Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Brandenburg
Urteil verkündet am 03.05.2005
Aktenzeichen: 2 Sa 702/04
Rechtsgebiete: KSchG, TV Ratio, BetrVG, BGB, TVG, ZPO, GewO


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 3
KSchG § 2
TV Ratio § 1
TV Ratio § 1 Abs. 2
TV Ratio § 3
TV Ratio § 3 Abs. 1
TV Ratio § 3 Abs. 3
TV Ratio § 3 Abs. 4
TV Ratio § 3 Abs. 4 Anlage 1
TV Ratio § 3 Abs. 4 Anlage 2
TV Ratio § 4
TV Ratio § 5
TV Ratio § 5 Abs. 1
TV Ratio § 5 Abs. 3 Anlage 3
TV Ratio §§ 6 ff.
TV Ratio § 8 ff Anlage 4 Abschnitt II
TV Ratio § 11 Abs. 1
BetrVG § 50 Abs. 2
BetrVG § 99 Abs. 1
BGB § 315
BGB § 315 Abs. 1
TVG § 1
TVG § 3 Abs. 1
TVG § 4 Abs. 1
TVG § 4 Abs. 3
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 259
GewO § 106
Zulässige Erweiterung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts durch den TV-Ratio. Zulässige Ersetzung des Betriebsbegriffs durch den Begriff "Organisationseinheit" im TV-Ratio; keine Verletzung des Inhaltsschutzes durch § 2 KSchG
Landesarbeitsgericht Brandenburg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 Sa 702/04

verkündet am 03.05.2005

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Brandenburg auf die mündliche Verhandlung vom 03. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter am LAG Dr. R. als Vorsitzenden sowie die ehrenamtliche Richterin H. und den ehrenamtlichen Richter K.

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 18.08.2004 - 6 Ca 911/04 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit der Versetzung des Klägers in die Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit V. der Beklagten und seinen vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruch auf seinem bisherigen Arbeitsplatz.

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 01.09.1970 zuletzt im Bezirksbüro Netze 25 (BBN 25) der Niederlassung Nord-Ost als Objekttechniker Infrastruktur Netze mit der Aufgabenträgernummer 554 47 zu einem monatlichen Bruttoverdienst i. H. v. 4.659,34 Euro auf seiner sogenannten Regelarbeitsstelle in Z., einem von acht dem BBN 25 zugewiesenen Standorten zusammen mit der dort ebenfalls beschäftigten Arbeitnehmerin S. tätig gewesen. Der vorgesetzte Ressortleiter des Klägers zum Ressort 554 BBN 25 hatte seinen Sitz in P.. Zur Organisation der Technikniederlassung P. sowie zur regionalen Verbreitung der Organisationseinheiten wird auf die Organigramme und Pläne Bl. 318, 319 und 322 d. A. Bezug genommen. Am Standort der Technikniederlassung war ein Betriebsrat gebildet.

Die Parteien sind jeweils kraft Organisationszugehörigkeit tarifgebunden. Wie die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 31.05.1995 mitgeteilt hat, ist er mit Wirkung vom 31.12.1994 tariflich unkündbar. Hinsichtlich der weiteren Sozialdaten des Klägers und der Arbeitnehmerin S. wird auf die Fragebögen zu sozialen und persönlichen Belangen, Bl. 132 und 133 d. A., Bezug genommen.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 25.03.2004 (vgl. Bl. 12 u. 13 d. A.) seine Versetzung in die V. gem. § 5 TV Ratio mit Wirkung zum 01.04.2004 mit. Der Betriebsrat der Niederlassung hat der Versetzung auf seiner Sitzung am 30./31.03.2004 und am 01.04.2004 zugestimmt, wie er der Beklagten mit Schreiben vom 01.04.2004 mitgeteilt hat (vgl. Bl. 116 d. A.).

Zuvor hatte die Beklagte im Rahmen des Beschäftigungsbündnisses mit der Gewerkschaft ver.di den Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung (TV Ratio) am 29.06.2002 vereinbart. Zur Umsetzung von Rationalisierungsmaßnahmen schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat zwei zentrale Interessenausgleiche und Sozialpläne, den sogenannten ZIA 2003 und ZIA NICE, auf deren Inhalt Bl. 59 b. 74 d. A. und 75 b. 81 d. A. Bezug genommen wird. Auf der Basis dieser Vereinbarungen gab die Beklagte mit Schreiben der Zentrale vom 07.08.2003 (vgl. Bl. 82 b. 91 d. A.) die einzelnen Rationalisierungsmaßnahmen, bezogen auf die einzelnen Aufgabenträgernummern einer Aufgabengruppe und die einzelnen Organisationseinheiten nach Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat bei der Beklagten bekannt. Für die Aufgabengruppe "554" lagen eine Reihe von Rationalisierungsmaßnahmen vor, auf deren Auflistung auf die Berufungsbegründung, S. 39 - Bl. 243 d. A. - Bezug genommen wird. Zur Aufgabenträgernummer 554 47 ergab sich ein Personalbedarf i. H. v. 231,8 Einheiten. Entsprechend den Anweisungen der Beklagten zur Berechnung des Personalbedarfs (vgl. dazu die Anlagen Bl. 262 b. 270 d. A.) errechnete sich für die BBN 25 ein Personalbedarf i. H. v. 17,51 Personaleinheiten. Im Hinblick auf den zum damaligen Zeitpunkt vorhandenen Ist-Bestand i. H. v. 28 Personaleinheiten ergab sich eine Personalbestandsreduzierung i. H. v. 10,5 Personaleinheiten (vgl. dazu die Anlage B 9, Bl. 134 d. A.). Die anstehenden Personalreduzierungsmaßnahmen wurden mit dem Betriebsrat der Niederlassung am 11.09.2003 erörtert, vgl. dazu das Protokoll des sogenannten ZIA-Einzelgesprächs, Anlage B 10, Bl. 135 b. 144 d. A.. Für den Standort Z. des BBN 25 ergab sich daraus eine Reduzierung um eine Personalstelle. Im nachfolgenden sogenannten Clearingverfahren wurde der Kläger "identifiziert"; er verfügte über 16 Sozialpunkte, die mit ihm vergleichbare Arbeitnehmerin S. verfügte über 20 Sozialpunkte. Insoweit wird Bezug genommen auf die Anlage B 6, Bl. 98 b. 100 d. A., und das Protokoll der Clearingsitzung vom 06., 07.10.2003, Anlage B 5, Bl. 92 b. 97 d. A. Im Protokoll heißt es dazu: "Identifiziert: Herr G." ... Die Clearingstelle hat keine Empfehlung ausgesprochen, vielmehr hat die Beklagte unter Berufung auf ihr Alleinentscheidungsrecht gem. § 5 Abs. 3 der Anlage 3 zum TV Ratio den Kläger "identifiziert".

