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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 17.09.2008
Aktenzeichen: 15 Sa 949/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 275 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 3
BGB § 283 Satz 1
BGB § 305 Abs. 1
BGB § 305 c Abs. 2
BGB § 310 Abs. 3
1. Wird in einer Bonusregelung vereinbart, dass die Ziele "gemeinsam mit dem Mitarbeiter" festzulegen sind, spricht dies dafür, dass die alleinige Initiativpflicht beim Arbeitgeber liegt.

2. Hiervon ist jedenfalls nach § 305 c Abs. 2 BGB auszugehen

3. Unterlässt es der Arbeitgeber, trotz der ihm zukommenden Initiativpflicht, ein Gespräch über die Zielvereinbarung vor Ablauf der Zielperiode anzuregen, ist er dem Arbeitnehmer zum Schadensersatz verpflichtet.


Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Im Namen des Volkes Schlussurteil

15 Sa 283/08 15 Sa 949/08

Verkündet am 17. September 2008

In Sachen

hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 15. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht K. als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Herr Dr. B. und Herr K.

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24.05.2006 - 76 Ca 364/06 und 76 Ca 6717/06 - teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache durch Zahlung des Betrages von 11.420,00 EUR (elftausendvierhundertzwanzig) brutto erledigt ist.

II.

Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.

III.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz bei einem Gesamtstreitwert von 57.333,33 EUR tragen der Kläger 26 % und die Beklagte 74 %.

Die Kosten der Berufung bei einem Streitwert von 52.008,66 EUR tragen der Kläger zu 29 % und die Beklagte zu 71 %.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren - soweit noch von Relevanz - über Ansprüche auf Bonuszahlung für die Monate Januar bis März 2006.

Die Beklagte entwickelte Softwarelösungen für Kassensysteme im Gastronomiebereich und verkaufte diese zusammen mit den entsprechenden Kassen an einzelne Gastronomen.

Der Kläger wurde ursprünglich aufgrund des Arbeitsvertrages vom 19. April 2005 ab dem 1. Mai 2005 als Leiter Market Development gegen ein Bruttomonatsentgelt von 6.250,00 ? beschäftigt. Beim Verkauf der Kassen war der Kläger Vermittlungsvertreter der Beklagten. Zum selbständigen Abschluss von Geschäften war er grundsätzlich nicht berechtigt. Nach § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages hat sich die Beklagte vorbehalten, den Kläger eine andere oder zusätzliche Tätigkeit zu übertragen. Gemäß § 9 des Arbeitsvertrages erhielt der Kläger eine Prämie in Höhe von 50.000,00 ? brutto pro Kalenderjahr bei einer 100%igen Erreichung der Ziele, im übrigen anteilig. In § 9 Abs. 2 dieses Arbeitsvertrages und des nachfolgenden Änderungsvertrages vom 1. September 2005 heißt es:

"Die Ziele für das erste Kalenderjahr werden gemeinsam mit dem Mitarbeiter bis zum Ende der Probezeit festgelegt."

Durch Änderungsvertrag vom 1. September 2005 wurde die Probezeit beendet, eine Absenkung des Gehaltes auf 5.000,00 ? vorgenommen, die monatliche Abschlagszahlung bezüglich der Provision (Bonus) in Höhe von 2.050,00 ? gestrichen und die Fälligkeit der Provisionszahlung vom 31. März des Folgejahres auf den 30. Juni hinausgeschoben. Zuvor hatte der Kläger in den Monaten Mai bis August 2005 jeweils 2.050,00 ? brutto als Vorauszahlung für die Provision erhalten.

Unter dem 26. September 2005 wurden die Jahresziele für den Vertrieb erstmals schriftlich festgehalten. Unter dem 31. Oktober 2005 wurden diese Ziele neu definiert. Die Vertriebsabteilung bestand neben dem Kläger aus zwei weiteren Arbeitnehmern. Einem dieser Arbeitnehmer wurde während der Probezeit zum 12. Dezember 2005 gekündigt, wobei er seit Mitte November 2005 von der Arbeit freigestellt war. Ein weiterer Arbeitnehmer erhielt Mitte Dezember 2005 die Kündigung zum 15. Januar 2006. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. März 2006. Ab Januar 2006 wird die Vertriebstätigkeit durch selbständige Mitarbeiter ausgeführt.

