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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Brandenburg
Urteil verkündet am 08.12.2004
Aktenzeichen: 4 Sa 435/04
Rechtsgebiete: GewO, BGB, ZPO


Vorschriften:

GewO § 106
BGB § 315
ZPO § 929 Abs. 2
Eine Unterlassungsverfügung, die von Amts wegen zugestellt worden ist, bedarf nicht zusätzlich der Parteizustellung, um deutlich zu machen, dass der Gläubiger von dem Titel Gebrauch machen will.
Landesarbeitsgericht Brandenburg IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 Sa 435/04

verkündet am 08.12.2004

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Brandenburg auf die mündliche Verhandlung vom 08. Dezember 2004 durch die Vizepräsidentin des LAG W.-S. als Vorsitzende sowie die ehrenamtlichen Richter E. und J.

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 01.07.2004 - 2 Ga 16/04 - wird zurückgewiesen.

2. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um eine Versetzung im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens.

Die Verfügungsklägerin war seit dem 20.03.1995 bei der Verfügungsbeklagten beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag war u. a. Folgendes geregelt:

"Frau H. wird .... als Anzeigenberaterin im Altkreis Orbg. (Ost) eingestellt. Soweit betrieblich erforderlich, kann er/sie auch mit anderen Arbeiten, in anderen Betriebsabteilungen, an anderen Orten oder zu anderen Arbeitszeiten (z. B. in Wechselschicht) beschäftigt werden. "

Auch die anderen Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten haben in ihren Arbeitsverträgen eine entsprechende Versetzungsregelung.

Nach der Geburt ihres ersten Kindes war die Verfügungsklägerin von April 1997 bis zum 31.07.1999 im Erziehungsurlaub. Mit Schreiben vom 28.07.1999 bestätigte die Verfügungsbeklagte u. a. folgende Vereinbarung zwischen den Parteien:

"Mit Ende Ihres Erziehungsurlaubes, am 01. August 1999, werden Sie als redaktionelle Mitarbeiterin (für Sonderprodukte und Märker) eingesetzt. Hierfür erhalten Sie ein monatliches Gehalt i. H. v. DM 4.200,00....

Ab 01. August 2001 werden Sie als Redakteurin für Sonderprodukte eingesetzt. ...

Alle weiteren Punkte Ihres bestehenden Arbeitsvertrages behalten weiterhin ihre Gültigkeit."

Die Redakteure können grundsätzlich ihre Arbeitszeiten nach den Gegebenheiten eigenverantwortlich festlegen.

Nach der Geburt des zweiten Kindes war die Verfügungsklägerin vom 01.02.2002 bis zum 31.05.2004 in Elternzeit. Während der Elternzeit der Verfügungsklägerin stellte die Verfügungsbeklagte befristet bis zum 31.05.2004 Frau O. ein. In dem Bereich, in dem die Verfügungsklägerin vor der Elternzeit tätig war, arbeitete zum Zeitpunkt des Endes der Elternzeit Frau Marion V., die eine 16-jährige, psychisch labile Tochter hat. In dem Telfonverzeichnis der Verfügungsbeklagten waren im August 2003 sowohl Frau O. als auch Frau V. für den Bereich Sonderthemen aufgeführt.

Die Verfügungsklägerin wohnt zusammen mit ihrem Lebensgefährten, der der Vater ihrer Kinder ist, in O.. Im Juni 2004 befand sich der Lebensgefährte der Verfügungsklägerin in einem Praktikum in B.. Seine Tätigkeit dauerte wechselweise bis 17:00 oder 18:00 Uhr. Nach Beendigung des Praktikums arbeitete er in B. zu wechselnden Zeiten, bei denen nicht planbar war, an welchen Tagen er die Kinder aus den Kindertagesstätten abholen konnte. Die Mutter der Verfügungsklägerin arbeitet vollschichtig im Lager einer Elektrofirma in B.. Ihre Arbeitszeit endet regulär um 16:15 Uhr, wobei es regelmäßig aufgrund der Verzögerung von Materiallieferungen zu Verspätungen kommt.

Mit Schreiben vom 24.05.2004 teilte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin mit, dass sie nach Beendigung der Elternzeit ab 01.06.2004 als Redakteurin in der Lokalredaktion N. mit einer Arbeitszeit von 10:00 bis 19:00 Uhr bei zusätzlicher Wahrnehmung von Abendterminen eingesetzt werde. Am 01.06.2004 nahm die Klägerin die Tätigkeit in der Lokalredaktion in N. auf. Ab diesem Zeitpunkt holte die 84-jährige Großmutter der Verfügungsklägerin die beiden Kinder nacheinander zu Fuß aus den Betreuungseinrichtungen, die ca. 2 Km voneinander entfernt liegen und um 17:00 Uhr schließen, ab.