Der Kläger ist seit dem 01.04.2004 im Wesentlichen ohne Arbeit. Im Rahmen einer zugewiesenen Arbeit durch die V. hat er sich verletzt und war längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt und in der Rehabilitation. Ein Angebot der Beklagten zur Übernahme einer Tätigkeit im Objektschutz hat der Kläger wegen Kollision mit seinem Anspruch auf Erholungsurlaub nicht angenommen.

Mit seiner beim Arbeitsgericht Potsdam am 10.03.2004 eingegangenen Klage, die er am 29.03.2004 gegen die hier streitgegenständliche Versetzung erweitert hat, wandte der Kläger sich gegen die Rechtswirksamkeit der Versetzung, rügte die Einhaltung der Bestimmungen des TV Ratio, die Beteiligung des Betriebsrats und die von der Beklagten vorgenommene "Sozialauswahl" und meinte, der TV Ratio erweitere das Direktionsrecht der Beklagten unzulässig, mindere bzw. beseitige seinen tariflichen Kündigungsschutz; die Versetzung in die V. verletze sein Persönlichkeitsrecht, weil er im Wesentlichen nicht beschäftigt werde.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Versetzung des Klägers von dem Betrieb der Beklagten in die V. unwirksam ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Sachbearbeiter Netztechnik zu unveränderten Bedingungen zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eingewandt, die Versetzung sei tarifrechtlich nicht zu beanstanden und rechtswirksam, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß beteiligt, die Versetzung in die V. ziele auf die Vermittlung eines Dauerarbeitsplatzes; die zeitweise Nichtbeschäftigung sei gegenüber der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als milderes Mittel anzusehen und könne daher nicht als unzulässiger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht gewertet werden.

