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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Brandenburg
Urteil verkündet am 17.06.2004
Aktenzeichen: 4 Sa 425/03
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 305 Abs. 1
BGB § 306
BGB § 307
EGBGB Art. 229 § 5
Auch nach dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes bedarf die Befristung einer Erhöhung der Arbeitzeit, die in einem Mustervertrag enthalten ist, eines sachlichen Grundes.
Landesarbeitsgericht Brandenburg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 425/03

verkündet am 17.06.2004

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Brandenburg auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2004 durch die Vizepräsidentin des LAG W.-S. als Vorsitzende sowie die ehrenamtlichen Richter A. M. und K.

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 09.07.2003 - 4 Ca 958/03 - wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung einer Arbeitszeiterhöhung.

Die Klägerin ist bei dem beklagten Land als Lehrerin tätig.

Am 23.05.1995 wurde zwischen dem beklagten Land und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (Landesverband Brandenburg), dem Brandenburgischen Pädagogenverband, dem Verband Brandenburger Realschullehrer, dem Landesverband der Lehrer an Wirtschaftsschulen, dem Deutschen Philologenverband (Landesverband Berlin/Brandenburg) und dem Landesverband der Lehrer an Berufsbildenden Schulen Brandenburg die Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung im Schulbereich des Landes Brandenburg (im Folgenden: Beschäftigungssicherungsvereinbarung) geschlossen. Wegen des Inhalts dieser Vereinbarung wird im Einzelnen auf diese (Bl. 26 - 29 d. A.) Bezug genommen.

Im Änderungsvertrag vom 15.12.1995 zum Arbeitsvertrag vom 10.02.1992 vereinbarten die Parteien u. a. Folgendes:

"Zwischen ... wird auf der Grundlage der Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung vom 23.05.1995 im Schulbereich des Landes Brandenburg folgender Änderungsvertrag geschlossen:

...

§ 2 Beschäftigungsumfang

a) Bis zum 31.07.1997 wird Frau B. mit durchschnittlich wöchentlich 22/27 Pflichtstunden beschäftigt.

b) Mindestbeschäftigungsumfang:

Frau B. wird ab 01.08.1997 mit mindestens 60 % eines vollen Beschäftigungsumfangs beschäftigt.

c) Befristete Erhöhung des Beschäftigungsumfangs:

Soweit der entsprechende Bedarf gegeben ist, wird der Mindestbeschäftigungsumfang ab 01.08.1997 schuljahresbezogen befristet erhöht.

..."

Am 14.05.1998 wurde zwischen dem beklagten Land und den Verbänden, die die Beschäftigungssicherungsvereinbarung abgeschlossen haben, die Vereinbarung zu Arbeitsplatzsicherheit und Qualitätssicherung in der Schule Brandenburgs abgeschlossen.

In einem Änderungsvertrag vom 01.10.2002 war u. a. Folgendes geregelt:

"Der Arbeitsvertrag vom 10.02.1992 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 15.12.1995 wird wie folgt geändert:

Vom 01.08.2002 bis längstens 31.07.2003 wird die Angestellte mit wöchentlich durchschnittlich 28/28 Pflichtstunden beschäftigt. Nach Ablauf des Befristungszeitraums gilt wieder der vereinbarte Beschäftigungsumfang des Arbeitsvertrages vom 10.02.1992 i. d. F. des Änderungsvertrages vom 15.12.1995. "

Mit Änderungsvertrag vom 02.09.2003 vereinbarten die Parteien vom 02.09.2003 bis längstens 31.07.2004 die Beschäftigung der Klägerin mit wöchentlich durchschnittlich 24/28 Pflichtstunden und mit einem weiteren Änderungsvertrag vom 09.09.2003 für den Zeitraum vom 15.09.2003 bis zum 31.07.2004 die Beschäftigung mit wöchentlich durchschnittlich 26/28 Pflichtstunden. Die Klägerin unterzeichnete beide Verträge mit dem Zusatz "Nur unter Vorbehalt" unter Angabe des Aktenzeichens des vorliegenden Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel.

