, der Datenschutzbeauftragte genieße keinen besonderen Kündigungsschutz, im Übrigen sei im Falle der betriebsbedingten Kündigung von einem wichtigen Grund für den Widerruf der Bestellung auszugehen. Zur Beschäftigung eines Abfallbeauftragten sei die Beklagte Ziff. 1 nicht verpflichtet.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25. Juli 2007, 19 Ca 10951/06, wird abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten Ziffer 1 vom 30. November 2006 nicht aufgelöst ist.

3. Die Beklagte Ziffer 1 wird verurteilt, die mit Schreiben vom 15. April 2005 erteilte Abmahnung aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Die Beklagte Ziff. 1 beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und meint, die aktuellen Unterhaltsverpflichtungen des Klägers seien ihr nicht bekannt und hätten nicht auf der Hand gelegen. Die Streichung der Stelle des Klägers sei nicht rechtsmissbräuchlich. Sie bestreitet, dass der Beklagte Ziff. 2 den Kläger aus dem Unternehmen entfernen wollte und der Geschäftsleitung dies bekannt sei. Tatsächlich habe der Beklagte Ziff. 2 versucht, ein Beratungsgespräch für den Kläger bei einem Personalberater durchzuführen, der Kläger habe den entsprechenden Coaching-Versuch aber abgebrochen. Die unternehmerische Entscheidung sei nicht unsachlich oder willkürlich. Herr M. sei bei der Beklagten Ziff. 1 ausgebildeter Elektrotechniker und verfüge über gute Kenntnisse über die Abläufe der Beklagten Ziff. 1. Sein Fachwissen sei insoweit ausreichend. Als Abteilungsleiter habe er die Fachabteilung zu führen und die Tätigkeiten zu organisieren. In allen Fachabteilungen gebe es Spezialisten. Weder Herr M. noch der Kläger beherrsche die Fachabteilungen der Instandhaltung für Schokoladenmasseanlagen, Artikelproduktionsanlagen, Verpackungsanlagen, Elektrotechnik, Energieanlagentechnik, Energie- und Gebäudetechnik und mechanische Zentralwerkstatt umfassend. Die Beklagte Ziff. 1 bestreitet, dass ingenieurmäßiger Sachverstand für die Versorgungstechnik auf Dauer notwendig sei. Instandhaltungsarbeiten würden durch die Werkstätten durchgeführt. In absehbarer Zeit gebe es keine Projekte, die das Vorhalten eines eigenen Spezialisten rechtfertigen könnten. Mögliche einzelne Projekte würden künftig fremd vergeben. Sie nimmt Stellung zu den vom Kläger genannten Einzelprojekten und meint, die vom Kläger weiter aufgelisteten notwendigen Projekte seien dies nur nach der persönlichen Auffassung des Klägers. Die Beklagte Ziff. 1 bestreitet, dass Mitarbeiter wegen der Kündigung des Klägers hätten Überstunden leisten müssen. Tatsächlich habe Herr M. im Jahr 2007 108 Überstunden, Herr R. keine Überstunden geleistet.

Die Sozialauswahl sei fehlerfrei erfolgt. Der Kläger sei mit Herrn H. nicht vergleichbar; dessen Aufgabenbereich (Sicherheit und Umweltmanagement) könne dem Kläger nicht kraft Direktionsrecht zugewiesen werden. Der Kläger sei zuletzt 1981 als Sicherheitsingenieur tätig gewesen. Im Jahr 1984 habe er Ausbildungslehrgänge durchgeführt, seither jedoch nicht mehr in diesem Bereich gearbeitet. Herr H. habe umfassende Kenntnisse der Gefahrstoffverordnung; im Haus der Beklagten Ziff. 1 würden 200 Gefahrstoffe in der Produktion, insgesamt 370 Gefahrstoffe verwendet werden. Herr H. sei besonders zuverlässig und genieße besonders hohes Vertrauen der Beklagten Ziff. 1, er sei deshalb zum Datenschutzbeauftragten bestellt worden. Er genieße als solcher besonderen Kündigungsschutz; die Stellung als Datenschutzbeauftragter müsste ihm durch Teilkündigung entzogen werden, dabei sei § 626 BGB zu beachten. Außerdem sei Herr H. gem. den §§ 58 Bundesimmissionsschutzgesetz, 55 Kreislaufwirtschaftsgesetz besonders kündigungsgeschützt. Die Beklagte Ziff. 1 beruft sich auf § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG und meint, Herr H. brauche wegen seiner besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten und seiner Leistung nicht in die Sozialauswahl einbezogen werden.