Mit Urteil vom 18.08.2004 hat das Arbeitsgericht Potsdam nach den klägerischen Anträgen entschieden und dazu im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe bei der Auswahl des Klägers gegen § 3 TV Ratio verstoßen. Die Begrenzung des Clearingverfahrens auf Arbeitnehmer von bestimmten Standorten des BBN 25 sei tarifwidrig. Nicht die jeweiligen Standorte, sondern die Niederlassung, bei der auch ein Betriebsrat gebildet sei, sei als die Organisationseinheit zu betrachten, auf die der Tarifvertrag abstelle, was die Beklagte nicht getan habe. Die dadurch erfolgte Verzerrung der Auswahlentscheidung sei tarifwidrig. Im Übrigen habe der Kläger einen Anspruch auf unveränderte Beschäftigung als Sachbearbeiter Netztechnik im bestehenden Arbeitsverhältnis.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Tatbestandes sowie der Entscheidungsgründe wird auf den Inhalt des Urteils (Bl. 166 b. 174 d. A.) Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 21.10.2004 zugestellte Urteil hat sie Berufung eingelegt, die am 10.11.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Die Berufungsbegründung ist am 20.01.2005 nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 21.01.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil mit Rechtsausführungen an. Der Feststellungsantrag sei im Hinblick auf den Leistungsantrag zur Beschäftigung unzulässig. Das Gericht habe den tarifvertraglichen Begriff der Organisationseinheit verkannt. Der Standort Z. sei, neben anderen, ein solcher des BBN 25. Die vorübergehende Nichtbeschäftigung des Klägers sei als Reflex des Rationalisierungsschutzes nicht zu beanstanden, weil dem Kläger im Ergebnis trotz entfallendem Beschäftigungsbedarfs eine Weiterarbeit und damit ein Einkommen in gleicher Höhe gesichert werde. Das Urteil verkenne den systemischen Schutzansatz des TV Ratio. Schließlich sei der Kläger auch ordnungsgemäß ausgewählt worden, er sei mit der Arbeitnehmerin S. vergleichbar und verfüge über eine geringere Sozialpunktezahl. Die Clearingstelle habe den Kläger eindeutig identifiziert; die Verwechslung des Vornamens sei versehentlich erfolgt, der fehlerhaft geschriebene Nachname beruhe auf einem Tippfehler. Aus der Personalnummer des Klägers und den Anlagen dazu ergebe sich die eindeutige Identifizierung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 18.08.2004 - 6 Ca 911/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und stellt hinsichtlich seines erstinstanzlichen Antrages zu 2) klar, dass dieser als vorläufiger Weiterbeschäftigungsantrag bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Feststellungsverfahren anzusehen sei.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung ebenfalls mit Rechtsausführungen und meint, die V. verfüge über eine eigene Rechtspersönlichkeit - daran hat der Kläger in der Berufungsverhandlung jedoch nicht mehr festgehalten. Sein Arbeitsplatz in Z. sei auch nicht entfallen, vielmehr sei er einen Monat nach seiner Versetzung mit einem Mitarbeiter F. besetzt worden, wie der Kläger in der Berufungsverhandlung erklärt hat; die Beklagte hat dies mit Nichtwissen bestritten und den Vortrag als verspätete gerügt. Die Versetzung sei nicht ohne Zustimmung des Klägers möglich. Zu den Vereinbarungen auf Unternehmensebene werde ein entsprechender Beschluss des Gesamtbetriebsrats gem. § 50 Abs. 2 BetrVG generell und im speziellen Fall bestritten. Die Altersgruppenbildung bei der Beklagten nach dem TV Ratio sei fehlerhaft. Nicht der Kläger, sondern ein " G." sei identifiziert worden. Der Kläger sei im Übrigen mit weiteren 16 Arbeitnehmern, unter derselben AT-Nummer wie der Kläger tätig, vergleichbar. Von insgesamt 28 Arbeitnehmern, die dem Ressortleiter in P. unterstellt seien, seien 25 jünger als 50 Jahre. Die Leistungsbeurteilung sei auf die gesamte Niederlassung mit ca. 4.000 Arbeitnehmern erstreckt worden, die Altersdifferenzierung lediglich auf den Ministandort Z. mit zwei Arbeitnehmern; dies sei rechtswidrig. Die von der Beklagten vorgenommene Atomisierung sei nicht mit dem TV Ratio vereinbar.

Wegen des weiteren Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie ihre Erklärungen im mündlichen Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, zulässige und frist- sowie ordnungsgemäß eingelegte und begründete Berufung war auch erfolgreich. Mithin war das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die von der Beklagten vorgenommene Versetzung des Klägers zum 01.04.2004 von seinem Regelarbeitsort in Z. bei der Technikniederlassung Nord-Ost der Beklagten zum Beschäftigungs- und Qualifizierungsbetrieb V. bei der Beklagten ist rechtswirksam, insbesondere unter Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des TV Ratio erfolgt.

Die Beklagte hat bezüglich der Versetzung des Klägers die Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 3 Abs. 4 nebst Anlage 1 und Anlage 2 des TV Ratio vom 29.06.2002 ordnungsgemäß, vollständig und nachprüfbar dargelegt und bei der Umsetzung der Versetzung eingehalten. Die Einwendungen des Klägers dagegen greifen nicht durch. Nach Abwägung aller Einzelfallumstände entspricht die Versetzung des Klägers billigem Ermessen gem. § 315 BGB.

Die Ausgestaltung und teilweise Erweiterung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts durch die Bestimmungen der §§ 3 bis 5 des TV Ratio sind tarifrechtlich wirksam, insbesondere genügend bestimmt, und verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht. Sie gestalten das Arbeitsverhältnis der tarifgebundenen Parteien dieses Rechtsstreits mit unmittelbarer und zwingender Wirkung gem. §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG.

Schließlich ist die streitgegenständliche Versetzung des Klägers auch nicht rechtsunwirksam wegen fehlerhafter Beteiligung des bei der Technikniederlassung Nord-Ost der Beklagten bestehenden Betriebsrats gem. § 99 Abs. 1 BetrVG.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Der klägerische Antrag zu 1), mit dem er die Feststellung der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Versetzung erstrebt, ist entgegen der Ansicht der Beklagten vom gem. § 256 Abs. 1 ZPO geforderten besonderen Feststellungsinteresse getragen. Mit der streitgegenständlichen Versetzung zum 01.04.2004 wird das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien in erheblicher Weise umgestaltet. Der Kläger verliert dadurch seinen bisherigen Arbeitsplatz, seine langjährige Arbeitsaufgabe und wird den besonderen Regelungen, insbesondere den Qualifizierungs- und Vermittlungsbemühungen in der V. bei der Beklagten gem. §§ 6 ff. TV Ratio nebst entsprechenden Anlagen unterworfen. Die Bedingungen seines Arbeitsverhältnisses werden dadurch in vielfältiger Weise neu gestaltet. Mithin hat der Kläger ein offenbares, vitales Interesse daran, die Rechtsunwirksamkeit der mit der Versetzung verbundenen und beabsichtigten rechtlichen Umgestaltung seines Arbeitsverhältnisses feststellen zu lassen. Die Versetzung der Beklagten erschöpft sich gerade nicht in einer bloßen organisatorischen Zuordnung des klägerischen Arbeitsverhältnisses. Sie wirkt sich auf die Rechtsstellung des Klägers darüber hinaus unmittelbar und gegenwärtig andauernd aus. Die Feststellung ist mithin nicht ausschließlich auf ein in der Vergangenheit abgeschlossenes Rechtsverhältnis beschränkt.

