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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 15.12.2004
Aktenzeichen: 17 Sa 1729/04
Rechtsgebiete: BErzGG


Vorschriften:

BErzGG § 18 Abs. 1
Ein Antrag auf Verlängerung der bereits festgelegten Elternzeit führt nicht zu einer Vorverlagerung des Kündigungsschutzes nach § 18 Abs. 1 BErzGG
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

17 Sa 1729/04

Verkündet

am 15.12.2004

In Sachen

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 17. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 15.12.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dreßler als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Otto und Reinhard

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Juni 2004 - 65 Ca 15412/03 - geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 21. Mai 2003. Zwischen ihnen ist vor allem umstritten, ob dem Kläger der besondere Kündigungsschutz des § 18 BErzGG zusteht und ob auf ihr Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet.

Die Beklagte beschäftigte den Kläger seit dem 15. Januar 1999 als Leiter ihrer Geschäftsstelle gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 2.850,00 EUR bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 27,75 Stunden.

Der Kläger wurde am 18. Februar 2001 Vater einer Tochter. Er verlangte für die Zeit vom 03. September 2001 bis 02. August 2002 Elternzeit und beantragte, 12 Monate der Elternzeit auf die Zeit bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes zu verschieben.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 05. August 2002 und 27. Februar 2003. Bei ihr waren zu dieser Zeit mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufungsbildung Beschäftigten tätig. Der Kläger erhob gegen diese Kündigungen Kündigungsschutzklage und machte bei der Beklagten mit Schreiben vom 03. Mai 2003 eine Verlängerung der Elternzeit für die Zeit vom 29. Juni bis 24. August 2003 geltend. Das Arbeitsgericht Berlin stellte durch Urteil vom 21. Mai 2003 (37 Ca 23394/02) fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die genannten Kündigungen nicht aufgelöst worden ist. Das Landesarbeitsgericht Berlin wies die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten durch Urteil vom 07. November 2003 (8 Sa 1278/03) zurück.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis durch Schreiben vom 21. Mai 2003 nochmals aus betriebsbedingten Gründen zum 30. Juni 2003.

Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen die erneute Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt. Die Kündigung sei nach § 18 Abs. 1 BErzGG unzulässig, da sie innerhalb von acht Wochen vor Beginn der mit Schreiben vom 03. Mai 2003 verlangten Elternzeit erklärt worden sei. Ihm stehe als teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer zudem der besondere Kündigungsschutz des § 8 Abs. 2 Nr. 2 BErzGG zu; auch sei die Kündigung sozialwidrig. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Dem Kläger stehe ein besonderer Kündigungsschutz nicht zu. Das Kündigungsschutzgesetz finde auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung, da sie einen Kleinbetrieb i.S.d. § 23 Abs. 1 KSchG führe. Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sachverhalts wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch ein am 10. Juni 2004 verkündetes Urteil entsprochen. Die Kündigung verstoße gegen § 18 Abs. 1 BErzGG und sei daher rechtsunwirksam. Die Kündigung sei acht Wochen vor Beginn der Elternzeit ausgeschlossen; dies gelte nicht nur bei der ersten Inanspruchnahme von Elternzeit, sondern auch für weitere Elternzeitabschnitte. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihr am 15. Juli 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. August 2004 eingelegte Berufung der Beklagten, die sie mit einem am 14. September 2004 eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift wurden von Rechtsanwalt B. unterzeichnet. Der Schriftzug besteht jeweils aus einem senkrechten Strich und einer an dem oberen Ende des Strichs beginnenden Schlangenlinie mit zwei Bögen.

