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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 26.11.2008
Aktenzeichen: 15 Sa 974/08
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 317 Abs. 1
BGB § 318 Abs. 2
BGB § 319 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 26. November 2008

15 Sa 974/08

In Sachen

hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 15. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht K. als Vorsitzender sowie die ehrenamtlichen Richter Herr S. und Herr K.

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 06.02.2008 - 31 Ca 23729/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche aus fiktiven Aktienoptionsrechten, die der Kläger im Jahre 2001 erhielt.

Der Kläger war von 1996 bis Anfang 2004 im Konzern der St. AG tätig.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten legte im Zusammenhang mit ihrem Börsengang im Jahr 1999 für die Führungskräfte in ihrem Konzern ein Aktienoptionsprogramm auf. Den ausgewählten Führungskräften wurde nach diesem Programm zusätzlich zu ihrer sonstigen Vergütung Aktienoptionen gewährt. Nach dem Aktienoptionsprogramm beinhalteten die Optionen kein Recht zum Erwerb der Aktien, sondern der Optionsberechtigte konnte bei Ausübung des Optionsrechts nur eine Zahlung erhalten. Der Ausübungsgewinn der "fiktiven Aktien" hing dabei von der Entwicklung der realen St.-Aktie im Vergleich zum Aktienindex MDAX ab. Die Beklagte stellte Optionsbedingungen für Aktienoptionen im Rahmen des Aktienoptionsprogramms des St. Konzerns auf. Nach den Optionsbedingungen erfolgte die Einräumung von Optionen an die Führungskräfte schriftlich unter Übermittlung der Ergänzungskonditionen. Die Optionen konnten nach den Optionsbedingungen frühestens nach zwei und spätestens nach vier Jahren und zehn Monaten ausgeübt werden. §§ 5 und 6 der Optionsbedingungen, Stand November 2001, lauten auszugsweise:

§ 5

Weitere Anpassungen aus wirtschaftlichen Gründen

(1) a) Sollte die St. AG andere als die in § 4 genannten Eigenkapitalmaßnahmen vornehmen oder eine Umwandlung der St. AG stattfinden, so werden die Optionsbedingungen in der Weise angepasst, dass der Optionsbegünstigte wirtschaftlich den Aktionären der St. AG gleichgestellt ist.

b) "Umwandlung" im Sinne dieses § 5 Absatz 1) ist (i) eine Verschmelzung der St. AG im Wege der Aufnahme, wobei die St. AG nicht die übernehmende Gesellschaft ist, oder im Wege der Neugründung, (ii) jeder sonstige Vorgang (z. B. eine Spaltung, Vermögensübertragung, Eingliederung oder Umstrukturierung oder ein Formwechsel oder Aktienumtausch), durch den oder aufgrund dessen sämtliche Aktien der St. AG endgültig untergehen, übertragen werden, zu übertragen sind oder in ihrer Gattung oder Rechtsnatur verändert werden sowie (iii) jeder sonstige Vorgang, der den vorstehend genannten Vorgängen wirtschaftlich gleichsteht.

(3) Eine Anpassung gemäß Absatz 1) oder 2) wird von der Ermittlungsstelle und der Gesellschaft gemeinsam festgelegt und den Optionsbegünstigten durch die Gesellschaft bekannt gemacht.

§ 6

Ermittlungsstelle

(1) "Ermittlungsstelle" ist die T. & B. KGaA. Die Gesellschaft wird dafür Sorge tragen, dass für die gesamte Laufzeit der Optionen jederzeit eine Ermittlungsstelle bestellt ist. Die Gesellschaft ist berechtigt, die Ermittlungsstelle aus wichtigem Grund auszuwechseln. Endet die Tätigkeit der Ermittlungsstelle oder ist sie nicht länger in der Lage oder bereit, diese Tätigkeit auszuüben, ist die Gesellschaft verpflichtet, die Hauptniederlassung einer anderen, im Aktienoptionsgeschäft tätigen führenden Bank an deren Stelle zu ernennen. Die Ermittlungsstelle ist zur Niederlegung ihrer Aufgaben ohne vorherige Bestellung eines Nachfolgers nicht berechtigt. Die Ernennung einer anderen Ermittlungsstelle ist den Optionsbegünstigten von der Gesellschaft unverzüglich bekannt zumachen.

(2) Alle von der Ermittlungsstelle für die in diesen Optionsbedingungen bestimmten Zwecke abgegebenen Berechnungsangaben und Entscheidungen sind für die Gesellschaft und die Optionsbegünstigten bindend, soweit kein offensichtlicher Irrtum vorliegt. Den Optionsbegünstigten stehen gegen die Ermittlungsstelle keine Ansprüche wegen der Art der Wahrnehmung oder der Nichtwahrnehmung der sich aus diesen Optionsbedingungen ergebenden Rechte, Pflichten oder Ermessensbefugnisse zu."

Wegen des weiteren Inhalts der Optionsbedingungen, Stand November 2001, wird auf die Anlage K 8 der Klageschrift vom 28.12.2006 (Blatt115ff der Akte) verwiesen.

Mit Schreiben vom November 2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, das Aktienoptionsprogramm werde auch im Jahr 2001 durchgeführt. Der Kläger erhielt die Ergänzungskonditionen für die Aktienoptionen von 2001/2006 (Fotokopie Blatt 124) übermittelt, wonach ihm 3200 Optionen gewährt wurden, die einen damaligen Wert von 20.000,00 € hatten. Der anfängliche Basiskurs lag bei 24,38 €. Nach den Ergänzungskonditionen war der erste Ausübungstag der 01. Juli 2003. Als ausgebende Gesellschaft war dort die St. Stahl GmbH in Vertretung der Beklagten genannt. Ferner erhielt der Kläger die Optionsbedingungen, Stand November 2001 (Fotokopie Blatt115 ff der Akte). Der Kläger übte sein Optionsrecht für die zuvor im Jahr 2000 erhaltenen Optionen im Juli 2002 aus.