Unter diesen Voraussetzungen ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das besondere Feststellungsinteresse gem. § 256 Abs. 1 ZPO und damit die Zulässigkeit einer Feststellungsklage anerkannt worden (vgl. dazu nur Urt. d. BAG v. 26.09.2002 - 6 AZR 523/00 -, AP Nr. 73 zu § 256 ZPO 1977). Dies gilt auch, soweit es um die Feststellung der Rechtswirksamkeit einer Versetzung kraft eines durch Tarifvertrages erweiterten Direktionsrechts des Arbeitgebers geht (vgl. dazu BAG - 1 AZR 47/95 -, AP Nr. 44 zu § 611 BGB - Direktionsrecht). Schließlich ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts auch der Streit um einzelne rechtliche Pflichten ein Streit über das Bestehen eines Rechtsverhältnisses gem. § 256 Abs. 1 ZPO, wenn wie hier über den Umfang und den Inhalt des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts gestritten wird; die Erhebung einer Leistungsklage ist insoweit nicht erforderlich (vgl. Urt. d. BAG v. 29.09.2004 - 1 AZR 473/03 -, AUR 2005, S. 164 f.).

2. Der Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet.

Die Beklagte hat den Kläger zu Recht mit Wirkung vom 01.04.2004 gem. §§ 106 GewO i. V. m. § 315 Abs. 1 BGB i. V. m. § 5 Abs. 1 TV Ratio in die Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit V. versetzt.

2.1. Die Versetzungsanordnung der Beklagten vom 25.03.2004 gegenüber dem Kläger ist rechtmäßig. Sie überschreitet insbesondere nicht die Grenzen der durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag und Gesetz gesetzten Befugnis der Beklagten.

Der Umfang des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts ist selbstverständlich nicht naturrechtlich vorgegeben. Er ergibt sich vielmehr aus den Notwendigkeiten und Besonderheiten der Organisation einer betrieblichen Arbeitsleistung sowie den Notwendigkeiten und Besonderheiten der Arbeitsleistung selbst. Begrenzt ist er durch § 106 GewO i. V. m. § 315 Abs. 1 BGB und den arbeitsvertraglichen, auf das Weisungsrecht bezogenen Vereinbarungen (vgl. BAG, Urt. v. 09.02.1989 - 6 AZR 174/87 -, AP Nr. 4 zu § 2 BeschFG 1985). Im Übrigen ist es seit langem in Literatur und Rechtsprechung anerkannt, dass Umfang und Grenzen des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts durch kollektivrechtliche Regelungen, insbesondere durch einen auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag gestaltet werden kann (vgl. nur BAG, Urt. v. 27.02.2002 - 9 AZR 562/00 -, NZA 2002, S. 1100 ff. m. w. N. sowie Urt. v. 23.01.2002 - 4 AZR 461/99 -, n. v., Juris; sowie Wiedemann-Wiedemann, TVG, Kommentar, Einleitung, Rdnr. 374).

Dass der Arbeitsvertrag der Parteien das arbeitgeberseitige Weisungsrecht beschränken würde, haben die Parteien nicht mitgeteilt.

Durch den auf das Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit anwendbaren TV Ratio vom 29.06.2002 ist demgegenüber der Beklagten die Befugnis verliehen worden, gem. § 5 Abs. 1 einen Arbeitnehmer in die V. zu versetzen, wenn die weiteren Voraussetzungen dieses Tarifvertrages vorliegen.

2.2. Die tarifvertragliche Gestaltung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts im TV Ratio ist zulässig und rechtswirksam. Zunächst einmal ist der TV Ratio in seinen hier einschlägigen Regelungen justitiabel, insbesondere noch hinreichend bestimmt in der besonderen Gestaltung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts.

Danach ist die Beklagte berechtigt, Arbeitnehmer in die V. zu versetzen, wenn sein Arbeitsplatz im Rahmen einer Rationalisierungsmaßnahme gem. § 1 des Tarifvertrages wegfällt und er durch die paritätische Clearingstelle im Rahmen des Verfahrens gem. § 3 des Tarifvertrages "identifiziert" wird. Für den Auswahlprozess differenziert der Tarifvertrag danach, ob von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze alle Arbeitsplätze im Zuge einer Maßnahme gem. § 1 des Tarifvertrages wegfallen, § 3 Abs. 2 des Tarifvertrages, oder nur ein Teil der Arbeitsplätze wegfällt, § 3 Abs. 1 des Tarifvertrages. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, für den Fall das andere gleiche Arbeitsplätze innerhalb einer Organisationseinheit bestehen, die nicht von einer Rationalisierungsmaßnahme betroffen sind, diese in den Auswahlprozess mit einzubeziehen. Ein Zwang dazu besteht nicht.

Abweichend von kündigungsschutzrechtlichen und betriebsverfassungsrechtlichen Regeln, die an den noch von 1925 stammenden Betriebsbegriff anknüpfen (Jacobi), greift der TV Ratio als den Rationalisierungsschutz auslösenden Tatbestand u. a. die Veränderung der Aufbau- oder Ablauforganisation auf und knüpft damit ausweislich der Ausführungsbestimmungen zu § 1 Abs. 2 des TV Ratio einen Begriff der "Organisationseinheit" an. Insoweit konsequent stellt er für die Möglichkeit gem. § 3 Abs. 3 des TV Ratio, andere, nicht betroffene Arbeitnehmer in die Auswahl mit einzubeziehen, ebenfalls auf die Organisationseinheit der jeweils betrieblich definierten Ablauf- bzw. Aufbauorganisation ab.