Die Beklagte hält die Berufung für zulässig. Ihr Prozessbevollmächtigter habe die Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift in einer Weise unterzeichnet, die in einer fast zehnjährigen Praxis noch nicht zu Beanstandungen geführt habe. Das Arbeitsverhältnis des Klägers sei - so meint die Beklagte - durch die streitbefangene Kündigung aufgelöst worden. Dem Kläger stehe der besondere Kündigungsschutz des § 18 BErzGG nicht zur Seite. Sie habe einer Verlängerung der Elternzeit nicht zugestimmt. Auch sei die Kündigung nicht auf ihre soziale Rechtfertigung hin zu überprüfen, da sie seit März 2003 regelmäßig weniger als fünf Arbeitnehmer beschäftige. Im Mai 2003 seien bei ihr ausschließlich teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer tätig gewesen, wobei nach § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG Frau K., Frau N., Frau F., Herr W. und Herr Y. mit 0,5 sowie Herr Sch. und der Kläger mit 0,75 zu berücksichtigen seien. In den Folgemonaten habe sie lediglich Frau N. sowie die Herren Y. und Sch. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Buchhalterin Frau S. sei - unstreitig - am 17. Februar 2003 aus wichtigem Grund gekündigt und durch gerichtlichen Vergleich vom 27. Mai 2003 mit dem 30. Juni 2003 beendet worden, ohne dass ihr Arbeitsplatz anschließend besetzt worden sei. In der Zeit von Februar bis Mai 2003 habe sie zudem Frau T. auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages beschäftigt; Frau T. sei nicht in die Betriebsorganisation eingebunden und in ihrer Arbeitszeitgestaltung frei gewesen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Änderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Juni 2004 - 65 Ca 15412/03 - abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Berufung für unzulässig, da die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden seien. Die Berufung sei jedenfalls unbegründet, da die streitbefangene Kündigung unwirksam sei. Der besondere Kündigungsschutz des § 18 Abs. 1 BErzGG gelte bereits acht Wochen vor Beginn jeden Zeitabschnitts einer Elternzeit, also auch vor dem am 29. Juni 2003 beginnenden Elternzeitabschnitt. Die Beklagte habe der mit Schreiben vom 03. Mai 2003 geltend gemachten Verlängerung der Elternzeit zugestimmt. Die Kündigung sei zudem nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 BErzGG unzulässig. Sie sei zudem sozialwidrig, wobei sich die Beklagte - so meint der Kläger - wegen des Urteils des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 07. November 2003 weder auf die vorgebrachten betriebsbedingten Gründen noch auf das Kleinbetriebsprivileg des § 23 Abs. 1 KSchG berufen könne. Die Beklagte habe zudem im Zeitpunkt der Kündigung keinen Kleinbetrieb geführt. So habe Frau S. und Herr Sch. eine Vollzeitstelle innegehabt; Frau Kü., Herr W. und er - der Kläger - seien mit 0,75 Stellen zu berücksichtigen, während lediglich für Frau N., Frau F. und Herr Y. jeweils 0,5 eines Beschäftigten anzusetzen gewesen seien. Die von der Beklagten eingereichten Lohnjournale seien inhaltlich unrichtig. Frau T. sei zunächst als Arbeitnehmerin eingestellt worden; anschließend sei nach anwaltlicher Beratung und ausschließlich im Hinblick auf den laufenden Prozess das Beschäftigungsverhältnis umgestaltet worden. Zudem habe die Beklagte noch technische Angestellte sowie Hausmeister bzw. Reinigungspersonal im Umfang von mindestens 16 Teilzeitarbeitsstellen beschäftigt, wie sie noch im genossenschaftlichen Prüfbericht für das Jahr 2002 aufgeführt worden seien. Der Prüfbericht sei im Frühjahr 2003 erstellt worden und weise keine erheblichen Änderungen im Personalbestand auf.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung ist zulässig.