Der Aktienkurs der Beklagten lag am 26. Juni 2002 bei 26,29 €. Am 3. Juli 2002 veröffentlichte eine Konzerntochter der D. B. AG ein Übernahmeangebot in Höhe von 32,75 € pro Aktie und kündigte bereits an, die Aktien verbleibender Minderheitsaktionäre übernehmen zu wollen (sog. Squeeze-out). Das ermittelte Mindestangebot belief sich auf 32,16 € pro Aktie. Die gemäß § 6 der Optionsbedingungen eingeschaltete Ermittlungsstelle teilte der Beklagten mit Schreiben vom 6. Juni 2002 (vgl. K 11, Bl. 125 ff.) mit, welche Auswirkungen die mehrheitliche Übernahme auf das Aktienoptionsprogramm aus ihrer Sicht haben würde und benannte für den Fall des Squeeze-out die "Squeeze-out-Abfindung" als "fairen Ausübungskurs" für eine außerordentliche Ausübung des Optionsrechts. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 65,4 % der Aktien der Beklagten in den Händen der E.. AG, die restlichen 34,6 % waren gestreut.

Im August 2002 wurden die Optionsbedingungen im Zuge des Übernahmeangebots angepasst, es wurde den Optionsberechtigten durch Hinzufügung eines § 8 a die Möglichkeit gegeben, ihre Optionen innerhalb von 12 Monaten nach einem Kontrollwechsel auszuüben (vgl. Anlage K 11, Bl. 128f d. A.).

Nach Bekanntgabe des Übernahmeangebotes durch die D. B. AG stieg der börsennotierte Aktienkurs auf 32,75 € pro Aktie, wo er bis Dezember 2002 verblieb. Zum Ende der letzten Annahmefrist im Oktober 2002 besaß die D. B. AG 99,71 % des Grundkapitals der Beklagten. Im Oktober 2002 wurde den Optionsberechtigten ein Angebot übermittelt, die Aktienoptionen vorzeitig zu einem Übernahmepreis von 32,75 € auszuüben. Davon machten ca. 42 % der Begünstigten Gebrauch, nicht jedoch der Kläger hinsichtlich der Tranche 2001.

Auf der Hauptversammlung der Beklagten am 17. Februar 2003 wurde die Übertragung der noch im Streubesitz befindlichen Aktien auf die Mehrheitsaktionärin zu einer Barabfindung von 40,38 € pro Aktie beschlossen. Dieser Wert war zuvor von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. als die nach § 327 a Abs. 1 Aktiengesetz als Gegenleistung festzusetzende Barabfindung ermittelt worden. Nach der Bekanntgabe dieses Wertes stieg der Aktienkurs auf ca. 40,00 € an. In der Folgezeit leiteten Minderheitsaktionäre ein Anfechtungsverfahren gegen den Squeeze-out-Beschluss vor dem Landgericht D. und ein Spruchverfahren über die Höhe der festgesetzten Barabfindung vor dem Landgericht Dü. ein.

Mit Schreiben vom 15. April 2004 (tatsächliches Datum des Schreibens 15. April 2003) (vgl. K 16, Bl. 135f d. A.), das von den Vorstandsmitgliedern Dr. M. und Dr. R., nicht jedoch von dem dritten Vorstandsmitglied M.-F. unterzeichnet war, teilte die Beklagte dem Kläger mit, am 17. Februar 2003 sei die Übertragung der noch im Streubesitz befindlichen Aktien auf die Mehrheitsaktionärin beschlossen worden (sog. Squeeze-out). In dem Schreiben heißt es weiter:

"St. und die D. B. gehen davon aus, dass der Squeeze-out - ungeachtet der zwischenzeitlich erhobenen Anfechtungsklagen - alsbald durch Eintragung in das Handelsregister wirksam wird. Spätestens mit der Übertragung der Aktien endet auch das virtuelle Optionsprogramm der St. AG. Für diese Situation sehen die Optionsbedingungen eine Anpassung der Optionsrechte vor.

Vor diesem Hintergrund hat die Gesellschaft von der Ermittlungsstelle HSBC T. & B. KGaA die folgenden Werte ermitteln lassen: ...

Tranche festgelegter Ablösungswert der Optionen Wert der Option auf Grundlage der

  Optionsbedingungen zum 31. 3. 2003
1999€ 32,00€ 29,21
2000€ 28,33€ 25,60
2001€ 26,44€ 23,26

Die festgelegten Werte liegen damit über dem jeweiligen aktuellen Wert der Optionsrechte und deutlich über dem Wert, zu dem seit Sommer vergangenen Jahres die außerordentliche Ausübung der Optionsrechte möglich ist. Die Festlegung erfolgte für die Vorstandsmitglieder durch den Aufsichtsrat der Gesellschaft zu denselben Konditionen.

Der Bestimmung der Optionswerte lagen folgende Erwägungen zugrunde:

(i) Als Referenzwert für den Sonderfall des Squeeze-out gilt die zu Gunsten der noch vorhandenen Minderheitsaktionäre festgelegte Barabfindung in Höhe von 39,85 EUR zzgl. der Dividende für das Geschäftsjahr 2002 in Höhe von 0,53 EUR, insgesamt also 40,38 EUR. Diese Barabfindung wurde von der P. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, F. gutachterlich ermittelt. Die Angemessenheit dieser Barabfindung wurde von S. & Partner OHG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft H., als gerichtlich bestelltem sachverständigem Prüfer bestätigt. Etwaige nachträgliche Erhöhungen der Barabfindung, z. B. im Zusammenhang mit der Abwehr von Anfechtungsklagen oder im Rahmen eines durch einzelne Aktionäre angestrengten Spruchverfahrens, bleiben für die Zwecke der Wertermittlung unberücksichtigt. Der Referenzwert von 40,38 EUR liegt deutlich über dem Preis von 32,75 EUR, den die D. B. AG im Rahmen des Übernahmeangebots pro Aktie gezahlt hat und zu dem 99,71 % der Aktionäre ihre Aktien veräußert haben. Eine Ablösung auf der Basis von 40,38 EUR liegt ferner weit über dem, was die Optionsbegünstigten bei einer normalen - d. h. um Übernahmeangebot und Squeeze-out bereinigten - Entwicklung des Aktienkurses erhalten hätten.

