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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 10.01.2003
Aktenzeichen: 13 Sa 70/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 301 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 307 Abs. 2
ZPO § 313 b Abs. 1
Wird in einem Rechtsstreit ein Teil des Anspruchs anerkannt, ein weiterer Teil übereinstimmend für erledigt erklärt und hinsichtlich eines weiteren Teils streitig verhandelt, ist durch Anerkenntnisteil- und Schlussurteil zu entscheiden.

Hinsichtlich des erledigten Teils darf über die Kosten nicht separat durch Beschluss entschieden werden.


Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

13 Sa 70/03 19 Sa 2204/02

Verkündet am 10.01.2003

In Sachen

pp

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 13. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 10.01.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Fenski als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Peter und Gebauer

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das "Teil-Anerkenntnisurteil" vom 03.07.2002 - 30 Ca 20232/01 - wird zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz bei einem Streitwert von 39.863,85 EUR trägt der Kläger 32 %, die Beklagte 68 % mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Arbeitsgerichts München entstandenen Kosten, die der Kläger zu tragen hat.

Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt der Kläger bei einem Streitwert von 1.800,00 EUR.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in zweiter Instanz noch um Zinsansprüche für ein Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit, nachdem wegen der Hauptforderung für die Vergangenheit seit dem 1. Oktober 1998 der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt und der Anspruch auf zukünftige Zahlung von dem Beklagten anerkannt worden ist, und um einen hilfsweise beantragten allgemeinen Feststellungsanspruch des Klägers.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit "Teilanerkenntnis-Urteil" vom 3. Juli 2002 dem Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 20.968,96 EUR für die Zeit vom 28. Februar 2002 bis einschließlich 29. April 2002 zugesprochen, im Übrigen hat es den Zinsanspruch für die Zeit vor dem 28. Februar 2002 abgewiesen. Ferner hat es der Klage hinsichtlich der zukünftigen Leistungen aufgrund des Anerkenntnisses des Beklagten stattgegeben und die hilfsweise Klage auf Feststellung einer Berufsunfähigkeit des Klägers ab 1. Oktober 1998 nicht beschieden, da es diesen Antrag als echten Hilfsantrag angesehen und wegen der Ruhegeldzahlungen des Beklagten für die Vergangenheit und der anerkannten Ruhegeldzahlungen des Beklagten für die Zukunft insofern als erfüllt ansah. Im Übrigen hat es mit Beschluss vom 3. Juli 2002 separat über die Kosten der Erledigung entschieden und dabei auch die Gutachterkosten mit einbezogen (vgl. dazu den Beschluss Bl. 238 - 251 d.A.).

Zur Begründung hinsichtlich der Zinsentscheidung zu Lasten des Klägers hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass den Beklagten kein Verschulden an der verspäteten Ruhegeldzahlung treffe, da nach § 17 Abs. 2 der Versicherungsbedingungen des Beklagten der Kläger die zur Begründung des Anspruchs dienenden Beweisstücke beizufügen hatte und der Beklagte bei Zweifel über die Berufsunfähigkeit berechtigt war, die ihm weiter erforderlich erscheinenden ärztlichen Untersuchungen und Feststellungen auf seine Kosten vornehmen zu lassen. Der Kläger hätte seinem Antrag keine der Begründung des Anspruchs dienenden Beweisstücke beigefügt, sondern nur Atteste eines Arztes und das Schreiben seines letzten Dienstherrn, welcher die Einstellung der Zahlung des aktiven Gehalts mitteilte. Insofern wäre die Beklagte berechtigt gewesen, den Kläger auf ihre Kosten untersuchen zu lassen. Zu dieser Untersuchung sei es aus mehreren Gründen nicht gekommen, der Kläger hätte vor dieser Untersuchung bereits Klage eingereicht. Erst im Laufe des Rechtsstreits sei es dann durch ein vom Gericht in Auftrag gegebenes Gutachten zu der Feststellung der Berufsunfähigkeit des Klägers und der Erledigung bzw. dem Anerkenntnis des Beklagten hinsichtlich der Zahlungen für die Vergangenheit und die Zukunft gekommen, worauf der Beklagte auch unverzüglich an den Kläger gezahlt hätte. Ein Verschulden im Sinne von § 285 BGB a.F. könne das Gericht daher vor dem 28. Februar 2002 nicht erkennen.

Wegen der weiteren konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und des Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf das erstinstanzliche "Teilanerkenntnis-Urteil" vom 3. Juli 2002 (Bl. 217 - 237 d.A.) verwiesen.