Die Beklagte hat die nach § 64 Abs. 2 c ArbGG statthafte Berufung fristgerecht eingelegt und begründet. Dem steht nicht entgegen, dass die Berufungs- und die Berufungsbegründungsfrist vom 11. August bzw. 14. September 2004 von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten möglicherweise nicht ordnungsgemäß unterzeichnet wurde. Es ist zwar zweifelhaft, ob der unter den genannten Schriftsätzen befindliche Schriftzug eine Unterschrift und nicht nur ein Kurzzeichen darstellt. Denn es dürfte dem Schriftzug der erforderliche individuelle Charakter fehlen, aus dem ein Dritter den Namen, der er kennt, noch herauszulesen vermag (vgl. hierzu BAG NZA 1996, 1115 ff; BGH 1994, 55; Zöller, ZPO, 24. Auflage 2004, § 519 Rn 23). Der allgemeine Prozessgrundsatz des "fairen Verfahrens" gebietet es jedoch im vorliegenden Fall, die Zulässigkeit der Berufung nicht an einer nicht ordnungsgemäßen Unterschrift scheitern zu lassen (vgl. hierzu nur BVerfG, Beschluss vom 07. Oktober 1996 - 1 BvR 1183/95 - n.v.; BVerfG NJW 1988, 2787; BAG NZA 1997 1234 ff.). Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten durfte darauf vertrauen, dass die Art seiner Unterschrift nicht zu prozessualen Nachteilen führen werde. Denn er hat sowohl in dem vorliegenden Rechtsstreit als auch in dem vorherigen Rechtsstreit der Parteien über die Wirksamkeit der Kündigungen vom 05. August und 27. Februar 2003 die Schriftsätze in gleicher oder ganz ähnlicher Weise unterzeichnet, ohne dass ihn die verschiedenen Kammern des Arbeitsgerichts oder des Landesarbeitsgerichts auf Mängel seiner Unterschrift hingewiesen hätten. Es kommt hinzu, dass die Berufungsschrift bereits am 11. August 2004 beim Landesarbeitsgericht einging und die Berufungsfrist erst am Montag, dem 16. August 2004 ablief. Es wäre daher ohne weiteres möglich gewesen, den Prozessbevollmächtigten der Beklagten vor Ablauf der Berufungsfrist auf Bedenken gegen die ordnungsgemäße Unterzeichnung der Berufungsschrift hinzuweisen und ihm so zu ermöglichen, fristgerecht eine weitere Berufungsschrift mit individualisierbarer Unterschrift einzureichen. Ein derartiger Hinweis hätte auch dazu geführt, dass die Berufungsbegründungsschrift hinreichend unterzeichnet worden wäre. Bei dieser Sachlage ist es dem Gericht verwehrt, nunmehr abrupt die Unterschrift anders als zuvor zu beurteilen.

B.

Die Berufung ist begründet.

Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung vom 21. Mai 2003, bei deren Ausspruch die Beklagte die Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB eingehalten hat, aufgelöst worden. Die Klage war daher unter Änderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts abzuweisen.

I.

Die Kündigung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 18 BErzGG unwirksam.

1. Dem Kläger stand im Zeitpunkt der Kündigung der besondere Kündigungsschutz des § 18 Abs. 1 BErzGG nicht zur Seite. Nach dieser Vorschrift darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist, höchstens jedoch acht Wochen vor Beginn der Elternzeit, und während der Elternzeit nicht kündigen. Diese Bestimmung hat die Beklagte mit der Kündigung vom 21. Mai 2003 nicht verletzt. Der Kläger befand sich zu dieser Zeit nicht in Elternzeit. Auch erfolgte die Kündigung nicht innerhalb von acht Wochen vor einem Elternzeitverlangen, das die Kündigung während dieses Zeitraums ausschloss.

