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Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 07.08.2008
Aktenzeichen: 14 Sa 231/08
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 613a |
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 7. August 2008
In Sachen
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 14. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 7. August 2008 durch den Richter am Arbeitsgericht A. als stellvertretenden Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Frau W. und Herr M.
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10.12.2007 - 30 Ca 12127/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um den Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte, Annahmeverzugsvergütung und Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung.
Der am .....1955 geborene und mit einem Grad von 50 behinderte Kläger war seit dem 01.04.1978 als Verkäufer bei der K. Warenhaus AG beschäftigt. Nach einer Betriebsvereinbarung dieses Unternehmens aus dem Jahre 1982 und einer Gesamtbetriebsvereinbarung aus dem Jahre 2002 (Bl. 67 ff. und Bl. 74 ff. d. A.) bestehen für den Kläger Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung. Zuletzt wurde der Kläger von der Firma K. Warenhaus AG in der Z.-Abteilung im Kaufhaus M.straße in Berlin eingesetzt.
Mit Wirkung zum September bzw. Dezember 2004 übernahm die Firma Z.-G., Inhaberin U. G., die Mutter des Geschäftsführers der Komplementärin der Beklagten, von der K. Warenhaus AG deren Z.-Abteilungen in den Kaufhäusern M.straße und H.platz. Zu diesem Zeitpunkt unterhielt dieses in D. ansässige Unternehmen noch zwei weitere Filialen.
Zum 01.04.2006 übernahm der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten die Firma Z.-G. und betrieb sie als in D. ansässige Einzelfirma fort. Von der Firma Z.-G. wurde der Kläger im Juli 2006 nach einem vom Kläger gewonnenen Kündigungsschutzprozess in der Filiale H.platz weiterbeschäftigt. Zuletzt bezog er eine Bruttomonatsvergütung in Höhe von 1 760,00 EUR.
Im März 2007 kam es trotz Intervention des dortigen Betriebsleiters Dr. zu einem Einkaufsverbot in der Filiale H.platz. Am 18.04.2007 stellten die in der Filiale am H.platz eingesetzten Arbeitnehmer fest, dass das Lager auf Weisung des Geschäftsführers der Komplementärin der Beklagten vor Arbeitsbeginn leer geräumt worden war.
Am 30.04.2007 wurde den Arbeitnehmern der Filiale am H.platz vom Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten in Einzelgesprächen eine außerordentliche Kündigung wegen der Einstellung dieser Filiale in Aussicht gestellt, dem Kläger wurde die Kopie eines von der Mutter des Geschäftsführers der Komplementärin der Beklagten unterzeichneten Aufhebungsvertrages vorgelegt, den der Kläger unterzeichnete (Bl. 22 d. A.).
In einem arbeitsgerichtlichen Verfahren wegen einer Klage eines Arbeitnehmers der Firma Z.-G. gegen diese Firma und die Beklagte gab der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten am 05.07.2007 zu Protokoll, dass die Filiale M.straße seit dem 01.05.2007 von der Beklagten betrieben werde (Bl. 18 ff. d. A.).
Der Kläger hat vorgetragen, am 30.04.2007 seien die restlichen Bestände in den Verkaufsregalen der Filiale H.platz auf Anweisung des Geschäftsführers der Komplementärin der Beklagten vom Kläger und einem weiteren Arbeitnehmer verpackt und in die Filiale M.straße abtransportiert worden. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei in die Rechte und Pflichten seines mit der Firma Z.-G. bestehenden und durch den Aufhebungsvertrag nicht wirksam aufgelösten Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Betriebsüberganges eingetreten.