Bis zum Ende des Jahres 2005 verkaufte die Beklagte seit Unternehmensaufnahme 134 Kassen. Für die Zeit ab dem 1. Januar 2006 wurde zwischen den Parteien keine ausdrückliche Zielvereinbarung geschlossen. Auf Seiten der Beklagte dachte niemand daran, mit dem Kläger über Ziele bis zu seinem Ausscheiden zu sprechen.

Nach Rückkehr aus seinem Urlaub wurde der Kläger am 4. Januar 2006 angewiesen, das Gastroforum Berlin, welches Ende Januar stattfand, vorzubereiten. Im Februar 2006 gehörte zu seinen Aufgaben, die Internorga, eine Gastronomiemesse in Hamburg, inklusive sämtlicher Werbematerialien vorzubereiten. An der Messe selbst durfte der Kläger nicht teilnehmen. Im Übrigen erledigte der Kläger u.a. Telefondienste. In der Zeit von Januar 2006 bis zu seiner Freistellung am 8. März 2006 hatte der Kläger 90 Kundenkontakte.

Der Kläger hat behauptet, nach seinem Urlaub den Geschäftsführer der Beklagten wiederholt aufgefordert zu haben, ihm gegenüber Ziele zu benennen. Dem sei der Geschäftsführer ausgewichen. Durch die Kündigung der Beklagten sei er gehindert gewesen, seiner eigentlichen Arbeitsaufgabe nachzugehen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stehe schon deswegen eine Provisionszahlung nicht zu, weil er die Mindestziele nicht erreicht habe. Bei der Zielvereinbarung vom 31. Oktober 2005 sei der Kassenverkauf mit 50 % anzusetzen. Die Zielerreichung durch den Kläger sei so niedrig, dass ein Bonusanspruch durch die erfolgten Abschlagszahlungen erfüllt worden sei.

Das Arbeitsgericht hat hinsichtlich der Bonuszahlung für das Jahr 2006 entschieden, dass dem Kläger keinerlei Anspruch zustehe. Dieser habe nicht dargelegt, dass er die Ziele für 2006 erfüllt habe. Die pauschale Behauptung, die Beklagte habe ihn an der Erfüllung seiner Ziele gehindert, reiche nicht aus. Daher könne nicht von der Erreichung etwaiger Ziele für das Jahr 2006 ausgegangen werden.

Im ersten Durchgang des Berufungsverfahrens hat der Kläger behauptet, die ihm in 2006 übertragenen Aufgabenfelder hätten es ausgeschlossen, dass er in seinem ursprünglichen Arbeitsbereich hätte tätig werden können.

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe - wohl wegen seiner Kündigung - im Wesentlichen nur seine Zeit abgesessen. Eine Zielerreichung habe nicht vorgelegen. Das Arbeiten mit dem Telefon und die Arbeit zu Messen gehörten zu originären Vertriebsaufgaben. Dabei sei die Arbeitszeit des Klägers nicht ausgefüllt gewesen. Es sei Aufgabe des Klägers, seine Vertriebserfolgte darzulegen.

Die hiesige Kammer (Urteil vom 13.12.2006 - 15 Sa 1135/06 und 15 Sa 1168/06 - Juris) hat dem Kläger unter anderem für das Jahr 2006 statt der begehrten 12.250,00 ? Bonus eine Zahlung in Höhe von 11.420,00 ? zugesprochen. Wegen der unterbliebenen Zielvereinbarung sei eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen. Hätten die Parteien Ziele vereinbart, sei davon auszugehen, dass der Kläger diese wie im Vorjahr hätte erfüllen können. Bei einer für 2005 festgestellten Zielerreichung von 91,36 % stünden dem Kläger somit anteilig 11.420,00 ? brutto zu.