Das Verlangen der Elternzeit nach § 16 Abs. 1 BErzGG stellt eine einseitige Gestaltungserklärung des Arbeitnehmers dar, mit der er die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis umgestaltet; eine Zustimmung des Arbeitgebers zu der Inanspruchnahme der Elternzeit ist nicht erforderlich. Ein derartiges Elternzeitverlangen war seitens des Klägers bereits mit Schreiben vom 08. Juli 2001 erfolgt, weshalb ihm der besondere Kündigungsschutz des § 18 Abs. 1 BErzGG acht Wochen vor Beginn der dort von ihm festgelegten Elternzeit sowie während dieser Elternzeit, nicht jedoch am 21. Mai 2003 zustand. Das Schreiben vom 03. Mai 2003 stellt demgegenüber lediglich ein Begehren auf Verlängerung dieser Elternzeit i.S.d. § 16 Abs. 3 BErzGG dar, das dem Elternzeitverlangen nach §§ 16 Abs. 1, 18 Abs. 1 BErzGG nicht gleichgestellt ist. Eine Veränderung der zunächst vom Arbeitnehmer einseitig festgelegten Zeiträume der Elternzeit ist grundsätzlich von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig. Nur wenn ein vorgesehener Wechsel in der Anspruchberechtigung aus wichtigem Grund nicht erfolgen kann, soll der Arbeitnehmer einseitig eine Verlängerung der Elternzeit verlangen können (Buchner/Becker, MuSchG und BErzGG, 7. Auflage 2003, § 16 BErzGG, Rn. 29). Für ein derartiges Verlängerungsbegehren sieht § 18 Abs. 1 BErzGG eine Vorverlagerung des Kündigungsschutzes nicht vor. Es besteht auch keine Notwendigkeit, § 18 Abs. 1 BErzGG in der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung entsprechend anzuwenden. So bezieht sich auch bei einem Elternzeitverlangen nach § 16 Abs. 1 BErzGG der Beginn des vorverlagerten Kündigungsschutzes allein auf den ersten Abschnitt der Elternzeit, nicht jedoch auf weitere - zeitlich bereits festgelegte - Elternzeitabschnitte (Buchner/Becker, a.a.O., § 18, Rn. 12; KR-Becker, 7. Auflage 2004, § 18 BErzGG, Rn. 27 m.w.N.; a.A. nur Kittner/Däubler/Zwanziger, KSchR, § 18 BErzGG, Rn. 8). Auch ist der Arbeitnehmer nach § 612 a BGB ausreichend geschützt, wollte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen eines berechtigten Verlängerungsverlangens nach § 16 Abs. 3 Satz 4 BErzGG kündigen. Denn eine derartige Kündigung stellte sich als gesetzlich verbotene Maßregelung des Arbeitnehmers dar und wäre daher unwirksam. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Kläger eine Verlängerung der Elternzeit nicht hätte beanspruchen können. Zum einen hat die Beklagte hierzu ihre Zustimmung nicht erteilt. Der von dem Kläger in diesem Zusammenhang genannte Schriftsatz der Beklagten vom 18. Mai 2003 in dem Vorprozess der Parteien ist dabei ohne Belang. Die Beklagte hat dort lediglich dargetan, sie habe gegen die Elternzeit vom 29. Juni bis zum 24. August 2003 nichts einzuwenden, denn sie gehe von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf die Kündigungen vom 05. August 2002 und 27. Februar 2003 aus und sei für den Kläger nicht mehr zuständig. Dies deutet in keiner Weise darauf hin, die Beklagte sei als Arbeitgeberin mit einer Verlängerung der Elternzeit und damit einer erneuten Umgestaltung der Rechte und Pflichten aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis einverstanden gewesen. Weitere Erklärungen der Beklagten, die eine derartige Zustimmung beinhalten könnten, hat der Kläger nicht dargetan. Zum anderen ist auch nicht erkennbar, dass der Kläger gem. § 16 Abs. 3 Satz 4 BErzGG eine Verlängerung der Elternzeit hätte verlangen können. Insoweit fehlt jeder tatsächliche Anhaltspunkt dafür, dass hinsichtlich der Elternzeit ein Wechsel der Anspruchsberechtigung vorgesehen war, der dann aus wichtigem Grund nicht erfolgen konnte. Bei dieser Sachlage ist es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt, den Kläger auf sein Schreiben vom 03. Mai 2003 hin nach § 18 Abs. 1 BErzGG eine Vorverlagerung des Kündigungsschutzes zuzubilligen.

2. Dem Kläger stand hinsichtlich der Kündigung vom 21. Mai 2003 auch ein besonderer Kündigungsschutz nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 BErzGG nicht zu. Das Arbeitsverhältnis eines teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers darf danach ohne behördliche Zustimmung nur solange nicht gekündigt werden, wie der Arbeitnehmer Anspruch auf Erziehungsgeld hat oder allein wegen der Überschreitung der Einkommensgrenzen nicht hat. Da Erziehungsgeld für leibliche Kinder längstens bis zum 24. Lebensmonat gezahlt wird (§ 4 Abs. 1 BErzGG) und die Tochter des Klägers am 18. Februar 2001 geboren wurde, endete der genannte Kündigungsschutz mit dem 17. Februar 2003.

