Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 06.07.2004
Aktenzeichen: 3 Sa 815/04
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
Es ist einer Hochschule des öffentlichen Rechts nicht verwehrt, die Einstellung eines Bewerbers für eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter allein im Hinblick auf ein laufendes Strafverfahren wegen des gegen ihn gerichteten Vorwurfs der vorsätzlichen falschen eidesstattlichen Versicherung abzulehnen, auch wenn die sonstigen Einstellungsvoraussetzungen gegeben sind.

In diesem Fall ist die Hochschule im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums berechtigt, die Einstellung davon abhängig zu machen, dass das Strafverfahren zugunsten des Bewerbers beendet wird.


Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

3 Sa 815/04

Verkündet am 06.07.2004

In Sachen

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 3. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 15.06.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Baumann als Vorsitzender sowie die ehrenamtlichen Richter Herrn Grunwald und Herrn Fetcke

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. März 2004 - 96 Ca 435/04 - wird unter Abweisung ihres Hilfsantrags auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, mit der Klägerin einen Arbeitsvertrag abzuschließen.

Die Klägerin befindet sich in ihrem juristischen Vorbereitungsdienst als Referendarin.

Nachdem die Klägerin an der juristischen Fakultät der Beklagten schon als Lehrbeauftragte und Korrekturassistentin tätig gewesen war, bewarb sie sich aufgrund einer Ausschreibung der Beklagten, wonach eine Viertel-Stelle zur wissenschaftlichen Mitarbeit an der juristischen Fakultät, Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Urheberrecht, am Institut für Kriminalwissenschaften zum 1. November 2003 zu besetzen war. Es fand dazu am 28. Oktober 2003 mit dem Lehrstuhlinhaber, Prof. Dr. H., ein Bewerbungsgespräch statt, aufgrund dessen dieser der Klägerin unter dem 30. Oktober 2003 mitteilte, dass er an ihrer Einstellung interessiert sei.

Am 5. November 2003 wurde der Klägerin ein Strafbefehl des Amtsgerichts T. zugestellt; und zwar wegen des Vorwurfs der vorsätzlichen falschen eidesstattlichen Versicherung vom 6. Juli 2002 im Rahmen des durch den Ehemann der Klägerin vor dem Landgericht Berlin eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen einen ehemaligen Kollegen, worauf dieser in der Folgezeit Strafanzeige gegen die Klägerin erstattet hatte. Gegen die Klägerin wurde eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40,-- € festgesetzt, wogegen sie Einspruch einlegte. Termin zur Hauptverhandlung wurde auf den 13. August 2004 anberaumt.

Nach Eingang des Einstellungsantrags bei der Personalstelle der Beklagten erhielt die Klägerin zusammen mit dem Schreiben vom 17. November 2003 zwecks Vorbereitung ihrer Einstellung unter anderem einen Fragebogen über die Erklärung anhängiger Verfahren und Verurteilungen. Da das Merkblatt keine Belehrung darüber enthielt, in welchen Fällen dazu Angaben zu machen sind, fragte die Klägerin in der Personalstelle der Beklagten nach, worauf ihr von der dortigen Mitarbeiterin geantwortet wurde, alle mit der im öffentlichen Dienst angestrebten Tätigkeit im Zusammenhang stehende Verfahren müssten angegeben werden.

Im Übrigen enthält das Schreiben der Beklagten vom 17. November 2003 folgenden Hinweis:

"Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Einstellung unter dem Vorbehalt

- der Zustimmung des Personalrates,

- der Vorlage der Nebentätigkeitsgenehmigung

steht und

durch dieses Schreiben keine Beschäftigungszusage ausgesprochen und dementsprechend kein Anspruch auf Vergütung begründet wird. Die Erbringung von Arbeitsleistungen bedarf in jedem Fall der vorherigen, ausschließlich von der zuständigen Sachbearbeiterin der Personalstelle III A 2 auszusprechenden Gestattung der Arbeitsaufnahme.

Das Arbeitsverhältnis wird erst nach Abschluss des Arbeitsvertrages zustande kommen!