Der Kläger, der erstinstanzlich seine Klage zum Teil auch gegen die Firma Z.-G. als Beklagte zu 1) gerichtet hat, hat beantragt,
1. festzustellen, dass der am 30.04. 2007 abgeschlossene Aufhebungsvertrag unwirksam ist,
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen, wie sie früher zwischen dem Kläger und dem ehemaligen Beklagten zu 1) galten, mit der Beklagten zu 2) fortbesteht,
3. hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 2) die Beklagte zu 2) zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Verkäufer in der Filiale in der M.straße ..., .. B., bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bestandsrechtsstreits mit einem Bruttogehalt von 1 760,00 € weiterzubeschäftigen,
4. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger 8 800,00 € brutto abzüglich 3 652,50 € netto Arbeitslosengeld zu zahlen,
5. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger bei Eintritt des Versorgungsfalls gemäß der Versorgungsordnung vom 01.04.1982 der K. AG und der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18.12.2002 17 321,00 € zu zahlen,
6. hilfsweise nach dem Antrag zu 5. festzustellen, dass der Kläger bei Eintritt des Versorgungsfalles Anspruch auf Leistungen gegen die Beklagte zu 2) gemäß der Versorgungsordnung vom 01.04.1982 der K. AG und der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18.12.2002 in Höhe von 17 321,00 € hat,
7. hilfsweise nach den Anträgen zu 5. und 6. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen, inwieweit für den Kläger die Voraussetzungen einer unverfallbaren Anwartschaft auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung gemäß der Versorgungsordnung vom 01.04.1982 der K. AG und der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18.12.2002 erfüllt sind und in welcher Höhe der Kläger Versorgungsleistungen bei Erreichen der vorgesehenen Altersgrenzen beanspruchen kann.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe am 01.01.2007 die Filiale M.straße von der Firma Z.-G. übernommen, dortiges Personal sei bereits zu diesem Zeitpunkt vertraglich gebunden worden und seit diesem Zeitpunkt habe es dort eine eigene Versorgung im Rahmen der Geschäftstätigkeit der Beklagten gegeben. Die Warenrestbestände der Filiale am H.platz seien schlussendlich nach D. verbracht und in die Lagerhaltung der Firma Z.-G. übernommen worden, welche diese dann anderweitig verwendet habe.
Mit Urteil vom 10.12.2007, auf dessen Tatbestand wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei im Hinblick auf den erstinstanzlich gestellten Antrag zu 1. unzulässig und im Übrigen unbegründet, weil es mangels eines Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten dieser an der Passivlegitimation im Hinblick auf alle zulässigen Klageanträge fehle. Bei der Filiale H.platz, welcher der Kläger seit Juli 2006 zugeordnet gewesen sei, handele es sich um einen Betriebsteil im Sinne des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB, der unabhängig vom Zeitpunkt desselben unter keinem Gesichtspunkt vom Betriebsübergang der Filiale M.straße erfasst worden sei. Die Filiale H.platz sei als Ort betrieblicher Tätigkeit vollkommen aufgelöst worden und bestehe nicht identitätswahrend als eine mit der Filiale M.straße vereinigte Filiale fort. Durch die Schließung der Filiale H.platz sei es auch nicht zu einer automatischen Zuordnung der dort Beschäftigten zur Filiale M.straße vor dem Übergang auf die Beklagte gekommen.