Hilfsweise sei das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Das prozessuale Verhalten des Klägers mache eine weitere Zusammenarbeit der Parteien unzumutbar. Dieser wolle nachvollziehbare unternehmerische Entscheidungen nicht einsehen. Er habe die Beklagten Ziff. 1 und 2 mit einem Mobbingprozess überzogen, in dem er unhaltbare Vorwürfe gegen sie erhebe. Er sei nicht kritikfähig, akzeptiere seinen Vorgesetzten mangels Ingenieursausbildung nicht und könne sich nicht in die neue hierarchische Ordnung fügen. Durch seine "Besserwisserei" sei er nicht integrierbar.

Die Beklagte Ziff. 1 beantragt:

Das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aufzulösen.

Der Kläger beantragt:

Der Antrag der Beklagten auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses des Klägers vom 3. März 2008 wird zurückgewiesen.

Er meint, seine durchweg sachliche Prozessführung dürfe nicht zur Begründung eines Auflösungsantrages herangezogen werden. Er habe lediglich sachliche Feststellungen betreffend die Beklagte Ziff. 1 und sein Arbeitsverhältnis getroffen und niemanden öffentlich denunziert.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe: I.

Die nach § 64 Abs. 2c ArbGG statthafte, in gehöriger Form und Frist eingelegte und ausgeführte Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Die Kündigung der Beklagten Ziff. 1 vom 30.11.2006 ist wirksam; ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung vom 15.04.2005 aus der Personalakte steht dem Kläger nicht zu.

1. Die Kündigung ist nicht wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam. Gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ist eine ohne Anhörung des Betriebsrates ausgesprochene Kündigung unwirksam. Die Kündigung ist auch dann ohne Anhörung des Betriebsrates ausgesprochen und deshalb unwirksam, wenn der Arbeitgeber ihn zwar beteiligt hat aber bei der ihm obliegenden Einleitung und Durchführung des Anhörungsverfahrens einen Fehler begeht. Das Anhörungsverfahren wird dadurch eingeleitet, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat seine Kündigungsabsicht und die dafür maßgebenden Gründe mitteilt (§ 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Zu den Mitteilungspflichten gehört zunächst selbstverständlich die Person des zu kündigenden Arbeitnehmers. Diese muss konkret bezeichnet werden; sofern sie dem Betriebsrat nicht bekannt sind, gehören - sofern dies für die Kündigung relevant ist - zur Bezeichnung der Person die grundlegenden sozialen Daten des Arbeitnehmers wie Alter, Familienstand, Kinderzahl, Beschäftigungsdauer sowie Umstände, die einen besonderen Kündigungsschutz begründen. Die Unrichtigkeit der Arbeitgeberangaben als solche führt nicht notwendigerweise zur Unwirksamkeit des Anhörungsverfahrens. Der Arbeitgeber braucht nur seine subjektiv determinierten Gründe hinsichtlich der beabsichtigten Kündigung mitzuteilen; er kann die Kündigung dann nur auf die dem Betriebsrat mitgeteilten Gründe stützen. Falls allerdings der Arbeitgeber unrichtige Angaben wider besseres Wissen macht, kann auch die Anhörung unwirksam sein. Dabei kann es sich auch um Angaben zur Person des Arbeitnehmers handeln (BAG, NZA 97, 813).

Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass dieser seiner geschiedenen Ehefrau und zwei Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet ist. Der Kläger hat in der Berufung belegt, dass zwischen ihm und seiner Ehefrau Unterhaltszahlungen in Höhe von 526,63 DM vereinbart worden sind, und dass noch am 05.12.2007 aufgrund eines Dauerauftrages 270,00 EUR monatlich an die geschiedene Ehefrau des Klägers bezahlt werden. Die Zahlungen an die Kinder der Eheleute R. sind indessen nicht belegt. Soweit dem Betriebsrat gegenüber daher mitgeteilt worden ist, der Kläger sei "unverheiratet" ist die Unterrichtung des Betriebsrates zumindest unvollständig, da die fortbestehende Unterhaltspflicht gegenüber der geschiedenen Ehefrau nicht mitgeteilt wird. Hinsichtlich der Kinder hat die Beklagte Ziff. 1 mitgeteilt, der Kläger sei "soweit bekannt keinen Kindern zum Unterhalt verpflichtet".

