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Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 19.09.2008
Aktenzeichen: 13 Sa 931/08
Rechtsgebiete: TzBfG, PersVG Brandenburg
Vorschriften:
TzBfG § 14 Abs. 1 Nr. 2 | |
TzBfG § 14 Abs. 2 | |
PersVG Brandenburg § 63 Abs. 1 Nr. 4 |
Damit ist gewährleistet, dass der Arbeitgeber den Sachgrund in einer etwaigen Auseinandersetzung mit dem Arbeitnehmer nicht gegen einen Sachgrund austauschen kann, zu dem der Personalrat seine Zustimmung nicht erteilt hat.
§ 14 Abs. 2 TzBfG ist aber ein andersartiger Rechtfertigungsgrund für eine Befristung als die Geltendmachung eines Sachgrundes nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. TzBfG. Das Nachschieben dieses Rechtfertigungsgrundes nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist dem beklagten Land daher verwehrt?????
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 19. September 2008 In Sachen
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 13. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. F. als Vorsitzender sowie die ehrenamtlichen Richter Herr Sch. und Herr K.
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 02.04.2008 - 8 Ca 2433/07 - abgeändert. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung zum 06.06.2008 mit Ablauf des 06.06.2008 sein Ende gefunden hat.
Das Beklagte Land wird verurteilt, den Kläger bis zu einer rechtkräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag nach Satz 2 zu den bisherigen vertraglichen Bedingungen als Programmierassistenten weiter zu beschäftigen.
II. Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Entfristung ihres befristeten Arbeitsverhältnisses vom 26.10.2006 sowie um die Weiterbeschäftigung des Klägers.
Der Kläger ist aufgrund zweier befristeter Arbeitsverträge seit dem 08.06.2006 bei dem beklagten Land Brandenburg im Landesbetrieb für D. und St. (im Folgenden: Landesbetrieb) als Programmierassistent tätig. Gemäß § 1 des Arbeitsvertrages vom 08.06.2006 wurde er "gemäß § 14 (1) Nr. 2 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge" befristet vom 08.06.2006 bis zum 31.12.2006 beschäftigt. Am 06.10.2006 bat der Geschäftsführer des Landesbetriebes den bei ihm bestehenden Personalrat gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 4 PersVG Brandenburg um Zustimmung "zur befristeten Weiterbeschäftigung" mit der Bemerkung "Herr T. H. wird gemäß § 14 (1) Nr. 2 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge und zur Änderung und Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen vom 21.12.2000 befristet vom 01.01.2007 bis 07.06.2008 als vollbeschäftigter Angestellter im Landesbetrieb für D. und St., Dezernat ..., weiterbeschäftigt."
Der Personalrat stimmte dem am 12.10.2006 zu. Am 26.10.2006 schlossen die Parteien einen weiteren Arbeitsvertrag, in dem es unter § 1 heißt:
"Herr T. H. wird gemäß § 14 (1) Nr. 2 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge und zur Änderung und Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen vom 21.12.2000 befristet vom 01.01.2007 bis 06.06.2008 als vollbeschäftigter Angestellter im Landesbetrieb für D. und St. weiterbeschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Frist, ohne dass es einer vorhergehenden Kündigung bedarf."
Mit seiner beim Arbeitsgericht Potsdam am 22.11.2007 eingegangenen und dem beklagten Land am 29.11.2007 zugestellten Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung zum 06.06.2008 mit Ablauf des 06.06.2008 sein Ende gefunden hat, und die vorläufige Weiterbeschäftigung begehrt.
Das Arbeitsgericht Potsdam hat mit Urteil vom 02.04.2008 die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Urteils und des konkreten Parteivortrags 1. Instanz auf das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam Bl. 64 bis 72 d.A. verwiesen.
Gegen dieses ihm am 15.04.2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 14.05.2008 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangene und am 21.07.2008 nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.07.2008 begründete Berufung des Klägers. Er hält die Befristung vom 26.10.2006 aufgrund der Bundesarbeitsgerichtsentscheidung vom 10.10.2007 - 7 AZR 795/06 - EZA § 14 TzBfG Nr. 41 für unwirksam, eine von dem beklagten Land für möglich gehaltene sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG für unwirksam wegen der mangelhaften Beteiligung des Personalrats.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Potsdam vom 02.04.2008 - 8 Ca 2433/07 -
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung zum 06.06.2008 mit Ablauf des 06.06.2008 sein Ende gefunden hat;
2. im Falle des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1. das beklagte Land zu verurteilen, den Kläger bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu 1. zu den bisherigen vertraglichen Bedingungen als Programmierassistenten weiter zu beschäftigen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land meint den ersten befristeten Vertrag als sachgrundlosen Vertrag nach § 14 Abs. 2 TzBfG und den zweiten Vertrag als dessen Verlängerung im Sinne von § 14 Abs. 2 TzBfG auslegen zu können. Wie das Arbeitsgericht Potsdam ist es der Auffassung, dass der rechtlich unzutreffende Hinweis auf einen "verbrauchten" Befristungsgrund für die ordnungsgemäße Information des Personalrats unschädlich sei. Der Arbeitgeber habe dem Personalrat den aus seiner Sicht zutreffenden Befristungsgrund im Rahmen einer subjektiven Determination mitgeteilt. Weder der Arbeitgeber noch der Personalrat hätten zum Zeitpunkt der Anhörung des Personalrats wissen können, dass das Bundesarbeitsgericht eine wiederholte Befristung nach 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG für unzulässig erklären würde. Der Personalrat habe anhand der vorherigen Befristung, die der Arbeitgeber auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG stützen konnte, im Zusammenhang mit der vorliegenden Information ersehen können, dass der Kläger innerhalb des 2-Jahres-Zeitraums beschäftigt werden sollte und konnte aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz entnehmen, dass ein solche Befristung rechtlich zulässig ist. Die rechtliche Möglichkeit der Einflussnahme des Personalrats auf den Arbeitgeber wäre bei Erwähnung einer sachgrundlosen Befristung im Anhörungsschreiben nicht umfänglicher als es bei einer unzutreffenden Sachgrundbefristung innerhalb des 2-Jahres-Zeitraums gewesen.