Mit Schriftsatz vom 27.05.2004 erhob die Verfügungsklägerin eine Klage, mit der sie sich gegen die Versetzung wandte. Am 21.06.2004 fand eine Güteverhandlung statt, die ergebnislos blieb.

Am 25.06.2004 ist der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Neuruppin eingegangen.

Die Verfügungsklägerin hat vorgetragen, der Einsatz in der Lokalredaktion in N. sei nicht vom Direktionsrecht der Verfügungsbeklagten gedeckt. Ziff. 1 des Arbeitsvertrags sei aufgrund der Zusatzvereinbarung vom 28.07.1999 entfallen.

Unabhängig davon könne die Verfügungsbeklagte sich nicht auf diese Regelung stützen, weil die Übertragung einer anderen Tätigkeit betrieblich nicht erforderlich sei. Die Klägerin könne ihre bisherige Tätigkeit weiterhin ausüben.

Die Übertragung der Tätigkeit in der Lokalredaktion N. verstoße gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Die Verfügungsbeklagte vereitele der Verfügungsklägerin, ihre Kinder an Arbeitstagen zu betreuen. Ihr Lebensgefährte und ihre Mutter könnten die Kinder aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeiten in Verbindung mit den Fahrzeiten nicht abholen. Die Großmutter sei zunehmend überfordert, die Kinder täglich aus den Einrichtungen abzuholen und anschließend zu betreuen.

Die befristet eingestellte Mitarbeiterin O. habe die Tätigkeiten der Verfügungsklägerin verrichtet.

Die Verfügungsklägerin hat beantragt,

der Verfügungsbeklagten zu untersagen, die Verfügungsklägerin ab dem 02. Juli 2004 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens 2 Ca 1330/04 des Arbeitsgerichts Neuruppin in N. zu beschäftigen.

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Vereinbarung in dem Arbeitsvertrag, nach der der Verfügungsklägerin auch eine andere Tätigkeit zugewiesen werden könne, sei von der Zusatzvereinbarung unberührt geblieben.

Frau O. habe die Tätigkeiten der Verfügungsklägerin nicht ausschließlich übernommen, sondern auch andere anfallende Arbeiten verrichtet.

Auch bei einer Tätigkeit als Redakteurin für Sonderprodukte sei es der Verfügungsklägerin nicht möglich, die Kinder rechtzeitig aus der Kindertagesstätte abzuholen.

Es bestehe die Möglichkeit, die Kinderbetreuung in Abstimmung mit dem Lebensgefährten zu sichern.

Ein Verfügungsgrund sei nicht gegeben. Da der Verfügungsklägerin spätestens seit dem 24.05.2004 bekannt gewesen sei, dass eine Weiterbeschäftigung ab dem 01.06.2004 nicht zu den von ihr gewünschten Bedingungen erfolgen sollte, habe sie die Angelegenheit selbst verschleppt, indem sie erst am 25.06.2004 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt habe.

Die Verfügungsklägerin hat eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, wegen deren Inhalts im Einzelnen auf Bl. 10 d. A. verwiesen wird.

Die Verfügungsbeklagte hat eidesstattliche Versicherungen von Herrn Udo M., Frau Jana J., Frau Marion V. und Herrn Michael H. zu den Akten gereicht. Wegen des Inhalts dieser eidesstattlichen Versicherungen wird auf Bl. 46 b. 49 d. A. Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund des Arbeitsvertrags sei es der Verfügungsbeklagten zwar möglich, die Verfügungsklägerin auch mit anderen Arbeiten als denen einer Redakteurin zu beschäftigen. Die Verfügungsbeklagte habe aber nicht schlüssig dargelegt, dass der Einsatz der Verfügungsklägerin in N. betrieblich erforderlich sei und billigem Ermessen entspreche. Der Arbeitgeber habe bei der vorzunehmenden Interessenabwägung auch auf die Sorgepflichten des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Das Interesse der Verfügungsklägerin an der Betreuung ihrer Kinder habe die Verfügungsbeklagte überhaupt nicht berücksichtigt. Es bestehe kein anerkennenswerter Anlass der Verfügungsbeklagten an dem Einsatz der Verfügungsklägerin in N.. Die Verfügungsbeklagte habe dort auch einen anderen Redakteur einsetzen können, z. B. Frau V.. Deren Tochter habe auch außerhalb der Schulzeit aufgrund ihres Alters allein gelassen werden können. Die Verfügungsklägerin habe dagegen ein sehr großes Interesse daran, nicht in N., sondern in O. tätig zu sein. Bei einem Einsatz in N. sei es ihr nicht möglich, die Kinder aus den Tageseinrichtungen abzuholen. Dies könne auch der Vater der Kinder nicht tun. Der 84-jährigen Großmutter sei es nicht zumutbar, ein zwei- und ein siebenjähriges Kind fünf Tage in der Woche aus zwei Einrichtungen abzuholen.