Darin kann keine bewusste und gewollte unrichtige Mitteilung und damit eine Irreführung des Betriebsrates gesehen werden, die zu einem unwirksamen Anhörungsverfahren führen würde. Zum einen lag der Wechsel von der Lohnsteuerklasse 3 auf Lohnsteuerklasse 1 bereits im Jahr 2000, die Kündigung ist aber erst im Jahr 2006 ausgesprochen worden. Selbst wenn eine - vom Kläger nicht benannte - mit der Anhörung des Betriebsrates befasste Person von der früheren Ehe des Klägers Kenntnis hätte, lässt das nicht den Schluss auf eine aktuelle Unterhaltspflicht zu. Der Kläger seinerseits behauptet nicht, er habe die Beklagte Ziff. 1, sei es einen Mitarbeiter der Personalabteilung, sei es seinen Vorgesetzten, darüber informiert, dass er seiner geschiedenen Ehefrau und seinen Kindern weiterhin Unterhalt zahle. Von einer bewusst falschen oder unvollständigen Betriebsratsanhörung kann daher nicht ausgegangen werden.

2. Die Kündigung ist nicht sozialwidrig, sondern durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt: Urteil vom 23.04.2008, NZA 2008, 3309) können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung insbesondere aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen) wie Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion oder von Arbeitsabläufen ergeben. Eine solche unternehmerische Organisationsentscheidung begründet ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG, wenn sie sich auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt. Die Entscheidung selbst ist nicht auf ihre rechtliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Diese Voraussetzungen liegen vor, wie das Arbeitsgericht zu Recht erkannt hat. Die Geschäftsleitung der Beklagten Ziff. 1 hat nämlich in ihrer Sitzung vom 19.07.2006 die Entscheidung getroffen, die Planstelle Versorgungstechnik gem. der Vorlage (Beschlussantrag Bl. 153 ff. der Akte) zum 31.12.2006 aufzulösen. Dem lag die Einschätzung der Beklagten Ziff. 1 zugrunde, die Ziele, die mit der Schaffung der Stelle verbunden gewesen seien (Modernisierung der teilweise veralteten Energieanlagen, Anpassung der Energieversorgung an den zukünftigen Bedarf, Planung eines Blockheizkraftwerkes und Verbesserung der Versorgungssicherheit der Fabrik) seien gem. dem Status 2006 erreicht. Die Energiebereitstellung durch Erneuerung und Kapazitätsanpassung der versorgungstechnischen Anlagen für die nächsten Jahre sei sichergestellt und die technische Betreuung der Energieversorgung durch die 2004/2005 erfolgte Neustrukturierung der "Instandhaltung" ausreichend gewährleistet. Die in den Werkstätten beschäftigten ausgebildeten Handwerker brauchten für ihre Instandhaltungsarbeiten keine ingenieurmäßigen Sachverstand. Aktuelle Projekte, die das Vorhalten eines Spezialisten rechtfertigen könnten, gebe es nicht; einzelne Projekte sollten künftig fremd vergeben werden. Die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger ist damit entfallen.

Die unternehmerische Entscheidung ist nicht missbräuchlich getroffen worden. Insoweit gilt, dass für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung spricht, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und kein Rechtsmissbrauch vorliegt (BAG, NZA 2007, 431). Deshalb hat im Kündigungsschutzprozess der Arbeitnehmer die Umstände darzulegen und im Streitfall zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die getroffene innerbetriebliche Strukturmaßnahme offensichtlich, unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Dabei zielt die Missbrauchskontrolle der unternehmerischen Entscheidung weder darauf ab, dem Arbeitgeber organisatorische Vorgaben zu machen noch darf sie dazu dienen, die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu prüfen, die den Arbeitgeber gerade zu dem von ihm gewählten Konzept geführt haben. Es geht in diesem Zusammenhang allein um die Verhinderung von Missbrauch. Verstöße gegen gesetzliche und tarifliche Normen sollen dabei genauso verhindert werden wie Diskriminierung und Umgehungsfälle. Deshalb ist es beispielsweise missbräuchlich, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unveränderten Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen oder abstrakte Änderungen von Organisationsstrukturen ohne Änderung der realen Abläufe zu benutzen, um den Inhalt von Arbeitsverhältnissen zum Nachteil von Arbeitnehmern zu ändern.