Gegen dieses ihm am 8. Oktober 2002 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landearbeitsgericht Berlin am 22. Oktober 2002 eingegangene und zugleich begründeten Berufung des Klägers, der im Übrigen den Kostenbeschluss vom 3. Juli 2002 mit sofortiger Beschwerde angefochten hat.

Er begehrt weiter Zinszahlungen und beruft sich darauf, dass er keine Obliegenheiten verletzt hätte, der Beklagte sei vielmehr in Verzug geraten, so dass er die begehrten Zinsen verlangen könne. Der Hilfsantrag auf Feststellung sei zu Unrecht vom Arbeitsgericht Berlin übergangen worden, da dieser hilfsweise bedingt war für den Fall des Unterliegens mit sämtlichen Forderungen aus dem Hauptanspruch, wozu auch die Zinsen gehörten. Wegen der konkreten Ausführungen wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 20. Oktober 2002 (Bl. 291 - 297 d.A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Teilanerkenntnis-Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. Juli 2002 in Ziff. I. 1. und I. 3. abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn bis einschließlich 29. April 20002 Zinsen in Höhe von 4 % ausEUR 6.682,56 seit 1. Januar 2000, Zinsen in Höhe von 4 % aus EUR 427,38 seit jeweils 01.02.2000, 01.03.2000 und 01.04.2000, Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 427,38 seit jeweils 01.05.2000, 01.06.2000, 01.07.2000, 01.08.2000, 01.09.2000, 01.10.2000, 01.11.2000 und 01.12.2000, Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 436,30 seit jeweils 01.01.2001, 01.02.2001, 01.03.2001, 01.04.2001, 01.05.2001, 01.06.2001, 01.07.2001, 01.08.2001, 01.09.2001, 01.10.2001, 01.11.2001 und 01.12.2001, Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 447,63 seit jeweils 01.01.2002, 01.02.2002 und 01.03.2002 zu zahlen,

2. hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihm ein Ruhegehalt (bestehend aus Stammrente, Überschussrente/Anpassungszuschlag, ferner Sonderzuschlag in Höhe von 40 % der Stammrente) aufgrund dauernder Berufsunfähigkeit entsprechend § 15 der Versicherungsbedingungen des Beklagten ab 01.10.998 zu gewähren.

Der Beklagte beantrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, hält einen Zinsanspruch für nicht gegeben und den Hilfsantrag für unzulässig. Insofern wird auf den Schriftsatz vom 17. Dezember 2002 (Bl. 307 - 311 d.A.) verwiesen.

Das Landesarbeitgericht Berlin hat mit Beschluss vom 10. Januar 2003 den separaten Kostenbeschluss der ersten Instanz vom 3. Juli 2002 ersatzlos aufgehoben und wegen der Kostenentscheidung auf die hiesige Entscheidung verwiesen (vgl. dazu den Beschluss Bl. 314 d.A.).

Entscheidungsgründe:

I.

1. Sofern der Kläger Zinszahlungen über den 28. Februar 2002 bzw. 1. April 2002 hinaus verlangt bis zum 29. April 2002, ist die Berufung bereits unzulässig, da es ihr an der Beschwer mangelt. Denn insofern ist einerseits für 20.968,96 EUR für die Zeit vom 28. Februar 2002 bis zum 29. April 2002 ein rechtskräftiges Urteil zu Gunsten des Klägers ergangen, andererseits hat der Beklagte ab 1. April 2002 die Zinszahlungen anerkannt.

2. Sofern der Kläger im Übrigen Zinsen verlangt und hilfsweise einen Feststellungsanspruch geltend macht, wonach der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ein Ruhegehalt ab 1. Oktober 1998 zu gewähren, ist die Berufung gemäß §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 6; 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG; 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO zulässig, insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt worden.

II.

In der Sache hat die Berufung gegen das "Teilanerkenntnis-Urteil", welches richtig Anerkenntnisteil- und Schlussurteil heißen muss, jedoch keinen Erfolg. Die zulässige Zinszahlungsklage ist nicht begründet, der Feststellungsantrag ist unzulässig.