Ein Verfügungsgrund sei gegeben. Ein Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache sei der Verfügungsklägerin nicht zumutbar. Die Verfügungsklägerin habe die Eilbedürftigkeit auch nicht selbst herbeigeführt. Sie habe zunächst abwarten dürfen, ob im Gütetermin des Hauptsacheverfahrens eine einvernehmliche Lösung gefunden werde.

Wegen des weiteren Inhalts des Urteils im Einzelnen wird auf dieses (Bl. 55 - 62 d. A.) verwiesen.

Die Verfügungsbeklagte hat gegen das ihr am 08.07.2004 zugestellte Urteil am 28.07.2004 Berufung eingelegt und diese am 06.09.2004 begründet.

Sie trägt vor, im Sommer 2003 sei das Aufgabengebiet der Sonderthemen umstrukturiert und mit einer erheblich umfangreicheren Aufgabenstellung versehen worden. Es sei das Ziel gewesen, auch in diesem Bereich Qualitätsjournalismus langfristig sicherzustellen. Seit 2003 sei es erforderlich, dass die Redakteurin Sonderthemen auch über eine langjährige, redaktionelle Erfahrung verfüge und auf lange Sicht konstant eingesetzt werden könne. Kontinuität sei unabdingbar. Aufgrund der langen Elternzeit und aufgrund häufiger und langer Krankheiten verfüge die Klägerin über sehr geringe Berufserfahrungen. Die Arbeitnehmerin V. sei in der Lage, auch in den späten Abend hinein ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Die Klägerin sei dagegen nicht in der Lage, die Anforderungen, die mit dieser Stelle verbunden seien, zu erfüllen. Die Verfügungsbeklagte habe berücksichtigen müssen, dass die Verfügungsklägerin zwei kleine Kinder habe, was erfahrungsgemäß dazu führe, dass eine Arbeitnehmerin häufig krankheitsbedingt ausfalle.

Die Beklagte könne Redakteure, die seit langem jeweils in der Redaktion beschäftigt seien, nicht umsetzen. Dies habe negative wirtschaftliche und finanzielle Auswirkungen. Der Einsatz der Verfügungsklägerin in N. sei betrieblich erforderlich gewesen, da ein anderer Einsatz der Verfügungsklägerin in dem Betrieb der Verfügungsbeklagten nicht möglich sei.

Wie bereits in erster Instanz dargelegt, sei auch ein Verfügungsgrund zu verneinen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei auch deshalb abzuweisen, weil die Verfügungsklägerin das Urteil nicht innerhalb der Vollziehungsfrist gem. § 929 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zugestellt habe.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Parteien hätten durch den Änderungsvertrag vom 28.07.1999 den Arbeitsvertrag von 1995 hinsichtlich der Versetzungsklausel abgeändert. Mit der Neuregelung sei die komplette Ziff. 1 des Arbeitsvertrages ersetzt worden. Die Versetzungsklausel sei unwirksam. Sie stelle einen unzulässigen Eingriff in den kündigungsschutzrechtlichen Kernbereich dar. Sie berechtige den Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer auch eine in einer anderen Entlohnungsform zu vergütende Arbeit an einem anderen Arbeitsort mit einer anderen zeitlichen Lage zuzuweisen.

Ein Arbeitsausfall wegen Krankheit der Kinder sei in einer Sonderthemenredaktion erheblich unproblematischer als in der Lokalredaktion.

Wegen des weiteren Vorbringen der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Die Verfügungsbeklagte hat eine weitere eidesstattliche Versicherung von Herrn Udo M. eingereicht, wegen deren Inhalts auf Bl. 119 - 121 d. A. verwiesen wird.