Gemessen an diesen Vorgaben war die Entscheidung der Beklagten Ziff. 1 nicht missbräuchlich. Dass sie Verstöße gegen gesetzliche oder tarifliche Normen ausgelöst hätte, ist nicht erkennbar und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Die organisatorischen Änderungen sind auch nicht etwa nur vorgeschoben. Vielmehr beschäftigt die Beklagte Ziff. 1 tatsächlich keinen Versorgungsingenieur mehr. Darüber hinaus beschäftigt sie auch keinen Bauingenieur und keinen Elektroingenieur. Das verdeutlicht die allgemeinere Zielrichtung der Beklagten Ziff. 1, Projekte, die allgemeines Ingenieurwissen betreffen, fremd zu vergeben und nur noch Spezialisten für die "Kernkompetenz", die Schokoladenherstellung am Produktionsstandort zu behalten. Deshalb kann auch das weitere Vorhandensein von Tätigkeiten, die bisher der Kläger erbracht hat, nicht zur Begründung des Rechtsmissbrauches dienen. Das ist bei jeder Fremdvergabe von zuvor im eigenen Unternehmen erledigten Arbeiten der Fall. Das Kündigungsschutzgesetz schreibt nicht eine bestimmte rechtliche oder organisatorische Form der Erledigung von Arbeiten fest.

Soweit der Kläger darauf abhebt, für den Leiter der Instandhaltung sei zusätzlich auch ingenieurmäßiger Sachverstand und Wissen über den allgemeinen Maschinenbau und die Instandhaltung erforderlich, es sei auch unsachlich, die Versorgungs- und Energiethemen bei künftigen Projekten in die anderen Gewerke zu integrieren gibt der Kläger lediglich seine Meinung über eine sinnvolle Organisation des technischen Betriebes der Beklagten Ziff. 1 kund. Wie oben ausgeführt, ist es dem Arbeitsgericht aber verwehrt, dem Arbeitgeber organisatorische Vorgaben zu machen und die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu prüfen, die zu dem gewählten Organisationskonzept geführt haben. Wenn die Beklagte Ziff. 1 der Ansicht ist, als Leiter der Abteilung Instandhaltung sei Herr M., der nicht Ingenieur ist, geeignet, so hat das Arbeitsgericht und der Kläger dies zu akzeptieren. Einer Beweisaufnahme insbesondere durch Einholen eines Sachverständigengutachtens ist die Behauptung des Klägers, wonach in dem Fachgebiet des Leiters der Instandhaltung zusätzlich auch ein Ingenieur erforderlich und unverzichtbar sei, mangels entsprechendem Tatsachenvortrag nicht zugänglich.

Auch der Hinweis des Klägers auf verschiedene Einzelprojekte verdeutlicht nicht, dass die Streichung der Stelle des Versorgungsingenieurs unsachlich sei. So obliegt es allein der Entscheidung der Beklagten Ziff. 1, ob sie die zweite Stufe des Blockheizkraftwerkes in Angriff nimmt oder dies für nicht erforderlich hält. Der Hinweis des Klägers, die zweite Stufe sei "politisch verlangt" deutet jedenfalls bereits darauf hin, dieses Projekt sei an und für sich nicht notwendig. Was an der Einschätzung der Beklagten Ziff. 1 fehlerhaft sein soll, die neue Druckluftanlage benötige nur noch Instandhaltung und keine weitere Planung, erschließt sich der Kammer nicht. Im Hinblick auf die bis 2015 laufende Frist zum Ersatz des Kältemittels R22 brauch die Beklagte Ziff. 1 insoweit auch keine aktuellen Planungen zu betreiben. Dass die Beklagte Ziff. 1 für den fertig gestellten Museumsbau noch Ingenieurleistungen benötigt, ist nicht ersichtlich. Im Zusammenhang mit dem Projekt Grundmasse Energie ist bereits nicht klar, ob nicht auch der Kläger von einem bereits abgeschlossenen Projekt ausgeht, da er von "Verlusten von ungefähr 400.000,00 EUR" wegen Doppelplanung, Verschrottung usw. spricht. Als Beleg für eine unsachliche Unternehmerentscheidung taugt dieses Projekt nicht. Hinsichtlich der weiteren, vom Kläger geplanten Projekte auf dem Gebiet der Versorgungstechnik (vgl. Liste des Klägers Bl. 74 der Akte) hat die Beklagte Ziff. 1 ihre Notwendigkeit bestritten. Die Kammer hält es auch für unerheblich, ob es, wie vom Kläger behauptet, in anderen schokoladeproduzierenden Industriebetrieben einen Ingenieur für das Gebiet der Energietechnik und Instandhaltung als Angestellten gibt.