(ii) Was den zweiten wertbestimmenden Faktor - die Indexierung des Basispreises durch den MDAX - angeht, so wurde der Berechnungszeitraum für den Sechsmonats-Durchschnittswert zu Gunsten der Optionsberechtigten bis zum 31. März 2003 erstreckt.

Die Gesellschaft bietet Ihnen an, ihre Optionen zu den oben dargestellten Bedingungen ab sofort auszuüben. Sie brauchen also nicht abzuwarten, bis der Squeeze-out tatsächlich eingetragen ist. Im Fall der Ausübung werden Ihnen die nunmehr festgelegten Beträge unverzüglich mit der Gehaltszahlung ausgezahlt werden. Sollten Sie diese vorgezogene Ausübungsmöglichkeit nutzen wollen, senden Sie bitte die beiliegende Erklärung möglichst umgehend per Post oder Telefax zurück.

Vorstand und Aufsichtsrat sind der Auffassung, dass die Anpassung des Optionsprogramms in der vorstehend beschriebnen Weise eine angemessene und faire Lösung darstellt.

Für etwaige Fragen steht Ihnen Herr V. L. ...zur Verfügung...."

Die D. B. AG schloss in dem vor dem Landgericht D. geführten Anfechtungsverfahren am 9. Mai 2003 einen Vergleich, wonach sie einen Aktienwert von mindestens 52,00 € mit Drittwirkung für alle Minderheitsaktionäre anerkannte und sich verpflichtete, die Differenz zu einem im Spruchverfahren ermittelten Aktienwert nachzuzahlen. Daraufhin wurden am 9. Mai 2003 sämtliche Aktien auf die D. B. AG übertragen und der Squeeze-out im Handelsregister eingetragen. Der börsennotierte Aktienkurs belief sich zu diesem Zeitpunkt auf 46,00 € pro Aktie. Mit den Anfechtungsklägern waren jedenfalls seit Anfang April 2003 Vergleichsgespräche geführt worden.

Nach der Eintragung des Squeeze-out im Handelsregister richtete die Beklagte an die Optionsinhaber eine E-Mail vom 13. Mai 2003 (Fotokopie Blatt 613 der Akte) und teilte mit, der Squeeze-out sei am 9. Mai 2003 durch Eintragung in das Handelsregister wirksam geworden, die Notierung der St.-Aktie sei eingestellt und damit auch das virtuelle Optionsprogramm beendet. Ferner wurde in der E-Mail ausgeführt, dass die Ablösung der Optionen, soweit diese noch nicht ausgeübt worden seien, zum Wert von 26,44 € für die Tranche 2001 erfolge. Eine Ausübung des Optionsrechts sei nicht notwendig. Die Beklagte zahlte entsprechend der E-Mail vom 13. Mai 2003 an alle Optionsberechtigten, die ihre Optionen noch nicht ausgeübt hatten, für die Optionen aus der Tranche 2001 einen Ablösungsbetrag von 26,44 € pro Aktienoption.

Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 13. Mai 2003 (vgl. K 17, Bl. 137 d. A.) die Annahme des Angebotes vom 15.4.2003. Er erhielt daraufhin eine Gesamtauszahlung in Höhe von 84.608,00 EUR brutto.

Mehrere Optionsberechtigte, u.a. auch das Vorstandsmitglied Herr M.-F., forderten die Beklagte anschließend auf, ihre Optionen auf Basis eines Aktienwertes von mindestens 52,00 € pro Aktie abzurechnen und ihnen für den Fall, dass in dem Spruchverfahren vor dem Landgericht ein höherer Wert für die Barabfindung der Aktie als 52,00 € festgesetzt werde, die Differenz zwischen diesem Betrag und den 52,00 € zusätzlich zu zahlen.

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2006 (vgl. Bl. 146 ff. d. A.) erklärte der Kläger die Anfechtung der Ausübung seiner Optionen wegen arglistiger Täuschung und forderte die Beklagte auf, die Optionen zum sog. Squeeze-out-Wert auf der Grundlage des vor dem Landgericht D. am 9. Mai 2003 geschlossen Vergleichs abzurechnen.

Mit seiner am 29.12.2006 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und der Beklagten am 8. Januar 2007 zugestellten Klage hat der Kläger die Zahlung von 38.016,00 €, nämlich die Berechung seiner Aktienoptionen auf der Basis eines Wertes von 52,00 € pro Aktie, sowie unter dem Vorbehalt, dass im Spruchverfahren vor dem Landgericht Dü. eine Barabfindung für die Aktie der Beklagten von mehr als 52,00 EUR je Aktie festgesetzt wird, Abrechnung und Zahlung auf Basis des dort festgesetzten Betrages, verlangt.

Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen; die Beklagte habe ihn mit Schreiben vom 15. April 2003 arglistig getäuscht, um ihn zu einer vorgezogenen Ausübung seiner Optionen zu bewegen. Die im Schreiben des Vorstandes der Beklagten als "angemessen und fair" dargestellte Möglichkeit, die Optionen vorzeitig auszuüben, sei nur ein scheinbares Entgegenkommen der Beklagten gewesen. Er habe nicht gewusst, dass das Vorstandsmitglied M.-F. sich geweigert habe, das Schreiben zu unterschreiben, weil er nicht beabsichtigt habe, sich an der beabsichtigen Irreführung der Mitarbeiter zu beteiligen und weil er auch nicht daran gedacht habe, seine Optionen vorzeitig auszuüben. Das Vorstandsmitglied Dr. R. habe in dem Wissen, dass der Vergleich mit den Anfechtungsklägern und damit eine erhebliche Wertsteigerung bevorstand, unterschrieben, aber seine eigenen Optionen nicht ausgeübt. Die drei Vorstandsmitglieder seien davon ausgegangen, dass der Wert der Optionen vom Squeeze-out-Wert der Aktie bestimmt werde und nicht vom Übernahmeangebot der Bahn in Höhe von 40,38 €. Er selbst habe erst im September 2006 von einem Kollegen erfahren, dass bei der Abrechnung der Optionen Unregelmäßigkeiten aufgetreten seien und sei erst von seinem Prozessbevollmächtigten daraufhin über die Anfechtungsgründe unterrichtet worden.