Gegen dieses dem Kläger am 04.01.2008 zugestellte Urteil hat er mit am 01.02.2008 in Telekopie beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, welche sich gegen die Beklagte und den Inhaber der Firma Z.-G. gerichtet hat. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.04.2008 hat der Kläger die Berufung mit am 28.03.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Er trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts könne die Filiale H.platz nicht Gegenstand einer isolierten und rechtswirksamen Stilllegung im Rechtssinne gewesen sein. Vielmehr stelle sich die Frage, ob die Beklagte als Betriebserwerberin im Sinne des § 613 a BGB gelten müsse, weil sie den Betrieb der Firma Z.-G. durch den Erwerb dreier von insgesamt vier Filialen weitgehend fortgeführt habe. Da sämtliche Filialbetriebe mit Haustieren und Haustierbedarf handelten, könne eine einzelne Filiale mangels eines eigenständigen Teilzweckes nicht als selbstständig abtrennbare Organisationseinheit im Sinne eines Betriebsteils angesehen werden. Würde man die gegenteilige Ansicht des Arbeitsgerichts zugrunde legen, wäre § 613 a Abs. 4 BGB bei Unternehmen mit Filialbetrieben als Schutzvorschrift faktisch ohne Anwendungsbereich, weil der Arbeitgeber ältere Arbeitnehmer mit höherem Verdienst und sozialem Besitzstand in nicht lukrative Filialbetriebe versetzen könne, die er dann stilllege, während er die anderen verkaufe. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht die erstinstanzlich für den Betriebsübergang vorgetragenen Tatsachen unzutreffend gewertet. Ferner sei aber davon auszugehen, dass die Beklagte die Filiale M.straße erst zum 01.05.2007 übernommen habe, was sich aus der Protokollerklärung des Geschäftsführers und daraus ergebe, dass ein Arbeitnehmer dieser Filiale erst ab dem 01.05.2007 angestellt worden sei und dass sich die Firma Z.-G. wegen hoher betrieblich veranlasster Schulden zumindest ernstlich bereits im Laufe des Jahres 2006 mit dem Gedanken getragen habe, den Filialbetrieb H.platz zu schließen.
Nachdem der Kläger die zunächst auch gegen die Firma Z.-G. gerichtete Berufung und auch den erstinstanzlich gestellten Antrag zu 1. mit Einwilligung der Beklagten zurückgenommen hat beantragt er,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10.12.2007, Az.: 30 Ca 12127/07, zu ändern und nach den Schlussanträgen zu 2. bis 7. der I. Instanz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die Firma Z.-G. habe die Filiale M.straße an die Beklagte mit Kaufvertrag vom 31.12.2006 (Bl. 267 d. A.) übertragen, wovon die Mitarbeiter bereits Ende Dezember 2006 informiert worden seien. Zwei Mitarbeiterinnen der Filiale M.straße hätten mit der Beklagten am 28.12.2006 Umsetzungsverträge abgeschlossen (Bl. 294 ff. d. A.), sie seien ab dem 01.01.2007 von der Beklagten auch als Mitarbeiter angemeldet worden (Bl. 296 d. A.). Diese beiden Mitarbeiterinnen hätten ihr Gehalt ab Januar 2007 von der Beklagten erhalten, ferner habe die Beklagte ab dem 01.01.2007 auch die Mietzinszahlungen für die M.straße gegenüber der K./Q. AG übernommen.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 28.03.2008 (Bl. 184 ff. d. A.) und vom 19.06.2008 (Bl. 299 ff. d. A.) sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 05.05.2008 (Bl. 249 ff. d. A.), vom 06.06.2008 (Bl. 286 ff. d. A.) und vom 31.07.2008 (Bl. 333 ff. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die nach der Rücknahme der gegen den Inhaber der Firma Z.-G. und Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten gerichteten Berufung gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 b und c, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO im Übrigen statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und schriftsätzlich begründete Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht angenommen, dass die Klageanträge keinen Erfolg haben, weil die Beklagte nicht passiv legitimiert ist.
1.
Gemäß § 269 Abs. 1 ZPO hat der Kläger den erstinstanzlichen Klageantrag zu 1. mit Einwilligung der Beklagten wirksam zurückgenommen. Gegen die Zulässigkeit der Anträge zu 2. bis 7. hat das Arbeitsgericht zu Recht keine Bedenken erhoben. Soweit der Antrag zu 2. betroffen ist, besteht das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, weil die Beklagte bestreitet, in die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Firma Z.-G. eingetreten zu sein. Der Antrag zu 5. ist gemäß § 259 ZPO zulässig (LAG Berlin vom 22.09.2000, 6 Sa 1317/00, NZA-RR 2001, 492).
2.