Am 19. Juni 2007 zahlte die Beklagte dem sich aus dem ausgeurteilten Bruttobetrag ergebenden Nettobetrag an den Kläger aus, ohne dass für diese Summe der Kläger die Zwangsvollstreckung betrieben oder angekündigt hätte.

Aufgrund der zugelassenen Revision hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 12.12.2007 - 10 AZR 790/07 - NZA 2008, 409) dieses Urteil aufgehoben. Wegen der unterbliebenen Zielvereinbarung könne der Kläger allenfalls Schadensersatz verlangen. Hierbei komme es im Wesentlichen darauf an, wer die Initiativlast für den Abschluss eine Zielvereinbarung bis zum 31. März 2006 zu tragen hatte.

Der Kläger trägt nunmehr vor, er habe am ersten Tag nach Rückkehr aus seinem Urlaub am 4. Januar 2006 den Geschäftsführer aufgefordert, ihm gegenüber Ziele zu benennen. Dieser sei ihm jedoch ausgewichen. Auch danach habe er den Geschäftsführer mehrfach aufgefordert, eine Zielvereinbarung zu treffen. Ab dem 4. Januar 2006 habe er so gut wie keinen Kundenkontakt mehr gehabt. Die zugewiesene Tätigkeit habe fast ausschließlich im Telefonieren bestanden. Ein Kontakt zu Kunden sei ihm strikt untersagt worden. Stattdessen hätte er im Postversand arbeiten und Messen und Vorträge vorbereiten müssen. Bei Abschluss des ursprünglichen Arbeitsvertrages sei ihm dieser nur zur Unterzeichnung vorgelegt worden.

Der Kläger beantragt nunmehr,

festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache durch Zahlung des Betrages in Höhe von 11.420,00 ? brutto erledigt ist;

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.420,00 ? brutto zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und

widerklagend,

den Kläger zu verurteilen, an sie 11.420,00 ? brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die Arbeitsvertragsverhandlungen hätten sich mehrere Tage hingezogen. § 9 des Arbeitsvertrages sei von ihr in Worten gefasst worden. Dies habe dem Ergebnis der Vertragsverhandlungen entsprochen, wobei keiner der Parteien sich Gedanken darüber gemacht habe, wem die Initiativlast bei Abschluss der Zielvereinbarungen zukomme. Der damalige Geschäftsführer sei davon ausgegangen, dass dem Kläger für jede von ihm verkaufte Kasse 200,00 ? Provision zustehen solle. Bei kalkulierten 250 Verkäufen sei dies der in Aussicht genommene Betrag von 50.000,00 ? gewesen. Am 4. Januar 2006 habe der Kläger sich danach erkündigt, ob er nicht doch hätte weiterbeschäftigt werden können. Der Geschäftsführer habe erklärt, dies sei allenfalls dann möglich, wenn möglichst viele Kassen verkauft würden. Hierin sei eine konkludente Zielvereinbarung zu sehen. Wohl aufgrund der Kündigung sei der Kläger nicht motiviert gewesen. Da er selbst gekündigt habe, habe er schlicht nichts mehr gemacht. Dem Kläger sei wohl klar gewesen, dass er mangels persönlicher Eignung kaum in der Lage gewesen sei, Kassen zu verkaufen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist hinsichtlich des hier noch streitigen Anspruchs in vollem Umfang begründet. Aufgrund der Zahlung der Beklagten am 19. Juni 2007 in Höhe von 11.420,00 ? brutto ist festzustellen, dass der Rechtsstreit erledigt ist, da der Kläger im Wege des Schadensersatzes von der Beklagten die Zahlung in dieser Höhe verlangen konnte. Die Widerklage hingegen ist unbegründet.

1.