Am 01.02.2004 trat der Tarifvertrag zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen in der Landesverwaltung Brandenburg (Sozial-VB-BB) vom 03.02.2004 und am 01.08.2004 tritt der Tarifvertrag zur Umsetzung des Tarifvertrages zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen für Lehrkräfte an Schulen des Landes Brandenburg (Umsetzungs-Tarifvertrag) vom 03.02.2004 in Kraft.

Das beklagte Land berechnete jeweils schuljahres- und schulstufenbezogen den Lehrerbedarf für das gesamte Land und bot den teilzeitbeschäftigten Lehrkräften die jeweils auf ein Schuljahr befristete Aufstockung der Pflichtstundenzahl an.

Mit ihrer am 19.05.2003 beim Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum beklagten Land mit einem Beschäftigungsumfang von wöchentlich durchschnittlich 28/28 Pflichtstunden steht.

Sie hat vorgetragen, die Befristung der Vollbeschäftigung sei unwirksam. Ein sachlicher Grund für diese Befristung bestehe nicht. Sie müsse dauerhaft vollbeschäftigt weiterbeschäftigt werden. Der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung der Klägerin im Sinne einer Vollbeschäftigung bestehe nicht nur vorübergehend.

Das beklagte Land lasse es an konkreten Darlegungen bezüglich des konkreten Einsatzes der Klägerin fehlen. Da die Klägerin Mangelfächer unterrichte, sei ein dauerhafter Vollzeiteinsatz erforderlich.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass sie in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum beklagten Land mit einem Beschäftigungsumfang von wöchentlich durchschnittlich 28,00/28,00 Pflichtstunden steht.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat vorgetragen, für die Befristung liege ein sachlicher Grund vor. Er bestehe in der Umsetzung des mit der Klägerin einzelvertraglich vereinbarten Arbeitszeitmodells sowie in der Umsetzung der Beschäftigungssicherungsvereinbarung vom 23.05.1995 und deren Zielen. Die Beschäftigungssicherungsvereinbarung sei Inhalt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung vom 15.12.1995 geworden.

Die schuljahresbezogene Aufstockung des Beschäftigungsumfangs verstoße nicht gegen das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Dieses Gesetz finde auf den vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung. Die Befristung des Beschäftigungsumfanges bedürfe keines sachlichen Grundes.

Es verstoße gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, wenn die Klägerin sich erst durch die Annahme des Änderungsvertrages eine für sie vorteilhafte Rechtsposition verschaffe und aus dieser Rechtsposition heraus die für sie nachteiligen Bedingungen angreife.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, § 14 TzBfG finde hier keine Anwendung. Die Vertragsänderungen hätten eines sachlichen Grundes bedurft, den das beklagte Land nicht vorgetragen habe. Erforderlich sei ein Vortrag gewesen, aus dem sich ergebe, weshalb die Klägerin in dem Schulamtsbezirk, in dem sie tätig sei, zuletzt bis zum 31.07.2003 mit einer Wochenstundenzahl von 28 beschäftigt worden sei.

Wegen des weiteren Inhalts des Urteils im Einzelnen wird auf dieses (Bl. 49 - 54 d. A.) Bezug genommen.

Das beklagte Land hat gegen das ihm am 11.07.2003 zugestellte Urteil am 31.07.2003 Berufung eingelegt und diese am 10.09.2003 begründet.

Es trägt vor, die Beschäftigungssicherungsvereinbarung stelle eine Vereinbarung mit Tarifvertragsqualitäten dar.

Mit der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung vom 15.12.1995 habe die Klägerin auf das Recht zur Geltendmachung der Unwirksamkeit der befristeten Aufstockung verzichtet. Indem die Klägerin nach einer Vielzahl vorausgegangener jährlicher Aufstockungen die Unwirksamkeit der Befristung mit dem Ziel einer unbefristeten Vollbeschäftigung geltend mache, verstoße sie gegen Treu und Glauben.

Die vorliegende Befristung unterliege keiner Befristungskontrolle. Es könne allenfalls eine Inhalts- und Angemessenheitskontrolle nach den §§ 242, 315 BGB vorzunehmen sein. Als Rechtsfolge komme dann eine unbefristete Aufstockung nicht mehr in Betracht.