Zu Recht ist das Arbeitsgericht aber auch davon ausgegangen, dass die Klage hinsichtlich aller noch anhängigen Klageanträge unbegründet ist, weil das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Firma Z.-G. nicht gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangen ist, was Voraussetzung für die Begründetheit aller dieser Anträge ist. Die Beklagte hat von der Firma Z.-G. weder einen Betrieb noch einen Betriebsteil übernommen, dem der Kläger angehörte. Es ist ihr auch nicht verwehrt, sich darauf zu berufen.
a)
Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die von der Beklagten übernommene Filiale M.straße einen Betriebsteil darstellte, dem der Kläger im Zeitpunkt des Übergangs nicht angehörte, so dass es deswegen auch nicht zu einem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte gekommen ist.
Der Übergang eines Betriebsteils steht für dessen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang gleich. Betriebsteile sind Teileinheiten, Teilorganisationen des Betriebes. Bei übertragenen sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln muss es sich um eine organisatorische Untergliederung des gesamten Betriebes handeln, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtszwecks ein Teilzweck verfolgt wird, auch wenn es sich hierbei nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt. § 613 a BGB setzt für einen Teilbetriebsübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten. Es reicht nicht aus, wenn der Erwerber mit einzelnen bislang nicht teilbetrieblich organisierten Betriebsmitteln erst einen Betrieb oder Betriebsteil gründet. Im Teilbetrieb müssen nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Allerdings bedarf es einer über die bloße Zusammenfassung von sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln hinausgehenden eigenen Arbeitsorganisation (BAG vom 26.08.1999, 8 AZR 718/98, AP Nr. 196 zu § 613 a BGB). Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist es möglich, nur einen Teilbetrieb zu übernehmen und dabei andere Betriebsteile auszunehmen (BAG vom 08.08.2002, 8 AZR 583/01, NZA 2003, 315). Wird nicht der gesamte Betrieb, sondern nur ein Betriebsteil oder eine eigenständiger Bereich übernommen, kommt es darauf an, dass der Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil oder Bereich angehört, damit sein Arbeitsverhältnis gemäß § 613 a BGB auf den Erwerber übergeht (BAG vom 25.09.2003, 8 AZR 446/02, AP Nr. 256 zu § 613 a BGB).
Zentral gelenkte Verkaufsfilialen stellen in der Regel einen Betrieb im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG dar (BAG vom 15.02.2007, 8 AZR 397/06, NZA 2007, 739). Dies schließt aber nicht aus, dass zentral gelenkte Verkaufsfilialen eines Handelsunternehmens Betriebsteile im oben genannten Sinne darstellen, die jeweils Gegenstand von Teilbetriebsübergängen sein können (BAG vom 15.02.2007 a. a. O.; BAG vom 17.06.2003, 2 AZR 134/02, AP Nr. 260 zu § 613 a BGB; BAG vom 22.05.1997, 8 AZR 101/96, NZA 1997, 1050; BAG vom 22.04.1993, 2 AZR 50/92, NZA 1994, 360). Dies führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu, dass § 613 a Abs. 4 BGB als Schutzvorschrift in diesen Fällen faktisch ohne relevanten Anwendungsbereich bliebe, wenn es zu Filialschließungen einerseits und Filialveräußerungen andererseits kommt. Der Schutz der in den Filialen beschäftigten Arbeitnehmer erfolgt dadurch, dass der Betriebsveräußerer im Vorfeld auf einer einheitlichen unternehmerischen Entscheidung beruhender Betriebsteilveräußerungen und -schließungen bei der Frage, welche der Arbeitnehmer den zu veräußernden und welche den stillzulegenden Betriebsteilen zuzuordnen sind, eine soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG durchzuführen hat, wenn er die in den stillzulegenden Filialen eingesetzten Arbeitnehmer kündigen will (BAG vom 28.10.2004, 8 AZR 391/03, NZA 2005, 285). Verletzt er diese Pflicht, so ist eine betriebsbedingte Kündigung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG sozialwidrig (BAG vom 28.10.2004 a. a. O.).