Die Tarifvertragsparteien waren vorliegend nicht gezwungen, auf den Betriebsbegriff abzustellen. Denn der TV Ratio gestaltet weder den Kündigungsschutz der Beschäftigten abweichend vom Kündigungsschutzgesetz noch bezweckt er dies und die tarifliche Gestaltung der arbeitgeberseitigen Versetzungsbefugnis verletzt auch nicht den Inhaltsschutz gem. § 2 KSchG der von einer Versetzung betroffenen Arbeitnehmer.

2.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer sich anschließt, sind tarifvertragliche Regelungen, die dem Arbeitgeber das Recht zur einseitigen Änderung des Arbeitsvertrages einräumen, zulässig, vorausgesetzt, im Tarifvertrag selbst sind die Merkmale festgelegt, unter denen der Arbeitgeber zum einseitigen Eingriff in die Arbeitsbedingungen befugt ist. Eine tariflich unbegrenzte Befugnis, z. B. den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers auf unbestimmte Zeit zu verkürzen oder ganz auszuschließen, ist daher unwirksam, wenn ohne die Tarifnorm die Arbeitsbedingungen ansonsten nur durch Kündigung oder im Einvernehmen geändert werden könnten (vgl. nur BAG, Urt. v. 27.02.2002, a. a. O., S. 1103 m. w. N.).

Diese richterrechtlich gesetzten Grenzen hält der TV Ratio ein. Entgegen seiner Ansicht verliert der seit 1994 tariflich unkündbare Kläger durch seine Versetzung in die V. nicht etwa seinen besonderen Kündigungsschutz.

Dies ergibt sich schon daraus, dass der Kläger vorliegend versetzt worden ist und die Versetzung nach den Regeln des TV Ratio seinen Kündigungsschutz nicht beseitigt. Unstreitig unterliegt er nach wie vor dem besonderen tariflichen Kündigungsschutz. Darüber hinaus sieht der TV Ratio in seiner Anlage 4 Abschnitt II zu § 8 ff. gesteigerte Zumutbarkeitskriterien für Arbeitnehmer, die dem tariflichen Kündigungsschutz unterliegen, vor.

Im Übrigen ist es in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenso anerkannt, dass die Tarifvertragsparteien bestehende ältere tarifliche Regelungen mit einem vereinbarten Schutz vor ordentlichen Kündigungen und mit Beschränkungen betriebsbedingter Änderungskündigungen durch einen neuen Tarifvertrag auch zum Nachteil der Arbeitnehmer verändern oder modifizieren können (vgl. nur BAG, Urt. v. 27.02.2002, a. a. O., S. 1104). Es gilt insoweit das Ordnungsprinzip, nicht jedoch das Günstigkeitsprinzip gem. § 4 Abs. 3 TVG. Im Übrigen hätte der Kläger wie auch sonst das Recht, eine Änderungs- oder Beendigungskündigung kündigungsrechtlich vom Arbeitsgericht überprüfen zu lassen, auch auf die Einwendung hin, sein tariflicher besonderer Kündigungsschutz sei verletzt.

Entgegen der klägerischen Ansicht wird durch die Versetzung nach den Regeln des TV Ratio weder in den grundrechtlichen Schutz seines Persönlichkeitsrechts gemäß Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz noch in seinen nach Artikel 12 Grundgesetz geschützte Berufsausübungsfreiheit in unzulässiger Weise oder in unangemessenem Umfang eingegriffen. Allerdings verkennt die Berufungskammer nicht, dass der Kläger über längere Zeit in der V. keine vergütungsangemessene Beschäftigung gefunden hat und ihm auch keine von der Beklagten zugewiesen worden ist. Allerdings hat der Kläger auch, wie die Berufungsverhandlung ergeben hat, möglicherweise zumutbare Angebote auf angemessene Beschäftigung ohne nachvollziehbare Begründung und möglicherweise vorschnell abgelehnt. Dies zu entscheiden kann jedoch dahinstehen.