Die Klägerin gab daraufhin im Fragenbogen das gegen sie laufende Strafverfahren bekannt. Die Beklagte teilte daraufhin der Klägerin am 27. November 2003 telefonisch und sodann mit Schreiben vom 9. Dezember 2003 mit, dass sie das Einstellungsverfahren - es ging unstreitig um eine Einstellung zum 1. Dezember 2003 - wegen des Strafverfahrens zunächst nicht weiter betreiben und es erst wieder bearbeiten würde, wenn die Klägerin durch eine Entscheidung im Strafverfahren entlastet sein würde. Infolge dessen wurde der Arbeitsvertrag eines anderweitigen wissenschaftlichen Mitarbeiters, der bei der Beklagten ebenfalls zu einem Viertel der Arbeitszeit beschäftigt ist, im Umfang eines weiteren Viertels heraufgesetzt; und zwar ausdrücklich mit der Maßgabe, dass diese Aufstockung auflösend bedingt durch die tatsächliche Einstellung der Klägerin ist.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe einen Rechtsanspruch auf Abschluss eines entsprechenden Arbeitsvertrags. Da alle sonstigen Einstellungsvoraussetzungen vorgelegen hätten, hätte die Beklagte sie nicht wegen des anhängigen Strafverfahrens ablehnen dürfen. Die Frage sei unzulässig. Es sei keine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt. Ihre Angaben hätte die Beklagte nicht verwerten dürfen und selbst bei bestehender Verwertbarkeit die Ablehnung der zugesagten Einstellung nicht davon abhängig machen dürfen.

Hinsichtlich des weiteren Tatbestandes erster Instanz wird auf denjenigen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Durch ein am 4. März 2004 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht die auf Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichtete Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 24. März 2004 zugestellte Urteil richtet sich ihre beim Landesarbeitsgericht am 5. April 2004 eingegangene Berufung, die sie zugleich begründet hat.

Unmittelbar aus den Erklärungen der Beklagten im Schreiben vom 17. November 2003 sei wohl keine Zusage abzuleiten. Es habe aber eine Selbstbindung der Beklagten des Inhalts vorgelegen, sie einzustellen, wenn alle Voraussetzungen dazu vorlägen. Dies sei hier unter Beachtung der Grundsätze der Rechtsprechung zur Konkurrentenklage der Fall, da die Ablehnung wegen des Strafverfahrens rechtswidrig sei.

Der Beklagten sei es verwehrt, nach Strafverfahren oberhalb der Schwelle der Eintragungsfähigkeit in das Bundeszentralregister zu fragen. Auch stehe die ihr vorgeworfene Straftat in keinem Zusammenhang mit der nach dem abzuschließenden Arbeitsvertrag geschuldeten Tätigkeit. Ihre persönliche und fachliche Kompetenz stehe außer Frage. Dem entspreche es, dass sie weiterhin Lehraufträge erhalten hätte, wenn sie diese nicht selbst wegen des schwebenden arbeitsgerichtlichen Einstellungsrechtsstreits abgesagt hätte.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. März 2004 - 96 Ca 435/04 - die Beklagte zu verurteilen, ihr gegenüber ein Angebot auf Abschluss eines Anstellungsvertrages als wissenschaftliche Mitarbeiterin (Viertel Stelle) an der H.-Universität zu Berlin an der Juristischen Fakultät - Institut für Kriminalwissenschaften - Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Urheberrecht, abzugeben

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, über ihren Antrag auf Einstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin (Viertel Stelle) an der H.-Universität zu Berlin an der Juristischen Fakultät - Institut für Kriminalwissenschaften - Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Urheberrecht erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Klagebegehren fehle die Anspruchsgrundlage.

Es gebe keinerlei Einstellungszusagen oder eine irgendwie geartete Bindung dahingehend. Da sie auch gar keine die Klägerin benachteiligende Auswahlentscheidung getroffen habe, sondern allein das Bewerbungsverfahren nicht weiter betrieben habe, sei auch unter diesem Gesichtspunkt kein Anspruch gegeben.