Nach diesen Grundsätzen kam es vorliegend frühestens am 01.01.2007 und spätestens am 01.05.2007 zu einem Übergang der Filiale M.straße von der Firma Z.-G. auf die Beklagte, welcher aber einen Eintritt der Beklagten in die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Firma Z.-G. gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht begründen konnte, weil der Kläger dieser Filiale seit dem Juli 2006 unstreitig nicht mehr angehörte. Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Filialen M.straße und H.platz jeweils Betriebsteile im Sinne des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB darstellten mit der Folge, dass die Beklagte in die Arbeitsverhältnisse der zum Zeitpunkt des Übergangs der Filiale M.straße dieser Filiale angehörenden Mitarbeiter eintrat. Dazu gehörte der Kläger nicht. Die Filialen M.straße und H.platz wiesen eine über die bloße Zusammenfassung von materiellen und immateriellen Betriebsmitteln hinausgehende eigene Arbeitsorganisation auf. Selbst wenn sie zentral von D. aus gelenkt wurden, so besaßen sie gleichwohl eigene Filialleiter und einen eigenen Einkauf und konnten deswegen deutlich organisatorisch voneinander abgegrenzt werden. Nach den genannten Grundsätzen ist es insoweit entgegen der Auffassung des Klägers auch unerheblich, dass die jeweils von diesen Filialen verfolgten Teilzwecke auf den Handel mit Haustieren und Haustierbedarf ausgerichtet waren, weil das Vorliegen andersartiger Zwecke nicht erforderlich ist.
Selbst wenn man unterstellen würde, der Übergang der Filiale M.straße habe erst am 01.05.2007 und somit einen Tag nach der am 30.04.2007 vollzogenen Stilllegung der Filiale H.platz stattgefunden, so ergäbe sich daraus nicht, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der stillgelegten Filiale H.platz "automatisch" in die weitergeführte und auf die Beklagte übertragene Filiale M.straße fielen, weil auch in einem solchen Falle zuvor eine entsprechende Zuordnung durch den Arbeitgeber erforderlich ist (BAG vom 25.09.2003 a. a. O.).
b)
Zu Recht ist das Arbeitsgericht ferner davon ausgegangen, dass die Firma Z.-G. die Filiale H.platz nicht auf die Beklagte übertragen hat.
Bei der Prüfung, ob eine Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Eine Einheit darf allerdings nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit ergibt sich auch aus den anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Bei dem Erwerb eines Betriebsteils ist es ebenso erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität wahrt (BAG vom 26.08.1999 und 08.08.2002 a. a. O.).
Weder ist hier vorgetragen, dass die Beklagte die Hauptbelegschaft der Filiale H.platz oder wesentliche Teile hiervon übernahm, noch ist dargetan, dass es zu einem Übergang der Kundschaft der Filiale H.platz oder sachlicher Betriebsmittel auf die Beklagte und zu einer identitätswahrenden Fortsetzung der betrieblichen Organisation bei der Beklagten kam. Die Beklagte hat keine Arbeitnehmer der Filiale H.platz übernommen, die zuvor bei der Firma Z.-G. angestellt waren. Zwei Arbeitnehmer, die im Jahr 2007 vor der Stilllegung der Filiale H.platz in dieser eingesetzt und nach der Stilllegung dann in der Filiale M.straße weiterbeschäftigt wurden, waren, was der Kläger auch in der Berufungsinstanz nicht bestritten hat, bei der Beklagten angestellt. Ohnehin ist jedoch auch nicht dargelegt, dass diese beiden Arbeitnehmer, die nach Behauptung der Beklagten erst im Jahre 2007 eingestellt worden sind, die Hauptbelegschaft der Filiale H.platz oder aber deren wesentlichen Teil darstellten.