Denn jedenfalls sind die Regeln des TV Ratio hinsichtlich der Versetzungsbefugnis des Arbeitgebers unter Beachtung des gesetzlichen Inhaltsschutzes gem. § 2 KSchG noch hinnehmbar. Zwar greift die Versetzung des Klägers insofern erheblich in das arbeitsvertraglich vereinbarte Leistungsgefüge ein, als die Zuordnung zur V. dazu geführt hat, dass der Kläger über längere Zeit keiner angemessenen Beschäftigung nachgegangen ist. Diese erhebliche Beeinträchtigung der klägerischen Rechte wird jedoch im Ergebnis dadurch mehr als aufgewogen, dass die Beklagte aufgrund ihrer unternehmerischen Entscheidung zur Rationalisierung als im Wettbewerb stehendes Privatunternehmen zu der Versetzung des Klägers nach den Regeln des TV Ratio veranlasst worden ist. Danach ist der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen. Wäre der Kläger nicht in die V. versetzt worden, hätte die Beklagte nur mit einer betriebsbedingten Beendigungskündigung, die auch durch den tariflichen Sonderschutz des Klägers nicht gänzlich ausgeschlossen ist, reagieren können. Andererseits erwirbt der dem TV Ratio unterfallende Kläger als Betroffener der Rationalisierungsvorhaben der Beklagten einen Vermittlungs- und Qualifizierungsanspruch gegen die Beklagte. Mit Ausnahme des Verlustes seiner Beschäftigung auf dem bisherigen Arbeitsplatz mit den ihm bisher obliegenden Arbeitsaufgaben bleiben die übrigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses aufrechterhalten. Vergütungsverluste sind nicht eingetreten. Schließlich tritt entscheidend hinzu, dass gem. § 11 Abs. 1 des TV Ratio betriebsbedingte Kündigungen aus Anlass von Maßnahmen i. S. d. § 1 ausgeschlossen sind. Auch dadurch wird also der Kläger als von solchen Maßnahmen betroffener Arbeitnehmer ausdrücklich geschützt.

Im Übrigen verkennt die Berufungskammer nicht, dass ausweislich der einzelnen Regelungen des TV Ratio dieser Beschäftigungspakt die enormen Anstrengungen der Tarifvertragsparteien deutlich werden lässt, die personellen Auswirkungen eines dem Wettbewerb ausgesetzten ehemaligen Staatsunternehmen sozialverträglich aufzufangen. Unwidersprochen hat die Beklagte vorgetragen, dass sie für diese Personalmaßnahmen allein im Jahre 2004 ein Budget i. H. v. ca. 1,3 Milliarden Euro bereitgestellt hat. Dies zeigt der Berufungskammer, dass die Vereinbarung des TV Ratio mit der Möglichkeit zur erweiterten Versetzbarkeit der betroffenen Arbeitnehmer in die V. vorrangig der Sicherung des Ultima Ratio Prinzips dient. Der Kläger muss daher zur Vermeidung ihn ansonsten noch härter treffender Maßnahmen die Versetzung in die V. als noch zumutbar hinnehmen.

2.4. Entgegen der klägerischen Ansicht, die er ursprünglich in erster Instanz und in seiner Berufungserwiderung vertreten hat, führt die Versetzung nicht zu einem Austausch des Arbeitgebers. Unstreitig, dies wurde in der Berufungsverhandlung klargestellt, ist die V. lediglich ein Betrieb der Beklagten, nicht aber ein für den Kläger anderer Arbeitgeber mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die entsprechenden Rügen des Klägers bedürfen daher keiner weiteren Entscheidung.

2.5. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts und entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte sich an die Vorgaben des TV Ratio gehalten, als sie für die Frage, ob der Arbeitsplatz des Klägers gemäß einer Maßnahme nach § 1 des TV Ratio weggefallen ist, auf seinen Regelarbeitsplatz in Z. abgestellt hat. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 TV Ratio sind eingehalten.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

In der Berufungsinstanz ist unstreitig, dass die Personalbedarfsabsenkungen infolge der Umsetzung des ZIA 2002, des ZIA 2003 und des ZIA NICE entsprechend der Bedarfsanweisung zum 01.11.2003 der Beklagten für die BBN 25 zum Arbeitsposten AT-Nr. 544 47, dem der Kläger angehörte, um 10,5 Personalstellen zu reduzieren war. Aus dem Protokoll der Erörterung des sogenannten ZIA-Einzelgesprächs mit dem Betriebsrat, vgl. Anlage B 10, Bl. 135 ff. d. A., ist urkundlich zu entnehmen, dass der Personalbestand in Z. um eine Stelle zu reduzieren war. Damit war entsprechend den tarifrechtlichen Vorgaben im TV Ratio für die Organisationseinheit in Z. verbindlich festgestellt, dass eine Personalposition als Sachbearbeiter Netztechnik in Z. aufgrund der Rationalisierungsmaßnahmen bei der Beklagten entfallen musste.

Diese arbeitgeberseitigen Festlegungen des Wegfalls eines bestimmten Arbeitsbedarfs in einer bestimmten Organisationseinheit sind auch deswegen nicht zu beanstanden, weil die konkreten Rationalisierungsmaßnahmen für die Aufgabengruppen 554, der der Kläger zugeordnet war, auf den gemeinsamen Festlegungen der Beklagten mit ihrem Gesamtbetriebsrat in ZIA 2003 und in ZIA NICE beruhten. Die Beklagte hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, wie ausgehend von diesen Gesamtbetriebsvereinbarungen die mit Einzelanweisung der Zentrale vom 07.08.2003 für die Niederlassung P. zur AT-Nr. 554 47 festgesetzte Personalzuweisung i. H. v. 231,8 Personaleinheiten auf die einzelnen Organisationseinheiten in der Niederlassung P. aufgeteilt worden sind und entsprechend dem Regelbedarf, dem sonstigen Regelbedarf und dem Sonderbedarf zu einer Bedarfsfestlegung für die BBN 25 i. H. v. 17,51 Personaleinheiten geführt hat. Dies hat der Kläger im Übrigen nicht im Einzelnen bestritten.