Der Kläger meint, er habe als Optionsinhaber bei unveränderten Optionsbedingungen einen Anspruch auf Abrechnung der Optionen auf der Basis des sog. Squeeze-out-Werts von mindestens 52,00 € pro Aktie. Die Optionsbedingungen würden weder eine Abfindung noch ein Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten vorsehen. Eine Bekanntmachung gemäß § 5 (3) der Optionsbedingungen gebe es nicht. Die Beklagte habe sich erstmals im April 2004 auf eine angebliche Bekanntmachung berufen. Die Entscheidung, zur Ablösung der Optionen auf der Basis von 40,38 Euro je Aktie sei ohne die Ermittlungsstelle getroffen worden. Eine Anpassung habe wegen des Gebots der wirtschaftlichen Gleichstellung mit den Aktionären nur im Bezug auf die Aktionäre erfolgen können, die zur Zeit der Anpassung noch Aktien gehalten hätten. Daher sei der in dem Vergleich vom 9. Mai 2003 festgelegte Wert auch für die Optionsinhaber maßgebend.

Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen: Seit Ende März, Anfang April 2003 hätten Abstimmungsgespräche über die Höhe der Barzahlung, mit der die Optionsrechte abgelöst werden sollten, zwischen dem zuständigen Präsidialausschuss des Aufsichtsrats und der Ermittlungsstelle stattgefunden. Die Ermittlungsstelle habe den festgelegten Referenzwert in Höhe von 40,38 EUR für sachgerecht gehalten. Der Vorstand der Beklagten habe am 11. April 2003 einstimmig mündlich der Festlegung der Ablösungswerte im Rahmen der Beendigung des Aktienoptionsprogramms zugestimmt und diesen Beschluss in das Ergebnisprotokoll der Vorstandssitzung vom 28. April 2003 (vgl. B 10, Bl. 393f d. A.) aufgenommen. Das Präsidium des Aufsichtsrats habe am 11. April 2003 ebenfalls einstimmig zugestimmt und das Musterschreiben vom 15. April 2003 gebilligt (vgl. B 11, Bl. 395 ff. d. A.). Dem Kläger seien seit spätestens Ende 2003 sämtliche für den Squeeze-out und die Beendigung des Aktienoptionsprogramms maßgeblichen Umstände bekannt gewesen. Eine Täuschungshandlung liege nicht vor, zudem habe der Kläger die Anfechtungsfrist nicht eingehalten.

Selbst wenn der Kläger seine Ausübungserklärung erfolgreich angefochten habe, bestehe kein Nachzahlungsanspruch, da das Aktienoptionsprogramm im April, Mai 2003 auf Basis des Referenzwertes von 40,38 EUR rechtmäßig beendet worden sei. Bei der Anpassung der Optionsbedingungen handle es sich um eine Leistungsbestimmung i.S.v. §§ 317, 319 BGB. Die Barablösung sei gemeinsam mit der Ermittlungsstelle als neutralem Dritten unter sachgerechter Berücksichtigung aller Umstände weitestgehend zu Gunsten der Optionsinhaber festgelegt worden. Ferner hat sich die Beklagte auf Verjährung und Verwirkung berufen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 6.2.2008 die Klage abgewiesen. Das Übernahmeverfahren durch die B. AG führe zu einer Beendigung des Optionsprogramms. Der Kläger sei fair behandelt worden. Ein Anfechtungsgrund habe nicht bestanden.

Gegen dieses, seinem Prozessbevollmächtigten am 23. April 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Mai 2008 beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingegangene und nach Verlängerung bis zum 15. Juli 2008 an diesem Tage begründete Berufung des Klägers.