Ob im Falle des Verschweigens des Strafverfahrens sie zur Anfechtung des Arbeitsvertrages mit der Klägerin berechtigt gewesen wäre, könne offen bleiben. In der Phase der Willensbildung des öffentlichen Arbeitgebers über den Abschluss eines Arbeitsvertrages könne es ihm nicht verwehrt sein, nach laufenden strafrechtlichen Verfahren zu fragen und die Einstellung dann abzulehnen, wenn durch die betreffende Straftat die persönliche Eignung in Frage gestellt sei. Die Art der für die Klägerin vorgesehenen Tätigkeit habe es ihr erlaubt, sie abzulehnen, solange der Tatvorwurf nicht beseitigt sei. Aufgabe der wissenschaftlichen Mitarbeiterin sei eine wissenschaftliche Tätigkeit in Lehre und Forschung. Es sei die Vermittlung strafrechtlichen Wissens und rechtsstaatlicher Grundsätze an junge Studierende vorgesehen. Dies setze die eigene Bereitschaft des wissenschaftlichen Mitarbeiters voraus, selbst rechtsstaatliche Regeln einzuhalten.

Die Höhe der im Strafbefehl festgesetzten Strafe lasse die Bedeutung des Vorwurfs in Bezug auf die vorgesehene Tätigkeit nicht entfallen. Im Übrigen sei es möglich, dass das Strafverfahren auch mit einer höheren Strafe für die Klägerin ende.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung hat die Klägerin form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß und rechtzeitig begründet.

Das Rechtsmittel ist in der Sache unbegründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrags als wissenschaftliche Mitarbeiterin gemäß der Stellenausschreibung der Beklagten noch der mit dem Hilfsantrag verfolgte Anspruch auf erneute Entscheidung über die Bewerbung zu. Es fehlt - wie die Beklagte mit Recht meint - die Anspruchsgrundlage.

I.

Der Hauptantrag der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

1. Es mangelt dem Antrag nicht das Rechtsschutzinteresse. Zwar bezieht sich das Begehren der Klägerin im Rahmen ihres Antrags auf Abschluss eines Arbeitsvertrages grundsätzlich auf die Zukunft; um den rückwirkenden Abschluss eines Arbeitsvertrages geht es der Klägerin nicht. Im Hinblick auf die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes der Klägerin als Referendarin geht es zunächst noch um ein Arbeitsverhältnis mit einer Laufzeit bis mindestens zum 31. März 2005. Die Beklagte hat aber nicht geltend gemacht, aus der Sicht zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung sei ein derartiger Vertragsabschluss mit dieser Laufzeit weder sinnvoll noch möglich.

2. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht verlangen, als wissenschaftliche Mitarbeiterin eingestellt zu werden.

a) Allerdings vermag sich die Beklagte nicht darauf zurückzuziehen, dass sie nicht endgültig über die Bewerbung der Klägerin entschieden habe und sie selbst dann nicht einstellen müsse, wenn ihre Entscheidung, ihr dies bis zum Ausgang des Strafverfahrens zu versagen, rechtswidrig wäre. Es geht hier nicht um die Grundsätze der Selbstbindung der Verwaltung, sondern um den auf Artikel 33 Abs. 2 GG beruhenden Anspruch der Klägerin, für eine freie Stelle ausgewählt zu werden, wenn jede andere Entscheidung der Beklagten als die der Einstellung der Klägerin nicht mit Artikel 33 Abs. 2 GG vereinbar ist.

Dementsprechend hat sich die Beklagte gegenüber der Klägerin auch erklärt. Es sind danach alle sonstigen Einstellungsvoraussetzungen erfüllt. Die Beklagte lehnte die Klägerin allein deshalb ab, weil vor Abschluss des Arbeitsvertrages aus grundsätzlichen Erwägungen Zweifel an der persönlichen Eignung der Klägerin in Bezug auf die zu besetzende Stelle aufgekommen sind. Dies ergibt sich eindeutig aus den unbestrittenen Erklärungen des Abteilungsleiters der Personalstelle der Beklagten vom 27. November 2003 und auch aus dem Schreiben der Beklagten vom 9. Dezember 2003. Die Beklagte hat sich zu keinem Zeitpunkt vorbehalten, sonstige, hinsichtlich der Eignung der Klägerin noch in Frage kommende Gesichtspunkte zu prüfen und ihre Einstellungsentscheidung auch davon noch abhängig machen zu wollen. Hat damit die Klägerin einen Anspruch auf eine endgültige Auswahlentscheidung zu ihren Gunsten, muss die Beklagte dem nachkommen.

b) Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Stelle zurzeit besetzt ist. Zwar kann der Bewerber für eine Stelle im öffentlichen Dienst einen Einstellungsanspruch nur dann haben, wenn es um eine freie Stelle geht (vgl. etwa BAG 9 AZR 445/96 vom 2.12.1997, NZA 98, 884). Diese Voraussetzung ist aber im Streitfall gegeben. Daran ändert nichts der Umstand, dass infolge des Ruhens des Bewerbungsverfahrens der Klägerin zur Überbrückung die Stelle an einen anderweitigen wissenschaftlichen Mitarbeiter vergeben ist. Diese arbeitszeitliche Aufstockung um ein Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit ist auflösend bedingt durch die Einstellung der Klägerin, die diese mit der vorliegenden Klage begehrt.

c) Ein Einstellungsanspruch der Klägerin ist nicht gegeben, weil

aa) die Beklagte die Frage nach einem laufenden Strafverfahren hat stellen dürfen

bb) sie die Antwort der Klägerin im Fragebogen auch hat verwerten dürfen und

cc) ihre Entscheidung, die Klägerin nicht einzustellen, bis sie strafrechtlich entlastet ist, nicht zu beanstanden ist.

aa) Zugunsten der Klägerin geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagte auf die Beantwortung einer unzulässigen Frage ihre Ablehnung nicht hätte stützen können. Der Auffassung, ein Fragerecht des öffentlichen Arbeitgebers in Bezug auf ein zur Zeit der Bewerbung laufendes Strafverfahren gebe es nicht (vgl. dazu etwa Conze ZTR 91, 99, 104 f.), vermag sich das Berufungsgericht hingegen nicht anzuschließen. Es folgt vielmehr der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. dazu BAG 2 AZR 320/98 vom 20.5.1999, NZA 99, 975). Danach ist nicht nur die Frage nach einer Vorstrafe zulässig, sondern auch die nach einem laufenden Ermittlungsverfahren. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer solchen Fragestellung ist gegeben, wenn wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens ernsthafte Zweifel hinsichtlich der persönlichen Eignung des Bewerbers entstehen können. Dies wiederum ist der Fall, wenn die Art des Delikts, dessen der Stellenbewerber verdächtigt wird, dessen persönliche Eignung gerade in Bezug auf die auszuübende Tätigkeit in Frage stellt. Ist dem so, so überwiegt das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an der Fragestellung; entgegen der Auffassung der Klägerin müssen in diesem Fall der Schutz ihres Persönlichkeitsrechts und ihres Rechts auf informelle Selbstbestimmung zurücktreten.

(1.) Das Delikt, worum es hier geht, ist im dargelegten Sinn einschlägig. Die vorsätzlich falsche Versicherung an Eides statt richtet sich - wie auch die übrigen Aussagedelikte der §§ 153, 154 StGB - gegen die Rechtspflege. Diese ist darauf angewiesen, dass das oft streitentscheidende Beweismittel der eidesstattlichen Versicherung als Glaubhaftmachung im Sinne der §§ 936, 920, 294 ZPO im Rahmen eines zivilrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahrens inhaltlich wahr ist. Die Strafbarkeit einer falschen eidesstattlichen Versicherung soll also nicht primär die Interessen der gegnerischen Partei im Zivilprozess schützen; sie soll vielmehr der Abwehr der Beeinträchtigung der Rechtspflege dienen, die - wie hier - im Verfahren der einstweiligen Verfügung darauf angewiesen ist, aufgrund einer wahren eidesstattlichen Versicherung richtig entscheiden zu können. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass der wissenschaftliche Mitarbeiter zu Aufgaben in der Lehre herangezogen werden kann. Es stellt einen schwerwiegenden Eignungsmangel dar, wenn der wissenschaftliche Mitarbeiter gegen eines der strafrechtlichen Tatbestände der Aussagedelikte verstoßen hat. Die Kenntnis der Beklagten von einem dementsprechend gegen die Klägerin gerichteten, noch nicht abgeschlossenen Strafverfahren ist mithin für ihre Einstellungsentscheidung sachlich erforderlich gewesen.