1. Ein Anspruch auf Zinszahlung für die vom Kläger begehrten Zeiträume kann sich vorliegend aus zwei Anspruchsgrundlagen ergeben, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. i.V.m. §§ 284 ff. BGB a.F. auf Verzugszinsen und § 291 BGB a.F. auf Prozesszinsen. Vorliegend werden vom Kläger ausschließlich Verzugszinsen begehrt.

a) Der Kläger hat nicht einfach Zinsen begehrt, sondern zunächst mit Schriftsatz vom 21. Januar 2002 Prozesszinsen auf einen Betrag von 21.474,26 EUR (vgl. dazu den Schriftsatz Bl. 111 d.A.), später ausdrücklich Verzugszinsen gestaffelt nach einzelnen Beträgen ab 1. Januar 2000 mit Schriftsatz vom 20. April 2002, Bl. 190 ff. d.A., die Klage auf Prozesszinsen also konkludent zurückgenommen.

b) Voraussetzung für die Zahlung von Verzugszinsen ist gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. ein Verzug der Beklagten mit einer Geldschuld. Dies wiederum setzt voraus, dass ein fälliger Zahlungsanspruch gegeben ist, der gemäß § 284 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. angemahnt werden muss. Ferner muss der Gläubiger den Verzug gemäß §285 BGB a.F. verschuldet haben. Sowohl an der Mahnung für den größten Teil der Geldschuld als auch am Verschulden des Beklagten mangelt es vorliegend.

c) Eine Mahnung ist vorliegend der gesamten Akte nicht zu entnehmen. Die Feststellungsklage reicht als Mahnung nicht aus (vgl. dazu nur Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 284 Rz. 21 m.w.N.). Da der Kläger aber mit Schriftsatz vom 21. Januar 2002, der Beklagten am 25. Januar 2002 zugestellt, 21.474,26 EUR eingeklagt hat und die Leistungsklage der Mahnung gemäß § 184 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. gleichsteht, ging die Mahnung in Form der Leistungsklage dem Beklagten am 25. Januar 2002 zu, erst ab dem nächsten Tag wären überhaupt Verzugszinsen entstanden.

d) Diesen Verzug ab dem 26. Januar 2002 hat der Beklagte jedoch nicht zu vertreten. Insofern schließt sich die Berufungskammer den im Ergebnis und in der Begründung zutreffenden Erwägungen der ersten Instanz auf S. 14, 2. Abs. bis S. 18 unten, Bl. 231 - 235 d.A. an und sieht von einer weiteren nur wiederholenden Begründung gemäß § 69 Abs. 2 a ArbGG.

2. Der Hilfsantrag des Klägers ist bereits unzulässig, denn ihm mangelt es am Rechtsschutzbedürfnis. Denn der Ruhegeldanspruch des Klägers ist für die Vergangenheit ab 1. Oktober 1998 von dem Beklagten erfüllt worden, für die Zukunft hat er den Anspruch des Klägers anerkannt. Der Kammer blieb auch nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 10. Januar 2003 verborgen, inwieweit der Hilfsantrag des Klägers über die vergangenen und die zukünftigen Ansprüche auf Ruhegeld hinausgehen soll.

III.

Bei der Kostenentscheidung war zwischen den Kosten des streitigen und des erledigten Teils des Rechtsstreits zu unterscheiden.

1. Hinsichtlich des erledigten Teils erster Instanz im Umfang von 21.863,85 EUR waren die Kosten gemäß § 91 a ZPO nach billigem Ermessen zu verteilen. Auch insofern folgt die Kammer im Ergebnis dem erstinstanzlichen Gericht, welches - insofern unzutreffend - im Beschluss vom 3. Juli 2002 die Kosten je zur Hälfte dem Kläger und dem Beklagten auferlegt hat, da zwar der Kläger bis zum gerichtlich veranlassten Gutachten keinen Anspruch auf die Zahlung eines Ruhegeldes wegen Berufsunfähigkeit ausreichend substanziiert dargelegt hat, der Beklagte aber die Kosten des Gutachtens gezahlt hat, die ansonsten zu seinen Lasten gefallen wären.

2. Hinsichtlich des streitigen Teils im Umfang von ca. 18.000,-- EUR, der überwiegend von dem Beklagten anerkannt worden ist, verbleibt es bei einer Verteilung von 1/10 zu 9/10, so dass insgesamt gemäß § 92 Abs. 1 ZPO bei einem Streitwert von 39.863,85 EUR der Kläger 32 %, der Beklagte 68 % der Kosten trägt mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Arbeitsgerichts München verursachten Kosten, die ebenfalls der Kläger zu tragen hat.

3. Die Kosten der zweiten Instanz waren dem Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen bei einem Streitwert von 1.800,-- EUR für die Zinszahlungen. Der Hilfsantrag war trotz seines höheren Wertes nicht für den Streitwert zu berücksichtigen, da er unzulässig war (vgl. dazu nur Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 3 Rz. 16, Stichwort "Eventual- und Hauptantrag" m.w.N.).

IV.

Eine Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorlagen.

Ende der Entscheidung

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