2.6. Entsprechend den Vorgaben gem. § 4 TV Ratio hat dann das sogenannte Identifizierungsverfahren in der Clearingstelle I, einer paritätisch besetzten Kommission mit wechselndem Vorsitz, stattgefunden. Hiermit hat die Beklagte für die streitgegenständliche Versetzung des Klägers insgesamt ein Verfahren eingehalten, dass ihr die bestmögliche Bestimmung des sogenannten billigen Ermessens gem. § 315 Abs. 1 unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ermöglichte. Eine rechtserhebliche Verletzung der vertraglichen, tarifvertraglichen und gesetzlich geschützten Interessen und Arbeitsbedingungen des Klägers kann die Berufungskammer nicht feststellen.

Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass auch in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Übertragung bestimmter Arbeitgeberbefugnisse auf paritätisch besetzte Kommissionen im Betriebsverfassungsgesetz anerkannt ist (vgl. dazu Urt. d. BAG v. 20.01.2004 - 9 AZR 393/03 -, AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Vorschlagwesen). Daher steht es auch nach Auffassung des Berufungsgerichts den Tarifvertragsparteien in Ausübung ihrer grundrechtlich geschützten Tarifautonomie gemäß Artikel 9 Abs. 3 Grundgesetz i. V. m. § 1 Tarifvertragsgesetz frei, die gem. § 3 TV Ratio erforderliche Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern gem. § 4 TV Ratio einer paritätischen Clearingstelle zu übertragen, wenn, was hier der Fall ist, die Grundsätze und Kriterien der sozialen Auswahl tarifvertraglich selbst festgelegt sind. Die Kriterien der sozialen Auswahl, die die Clearingstelle zu beachten hat, ergeben sich aus § 3 Abs. 4 TV Ratio i. V. m. seinen Anlagen 1 und 2.

Das dort im Einzelnen geregelte und den Parteien bekannte Verfahren ist aus richterlicher Sicht nicht zu beanstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer sich anschließt, ist jegliches arbeitgeberseitig ausgeübte Weisungsrecht nur im Rahmen billigen Ermessens gem. § 315 Abs. 1 BGB zulässig (vgl. dazu letztens Urt. d. BAG v. 23.09.2004 - 6 AZR 567/03 -, NZA 2005, S. 359 ff.). Insofern ist die Bildung von Alterskategorien, die der Kläger angegriffen hat, sachgerecht. Dass im Ergebnis nach dem Auswahlprozess viele jüngere Arbeitnehmer, die mit dem Kläger vergleichbar sind, nicht ihren Arbeitsplatz verlieren, spricht nicht gegen die Bildung der Altersgruppen, wie der Kläger zu meinen scheint. Konkrete Verfahrensverletzungen hat er insoweit jedenfalls nicht vorgetragen. Ein wesentlicher Sinn der Bildung dieser Alterskategorien ist ja gerade, den bisherigen Altersdurchschnitt auch nach Durchführung der Rationalisierungsmaßnahmen aufrecht zu erhalten. Dies ist im Interesse der notwendigen Leistungsfähigkeit der Beklagten unbedingt geboten.

Auch dass die Beklagte in einem zweiten Schritt zwei Leistungskategorien unter den betroffenen Beschäftigten, die miteinander vergleichbar sind, gebildet hat, ist nicht zu beanstanden. Auch dagegen wendet sich der Kläger ersichtlicht nicht.

Schließlich hat die Beklagte in einem dritten Schritt ausweislich der Anlage 1 zum TV Ratio die persönlichen und sozialen Belange der vergleichbaren Arbeitnehmer anhand der in der Anlage 2 enthaltenen Punktetabelle bewertet. Danach ist der Kläger im Ergebnis weniger schutzbedürftig als seine Kollegin S., die mit dem Kläger insoweit vergleichbar ist. Auch dies ist nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, wird vom Kläger auch nicht im Einzelnen gerügt.

Schließlich hat die Beklagte entsprechend der Verfahrensregel in Anlage 1 zum TV Ratio in einem letzten Schritt noch geprüft, ob eine besondere soziale Härte vorliegt, die ein Abweichen von der Punktebeurteilung erforderlich machen würde.

Nach Auffassung des Berufungsgerichtes ist es grundsätzlich und theoretisch nicht ausgeschlossen, dass trotz der detailliert abgestuften Clearingverfahren die Versetzung eines betroffenen Arbeitnehmers im Einzelfall unbillig sein kann. Denn es ist nicht zu übersehen, dass die Beklagte ein soziales Auswahlverfahren für eine Versetzungsentscheidung gewählt hat, das dem Auswahlverfahren bei einer Kündigungsentscheidung gem. § 1 Abs. 3 KSchG nachgebildet ist. Die Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber ist jedoch eine einseitige Leistungsbestimmung. Sie entspricht billigem Ermessen nach richtiger Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nur, wenn die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG, Urt. v. 23.09.2004, a. a. O., m. w. N.). Der Prüfungsmaßstab für die Ausübung des Weisungsrechts unterliegt daher grundsätzlich anderen Anforderungen als der Prüfungsmaßstab bei der Auswahl eines zu kündigenden Arbeitnehmers.

