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Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 29.05.2007
Aktenzeichen: 17 Ta (Kost) 6014/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 572 Abs. 1 |
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss
In dem Beschwerdeverfahren
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 17. Kammer durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht D. als Vorsitzender
am 29. Mai 2007
beschlossen:
Tenor:
I. Auf die Beschwerde der ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. Dezember 2006 - 5 Ca 1564/05 - aufgehoben.
II. Die Beschwerde des Klägers gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 6. September 2006 - 5 Ca 1564/05 - wird als unzulässig verworfen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
IV. Die Rechtsbeschwerde des Klägers wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführer haben den Kläger in einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) anwaltlich vertreten. Sie haben nach Abschluss des Rechtsstreits die Festsetzung einer Restvergütung von 348,00 EUR beantragt. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag durch Beschluss vom 6. September 2006, der dem Kläger am 9. September 2006 zugestellt wurde, entsprochen. Der Kläger hat gegen den Beschluss mit einem am 2. Oktober 2006 beim Landesarbeitsgericht Brandenburg eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, weil die von ihm geltend gemachten nichtgebührenrechtlichen Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch nicht berücksichtigt worden seien. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 27. Oktober 2006 nicht abgeholfen, weil die Beschwerde unzulässig sei. Das Landesarbeitsgericht Brandenburg hat diesen Nichtabhilfebeschluss durch Beschluss vom 7. November 2006 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde des Klägers an das Arbeitsgericht zurückverwiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, das Arbeitsgericht dürfe nicht überprüfen, ob eine statthafte Beschwerde unzulässig sei. Das Arbeitsgericht hat daraufhin der Beschwerde des Klägers durch Beschluss vom 12. Dezember 2006 abgeholfen und den Vergütungsfestsetzungsantrag der Beschwerdeführer zurückgewiesen. Gegen diesen ihnen am 18. Dezember 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 21. Dezember 2006 eingelegte Beschwerde der Beschwerdeführer, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
II.
Die Beschwerde ist begründet.
Die Beschwerde des Klägers gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 6. September 2006 ist unter Aufhebung des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 12. Dezember 2006 als unzulässig zu verwerfen.
1. Der Kläger hat seine Beschwerde nicht innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt; die Beschwerde ist daher unzulässig. Da ihm der Vergütungsfestsetzungsbeschluss am 9. September 2006 zugestellt wurde, hätte die Beschwerde spätestens am Montag, den 25. September 2006 bei Gericht eingehen müssen. Die Beschwerdeschrift vom 26. September 2006 ging jedoch erst am 2. Oktober 2006 beim Landesarbeitsgericht Brandenburg ein.
2. Der Verwerfung der Beschwerde des Klägers gegen den Vergütungsfestsetzungs-beschluss vom 6. September 2006 als unzulässig steht die Abhilfebefugnis des Arbeitsgerichts nach § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht entgegen.
2.1. Erachtet das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so hat es ihr nach § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzuhelfen; ob eine derartige Abhilfe auch bei einer unzulässigen Beschwerde möglich ist, ist dabei nicht ausdrücklich geregelt. Allerdings wird - wie schon zu § 571 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung - überwiegend vertreten, dass das erstinstanzliche Gericht einer unzulässigen Beschwerde abhelfen dürfe (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 572 Rn. 4; Zöller-Gummer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 572 Rn. 14; Musielak, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 572 Rn. 4 m.w.N.; zweifelnd OLG Schleswig, Beschluss vom 6. Januar 2004 - 16 W 170/03 - SchlHA 2004, 315; zum alten Rechtszustand vgl. MünchKommZPO-Braun, 2. Aufl. 2000, § 571 Rn. 2 m.w.N.).
2.2. Die Beschwerdekammer hält eine Abhilfebefugnis des erstinstanzlichen Gerichts bei einer unzulässigen Beschwerde jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation nicht für gegeben. Nach § 567 Abs. 1 ZPO findet nunmehr gegenüber allen anfechtbaren erstinstanzlichen Beschlüssen die sofortige Beschwerde statt; die bis zum 31. Dezember 2001 geltende Unterscheidung zwischen einfacher und sofortiger Beschwerde (§§ 567, 577 ZPO a.F.) wurde aufgehoben. Eine sofortige Beschwerde ist jedoch innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen einzulegen (§ 569 Abs. 1 ZPO); nach Ablauf der Beschwerdefrist wird der angefochtene Beschluss formell rechtskräftig. Eine Abhilfebefugnis des Gerichts auch nach Ablauf der Beschwerdefrist liefe dabei auf eine unbefristete Änderungsmöglichkeit hinaus, die mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft nicht in Einklang zu bringen ist. Stellt der angefochtene Beschluss einen Vollstreckungstitel für den Beschwerdegegner dar, widerspricht eine unbefristete Abhilfe zudem den durch die formelle Rechtskraft geschützten Interessen des Beschwerdegegners, der grundsätzlich nach Ablauf der Beschwerdefrist auf den Bestand seines Titels vertrauen darf. Letztlich widerspricht es auch der Prozessökonomie, der das Abhilfeverfahren dienen soll, das erstinstanzliche Gericht zu einer möglicherweise umfangreichen Prüfung der Begründetheit der Beschwerde zu zwingen, die dann im Falle der Nichtabhilfe ohne weiteres von dem Beschwerdegericht als unzulässig zu verwerfen ist.
3. Der Verwerfung der Beschwerde des Klägers steht der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 7. November 2006 nicht entgegen. Durch diesen Beschluss wurde dem Arbeitsgericht lediglich aufgegeben, eine erneute Abhilfeentscheidung zu treffen. Hierin liegt - jedenfalls im Verhältnis zu den Beschwerdeführern - keine die Beschwerdekammer bindende Entscheidung, die Beschwerde nicht als unzulässig zu verwerfen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
5. Die Rechtsbeschwerde des Klägers wurde gemäß §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Die entscheidungserhebliche Frage, ob das erstinstanzliche Gericht einer unzulässigen Beschwerde abhelfen darf, hat grundsätzliche Bedeutung.
Ende der Entscheidung
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