Der Kläger hat behauptet, seine Aufgaben seien umverteilt worden, Herr M. und Herr R. die vor seinem Ausscheiden voll ausgelastet gewesen seien, hätten nun monatlich regelmäßig Überstunden in einem Volumen von 1.000 Arbeitsstunden jährlich zu leisten. Zwar stellt das Bundesarbeitsgericht an die Darlegungslast des Arbeitgebers gesteigerte Anforderungen, wenn die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben hinaus läuft (BAG, AP Nr. 123 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Der Arbeitgeber muss in diesem Fall insbesondere konkret darlegen in welchem Umfang die bisher vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen. Er muss aufgrund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können. Die unternehmerische Entscheidung der Beklagten Ziff. 1 erschöpft es sich allerdings nicht auf den Abbau einer Hierarchieebene bzw. die Streichung der Stelle des Klägers. Die Beklagte Ziff. 1 hat darüber hinaus beschlossen, die vom Kläger geleisteten Planungsarbeiten von externen Ingenieurbüros ausführen zu lassen. Lediglich soweit der Kläger mit Instandhaltungsarbeiten in weitestem Sinne betraut war, sollen Arbeiten von den einzelnen Fachwerkstätten ohne ingenieursmäßige Aufsicht erledigt werden. Die Kündigung könnte dennoch unverhältnismäßig sein, wenn wegen des Ausscheidens des Klägers tatsächlich von mehreren Kollegen Mehrarbeit in erheblichen Umfang geleistet werden müsste. Die Unternehmerentscheidung wäre dann hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit unter Umständen als unvernünftig anzusehen und es wären Zweifel an ihrer beabsichtigten Dauerhaftigkeit angebracht, zumal der Kläger ohnehin argwöhnt, seine Stelle sei nur deshalb gestrichen worden, um ihn aus dem Betrieb zu drängen.

Die Beklagte Ziff. 1 ist aber dem Vortrag des Klägers entgegengetreten und hat konkret ausgeführt, Herr M. habe im Jahr 2007 108 Überstunden, Herr R. keine einzige Überstunde geleistet. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, er habe die Anzahl der Überstunden anhand der bisher von ihm ausgeübten Tätigkeiten geschätzt. Seine Behauptung, Herr M. und Herr R. hätten im Jahr 2007 ca. 1.000 Überstunden geleistet, ist damit ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt. Dem Beweisantritt durch Vernehmung der Zeugen M. und R. war daher nicht nachzugehen.

3. Die Kündigung ist auch nicht wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam. Mit dem Kläger geht das Berufungsgericht zwar davon aus, dass der Kläger mit Herrn H. vergleichbar ist. Dieser ist als Sicherheitsingenieur tätig und übt zusätzlich die Funktionen als Umweltbeauftragter und Datenschutzbeauftragter aus, er ist weiter Koordinator für Baustellen und sogenannter "CE-Koordinator".

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehender vergleichbaren Arbeitnehmer in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen zu bestimmen, d. h. zunächst nach der ausgeübten Tätigkeit. Vergleichbarkeit besteht nicht nur bei Identität des Arbeitsplatzes, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner bisherigen Aufgaben im Betrieb seiner Fähigkeiten und Ausbildung eine andersartige aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann. An einer Vergleichbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann.