Der Kläger, der seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt, behauptet, in den Vergleichverhandlungen mit den Anfechtungsklägern seien auch die Kosten des erhöhten Aufwandes für die Optionen besprochen worden. Dies habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 06. Juni 2007 vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt und das ergebe sich auch aus dem Wortlaut über die Bekanntmachung über den gerichtlichen Vergleich vom 9. Mai 2003. Der Entwurf für den Vergleich mit den Anfechtungsklägern habe am 8. April 2003 vorgelegen und sei am 22. April 2003 überarbeitet worden und habe den Beteiligten in der überarbeiteten Fassung am 25. April 2003 vorgelegen. Er habe bei Erhalt des Schreibens vom 15. April 2003 nicht gewusst, dass die grundsätzliche Einigung über eine wesentlich erhöhte Barabfindung je Aktie unmittelbar erzielt worden sei und der Abschluss des Vergleichs unmittelbar bevorgestanden habe. Durch das Schreiben hätten die Optionsinhaber bewegt werden sollen, die Optionen auszuüben, bevor der für den Squeeze-out vereinbarte Preis der Aktie von 52,00 € habe bekannt werden können. Die Beklagte habe ihn getäuscht, weil sie ihm wider besseres Wissen suggeriert habe, sie komme ihm durch die Einräumung der vorzeitigen Ausübungsmöglichkeit des Optionsrechts entgegen. In Wirklichkeit habe sie ihm die ihr schon bekannte Werterhöhung seiner Optionen vorhalten wollen. Er habe bislang Äußerungen seines Vorstandes und des Aufsichtsrates nie als reklamehafte Anpreisungen ohne Tatsachenkern verstanden. Er habe das Aprilschreiben Ernst genommen und als wirkliche Meinung des Vorstandes akzeptiert. Hätte er die wahre Meinung von zwei der drei Vorstandsmitglieder der Beklagten gekannt, wäre er auf die vorgeschlagene Lösung nicht eingegangen. Auch ein formell ordnungsgemäßer Beschluss des Vorstandes könne eine Täuschungshandlung darstellen. Die Beklagte habe ihn nicht über den Stand der Vergleichsverhandlungen zu informieren gebraucht, sie habe es aber nicht zu ihrem finanziellen Vorteil ausnutzen dürfen, dass er davon keine Kenntnis gehabt habe. Die wirksame Anfechtung habe seine Ausübungserklärung vom 27. April 2003 beseitigt. Daher habe er Anspruch auf Zahlung des Betrages, der sich bei Zugrundelegung des Squeeze-out-Wertes ergebe. Dieser Wert betrage 52,00 € pro Akte und erhöhe sich, wenn das Landgericht Dü. im noch anhängigen Spruchverfahren einen höheren Betrag festsetze. Weder die Optionsbedingungen noch die Ergänzungskonditionen würden eine Beendigung des Aktienoptionsprogramms vorsehen. Die Beklagte habe jedenfalls nicht die Wertberechnung der bereits gewährten Optionen einseitig verändern dürfen. Das Gericht könne auch nicht mit seinen eigenen Vorstellungen die von den Optionsbedingungen gebotene gleichberechtigte Mitwirkung des Bankhauses T. ersetzen. Die Auffassung des Bankhauses T. zur wirtschaftlichen Gleichbehandlung im Falle des Squeeze-out ergebe sich deutlich aus dem Schreiben vom 6. Juni 2002, danach sei der Squeeze-out-Wert der maßgebliche Wert. Die Aktienoptionen müssten wie echte Aktien behandelt werden, auch bei echten Aktien hätte die Beklagte nicht durch einseitige Erklärung einen niedrigeren Wert festsetzen dürfen. In dem Geschäftsbericht sei der Wert von 40,38 € lediglich in der Erläuterung der Bilanz erwähnt worden und beziehe sich auf die Höhe der Rückstellungen. Im Februar 2003 sei dies der tatsächlich maßgebende Squeeze-out-Wert gewesen. Die Beklagte sei damals durchaus von weiteren Erhöhungen ausgegangen.

Der Kläger beantragt,

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 6. Februar 2008 - 31 Ca 23729/06 - wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 38.016,00 € brutto zu zahlen, nebst Zinsen auf den Nettobetrag in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 9.Mai 2003.

3.1 Unter dem Vorbehalt, dass im Spruchverfahren vor dem Landgericht Dü. - 40 O 118/03 - eine Barabfindung für die Aktie der Beklagten von mehr als 52,00 Euro festgesetzt wird, die Beklagte zu verurteilen,

a) für den Kläger den Wert der ihm im Rahmen des Aktienoptionsprogramms der Beklagten gewährten 3.200 Aktienoptionen der Tranche 2001 auf der Basis der festgesetzten Barabfindung und des Berechnungszeitraums vom 1. November 2002 bis zum 30. April 2003 ermitteln zu lassen,

b) dem Kläger diesen Wert mitzuteilen und

c) an den Kläger brutto den Differenzbetrag zu zahlen, der sich ergibt, nachdem vom gemäß a) für den Kläger ermittelten Betrag

- der im Mai 2003 für seine Aktienoptionen abgerechnete Bruttobetrag und

- der ihm auf den Antrag gemäß Ziffer 1. zugesprochene Bruttobetrag

abgezogen worden sind, zuzüglich Zinsen auf den Netto-Differenzbetrag in Höhe von 5 % über dem Basiszinnsatz seit dem 9.Mai 2003.

3.2 Hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte für den Fall, dass im Spruchverfahren vor dem Landgericht Dü. - 40 O 118/03 - eine Barabfindung für die Aktie der Beklagten von mehr als 52,00 Euro festgesetzt wird, verpflichtet ist,

a) für den Kläger den Wert der ihm im Rahmen des Aktienoptionsprogramms der Beklagten gewährten 3.200 Aktienoptionen der Tranche 2001 auf der Basis der festgesetzten Barabfindung und des Berechnungszeitraums vom 1. November 2002 bis zum 30. April 2003 ermitteln zu lassen,

b) dem Kläger diesen Wert mitzuteilen und

c) an den Kläger brutto den Differenzbetrag zu zahlen, der sich ergibt, nachdem vom gemäß a) für den Kläger ermittelten Betrag

a. der im Mai 2003 für seine Aktienoptionen abgerechnete Bruttobetrag und

b. der ihm auf den Antrag gemäß Ziffer 1. zugesprochene Bruttobetrag abgezogen worden sind, zuzüglich Zinsen auf den Netto-Differenzbetrag in Höhe von 5 % über dem Basiszinnsatz seit dem 9.Mai 2003.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Der Kläger stelle den Ablauf der Vergleichverhandlungen zwischen der D. B. AG und den Anfechtungsklägern im April 2003 falsch dar. Ob alle Anfechtungskläger dem Vergleich tatsächlich beitreten würden, habe sich erst unmittelbar vor dem tatsächlichen Vergleichsschluss am 9. Mai 2003 geklärt. Da in dem Schreiben vom 15. April 2003 klar festgelegt worden sei, dass Erhöhungen der Barabfindung im Rahmen von Anfechtungsklagen keine Auswirkungen auf die Optionsberechtigten hätten, habe die D. B. AG auch nicht mit den Anfechtungsklägern kooperiert, um die Auswirkungen des Vergleichs auf den Wert der Optionen zu verschleiern. Es sei auch unzutreffend, dass die Vorstandsmitglieder M.-F. und Dr. R. die Abfindungsentscheidung nicht mitgetragen hätten. Die Beklagte wiederholt und vertieft im Übrigen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht im Sinne von §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

II.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine höhere Zahlung pro fiktive Aktienoption als die erhaltenen 26,44 Euro zu, denn ein höherer Referenzwert als die von der Beklagten zugrunde gelegten 40,38 pro Aktienoption ergibt sich nicht. Daher ist der Anspruch des Klägers erfüllt (§ 362 BGB). Im Übrigen wären die Ansprüche auch verjährt.