Wegen des konkreten Vortrags der Parteien in der 2. Instanz wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 21.07.2008 (Bl. 149 ff d.A.), 05.09.2008, (Bl. 199 ff d.A.) vom 1709.2008 (Bl. 213 ff d.A.) und des beklagten Landes vom 11.08.2008 (Bl. 190 ff d.A.), vom 15.09.2008 (Bl. 206 ff d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 c, Abs. 6; 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 ArbGG; §§ 519; 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der befristete Vertrag vom 26.10.2006 hat das Arbeitsverhältnis nicht zum 06.06.2008 beendet. Denn die Befristung des Vertrages vom 26.10.2006 ist rechtsunwirksam gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG, auf eine sachgrundlose Befristung durfte sich das beklagte Land nach Anhörung und Zustimmung des Personalrats zu einem Sachgrund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG nicht berufen. Da die Befristung unwirksam ist, gilt der befristete Vertrag gemäß § 16 TzBfG als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Der Kläger ist nach den Grundsätzen, die der große Senat des Bundesarbeitsgerichts im Beschluss vom 27.02.1985 (BAGE 48, 122) aufgestellt hat, vorläufig weiterzubeschäftigen.
1.
Wie das Arbeitsgericht Potsdam insofern zutreffend ausgeführt hat, kann die Befristung des Vertrages vom 26.10.2006 nicht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG gestützt werden. Die Befristung erfolgte nicht im Anschluss an die Ausbildung des Klägers, da der Kläger nach Beendigung seiner Ausbildung bereits aufgrund des Arbeitsvertrages vom 08.06.2006 seit dem 08.06.2006 bei dem beklagten Land angestellt war. § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 2 TzBfG lässt entgegen der Auffassung des beklagten Landes nur den einmaligen Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages im Anschluss an die Ausbildung zu, nicht jedoch dessen Verlängerung (BAG 10.10.2007 - 7 AZR 795/06 - EZA § 14 TzBfG Nr. 41).
2.
Im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts Potsdam und des beklagten Landes kann sich dieses zur Rechtfertigung der im Änderungsvertrag vom 26.10.2006 vereinbarten Befristung zum 06.06.2008 nicht auf § 14 Abs. 2 TzBfG berufen, denn die Zustimmung des Personalrats erstreckte sich nicht auf eine Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG.
a.
Nach dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts nach § 63 Abs. 1 Nr. 4 PersVG Brandenburg ist der Arbeitgeber durch die typologisierende Bezeichnung des Befristungsgrundes auf diesen festgelegt. Damit ist gewährleistet, dass der Arbeitgeber den Sachgrund in einer etwaigen Auseinandersetzung mit dem Arbeitnehmer nicht gegen einen Sachgrund austauschen kann, zu dem der Personalrat seine Zustimmung nicht erteilt hat. § 14 Abs. 2 TzBfG ist aber ein andersartiger Rechtfertigungsgrund für eine Befristung als die Geltendmachung eines Sachgrundes nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. TzBfG. Das Nachschieben dieses Rechtfertigungsgrundes nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist dem beklagten Land daher verwehrt (vgl. BAG 27.09.2000 - 7 AZR 412/99 - EzA § 1 BeschFG 1985 Nr. 21, zu B I 3 und 4 der Gründe für § 1 Abs. 1 BeschFG 1985).
b.
So verhält es sich hier:
Das beklagte Land hat den Personalrat um Zustimmung zur Befristung "gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 TzBfG" gebeten, ein Nachschieben des Rechtfertigungsgrundes einer sachgrundlosen Befristung ist ihm daher verwehrt.
3.
Der Kläger war daher nach den Grundsätzen, die der große Senat des Bundesarbeitsgerichts im zitierten Beschluss vom 27.02.1985 aufgestellt hat (zur Weiterbeschäftigung nach einer unwirksamen Befristung vgl. ausdrücklich BAG 13.06.1985 EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 16) bis zum rechtskräftigen Abschluss des Befristungsrechtsstreits weiter zu beschäftigen.
III.
Die Kosten des Rechtstreits trägt das beklagte Land gemäß § 91 Abs. 1 ZPO.
IV.
Für eine Zulassung der Revision bestand entgegen der Auffassung des beklagten Landes keine Veranlassung. Das Bundesarbeitsgericht hat den Fall des Nachschiebens einer sachgrundlosen Befristung bei einer Mitbestimmung des Personalrats bereits im oben zitierten Fall entschieden. Zwischen § 14 Abs. 2 TzBfG und § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 besteht insofern kein Unterschied.
Ende der Entscheidung
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