Der Kläger hat dezidiert vorgetragen, dass er ebenfalls ausgebildeter Sicherheitsingenieur ist und diese Tätigkeit an einer früheren Arbeitsstelle ausgeübt hat, auch wenn dieser Einsatz Jahrzehnte her ist. Er hat, von der Beklagten Ziff. 1 nicht bestritten, ausgeführt, etwa notwendige Schulungen würden ständig angeboten, diese können kurzfristig, d. h. innerhalb weniger Wochen absolviert werden. Soweit die Beklagte Ziff. 1 auf umfassende Kenntnisse des Herrn H. aus seiner Ausbildung als Biologe hinweist, ist nicht ersichtlich, dass solche Kenntnisse bei der Tätigkeit als Sicherheitsingenieur notwendig wären. Auch die Vielzahl der im Betrieb der Beklagten Ziff. 1 verwanden Gefahrstoffe und die Notwendigkeit der Kenntnis der Gefahrstoffverordnung hindern eine Vergleichbarkeit zwischen dem Kläger und Herr H. nicht. Zum einen kann vom Kläger als ausgebildetem Ingenieur erwartet werden, dass er sich die Gefahrstoffverordnung in absehbarer Zeit aneignet; im Übrigen hat er - von der Beklagten Ziff. 1 nicht bestritten - vorgetragen, die entsprechenden Kenntnisse seien standardmäßig im Aufgabengebiet des Sicherheitsingenieurs vorausgesetzt, er habe diese Kenntnisse aufgrund seiner früheren Tätigkeiten, von denen eine im Übrigen ebenfalls in einem lebensmittelproduzierenden Betrieb (D. G.) ausgeübt.

Die Vergleichbarkeit scheitert auch nicht daran, dass die Beklagte Ziff. 1 den Kläger nicht einseitig auf den Arbeitsplatz des Sicherheitsingenieurs versetzen könnte. Zwar sieht der Anstellungsvertrag vom 17.12.1990 (Bl. 18 ff. der Akte) in § 2 Ziff. 1 vor, dem Kläger werde der Aufgabenbereich eines Versorgungsingenieurs übertragen. In § 9 Ziff. 1 ist aber geregelt, dass die Beklagte Ziff. 1 sich "Änderungen dieses Vertrages zu den §§ 2 bis 6" vorbehält, soweit dadurch der Kläger besser gestellt oder objektiv nicht schlechter gestellt wird. Die auf der gleichen Hierarchieebene wie die des Klägers angesiedelte Position des Sicherheitsingenieurs ist keine Verschlechterung im Vergleich zu der bisherigen Tätigkeit des Klägers; jedenfalls ist eine objektive Schlechterstellung des Klägers durch eine solche Versetzung für das Berufungsgericht nicht ersichtlich.

Herr H. ist erst seit Januar 2003 und damit 12 Jahre kürzer als der Kläger bei der Beklagten Ziff. 1 beschäftigt, er ist erst 42 Jahre alt, also 14 Jahre jünger als der Kläger. Auch unter Berücksichtigung seiner Unterhaltsverpflichtungen gegenüber zwei Kindern und der Ehefrau ist er deutlich weniger sozialschutzwürdig als der Kläger.

Er ist aber deshalb in die Sozialauswahl nicht einzubeziehen, weil er als Datenschutzbeauftragter besonderen Kündigungsschutz nach dem Bundesdatenschutzgesetz genießt. Nach § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG kann die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz in entsprechender Anwendung von § 626 BGB widerrufen werden. Die weitere Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter muss danach unzumutbar sein. Dadurch soll die unabhängige Stellung des Datenschutzbeauftragten, der sein Amt weisungsfrei ausübt und wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht benachteiligt werden darf, abgesichert werden. Der Datenschutzbeauftragte soll seiner Tätigkeit im Interesse des Datenschutzes ohne Furcht vor einer Abberufung nachgehen können. Dieser Abberufungsschutz bezieht sich zunächst nur auf das dem Datenschutzbeauftragten übertragene Amt und nicht ohne weiteres auf das Arbeitsverhältnis eines zum Datenschutz beauftragten bestellten Arbeitnehmers. Ob durch diese Regelung ein besonderer Kündigungsschutz für den Datenschutzbeauftragten geschaffen worden ist, ist in Rechtsprechung und Literatur streitig. Während teilweise ein genereller Ausschluss der ordentlichen Kündigung mit § 4f Abs. 3 Satz 3 BDSG nicht vereinbar gehalten wird (vgl. z. B. Erich, NZA 1993, 248; Landesarbeitsgericht Niedersachsen, NZA RR 2004, 354 ff; Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2008, 7 Sa 46/08), wird eine ordentliche Kündigung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten wegen des vom Gesetzgeber gewollten stärkeren Schutzes von der Kommentarliteratur für unzulässig gehalten (Gola/Schomerus, BDSG, § 4 f., Rz. 40; Däubler, Kündigungsschutzrecht, § 4 f. BDSG, Rz. 15). Schließlich wird die Auffassung vertreten, der Schutz des Amtes des Datenschutzbeauftragten gebiete allein, dem Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung zu versagen, die wegen der Tätigkeit des Arbeitnehmers als Datenschutzbeauftragten erfolgen soll, eine ordentliche Kündigung aus anderen als amtsbezogenen Gründen soll dagegen zulässig sein (Erich, NZA 1993, 250; LAG Berlin, Urteil vom 27.10.1997, 17 Sa 87/97, zitiert nach Juris).