II.

Die Kündigung vom 21. Mai 2003 ist ferner nicht sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam (§ 1 KSchG). Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden im Zeitpunkt der Kündigung die Vorschriften über den allgemeinen Kündigungsschutz keine Anwendung, da die Beklagte in ihrem Betrieb regelmäßig nicht mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigte (§ 23 Abs. 1 KSchG).

Besteht zwischen den Parteien - wie im vorliegenden Fall - Streit über die Anzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, ist fraglich, ob dem Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Anwendbarkeit des ersten Abschnittes des Kündigungsschutzgesetzes trifft oder ob der Arbeitgeber darzulegen und ggf. zu beweisen hat, dass er einen Kleinbetrieb i.S.d. § 23 Abs. 1 KSchG führt (vgl. zu diesem Meinungsstreit KR-Weigandt, 7. Auflage 2004, § 23 KSchG, Rn. 54 ff. m.w.N.) Welche dieser Auffassungen letztlich zu folgen ist, kann im hiesigen Rechtsstreit jedoch dahinstehen. Denn die Beklagte hat ihrer - einmal angenommenen - Darlegungslast genüge getan, während das Vorbringen des Klägers nicht den Schluss rechtfertigt, die Beklagte habe im Zeitpunkt der streitbefangenen Kündigung mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt.

Nach der Behauptung der Beklagten waren im Mai 2003 in ihrem Betrieb ausschließlich teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer im Umfang von insgesamt von 4,25 Stellen tätig, wobei auch der Kläger mit 0,75 berücksichtigt wurde; in den Folgemonaten sank diese Beschäftigtenzahl - erneut einschließlich des Klägers - auf 2,5 Stellen. Die Beklagte hat sich insoweit auf Auszüge aus ihren Lohnjournalen bezogen, in denen - neben den nicht zu berücksichtigten Vorstandsmitgliedern - die Namen der beschäftigten Arbeitnehmer aufgeführt sind. Dabei lässt sich die Höhe der dort angegebenen Vergütung ohne weiteres mit dem von der Beklagten behaupteten Beschäftigungsumfang in Einklang bringen. Soweit der Kläger gegen die Angaben in den Lohnjournalen vorgebracht hat, diese seien unrichtig, hat er dies in Bezug auf die dort genannten Arbeitnehmer in keiner Weise belegt. Er hat insbesondere nicht dargetan, aus welchen Tatsachen der von ihm genannte Beschäftigungsumfang folgen soll, so dass insoweit von der Richtigkeit der Angaben der Beklagten auszugehen ist. Im Übrigen hat der Kläger hinsichtlich der in den Lohnjournalen genannten Arbeitnehmer lediglich eine Beschäftigung von 4,75 Stellen behauptet, wobei seine eigene Stelle berücksichtigt wurde, so dass auch danach eine Anwendung des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes nicht in Betracht kommt. Der Kläger kann ferner nicht mit Erfolg geltend machen, dass Frau S. bei der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer in Ansatz zu bringen sei. Das Arbeitsverhältnis der Frau S. wurde unstreitig bereits am 17. Februar 2003 aus wichtigem Grund gekündigt. Die Aufgaben der Frau S. wurden nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten anschließend von einem Drittunternehmen erledigt; dass ihre Stelle erneut gesetzt wurde, behauptet auch der Kläger nicht. Es ist deshalb ohne Belang, dass sich die Beklagte mit Frau S. im Rahmen des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung auf einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. Juni 2003 einigte. Die Beschäftigung der Frau T. führt ebenfalls nicht zur Anwendbarkeit des allgemeinen Kündigungsschutzes. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass Frau T. in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten gestanden hat, wovon jedoch nicht ausgegangen werden kann. So soll Frau T. schon nach dem Vorbringen des Klägers bei einer nicht näher bezeichneten Selbstbaugenossenschaft, also nicht bei der Beklagten, angestellt gewesen sein. Auch ist der Kläger dem Sachvortrag der Beklagten, sie habe Frau T. auf der Grundlage eines freien Dienstvertrages und nicht - wie für ein Arbeitsverhältnis erforderlich - in persönlicher Abhängigkeit beschäftigt, nicht hinreichend entgegen getreten. Denn er hat keine konkreten Umstände dafür dargetan, dass und auf welche Weise Frau T. bei ihrer Tätigkeit in die betriebliche Organisation der Beklagten eingebunden war und sie hinsichtlich des Ortes und der Zeit der Arbeitsleistung einem Weisungsrecht der Beklagten unterlag. Dies wäre umso erforderlicher gewesen, als die von dem Kläger angenommene Tätigkeit einer Leiterin der Geschäftsstelle bzw. einer Geschäftsführerin ohne weiteres als freie Dienstnehmerin verrichtet werden kann. Im Übrigen hätte die Beklagte auch unter Einschluss von Frau T. im Mai 2003 lediglich fünf Arbeitnehmer beschäftigt, legt man den von der Beklagten genannten Beschäftigungsumfang der bei ihr tätigen Arbeitnehmer zugrunde. Der Kläger kann schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, die Beklagte beschäftige im Umfang von mindestens 16 Teilzeitstellen technische Angestellte, Hausmeister bzw. Reinigungspersonal. Dieser Sachvortrag ist für die Beklagte nicht einlassungsfähig und daher unzureichend. Der Kläger hätte insoweit die angeblich beschäftigten Arbeitnehmer entweder namentlich benennen oder doch zumindest näher konkretisieren müssen, wo welche Aufgaben durch andere Personen als die in den Lohnjournalen genannten Arbeitnehmern verrichtet werden sollen. Erst dies hätte die Beklagte in die Lage versetzt, sich konkret zu diesem Vorbringen zu äußern und ggf. zu erläutern, dass und aus welchen Gründen eine zu berücksichtigende Beschäftigung von Arbeitnehmern nicht vorlag. Der Hinweis des Klägers, die Zahl der Beschäftigten sei in dem Prüfbericht für das Jahr 2002 enthalten, ist schon deshalb ohne Belang, weil es auf die Umstände im Zeitpunkt der Kündigung ankommt.