Aufgrund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes sei die Kontrolle von Arbeitsbedingungen dem bisher anzunehmenden arbeitsrechtlichen Ansatz entzogen.

Es handele sich hier um eine Individualabrede, deshalb könne sich die Klägerin gem. § 305 b BGB nicht auf eine zu ihren Gunsten vorzunehmende Inhaltskontrolle berufen.

Selbst wenn man in dem Aufstockungsvertrag Allgemeine Vertragsbedingungen sehe, beständen gegen dessen Wirksamkeit keine Bedenken. Die Vereinbarung benachteilige die Klägerin nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Bei dem Aufstockungsvertrag handele es sich um einen Vertrag i. S. d. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB.

Bei den Beschäftigungssicherungsvereinbarungen handele es sich um Vereinbarungen i. S. v. § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB.

An dem bisherigen Ergebnis auf der Rechtsfolgenseite könne seit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes nicht mehr festgehalten werden. Dies ergebe sich mittelbar aus § 16 TzBfG.

Aufgrund der Änderungsverträge vom 02.09.2003 und 09.09.2003 sei das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin entfallen. Die einseitige Erklärung eines Vorbehalts durch die Klägerin sei nicht ausreichend.

Aufgrund der Tarifverträge vom 03.02.2004 könne der ausgeurteilte Beschäftigungsanspruch der Klägerin ob seiner nicht vorhandenen zeitlichen Einschränkung keinen Erfolg haben, da sich bereits aus dem Umsetzungstarifvertrag per 01.08.2004 direkte und unmittelbare Regelungen insbesondere über den Beschäftigungsumfang ergäben.

Das beklagte Land beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 09.07.2003 - 4 Ca 958/03 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, auch wenn § 14 Abs. 1 TzBfG auf die Befristung einzelner Vertragsbedingungen nicht anwendbar sei, bedürfe eine solche Befristung eines Sachgrundes. Das beklagte Land habe keinen Sachgrund vorgetragen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

II.

Die Berufung ist aber unbegründet.

1. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da das beklagte Land den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als Vollzeitarbeitsverhältnis über den 31. Juli 2003 hinaus in Abrede stellt.

2. Die Klage ist auch begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht als Vollzeitarbeitsverhältnis unbefristet über den 31. Juli 2003 hinaus fort. Die am 01. Oktober 2002 vereinbarte Befristung der Arbeitszeiterhöhung bedurfte zu ihrer Wirksamkeit eines Sachgrunds. Dies wird auch durch die Regelungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes nicht ausgeschlossen. Da ein Sachgrund nicht vorliegt, ist die Befristung unwirksam. Die Geltendmachung dieser Rechtsfolge durch die Klägerin verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

a) Die in erster Instanz zwischen den Parteien streitigen Fragen sind zwischenzeitlich durch das Bundesarbeitsgericht geklärt worden.

aa) Die Befristung einzelner Vertragsbedingungen bedarf nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Befristungskontrolle auch nach dem Inkrafttreten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes am 01.01.2001 eines Sachgrundes, wenn der Arbeitnehmer durch die Befristung dem gesetzlichen Änderungskündigungsschutz entzogen werden kann. Dies gilt auch dann, wenn die vertragliche Vereinbarung über die Befristung auf der Grundlage eines Tarifvertrages oder einer schuldrechtlichen Vereinbarung tariffähiger Koalitionen beruht, die zum Zweck der Beschäftigungssicherung mit Lehrkräften an öffentlichen Schulen abgeschlossen wird (vgl. BAG, Urt. v. 14.01.2004 - 7 AZR 213/03 - NZA 2004, 719, 721 ff.). Durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz sollte der Schutz der Arbeitnehmer für sachlich nicht gerechtfertigten Befristungen nicht geschmälert werden. Vielmehr dient das Gesetz dazu, die Rechtsstellung befristet beschäftigter Arbeitnehmer zu stärken. Mit diesem Regelungsziel wäre es nicht zu vereinbaren, an die Wirksamkeit der Befristung einzelner Vertragsbedingungen nach Inkrafttreten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes geringere Anforderungen zu stellen als zuvor. Dazu hätte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft, die jedoch nach wie vor nicht besteht (vgl. BAG, a. a. O., S. 722).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bedürfen auch tarifliche Normen über Befristungen und auflösende Bedingungen zu ihrer Wirksamkeit eines sie rechtfertigenden Sachgrundes (vgl. BAG, Urt. v. 14.01.2004, a. a. O., S. 722 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien eine Befristung auf der Grundlage einer Koalitionsvereinbarung, sind an die Wirksamkeit der Befristung keine geringeren Anforderungen zu stellen als an individualrechtliche Befristungsabreden (vgl. BAG, Urt. v. 14.01.2004, a. a. O., S. 722).