Das erkennende Gericht geht von einem Sonderkündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte aus. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass der Gesetzgeber anlässlich der Novellierung des Gesetzes im Jahr 2002 einen besonderen Kündigungsschutz - anders als etwa nach §§ 58 Abs. 2 Bundesimmissionsschutzgesetz, (ebenso für den Abfallbeauftragten, § 55 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz) nicht ausdrücklich geregelt hat. Das kann darauf hindeuten, dass der Gesetzgeber immer dann, wenn er für bestimmte Funktionsträger einen besonderen Kündigungsschutz zum Ausdruck bringen wollte, dies ausdrücklich im jeweiligen Anwendungsbereich festgeschrieben hat. Sinn und Zweck des Gesetzes sprechen indessen doch zum einen dafür, dass (auch) der Datenschutzbeauftragte besonders schützenswert ist, wie auch, dass der Gesetzgeber das erkannt hat und den im Arbeitsverhältnis stehenden Datenschutzbeauftragten auch besonders schützen wollte: Denn wenn die Voraussetzungen des § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG nicht vorliegen, das Arbeitsverhältnis jedoch nach § 1 Abs. 2 KSchG ordentliche gekündigt werden könnte, so muss man der Funktion des betrieblichen Datenschutzbeauftragten eine besondere Bedeutung beimessen, ansonsten der durch § 4f Abs. 3 BDSG vermittelte Schutz unterlaufen werden könnte: Ein unliebsamer Datenschutzbeauftragter könnte insbesondere verhaltensbedingt oder betriebsbedingt gekündigt werden und würde so auch die Grundlage für seine Kontrolltätigkeit verlieren. Für den Fall des Betriebsarztes hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 24.03.1988, DB 1989, 227) bereits entschieden, dass Hindernisse, die der Beendigung des "Amtsverhältnisses" entgegen stehen, auch vor einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses schützen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn Anlass für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein Tatbestand sei, der sich nicht von der Tätigkeit als Betriebsarzt trennen lasse. Darüber hinaus muss nach Auffassung der Kammer im Interesse der Unabhängigkeit des betrieblichen Datenschutzbeauftragten das Kündigungsverbot auch dann eingreifen, wenn die Ursache für das Auflösungsverlangen des Arbeitgebers in der sonstigen, nicht mit Datenschutz in Verbindung stehenden Tätigkeit der betreffenden Person liegt; andernfalls ließ es sich in vielen Fällen ein Vorwand finde, um eben doch an der gesetzlichen Regelung vorbei einen wenig geschätzten Datenschutzbeauftragten aus dem Betrieb zu entfernen (Däubler, Kündigungsschutzrecht, § 4f BDSG, Rz. 15 mit Literaturnachweisen).

Ist aber eine ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung des Herrn H. aufgrund Gesetzes ausgeschlossen, so scheidet er aus dem auswahlrelevanten Personenkreis aus (herrschende Meinung, vgl. KR, § 1 KSchG, Rz. 664).

Andere vergleichbare Arbeitnehmer, die weniger schützenswert wären als der Kläger sind nicht vorhanden.

Die Kündigung ist demnach sozial gerechtfertigt und wirksam. Der Auflösungsantrag der Beklagten Ziff. 1 fällt damit nicht zur Entscheidung an.

4. Nachdem das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 30.11.2006 aufgelöst worden ist, steht dem Kläger ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung vom 15.04.2005 nicht mehr zu (BAG, EZA § 611 BGB Abmahnung Nr. 32).

II.

Die Berufung des Klägers ist daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückgewiesen worden.

Die Revision ist für den Kläger zugelassen worden, da die Entscheidung von dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 16.06.2003, Aktenzeichen 8 Sa 1968/02, sowie dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 10.10.2008, Aktenzeichen 7 Sa 46/08, abweicht.

Ende der Entscheidung

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