Der Kläger kann schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, die Beklagte könne im Hinblick auf den Ausgang des Vorprozesses nicht mehr geltend machen, einen Kleinbetrieb zu führen. Allerdings war auch schon bei der gerichtlichen Auseinandersetzung um die Kündigungen vom 05. August 2002 und 27. Februar 2003 umstritten, ob dem Kläger der allgemeine Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes zur Seite stand. Es trifft auch zu, dass die Beklagte die im vorliegenden Rechtsstreit zu beurteilende Kündigung nicht auf Gründe stützen kann, die im Vorprozess sachlich geprüft und für eine soziale Rechtfertigung nicht ausreichend erachtet wurden (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 07. März 1996 - 2 AZR 180/95 - NZA 1996, 931 ff.; Urteil vom 26. August 1993 - 2 AZR 159/93 - NZA 1994, 70 ff.), was grundsätzlich auch für die Frage der Anwendbarkeit des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes gelten mag. Das Landesarbeitsgericht hat in dem Vorprozess den hier zu beurteilenden Sachverhalt jedoch nicht entschieden, so dass die Beklagte mit ihrem Vortrag, sie führe nunmehr einen Kleinbetrieb, nicht ausgeschlossen ist. Bei der Beklagten waren im Zeitpunkt der im Vorprozess streitgegenständlichen Kündigungen unstreitig mehr als fünf Arbeitnehmer tätig; die Beklagte war damals lediglich der Rechtsauffassung, es komme bei der Anwendung des § 23 Abs. 1 KSchG allein auf die zukünftige Entwicklung des Personalstandes an. Nunmehr ist - wie ausgeführt - davon auszugehen, dass die Beklagte im Zeitpunkt der hier zu beurteilenden Kündigung nicht mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigte. Eine auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung widerspricht daher nicht dem Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 07. November 2003.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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