In der aufhebenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (vom 12.12.2007 - 10 AZR 97/07 - NZA 2008, 409) ist ausgeführt worden, dass dem Arbeitnehmer bei nicht getroffener Zielvereinbarung ein Schadensersatzanspruch zustehen kann (a.a.O. Rnr. 43). Entscheidend sei hierbei, wer die Initiative zur Führung eines Gesprächs über eine Zielvereinbarung zu tragen hat. Obliege sie dem Arbeitgeber, dann stehe dem Arbeitnehmer grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch zu (Rnr. 44). Nach Ablauf der Zielperiode sei eine den Motivationsgedanken gerecht werdende Aufstellung von Zielen für den vergangenen Zeitraum nicht mehr möglich. Es trete Unmöglichkeit im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB ein, so dass der Arbeitnehmer nach § 280 Abs. 1 und Abs. 3 BGB i.V.m. § 283 Satz 1 BGB statt der Festlegung von Zielen Schadensersatz verlangen kann (Rnr. 47).

Der Umfang richte sich nach §§ 249 ff. BGB. Zu dem zu ersetzenden Schaden gehöre auch der entgangene Gewinn und damit eine Bonuszahlung (Rnr. 48). Als entgangen gelte gemäß § 252 Satz 2 BGB der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Dies stelle eine Beweiserleichterung für den Geschädigten dar, so dass an dessen Darlegungslast keine zu strengen Anforderungen gestellt werden dürften (Rnr. 48). Wenn der Arbeitgeber schuldhaft kein Gespräch mit dem Arbeitnehmer über eine Zielvereinbarung geführt hat, sei der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus bei der abstrakten Schadensberechnung nach § 252 Satz 2 BGB Grundlage für die Ermittlung des dem Arbeitnehmer zu ersetzenden Schadens (Rnr. 50). Hierbei sei grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer die vereinbarten Ziele erreicht hätte, wenn nicht besondere Umstände diese Annahme ausschließen. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür treffe den Arbeitgeber (Rnr. 50).

Ist allein ein Verschulden des Arbeitnehmers Ursache dafür, dass eine Zielvereinbarung nicht zustande kommt, weil er z. B. zu einem Gespräch mit dem Arbeitgeber über mögliche Ziele nicht bereit war, dann stehe dem Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch nicht zu (Rnr. 51).

Kann eine alleinige Initiativlast zur Führung der Gespräche für den Arbeitgeber nicht festgestellt werden, kann bei Einhaltung weiterer Voraussetzungen trotzdem ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers bestehen. Dieser kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zu Verhandlungen über eine Zielvereinbarung aufgefordert hat (Rnr. 52 - 54).

2.

Im Gegensatz zur zuletzt geäußerten Auffassung der Beklagten ist nicht davon auszugehen, dass zwischen den Parteien konkludent eine Zielvereinbarung geschlossen worden ist.

Die Beklagte ist der Ansicht, dies sei am 4. Januar 2006 geschehen. Der Kläger habe - was bestritten ist - in diesem Gespräch nachgefragt, ob nicht eine Weiterbeschäftigung möglich sei. Der damalige Geschäftsführer habe dies nicht ausgeschlossen, wenn genügend Kassen verkauft werden würden. In seinem Kopf habe der Geschäftsführer hierbei die Vorstellung gehabt, dass der Kläger jährlich allein 250 Kassen verkaufen müsse.

Hierin kann schon deswegen keine konkludente Zielvereinbarung gesehen werden, weil nach dem unstreitigen Vorbringen der Beklagten niemand daran gedacht hat, mit dem Kläger über Ziele bis zu seinem Ausscheiden zu sprechen. Darüber hinaus liegt in der vagen Erweckung einer Hoffnung auf den Erhalt eines Arbeitsplatzes keinesfalls der Beginn eines Zielvereinbarungsgesprächs. Angesichts der Einschätzung der Beklagten, dass der Kläger und die übrigen Mitarbeiter der Vertriebsabteilung hinsichtlich der von ihnen verursachten Kosten als zu teuer im Verhältnis zu selbständigen Vertriebsmitarbeitern eingeschätzt wurden, dürften mögliche Voraussetzungen für den Erhalt eines Arbeitsplatzes weit höher liegen als die normale Erbringung von Arbeitsleistungen zur Erreichung eines Bonus.

3.