Ein Sachgrund für die Befristung liegt nicht vor. Die Befristung der Arbeitszeiterhöhung der Klägerin ist nicht wegen eines vorübergehenden Mehrbedarfs gerechtfertigt. Der Sachgrund des vorübergehenden Mehrbedarfs liegt vor, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers über das vereinbarte Vertragsende hinaus kein Bedarf besteht. Hierzu muss der Arbeitgeber eine Prognose erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen. Die tatsächlichen Grundlagen der Prognose hat der Arbeitgeber im Rechtsstreit darzulegen (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. u. a. BAG, Urt. v. 14.01.2004, a. a. O., S. 722 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des beklagten Landes nicht. Dieses hat auch wie in dem o. g. Verfahren, das das Bundesarbeitsgericht entschieden hat, selbst nicht behauptet, bei Vertragsschluss am 01. Oktober 2002 sei mit hinreichender Sicherheit zu erwarten gewesen, dass für eine Aufstockung der Unterrichtsverpflichtung der Klägerin nach dem 31. Juli 2003 kein Bedarf mehr besteht.

bb) Die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung durch die Klägerin verstößt nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Klägerin verhält sich nicht widersprüchlich, indem sie sich auf die Unwirksamkeit der Befristung beruft. Sie hat zwar die befristete Erhöhung der Pflichtstundenzahl mit dem beklagten Land vereinbart. Dies hindert sie jedoch nicht, die Unwirksamkeit der Befristung geltend zu machen. Eine vertragliche Vereinbarung wird nicht ausschließlich durch den Vertragsschluss wirksam. Sie muss vielmehr auch einen rechtlich zulässigen Inhalt haben. Ist das nicht der Fall, ist die Vereinbarung unwirksam. Diese Rechtsfolge kann eine Vertragspartei gegenüber der anderen geltend machen. Das gilt auch angesichts der Übernahme der Klägerin in ein unbefristetes Teilzeitarbeitsverhältnis (vgl. dazu auch BAG, Urt. v. 14.01.2004, a. a. O., S. 723).

cc) Von einer Verwirkung des Rechts der Klägerin, sich auf die Unwirksamkeit der Befristung zu berufen, kann ebenfalls nicht ausgegangen werden. Voraussetzung für die Annahme einer Verwirkung ist nicht nur ein Zeitmoment, sondern es muss auch ein Umstandsmoment vorliegen (vgl. u. a. BAG, Urt. v. 14.01.2004, a. a. O., S. 723 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Hier ist zumindest das Umstandsmoment nicht erfüllt, da das beklagte Land nicht dargelegt hat, dass es im Hinblick auf seine Erwartung, die Klägerin würde die Unwirksamkeit der Befristung nicht geltend machen, Dispositionen getroffen hat, aufgrund derer ihm die Weiterbeschäftigung der Klägerin mit dem vollen Unterrichtsdeputat über den 31. Juli 2003 hinaus unzumutbar sein soll.

b) Auch nach dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 bedarf die Befristung einzelner Vertragsbedingungen eines Sachgrundes.

Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage bisher nicht entschieden.

aa) Die Regelungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes sind im vorliegenden Fall anzuwenden, weil der Änderungsvertrag nach dem 31.12.2001 abgeschlossen worden ist. Gem. Artikel 229 § 5 Satz 1 EGBGB ist auf Schuldverhältnisse, die vor dem 01. Januar 2002 entstanden sind, zwar das Bürgerliche Gesetzbuch, soweit nichts anderes bestimmt ist, in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden. Dies entspricht der den Artikeln 170 und 232 § 1 EGBGB zugrunde liegenden allgemeinen intertemporalen Grundregel, dass ein Rechtsverhältnis nur dem im Zeitpunkt seiner Entstehung gültigen Recht unterfällt (vgl. u. a. BAG, Urt. v. 27.11.2003 - 2 AZR 135/03 - NZA 2004, 597, 600 m. w. N.). Dagegen sieht Artikel 229 § 5 Satz 2 EGBGB für Dauerschuldverhältnisse eine Rückwirkung vor. Danach gilt Satz 1 des § 5 des Artikel 229 EGBGB mit der Maßgabe, dass anstelle der im Satz 1 bezeichneten Gesetze vom 01. Januar 2003 an nur noch das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung anzuwenden ist. Dementsprechend werden auch die alten Dauerschuldverhältnisse dem neuen Recht unterstellt. Im vorliegenden Fall ist das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien vor dem 01.01.2002 entstanden und der Änderungsvertrag vor dem 01.01.2003 abgeschlossen worden. Dennoch gilt das BGB in der neuen Fassung. Die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden gesetzlichen Regelungen erfassen nämlich nicht mehr Tatbestände, die das Schuldverhältnis nachträglich verändern. In einem solchen Fall gilt das neue Recht des BGB (vgl. BAG, Urt. v. 27.11.2003, a. a. O., m. w. N. aus Rechtsprechung und Schrifttum). Zu einem solchen Tatbestand zählt eine nachträgliche Vereinbarung über die Änderung der Arbeitszeit. Mithin ist nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages, sondern auf den der Änderungsvereinbarung abzustellen.

bb) Die Vereinbarung vom 01.10.2002 über die Befristung der erhöhten Pflichtstundenzahl ist keine Individualabrede, sie ist vielmehr als Allgemeine Geschäftsbedingung in den Arbeitsvertrag zwischen den Parteien einbezogen worden. Gem. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Wie sich aus der Fußnote zur Überschrift "Änderungsvertrag für Lehrkräfte" ergibt, handelt es sich um das Änderungsvertragsmuster für Lehrkräfte an Schulen in öffentlicher Trägerschaft des Landes Brandenburg. Das beklagte Land hat auch nicht vorgetragen, dass die Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt worden ist (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB).

cc) Die Vereinbarung der Befristung der Arbeitszeitregelung ohne sachlichen Grund benachteiligt die Klägerin entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen und ist deshalb unwirksam (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB).

Gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dies ist hier der Fall. Durch die Befristung der Arbeitszeitregelung wird die Klägerin nämlich dem Änderungskündigungsschutz nach § 2 KSchG entzogen.

Bei der Arbeitszeit handelt es sich um eine Vertragsbedingung, die den Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung betrifft und deren Änderung sich unmittelbar auf die Vergütung auswirkt. Wäre die Arbeitszeit unbefristet vereinbart worden, hätte sie dem Änderungskündigungsschutz nach § 2 KSchG unterlegen (vgl. dazu auch BAG, Urt. v. 14.01.2004, a. a. O., S. 722). Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu dem Erfordernis des Vorliegens eines sachlichen Grunds bei der Befristung von Arbeitsbedingungen ist - wie sich auch aus der o. g. Entscheidung vom 14.01.2004 ergibt - die Umgehung des Änderungskündigungsschutzes. Wird durch die Vereinbarung einer Befristung von Arbeitsbedingungen § 2 KSchG umgangen, die Arbeitsvertragsbedingungen dem Änderungskündigungsschutz entzogen, steht dies nicht im Einklang mit dem wesentlichen Grundgedanken von § 2 KSchG, nämlich dem Arbeitnehmer einen Vertragsinhaltsschutz zu gewähren (vgl. KR-Rost, 6. Aufl., § 2 KSchG, Rn. 7).

Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass hinter der Bestimmung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB die Idee des Leitbildes dispositiven Rechts steht. Die Zivilrechtsprechung hat auch die von ihr entwickelten Rechtsgrundsätze als Leitbild anerkannt (vgl. BGHZ 121, 14, 18). Dies kann auf das Arbeitsrecht übertragen werden (vgl. ErfK/Preis, 4. Aufl., §§ 305 - 310 BGB, Rn. 43 m. w. N.). Nach der genannten Rechtsprechung sind gesetzliche Regelungen (damals i. S. v. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGB) nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, d. h. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze und die Regeln des Richterrechts. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu dem Erfordernis eines sachlichen Grundes bei der Befristung von Arbeitsvertragsbedingungen, wenn ansonsten der Änderungskündigungsschutz unterlaufen würde, ist Richterrecht und ein Leitbild, von dem nicht in allgemeinen Geschäftsbedingungen nach dem Sinn und Zweck von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB abgewichen werden kann.

dd) Dem steht hier auch § 307 Abs. 3 S. 1 BGB i. V. m. § 310 Abs. 4 S. 3 BGB nicht entgegen, wie das beklagte Land annimmt. Die Beschäftigungssicherungsvereinbarung vom 23.05.1995 ist ebenso wie die Vereinbarung zur Arbeitsplatzsicherheit und Qualitätssicherung vom 14.05.1998 kein Tarifvertrag. Dies hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Brandenburg (Urt. v. 10.12.2002 - 1 Sa 401/02 -) bereits zu der genannten Vereinbarung vom 14.05.1998 entschieden. Dem schließt sich die erkennende Kammer an. Nichts anderes gilt für die Vereinbarung vom 23.05.1995. Auch diese Vereinbarung ist zum Teil von Verbänden unterzeichnet worden, die nicht tariffähig sind. Die Unterzeichner der Vereinbarung sind darüber hinaus selber nicht davon ausgegangen, dass es sich um einen Tarifvertrag handelt, wenn sie ausdrücklich ausführen: "Diese Vereinbarung greift tariflichen oder gesetzlichen Vorschriften zum gleichen Gegenstand nicht vor."

ee) Auch auf der Rechtsfolgenseite ergibt sich durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz keine Änderung. Ist die Befristung von Arbeitsbedingungen unwirksam, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam (§ 306 Abs. 1 BGB). Entfällt die Befristungsvereinbarung gilt die in dem Vertrag vom 01.10.2002 getroffene Arbeitszeitvereinbarung auf unbestimmte Zeit (vgl. ErfK/Preis, a. a. O., Rn. 74 a).

Nichts anderes lässt sich aus § 16 TzBfG herleiten, wie das beklagte Land meint. § 16 TzBfG bestimmt, dass der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt, wenn die Befristung rechtsunwirksam ist. Aus der Tatsache, dass das Teilzeit- und Befristungsgesetz hier nicht anwendbar ist, lässt sich nicht herleiten, dass etwas anderes gelten muss. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits zu § 14 TzBfG entschieden (vgl. BAG, Urt. v. 14.01.2004, a. a. O., S. 722). Das Teilzeit- und Befristungsgesetz dient - wie oben bereits ausgeführt - dazu, die Rechtsstellung befristet beschäftigter Arbeitnehmer zu stärken. Mit diesem Regelungsziel wäre es nicht zu vereinbaren, wenn sich aus der Unwirksamkeit einer Befristungsvereinbarung nicht ergeben würde, dass der Vertrag im Übrigen (unbefristet) weiter gilt. Eine solche, den Arbeitnehmer schlechter stellende Regelung gibt es nicht. Der Gesetzgeber hat vielmehr mit § 306 Abs. 1 BGB eine Bestimmung getroffen, aus der sich - wie oben ausgeführt - dieselbe Folge ergibt.