Dass die Beklagte die Kundschaft der Filiale H.platz übernahm, ist nicht vorgetragen und angesichts des Standortes der beiden Filialen auch nicht anzunehmen. Bei den Kunden eines Einzelhandelsgeschäftes handelt es sich um einen Kundenstamm, der von der Geschäftslage beeinflusst wird ("Laufkundschaft"; vgl. BAG vom 30.10.1986, 2 AZR 686/85, Juris). Die örtliche Nähe des Kunden zu dem Geschäft spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Auch wenn vorliegend der Name "Z.-G." im Geschäftsverkehr sowohl von der Beklagten als auch von der Einzelfirma verwendet wird, führt allein der Umstand, dass die Beklagte in Berlin unter diesem Namen allein mit der Filiale M.straße noch geschäftlich tätig ist, nicht ohne weiteres dazu, dass der wesentliche Kundenstamm der Filiale H.platz nun zum Kundenstamm der Filiale M.straße zu zählen ist.
Soweit sich der Kläger darauf beruft, kurz vor Stilllegung der Filiale H.platz seien Lagerbestände und Restwaren dieser Filiale verpackt und in die Filiale M.straße verbracht worden, läge zwar eine Übernahme sächlicher Betriebsmittel, aber nicht deswegen schon eine identitätswahrende Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit der Filiale H.platz am Standort der Filiale M.straße vor. Die Übernahme einzelner Betriebsmittel ohne identitätswahrende Übernahme und Fortsetzung der betrieblichen Teilorganisation durch den Erwerber stellt keinen Teilbetriebsübergang dar (BAG vom 26.08.1999 a. a. O.). Selbst wenn die Beklagte Handelsware der Filiale H.platz von der Firma Z.-G. übernommen und in der Filiale M.straße verwendet haben sollte, könnte hieraus nicht die Fortsetzung des Betriebsteils Filiale H.platz unter Bewahrung dessen wirtschaftlicher und organisatorischer Identität abgeleitet werden.
c)
Die Beklagte ist auch nicht gemäß §§ 162, 242 BGB daran gehindert, sich auf die fehlende Zuordnung des Klägers zu der von ihr übernommenen Filiale M.staße zu berufen.
Die Kammer ist - wie in ihrem rechtlichen Hinweis vom 15.05.2008 zum Ausdruck gebracht - zwar davon ausgegangen, dass sich der Betriebserwerber nicht auf die fehlende Zuordnung eines Arbeitnehmers zu dem von ihm übernommenen Betriebsteil berufen darf, wenn der Betriebsveräußerer durch rechtsmissbräuchliches Verhalten die Zuordnung dieses Arbeitnehmers zu diesem Betriebsteil aufgehoben hat oder aber eine die Zuordnung zu diesem Betriebsteil herstellende erforderliche Sozialauswahl in seinen Betrieb vor Übertragung des Betriebsteils unterlassen hat, wenn dieses rechtsmissbräuchliche Verhalten auch dem Betriebserwerber zugerechnet werden kann, weil - wie hier - eine Identität der Leitungspersonen von Betriebserwerber und Betriebsveräußerer gegeben ist.
Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Betriebsveräußerers im letztgenannten Sinne kann aber nur festgestellt werden, wenn die Veräußerung des einen und die Stilllegung des anderen Betriebsteils auf einer einheitlichen Entscheidung des Veräußerers beruhen. Beabsichtigt der Veräußerer nämlich, einen Betriebsteil stillzulegen und den anderen zu veräußern, so hat er vor Ausspruch von Kündigungen, die sich auf die Stilllegung des einen Betriebsteils begründen und die vorliegend die Firma Z.-G. allen Arbeitnehmern der Filiale H.platz wie auch dem Kläger in Aussicht gestellt hat, eine Sozialauswahl vorzunehmen (BAG vom 28.10.2004, 8 AZR 391/03, NZA 2005, 412). Diese hat zur Folge, dass der Arbeitgeber - vorausgesetzt er betreibt wie hier keine weiteren Betriebsteile - die sozial schutzwürdigen oder nicht ordentlich betriebsbedingt kündbaren Arbeitnehmer in den zu veräußernden Betriebsteil versetzen muss, weil er diese nicht kündigen darf und nach dem Arbeitsvertrag weiterzubeschäftigen hat, was ihm nur in dem nicht stillzulegenden Betriebsteil möglich ist. Unterlässt er diese gebotene Sozialauswahl, dürfen nach Auffassung der Berufungskammer er und bei entsprechender Zurechnung dieses Verhaltens auch der Betriebserwerber sich nicht auf die unterlassene Zuordnung zum übertragenen Betriebsteil berufen.