Bei Anwendung der Kriterien des Bundesarbeitsgerichts ist davon auszugehen, dass die alleinige Initiativlast zur Führung eines Zielvereinbarungsgesprächs die Beklagte traf.

Unstreitig hatte sich bei Vertragsschluss niemand Gedanken darüber gemacht, wem die Initiativlast zukommen sollte. Im ursprünglichen Arbeitsvertrag und auch in der Änderungsvereinbarung vom 1. September 2005 war jedoch geregelt worden, dass die Ziele "gemeinsam mit dem Mitarbeiter" und nicht "gemeinsam mit dem Arbeitgeber" festzulegen waren. Diese Formulierung spricht dafür, dass die Initiativpflicht bei der Beklagten lag. Hierfür spricht auch die spätere Handhabung. Die beiden Vereinbarungen im Jahre 2005 sind jeweils auch auf Anregung der Beklagten zustande gekommen.

Selbst wenn Zweifel an dieser Auslegung bestehen sollten, müssten diese Zweifel gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten gehen. § 9 Abs. 2 der Ergänzungsvereinbarung vom 1. September 2005 stellt eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sie ist von der Beklagten dem Kläger bei Abschluss des Vertrages gestellt worden. Nach § 310 Abs. 3 Ziffer 1 gilt sie als gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher (den Kläger) in den Vertrag eingeführt wurde. Dies war unstreitig nicht der Fall. Hierfür spricht auch, dass nach dem Vorbringen der Beklagten sie das Verhandlungsergebnis in Worte gefasst hat. Es ist davon auszugehen, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert waren. Wird - wie hier - ein sonst wie vervielfältigtes Klauselwerk verwandt, ist prima facie anzunehmen, dass die Klauseln Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen (Palandt-Heinrichs § 305 BGB Rnr. 24). Eine solche Vermutung bezieht sich auf alle vorformulierten Klauseln. Soweit der Verwender - also hier die Beklagte - geltend macht, ihre AGB`s seien im konkreten Fall ausgehandelt worden, trifft ihn die Beweislast (a.a.O.). Die Beklagte die ihr zukommende Darlegungs- und Beweislast nicht erfüllt. Selbst wenn - was streitig ist - die Parteien über Tage verhandelt hätten, so oblag ihr unstreitig die konkrete Ausformulierung. Damit hätte auch sie widerlegen müssen, dass der von ihr vorgelegte Computerausdruck nicht für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt war. Dem ist sie jedoch nicht nachgekommen.

4.

Die Klage war in Höhe von 11.420,00 ? zulässig und auch begründet.

Da die Beklagte schuldhaft kein Gespräch mit dem Kläger über eine Zielvereinbarung für das Jahr 2006 geführt hatte, ist der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus bei der abstrakten Schadensberechnung nach § 252 Satz 2 BGB Grundlage für die Ermittlung des für den Arbeitnehmer zu ersetzenden Schadens (BAG a.a.O. Rnr. 50). Dies wäre an sich ein anteiliger Betrag in Höhe von 12.500,00 ?. Durch das Urteil der hiesigen Kammer vom 13. Dezember 2006 war der überschießende Betrag in Höhe von 1.080,00 ? jedoch rechtskräftig abgewiesen worden, so dass nunmehr nur noch der leicht geminderte Betrag bei der Schadensberechnung zu berücksichtigen ist. Besondere Umstände, wonach der Kläger realistischerweise die üblichen Ziele nicht erreicht hätte, hat die Beklagte nicht ausreichend dargelegt.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass schon wegen der Schließung der Vertriebsabteilung zum Jahresende 2005 eine Zielerreichung nicht mehr möglich gewesen wäre, da dieser Umstand aus der Sphäre der Beklagten resultiert. Zwar konnte der Kläger insofern die Aufgaben eines "Vertriebsleiters" nicht weiter ausführen, doch hat die Beklagte dem Kläger unstreitig teilweise Aufgaben des Vertriebs und auch andere Tätigkeiten ohne Leitungsfunktion zugewiesen. Auch bei diesen Aufgaben wäre es prinzipiell möglich gewesen, hier Vorgaben festzulegen.