Mit Beendigung des Squeeze-out am 9. Mai 2003 waren die Optionsbedingungen anzupassen und die vom Kläger noch gehaltenen Optionen aus dem Jahre 2001 auszuzahlen (1.1). Es kann offen bleiben, ob durch die Mitteilung vom 15. April 2003 wirksam die Optionsbedingungen geändert wurden. War dies nicht der Fall (1.2), dann wären nach §§ 317, 319 I 2 BGB die Optionsbedingungen durch das Gericht anzupassen (1.2.1). Ein höherer Referenzwert als 40,38 Euro wäre hierbei nicht festzusetzen (1.2.2). Wenn die Änderungen mit Schreiben vom 15. April 2003 wirksam wären, dann kann der Kläger auf keinen Fall mehr verlangen (1.3). Auf das Schreiben des Klägers vom 13. Mai 2003 und seine Anfechtungserklärung kommt es nicht an (1.4). Auch wären mögliche Ansprüche verjährt (1.5). Doch auch wenn man mit dem Kläger der Ansicht folgen wollte, wonach eine Anfechtung seiner Erklärung vom 13. Mai 2003 notwendig ist (2.), kann nicht festgestellt werden, dass ein Anfechtungsgrund vorliegt (2.1). Selbst wenn er vorläge, führt dies zu keinem anderen Ergebnis (2.2). Im Übrigen wären die Ansprüche auch dann verjährt (2.3).

1.

Mit Beendigung des Squeeze-out und seiner Eintragung in das Handelsregister am 9. Mai 2003 mussten gemäß § 5 der Optionsbedingungen diese zwingend angepasst werden. Unter keiner Konstellation ergibt sich hierbei ein höherer Referenzwert pro Aktienoption als 40,38 Euro.

1.1

Nach § 5 Abs. 1 der Optionsbedingungen sind im Falle der Umwandlung der St. AG diese anzupassen. Als Umwandlung gilt insbesondere, wenn sämtliche Aktien der St. AG endgültig untergehen, übertragen werden, zu übertragen sind oder in ihrer Gattung oder Rechtsnatur verändert werden sowie jeder sonstige Vorgang, der den vorstehende genannten Vorgängen wirtschaftlich gleichsteht. Hierzu zählt auch das Squeeze-out, da nunmehr Aktien der St. AG nicht mehr bestehen.

Nach § 5 Abs. 1 a der Optionsbedingungen müssen diese so angepasst werden, dass der Optionsbegünstigte - hier also der Kläger - wirtschaftlich den Aktionären der St. AG gleichgestellt ist. Eine solche Anpassung erfolgt nach § 5 Abs. 3 der Optionsbedingungen gemeinsam durch die Ermittlungsstelle und die Gesellschaft.

1.2

Geht man mit dem Kläger davon aus, dass durch das Schreiben vom 15. April 2003 die notwendige Anpassung der Optionsbedingungen nicht, jedenfalls nicht rechtswirksam erfolgt ist, dann ist die Anpassung durch das Gericht vorzunehmen. Hierbei kann kein höherer Wert als 40,38 Euro pro Aktie angenommen werden.

1.2.1

Soll eine Bestimmung durch eine Vertragspartei im Einvernehmen mit einem Dritten erfolgen, dann sind nicht § 315 f. BGB, sondern die §§ 317 ff. anwendbar (Palandt-Grüneberg, 67. Auflage, § 317 BGB Rn 2 a; MüKo-Gottwald, 4. Auflage, § 315 Rn 4; Erman-Hager § 317 BGB Rn 2; BAGE 21, 305, 310).

Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da die notwendigen Anpassungen nach § 5 Abs. 3 der Optionsbedingungen durch die St. AG gemeinsam mit der Ermittlungsstelle, also der T. § B. KGaA, zu erfolgen hat.

Nach § 319 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. ist die Bestimmung der Leistung durch Urteil vorzunehmen, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert. Hierbei steht dem Nichtkönnen gleich, wenn die Bestimmung durch mehrere erfolgen soll, die erforderliche Übereinstimmung aber nicht zustande kam (BAGE 21, 305, 311).

Entsprechend der hiesigen Annahme ist zu unterstellen, dass die Beklagte und die Ermittlungsstelle zumindest nicht bis zum 9. Mai 2003 einvernehmlich eine Anpassung vorgenommen haben.

1.2.2

Die für diesen Fall vom Gericht vorzunehmende Anpassung erfolgt nach dem Maßstab des § 317 Abs. 1 BGB entsprechend, muss also billiges Ermessen berücksichtigen.