c) Der am 01.10.2002 abgeschlossene Änderungsvertrag unterlag auch der gerichtlichen Kontrolle, obwohl die Parteien im September 2003 weitere befristete Arbeitsverträge abgeschlossen haben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen zwar regelmäßig nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrags auf ihre Rechtfertigung zu prüfen. Durch den Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages stellen die Parteien ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage, die künftig für ihre Rechtsbeziehung allein maßgebend ist. Damit wird zugleich ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgehoben (vgl. u. a. BAGE 57, 13, 16 sowie aus jüngerer Zeit BAG, Urt. v. 10.03.2004 - 7 AZR 402/03 -). Anders verhält es sich, wenn die Parteien in einem nachfolgenden befristeten Arbeitsvertrag dem Arbeitnehmer das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung prüfen zu lassen. In diesem Fall ist die arbeitsgerichtliche Befristungskontrolle auch für den davor liegenden Vertrag eröffnet (vgl. BAG, Urt. v. 05.06.2002 - 7 AZR 205/01 - AP Nr. 236 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag sowie BAG, Urt. v. 10.03.2004, a. a. O.). Der Vorbehalt muss nicht ausdrücklich, sondern kann auch konkludent vereinbart werden. Die Gerichte für Arbeitssachen sind nicht gehindert, einen befristeten Vertrag zu überprüfen, wenn die Parteien nach Rechtshängigkeit einer Klage gem. § 17 TzBfG weitere befristete Verträge ohne ausdrücklichen Vorbehalt abschließen. In diesen Fällen ist regelmäßig anzunehmen, dass die Folgeverträge einen konkludenten Vorbehalt enthalten. Der Arbeitnehmer als der Empfänger des Angebots des Arbeitgebers, einen neuen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, darf der ausdrücklichen Erklärung den zusätzlichen Inhalt entnehmen, dieser Vertrag solle nur dann das Arbeitsverhältnis der Parteien regeln, wenn nicht bereits der der gerichtlichen Kontrolle übergebene Arbeitsvertrag maßgeblich für das Arbeitsverhältnis der Parteien ist. Etwas anderes muss der Arbeitnehmer dem Angebot des Arbeitgebers nur entnehmen, wenn dieser Hinweise für die ansonsten regelmäßig eintretende Rechtsfolge der Aufhebung des vorangegangenen Vertrags enthält. Gibt es sie nicht, nimmt der Arbeitnehmer das Angebot unter dem Vorbehalt an, der Vertrag solle nur maßgeblich sein, wenn nicht bereits aufgrund einer vorherigen unwirksamen Befristung ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit bestehe (vgl. BAG, Urt. v. 10.03.2004, a. a. O.). Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Arbeitnehmer der gerichtlichen Kontrolle einen Vertrag übergeben hat, der nicht dem Teilzeit- und Befristungsgesetz unterliegt. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Klägerin die im September 2003 abgeschlossenen Verträge sogar ausdrücklich unter Hinweis auf das anhängige Verfahren unter Vorbehalt angenommen hat.

3. Soweit das beklagte Land ausgeführt hat, dass der ausgeurteilte Beschäftigungsanspruch ob seiner nicht vorhandenen zeitlichen Begrenzung aufgrund der Tarifverträge vom 03.02.2004 keinen Erfolg haben könne, ist dem nicht zu folgen. Es ist im vorliegenden Verfahren kein Beschäftigungsanspruch ausgeurteilt, sondern die Feststellung getroffen worden, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einem Beschäftigungsumfang von wöchentlich 28/28 Pflichtstunden besteht. Diese Feststellung war auch zum Zeitpunkt der zweitinstanzlichen Entscheidung zu treffen. Umstände, die nach der Entscheidung eintreten, können zwar die Ansprüche der Klägerin im Hinblick auf ihren Beschäftigungsumfang berühren, wie dies ggfs. aufgrund der genannten Tarifverträge der Fall sein könnte. Sie stehen aber nicht der hier getroffenen Feststellung entgegen. Diese zutreffende Feststellung hindert weder Veränderungen aufgrund des Eingreifens von anwendbaren Tarifverträgen noch aufgrund etwaiger einzelvertraglicher Vereinbarungen.

III.

Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 97 ZPO.

IV.

Die Revision ist gem. § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden.

Ende der Entscheidung

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