(2.) Die Frage nach einem laufenden Strafverfahren hätte die Klägerin nicht etwa deswegen nicht beantworten müssen, weil das im Strafbefehl festgesetzte Strafmaß nicht über das in § 32 Abs. 2 Ziff. 5 BZRG festgelegte Maß von 90 Tagessätzen hinausgeht und damit im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung der Klägerin keine Offenbarungspflicht nach § 53 Abs. 1 Ziff. 1 BZRG bestanden hätte (vgl. dazu MünchArbR-Buchner § 41 Rdnr. 152; ErfK-Preis 3. Aufl. BGB § 611 Rdnr. 341 f.). Ob dem zu folgen wäre und eine diesbezügliche Frage nach einer Vorstrafe unter dieser Maßgabe unzulässig wäre, auch wenn das Delikt eine sachliche Bedeutung für die Frage der persönlichen Eignung des Bewerbers hinsichtlich der auszuübenden Tätigkeit hat, kann dahinstehen. Denn mit einer fehlenden Offenbarungspflicht wegen § 53 Abs. 1 Ziff. 2 BZRG kann vorliegend deswegen nicht argumentiert werden, weil wegen des Ausschlusses des Verschlechterungsverbots gemäß § 411 Abs. 4 StPO aufgrund des im Strafbefehl festgesetzten Strafmaßes bei einem Einspruch gar nicht sicher ist, zu welcher Strafzumessung aufgrund der Hauptverhandlung es gegebenenfalls kommen wird. Mithin gibt der Inhalt des Strafbefehls allein keine Grundlage dafür ab, dass die Klägerin das gegen sie laufende Strafverfahren nicht hätte mitteilen müssen.

bb) Der Beklagten ist es nicht verwehrt gewesen, die Angaben der Klägerin zum Strafverfahren bei ihrer Einstellungsentscheidung (besser: Bei ihrer Entscheidung über die Aussetzung des Einstellungsverfahrens) zu verwerten. Ob das Datenschutzgesetz das Fragerecht des Arbeitgebers einschränkt, kann offen bleiben (vgl. dazu Schaub Arbeitsrechtshandbuch 10. Aufl. § 26 Rdnr. 10). Die Klägerin meint, der Fragebogen verstoße deswegen gegen den Datenschutz, weil er keine Belehrung darüber enthalten habe, unter welchen Voraussetzungen überhaupt Angaben zu einem Strafverfahren hätten gemacht werden müssen. Dem hat das Berufungsgericht jedoch nicht näher nachgehen müssen.

Denn die Klägerin trägt selbst vor, durch eine Mitarbeiterin der Personalstelle darüber informiert worden zu sein, dass Angaben über Verfahren gemacht werden müssten, die im Zusammenhang mit der im öffentlichen Dienst angestrebten Tätigkeit stünden, bevor sie dann selbst dieser Mitarbeiterin vorab mündlich den Vorgang des Strafverfahrens geschildert habe (vgl. die Anlage 8 zur Klageschrift). Eine noch weitergehende Belehrungspflicht kann der Beklagten nicht abverlangt werden.

cc) Die Beklagte hat sich nach den Angaben der Klägerin zu einer Aussetzung des laufenden Einstellungsverfahrens entschieden; dies kann vom Berufungsgericht aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden. Es besteht Einigkeit darüber, dass dem öffentlichen Arbeitgeber im Rahmen der Prüfung der Einstellungsvoraussetzungen nach Artikel 33 Abs. 2 GG in Bezug auf die Kriterien Befähigung, Leistung und Eignung ein nicht eng zu begrenzender Beurteilungsspielraum zusteht. Die gerichtliche Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob der Arbeitgeber bei seiner wertenden Entscheidung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet hat und ein fehlerfreies Verfahren eingehalten hat (vgl. BAG 9 AZR 307/02 vom 21.1.2003, NZA 03, 1036, 1038). Ein Einstellungsanspruch besteht nur dann, wenn jede andere Entscheidung des Arbeitgebers ermessensfehlerhaft oder rechtswidrig wäre. Im Rahmen seines Beurteilungsspielraums darf sich der Arbeitgeber allein auf sachfremde, willkürliche Erwägungen nicht stützen (vgl. BAG 9 AZR 67/02 vom 19.2.2003, NZA 03, 1271; BAG 7 AZR 19/94 vom 7.11.1994, NZA 95, 781; MünchArbR-Buchner § 45 Rdnr. 145; Vogg AuR 93, 287, 293; Lansnicker-Schwirtzek NJW 03, 2481). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor; Derartiges ist von der Klägerin auch nicht aufgezeigt worden.