Indessen hat die Beklagte bei der Ausübung ihres Weisungsrechts gegenüber dem Kläger vom 25.03.2004 ersichtlich alle wesentlichen Interessen des Klägers berücksichtigt und ihre eigenen Interessen dagegen abgewogen und zwar am Maßstab der Regeln des TV Ratio. Auch der Kläger wendet insoweit nicht ein, dass wesentliche Interessen seiner Person unberücksichtigt geblieben wären beim Auswahlprozess. Es kann daher im Ergebnis dahinstehen, ob der Kläger zu Recht gerügt hat, dass die Bildung von Leistungsgruppen und Altersgruppen fehlerhaft sei. Eine konkrete Benachteiligung des Klägers oder eine eindeutige Verletzung seiner rechtlich geschützten Interessen ergibt sich aus der Bildung dieser Altersgruppen nicht. Die "Identifikation" des Klägers im Auswahlprozess ist daher interessengerecht und unter Abwägung aller Einzelfallumstände, die bei einer solchen Versetzung zu prüfen waren, erfolgt. Insofern kann der Kläger auch nicht mit Erfolg einwenden, die von ihm sogenannte Atomisierung durch die Bildung kleinster Organisationseinheiten konterkariere die Bildung von Alters- und Leistungsgruppen. Tatsächlich hat der Kläger keinen Aspekt konkret vorgetragen, der ihm gegenüber irgendeiner vergleichbaren anderen Person mit ähnlichen Arbeitsaufgaben als schutzbedürftiger erscheinen lässt. Lediglich die Tatsache, dass andere, im Vergleich zum Kläger jüngere Arbeitnehmer nicht ausgewählt worden sind, ist nach dem soeben Ausgeführten nicht unbillig oder sachlich unbegründet, weil die Beklagte nach ihren eigenen Regeln, an die sie tariflich gebunden ist, nur die Auswahl zwischen zwei vergleichbaren Arbeitnehmern in der Organisationseinheit Z., nämlich dem Kläger und der Arbeitnehmerin S. hatte.

2.7. Die Beklagte hat sich auch ohne Verfahrensverstoß an die von ihr zu beachtenden Regeln des TV Ratio gehalten.

Zu Unrecht rügt der Kläger, nicht er, sondern ein Arbeitnehmer namens G. sei identifiziert worden. Dazu hat die Beklagte zu Recht festgestellt, dass der Vorname auf einer Namensverwechslung beruht und der Nachname (u für ein o) auf einem Schreibfehler beruhe. Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Tatsächlich zeigen die urkundlichen Unterlagen, dass der Kläger, wie die Beklagte zu Recht eingewandt hat, mit seiner Personalnummer eindeutig identifiziert worden ist. Mithin ist eine Verwechslung mit einem Arbeitnehmer namens G. ausgeschlossen.

Sonstige Verfahrensfehler hat der Kläger nicht gerügt.

2.8. Auch die Beteiligung des Betriebsrats an der Versetzung des Klägers ist ordnungsgemäß erfolgt. Der Betriebsrat hat unstreitig der Versetzung des Klägers vom 25.03.2004 vor Wirksamwerden der Versetzung zum 01.04.2004 zugestimmt. Weitere, substantiierte Rügen zur angeblichen Fehlerhaftigkeit der Betriebsratsbeteiligung hat der Kläger nicht erhoben.

Ob der Gesamtbetriebsrat bei der Beklagten zu beteiligen war oder der Betriebsrat des aufnehmenden Betriebes neben dem Betriebsrat des abgebenden Betriebes, kann dahingestellt bleiben. Denn die Rüge des Klägers ist ersichtlich im Zusammenhang damit erhoben worden, dass er ursprünglich davon ausging, mit Wirkung der Versetzung ein Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber aufnehmen zu müssen. Davon ist der Kläger wie ausgeführt im Verlaufe der mündlichen Verhandlung wieder abgerückt; diese Rüge hat er nicht länger aufrechterhalten.

Sonstige Fehler der Betriebsratsbeteiligung sind nicht ersichtlich.

3. Der zulässige vorläufige Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers ist ebenfalls unbegründet.

In der Berufungsverhandlung hat der Kläger klargestellt, dass der Weiterbeschäftigungsantrag zu 2), den er in 1. Instanz gestellt hat, nur als vorläufiger Weiterbeschäftigungsantrag bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Feststellungsverfahren anzusehen ist. Dies ist zulässig. Mit diesem Antrag will der Kläger ersichtlich erreichen, im Falle des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag schon vor Rechtskraft der betreffenden Entscheidung so weiterbeschäftigt zu werden, wie das bisher auf seinem Arbeitsplatz im BBN 25 in Z. erfolgte. Der Antrag ist insofern ausdrücklich lediglich das Begehren einer vorläufigen Weiterbeschäftigung. Er ist nicht auf eine künftige Leistung gem. § 259 ZPO gerichtet, was als solches unzulässig wäre (vgl. dazu Urt. d. BAG v. 29.09.2004, a. a. O.).

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Versetzung ist ausweislich der Ausführungen unter 2. zum 01.04.2004 rechtswirksam geworden. Entgegenstehende Rechte des Klägers bestehen nicht. Der Kläger ist daher aufgrund der Konkretisierung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung von Gesetzes wegen gehalten, seine Arbeitsleistung der Beklagten in der Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit V. anzubieten und zu erfüllen.

4. Der Kläger hat als unterlegene Partei gem. § 91 ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Dies hat die Kammer auch mitentschieden. Die Tenorierung ist versehentlich unterblieben. Darauf werden die Parteien ausdrücklich hingewiesen.

Die Revision ist für den Kläger wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssage zugelassen worden.

Ende der Entscheidung

Zurück