Das würde vorliegend aber voraussetzen, dass die Stilllegung der Filiale H.platz sowie die Veräußerung der Filiale M.straße auf einer einheitlichen Entscheidung der Firma Z.-G. beruhten, was von der Kammer nicht festgestellt werden konnte. Hierfür sprechen Indizien, insbesondere eine Protokollerklärung des Geschäftsführers der Komplementärin der Beklagten in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren, wonach die Übertragung der Filiale M.straße erst am 01.05.2007 und damit einen Tag nach der Stilllegung der Filiale H.platz stattfand, ferner, dass ein Arbeitnehmer der Filiale M.straße erst zum 01.05.2007 von der Beklagten übernommen wurde. Dagegen sprechen die von der Beklagten vorgetragenen Umstände, dass sie bereits seit dem 01.01.2007 die Miete für die Räumlichkeiten der Filiale M.straße zahlt, nur aufgrund einer entsprechenden Weigerung der Vermieterin nicht in den Mietvertrag für diese Filiale eintreten konnte und seit dem 01.01.2007 zwei von drei zu diesem Zeitpunkt in der Filiale M.straße beschäftigten Arbeitnehmer von der Firma Z.-G. übernahm. Die sich auf letztgenannte Behauptung beziehenden Umsetzungsverträge hat der Kläger hinsichtlich ihrer zutreffenden Datierung (28.12.2006) ebenso wie die Ummeldung dieser beiden Arbeitnehmerinnen zum 01.01.2007 zwar bestritten, hat aber trotz seiner Obliegenheit zur Darlegung rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Firma Z.-G. und der Beklagten nichts Abweichendes dargelegt. Dass aber andererseits bereits am 01.01.2007 die Stilllegung der Filiale H.platz beabsichtigt war, kann auch angesichts der vom Kläger dargelegten hohen Verschuldung der Firma Z.-G. nicht ohne weiteres unterstellt werden. Unstreitig kam es erst im März 2007 zu einem Waren-Einkaufsverbot für die Filiale H.platz, was dafür spricht, dass die Firma Z.-G. bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu einer Stilllegung dieser Filiale entschlossen war.
Im Übrigen kann auch nicht festgestellt werden, dass die Firma Z.-G. zum Zeitpunkt der Stilllegungsentscheidung betreffend die Filiale H.platz noch Arbeitnehmer beschäftigte, die in der Filiale M.straße weiterbeschäftigt wurden, sodass es nach den genannten Grundsätzen zu einer Sozialauswahl hätte kommen müssen, selbst wenn eine Übertragung der Filiale M.straße erst am 01.05.2007 und damit in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zur Stilllegung der Filiale H.platz vorliegen würde.
Schließlich ist hiernach aber auch erst recht nicht festzustellen, dass die Firma Z.-G. bereits im Juli 2006 planmäßig auf eine Stilllegung der Filiale H.platz hinarbeitete und der Kläger deswegen von der Filiale M.straße in diese Filiale versetzt wurde, um diesem nach Übertragung der Filiale M.straße auf die Beklagte ohne eine dann noch erforderliche Sozialauswahl kündigen zu können.
II.
Die Kosten des vom Kläger ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels der Berufung fallen ihm zur Last (§ 97 Abs. 1 ZPO).
III.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 72 Abs. 2 ArbGG hierfür nicht vorliegen. Die Berufungskammer ist den entscheidungserheblichen Fragen der Rechtsprechung des BAG gefolgt. Im Übrigen waren die Besonderheiten des Einzelfalles maßgeblich.
IV.
Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Der Kläger wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) hingewiesen.
Ende der Entscheidung
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