Die Erwägung der Beklagten, das laufende Strafverfahren stehe einer Einstellung der Klägerin so lange entgegen, als es nicht zu ihren Gunsten beendet worden sei, ist weder sachfremd noch willkürlich. Es steht in dem Beurteilungsspielraum der Beklagten, wissenschaftliche Mitarbeiter, die sich einer Straftat gegen die Rechtspflege verdächtig gemacht haben, für die Dauer des Strafverfahrens nicht einzustellen, weil insoweit berechtigte Zweifel an der persönlichen Eignung hinsichtlich der Ausübung einer lehrenden und forschenden Tätigkeit im Hochschulbereich bestünden.

Es spricht demgegenüber für die Entscheidung der Beklagten keine Rolle, ob und unter welchen Voraussetzungen an die Klägerin dessen ungeachtet weitere Lehraufträge vergeben worden wären und welche Bedeutung Fachvorgesetzte der Klägerin dem Strafverfahren für die vorgesehene Tätigkeit haben zukommen lassen.

II. Auch dem Hilfsantrag der Klägerin hat das Berufungsgericht nicht entsprechen können. Er ist unzulässig, jedenfalls aber auch unbegründet.

Es bestehen erhebliche Bedenken gegen das Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses. Die Beklagte hat - wie ausgeführt zu Recht - beschlossen, das Einstellungsverfahren der Klägerin zunächst nicht weiter zu betreiben und sich ihre Entscheidung über eine Einstellung der Klägerin nach Beendigung des Strafverfahrens vorzubehalten. Ob sich ein Einstellungsanspruch nach Abschluss des Strafverfahrens ergibt, ist ungewiss und hängt in erster Linie davon ab, wie die persönliche Eignung der Klägerin zu diesem Zeitpunkt zu beurteilen ist. Deshalb liefe das dem Hilfsantrag zugrunde liegende Begehren der Klägerin darauf hinaus, dass das Gericht ein Rechtsgutachten darüber erteilt, nach welchen Grundsätzen die persönliche Eignung der Klägerin nach Maßgabe des Ausgangs des Strafprozesses zu beurteilen wäre.

Der Hinweis der Klägerin zur Antragstellung im Falle einer Konkurrentenklage hilft ihr nicht weiter. Die Klägerin befindet sich eben nicht in einer der Konkurrentenklage zugrunde liegenden typischen Konkurrenzsituation.

Der Hilfsantrag ist zumindest unbegründet. Denn er setzt voraus, dass die Beklagte die Bewerbung der Klägerin fehlerhaft abgelehnt hat und verpflichtet ist, nach Maßgabe der gerichtlichen Entscheidung eine erneute Einstellungsentscheidung zu treffen. Ein solcher Anspruch besteht nicht. Die Beklagte hat sich nur verpflichtet, über den Einstellungsantrag der Klägerin zu befinden, wenn ein neuer Sachverhalt, nämlich der Ausgang im Strafprozess, gegeben ist. Dem vermag die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag nicht vorzugreifen (vgl. dazu auch BAG 9 AZR 541/98 vom 22.6.1999 zu I 2 c) bb) der Gründe, NZA 00, 606).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Revision war für die Klägerin gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Sie liegt im Wesentlichen in der entscheidungserheblichen Frage, ob der öffentliche Arbeitgeber berechtigt ist, die Einstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Hochschule allein mit der Begründung abzulehnen, es laufe gegen den Bewerber ein Strafverfahren, das ein gegen die Rechtspflege gerichtetes Delikt zum Gegenstand hat.



Ende der Entscheidung

Zurück