Hierbei ist zum einen zu beachten, dass § 5 Abs. 1 a der Optionsbedingungen vorsehen, dass der Optionsbegünstigte wirtschaftlich den Aktionären der St.aktien gleichzustellen ist. Schon vom Wortlaut ist aber nicht zu folgern, dass hierbei ausschließlich der gerade aktuell erzielbare Preis pro Aktie zugrunde zu legen ist. Nach der Präambel der Optionsbedingungen soll gerade erreicht werden, langfristig wirksame Entscheidungen von Führungskräften zu fördern. Auch das Bundesarbeitsgericht sieht in Aktienoptionen eine besondere Form der erfolgsorientierten, langfristig verhaltenssteuernden Vergütung (BAG vom 28.05.2008 - 10 AZR 351/07 - NZA 2008, 1066, 1071, Rn 31). Die langfristige Wirkung wird mehrfach betont, wobei diese Grundsätze auch für fiktive Aktienoptionen gelten (BAG a.a.O. Rn 37). Auch die virtuellen Aktienoptionen sollen eine sich im Aktienkurz widerspiegelnde Wertsteigerung bezwecken (a.a.O.). Im Falle des Squeeze-out kann der Wert der Aktienoption jedoch nicht nach dem letzten möglichen Zeitpunkt, also der Eintragung des Squeeze-out, berechnet werden. Das Squeeze-out ist vielmehr als einheitlicher Vorgang einer Umwandlungsmaßnahme zu bewerten. Dieses Gesamtgeschehen beginnt mit der Veröffentlichung des Übernahmeangebots im Juli 2002 und endet mit der Eintragung des Squeeze-out (so auch Landgericht Berlin vom 21.09.2006 - 30 O 85/06 - Anlage B 13, 405, 415). Dann ist jedoch als Referenz für die Anpassung des Optionsprogramms die Gesamtheit der Aktionäre zu betrachten und nicht nur die letzten verbliebenen 0,29 % der Aktieninhaber. Die Minderheitsaktionäre, die sich einem Squeeze-out entgegenstellen, können allein dadurch, dass sie das Verfahren verzögern, den Preis für ihre Aktien in die Höhe treiben. Dies hat einen stark spekulativen Charakter und bildet den Wert des Unternehmens nicht adäquat ab. Es ist vielmehr sachgerecht und entspricht auch der Billigkeit, den Referenzkurs der St.aktien heranzuziehen, der sich unter Marktbedingungen an der Börse gebildet hatte. Dem Übernahmeangebot der Beklagten mit 32,75 Euro pro Aktie waren 99,71 % der Aktionäre gefolgt, so dass dieser Kurz offensichtlich attraktiv war. Daher sind die nunmehr angesetzten 40,38 Euro keinesfalls zu niedrig (so auch das Landgericht Berlin a.a.O.). Auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg geht in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 23.01.2007 - 12 Sa 1698/06 - davon aus, dass der Börsenkurz durch die Bekanntgabe von Übernahmevorhaben und insbesondere durch die Bekanntgabe der zu erwartenden Abfindung nachhaltig beeinflusst wird. Er wird dann durch Abfindungsspekulationen geprägt, was nicht dem maßgeblichen Leitbild einer Bewertung des Unternehmens entspricht, an dem der Aktionär beteiligt ist (Anlage B 16 = 572, 582, S. 11). Insofern wird der Wert der Aktie durch Umstände beeinflusst, die mit dem im üblichen Börsenhandel maßgeblichen Unternehmenswert nichts mehr zu tun haben.

All dies rechtfertigt es, zum Zeitpunkt des Squeeze-out nicht auf den Preis der Aktien abzustellen, den die sich sträubenden Minderheiten erzielt haben oder möglicherweise noch erzielen werden. Es muss nicht entschieden werden, ob möglicherweise der Referenzkurs von 32,75 Euro auch angemessen wäre. Der Kurs von 40,38 Euro ist es auf jeden Fall.

1.3

Geht man davon aus, dass mit dem Schreiben vom 15. April 2003 die dort niedergelegten Bedingungen wirksam auch den Fall des Squeeze-out regeln, dann sind diese Regelungen nach §§ 319 BGB nur auf grobe Unbilligkeit zu überprüfen. Dies ist nicht der Fall, da der Referenzwert von 40,38 Euro selbst dem Maßstab des billigen Ermessens entspricht.

1.4

Weil sämtliche Aktienoptionen, soweit Führungskräfte sie noch hielten, mit dem Stichtag vom 9. Mai 2003 abzurechnen waren, kommt es nicht darauf an, dass der Kläger mit Schreiben vom 13. Mai 2003 ausdrücklich noch ein Ausübungsrecht geltend gemacht hat.

1.5

Die Ansprüche des Klägers sind auch verjährt. Die zweijährige Verjährungsfrist begann mit dem 31.12.2003 und endete mit dem 31.12.2005. Die Klage ist hingegen fast ein Jahr später eingereicht worden.

Artikel 292 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 EGBGB ist auch auf solche Ansprüche anzuwenden, die sich aus einem vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen Schuldverhältnis ergeben, selbst wenn die Ansprüche erst nach diesem Tag entstanden sind (BGH vom 26.10.2005 - XIII ZR 359/04 - NJW 2006, 44). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, da das Schuldverhältnis hinsichtlich der Aktienoptionen des Jahres 2001 in diesem Jahr begründet worden ist, der Anspruch auf Einlösung sich aber erst im Jahre 2003 ergab.

Ist die Verjährungsfrist nach neuem Recht länger als nach altem Recht, so gilt die Frist nach altem Recht (Artikel 229 § 6 Abs. 3 EGBGB). Nach neuem Verjährungsrecht verjähren die möglichen vertraglichen Ansprüche mit der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB n.F.). Nach dem alten Verjährungsrecht galten Optionsansprüche als Arbeitsentgelt (BAG vom 28.05.2008 a.a.O. Rn 30). Insofern galt eine zweijährige Verjährungsfrist (§ 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB a.F.). Dies hat zur Folge, dass die alte Verjährungsfrist von zwei Jahren anzuwenden ist.

Entstanden ist ein Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Hierbei ist nicht erforderlich, dass der Berechtigte den Anspruch beziffern kann, vielmehr genügt die Möglichkeit, Stufen- oder Feststellungsklage zu erheben. Hätte die Beklagte nicht von sich aus mit dem Maientgelt im Jahre 2003 die Aktienoptionsansprüche abgerechnet, so hätte zumindest der Kläger in diesem Jahr Klage erheben können. Damit lief die Verjährungsfrist am 31. Dezember 2005 ab. Der Kläger hat jedoch erst im Jahre 2006 Klage eingereicht, so dass der Verjährungseinwand der Beklagten durchgreift.

2.