Die Beklagte behauptet im Kern, der Kläger sei wegen der Kündigung zum 31. März 2006 nicht mehr motiviert gewesen. Er habe seine Zeit nur abgesessen, wobei die Beklagte irrenderweise behauptet, der Kläger habe selbst gekündigt.

Dieser Vorwurf ist unsubstantiiert. Er steht auch im Widerspruch zum unstreitigen Vorbringen, wonach der Kläger ein Gastroforum und eine Messe vorbereitet hat. Ebenfalls unstreitig ist, dass er ohne direkten Kundenkontakt Vertriebsaufgaben auch per Telefon wahrgenommen hat. Der erstinstanzliche Vortrag der Beklagten, wonach der Kläger in der hier fraglichen Zeit 90 Kundenkontakte in der EDV hinterlegt hatte, war vom Kläger ebenfalls nicht bestritten worden. Die Beklagte hat hierzu nur vorgetragen, der Kläger sei hierdurch nicht ausgefüllt gewesen. Dies mag sein. Die Beklagte hätte aber aufgrund des ihr zustehenden Direktionsrechts jeder Zeit dem Kläger konkrete Weisungen erteilen und damit seine Arbeitszeit entsprechend auffüllen können. Es fehlt jedoch jegliches konkretes Vorbringen, wann die Beklagte welche Weisungen dem Kläger erteilt haben will, die dieser nicht befolgt haben soll. Insofern ist der Vortrag der mangelnden Motivation nichtssagend.

Unerheblich ist auch der nunmehrige Vortrag der Beklagten, wie die früheren Zielvereinbarungen hätten ausgelegt werden müssen. Über die Bonuszahlung für das Jahr 2005 auf Basis der Zielvereinbarung vom 31. Oktober 2005 ist vielmehr rechtskräftig entschieden worden.

Genauso wenig relevant ist das Vorbringen der Beklagten, welche Ziele vereinbart worden wären, wenn bei ihr irgendjemand daran gedacht hätte, mit dem Kläger entsprechende Gespräche zu führen. Schon das BAG hatte darauf hingewiesen, dass mit Ablauf der Zielperiode es im rechtlichen Sinne unmöglich ist, Ziele für die Vergangenheit festzulegen (a.a.O. Rn. 47).

Ein Mitverschulden des Klägers, das gemäß § 254 BGB zu einer Minderung des Schadensersatzanspruches führen könnte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Initiativlast für die Führung der erforderlichen Gespräche lag ausschließlich bei der Beklagten. Die Beklagte behauptet auch nicht, der Kläger habe sich in von ihr angeregten Gesprächen verweigert. Im Gegensatz zu der von der Beklagten im letzten Berufungstermin geäußerten Ansicht, war der Kläger auch nicht verpflichtet, den Abschluss einer Zielvereinbarung anzumahnen. Anspruchsgrundlage für den Schadensersatzanspruch sind die §§ 275 Abs. 1, 280 Abs. 1 und 3 und 283 Satz 1 BGB. Eine Verweisung auf § 281 Abs. 1 Satz 1 findet nicht statt (BAG a.a.O. Rnr. 47).

5.

Mit der Zahlung am 19. Juni 2007 durch die Beklagte hatte sich der entsprechende Rechtsstreit erledigt. Hierdurch war Erfüllung eingetreten, da der Kläger bezüglich dieses Betrages die Zwangsvollstreckung nicht betrieben hat. Er hatte sie nicht einmal angedroht.

6.

Da der Kläger einen Anspruch auf die Zahlung in Höhe von 11.420,00 EUR hatte, kann die Beklagte eine Rückzahlung nicht verlangen. Die Widerklage ist daher abzuweisen.

7.

Die Kostenquote spiegelt das jeweilige Obsiegen und Unterliegen der Parteien wider (§ 92 ZPO).

Die Revision war nicht zuzulassen. Nach der vorangegangenen Entscheidung des BAG vom 12. Dezember 2007 waren die offenen Rechtsfragen entschieden. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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