Doch auch wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, dass erst durch sein Schreiben vom 13. Mai 2003 eine Ablösung der Optionsrechte aus dem Jahre 2001 zustande gekommen ist, so ist doch nicht ersichtlich, dass ein Anfechtungsgrund besteht (2.1), so dass von einer Vereinbarung auf Basis des Schreibens der Beklagen vom 15. April 2003 auszugehen ist. Doch selbst wenn ein Anfechtungsgrund vorhanden wäre, kann der Kläger nicht verlangen, dass pro Aktienoption ein höherer Referenzwert als 40,38 Euro zu zahlen (2.2). Darüber hinaus wären auch in diesem Fall mögliche Ansprüche verjährt (2.3).

2.1

Der Kläger möchte die Wirkung seines Schreibens vom 13. Mai 2003 deswegen beseitigen, weil er der Ansicht ist, bei Abgabe dieser Willenserklärung arglistig getäuscht worden zu sein (§ 123 Abs. 1 BGB). Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht gegeben.

Der Kläger ist insofern der Ansicht, mit dem Schreiben vom 15. April 2003 hätte die Beklagte nur angeboten, die Optionsbedingungen vorfristig auszuüben. Durch dieses Schreiben sei nicht eine Festlegung für den Fall erfolgt, dass es tatsächlich zu dem Squeeze-out kommt. Alle Führungskräfte und insbesondere auch er selbst seien davon ausgegangen, dass im Falle des Squeeze-out der Aktienwert durchaus hätte höher liegen können. Auch die Beklagte habe dies gewusst, da sie den Minderheitsaktionären zu diesem Zeitpunkt schon die Zahlung von 52 Euro pro Aktie angeboten habe. Die Arglist der Beklagten habe darin gelegen, möglichst viele Führungskräfte zur Ausübung ihres Optionsrechts bewegen zu wollen, um an diese später nicht die Optionen auf Basis des höheren Aktienwerts abrechnen zu müssen (S. 9 ff. des Schriftsatzes vom 27.04.2007 [Bl. 456 ff. d. A.]).

Diesem Ansatzpunkt kann schon deswegen nicht gefolgt werden, weil die Beklagte im Schreiben vom 15.04.2004 auch die Bedingungen im Falle des durchgeführten Squeeze-out festgelegt hat. Dies ergibt sich schon aus dem Betreff des Anschreibens. Dort wird mitgeteilt, dass das Aktionsprogramm für Führungskräfte beendet wird. Auch im ersten Absatz wird darüber informiert, dass das Squeeze-out beschlossen worden sei und alsbald durch Eintragung in das Handelsregister wirksam werde. Spätestens mit diesem Zeitpunkt ende das virtuelle Optionsprogramm. Für diese Situation gingen die Optionsbedingungen von einer Anpassung der Optionsrechte aus. Die Beklagte hat insofern mehr als deutlich gemacht, dass die Beendigung des Aktienoptionsprogramms unmittelbar bevorstehe. Es wird dann darüber informiert, dass "vor diesem Hintergrund" die Gesellschaft von der Ermittlungsstelle die notwendigen Werte habe ermitteln lassen. Im Rahmen der angestellten Erwägungen wird darauf verwiesen, dass eine etwaige nachträgliche Erhöhung der Barabfindung, z. B. im Zusammenhang mit der Abwehr von Anfechtungsklagen oder im Rahmen eines durch einzelne Aktionäre angestrengten Spruchverfahrens, für die Zwecke der Wertermittlung unberücksichtigt blieben. Hätte man die Führungskräfte nur darüber informieren wollen, zu welchem momentanen Wert sie bei einer vorzeitigen Ausübung des Optionsrechts ihre Optionen abgerechnet werden sollten, dann hätte es eines derartigen Hinweises auf mögliche Unwägbarkeiten der Zukunft nicht bedurft. Deswegen konnten die Führungskräfte dem Schreiben vom 15. April 2004 nicht nur entnehmen, zu welchem Wert sie vorzeitig ihre Optionen ausüben konnten, sondern welcher Wert auch bei einem Squeeze-out und einem sich länger hinziehenden Anfechtungs- und/oder Spruchverfahren erzielen würden. Hierfür spricht auch, dass die Beklagte alle Führungskräfte nach den Grundsätzen der Mitteilung im Schreiben vom 15.04.2004 behandelt hat, selbst wenn diese nicht bis zum 9. Mai 2003 ihr Optionsrecht wahrgenommen haben. Wenn das Schreiben vom 15. April 2004 jedoch derart eindeutig auszulegen ist, dann konnte bei dem Kläger ein Irrtum nicht erregt werden.

2.2

Selbst wenn ein Anfechtungsgrund vorhanden gewesen wäre, führt die vom Kläger ausgesprochene Anfechtung nicht zu einem anderen Ergebnis.

Die Anfechtung würde allenfalls dazu führen, dass eine einvernehmliche Regelung auf der Basis des Schreibens vom 15. April 2004 beseitig wird. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Kläger nunmehr wirtschaftlich so zu stellen wäre, wie die letzten verbleibenden Minderheitsaktionäre. Es gelten vielmehr die Grundsätze, die zuvor unter 1.2 dargestellt wurden. Eine vom Gericht vorzunehmende Anpassung der Optionsbedingungen würde danach ebenfalls nicht zu einem höheren Wert als 40,38 Euro pro Aktie führen.

2.3

Mögliche Ansprüche des Klägers wären auch auf jeden Fall verjährt.

Selbst nach einer erfolgreichen Anfechtung wären die Optionsbedingungen nach den §§ 317 ff. BGB anzupassen. Nach § 318 Abs. 2 Satz 2 muss eine Anfechtung unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Insofern ist § 123 Abs. 2 BGB unanwendbar.

Der Kläger hat nach eigenem Vorbringen aufgrund eines Beratungsgespräches mit seinem Prozessbevollmächtigten im September oder Oktober 2006 von dem vermeintlichen Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten. Die Einreichung der Klage erst Ende Dezember 2006 ist demnach nicht mehr unverzüglich.

III.

Der Kläger hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 ZPO).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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