Die Verfügungsklägerin hat eine weitere eidesstattliche Versicherung abgegeben, bezüglich deren Inhalts auf Bl. 153 d. A. Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

1. Ein Verfügungsanspruch ist gegeben, da es nicht billigem Ermessen entspricht, die Verfügungsklägerin in N. zu beschäftigen.

a) Die Kammer teilt zwar nicht die Auffassung der Verfügungsklägerin, dass die in Ziff. 1 des Arbeitsvertrags enthaltene Versetzungsregelung durch die Zusatzvereinbarung vom 28.07.1999 entfallen ist.

Die Zusatzvereinbarung ersetzt nicht den Arbeitsvertrag, in ihr sind lediglich einzelnen Punkte neu oder anders geregelt worden, und zwar die Tätigkeit, das Gehalt und eine Erstattungsregelung für den Einsatz des privaten PKW. Alle weiteren Punkte des Arbeitsvertrages sollten weiterhin ihre Gültigkeit behalten, was sich aus dem entsprechenden Zusatz in der Vereinbarung ergibt.

Es kann auch nicht angenommen werden, dass die Zusatzvereinbarung oder die Vereinbarungen über den Einsatz der Klägerin nach Beendigung ihres Erziehungsurlaubs die gesamte Ziff. 1 des Arbeitsvertrags habe entfallen lassen, wie die Verfügungsklägerin meint. In der Ziff. 1 des Arbeitsvertrages war zum einen der konkrete Einsatz der Klägerin festgelegt (Satz 1) und zum anderen in den Folgesätzen die Möglichkeit eines anderen Einsatzes - trotz der in Satz 1 getroffenen Festlegung - mit den entsprechenden Folgen geregelt. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass mit der Änderung der Festlegung in Satz 1 auch die Regelungen in den Folgesätzen entfallen sollten. Der Satz, dass alle weiteren Punkte des Arbeitsvertrages weiterhin ihre Gültigkeit behalten, macht vielmehr das Gegenteil deutlich. Nur das, was ausdrücklich neu oder anders geregelt worden ist, sollte entfallen. So ist z. B. durch die Neuregelung des Gehalts auch nicht die gesamte Ziff. 3 des Arbeitsvertrages entfallen, sondern lediglich die Vereinbarung über die Höhe des Gehalts, nicht aber die weiteren Bestimmungen über die Fälligkeit, die Zahlweise, die Überprüfung und etwaige Erhöhung des Gehalts, was die Klägerin sicher auch nicht angenommen hat. Nichts anderes aber kann die Auslegung der Zusatzvereinbarung im Hinblick auf die Änderung des konkreten Einsatzes der Verfügungsklägerin ergeben.

b) Es kann dahinstehen, ob die Regelung im Arbeitsvertrag, nach der die Klägerin auch mit anderen Arbeiten, in anderen Betriebsabteilungen, an anderen Orten oder zu anderen Arbeitszeiten beschäftigt werden kann, soweit dies betrieblich erforderlich ist, wirksam ist.

Eine Versetzung darf nicht in den Kernbereich des Arbeitsvertrages eingreifen. Entgegenstehende Vereinbarungen sind gem. § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig (vgl. Küttner/Reineke, Personalbuch 2004, Versetzung Rn. 2).

Versetzungsklauseln sind in der Regel unwirksam, soweit sie es ermöglichen, dem Arbeitnehmer eine nicht gleichwertige Arbeitsaufgabe zu übertragen. Dies gilt sogar dann, wenn die Höhe der Vergütung unverändert bleibt (vgl. u. a. Personalbuch 2004, a. a. O., Rn. 4). Die in dem Arbeitsvertrag enthaltene Versetzungsklausel lässt von ihrem Wortlaut her auch die Zuweisung einer nicht gleichwertigen Tätigkeit zu. Sie enthält keinen der ansonsten üblichen Zusätze "gleichwertige" oder "zumutbare" Arbeit. Es ist sogar ausdrücklich geregelt, dass ein Anspruch auf Fortsetzung der bisherigen Vergütung nicht besteht, nicht einmal für die Dauer einer Kündigungsfrist. Insofern spricht vieles für die Unwirksamkeit dieser Klausel. Dies kann aber letztlich hier offen bleiben, da die Verfügungsbeklagte die Verfügungsklägerin auch bei Wirksamkeit dieser Klausel nicht in N. einsetzen durfte.

c) Es kann hier auch dahinstehen, ob der Einsatz der Verfügungsklägerin in N. betrieblich erforderlich war, woran trotz des ergänzenden Vortrags der Verfügungsbeklagten im Berufungsverfahren Zweifel bestehen. Aus den §§ 106 Gewerbeordnung (GewO), 315 BGB ergibt sich nämlich, dass der Arbeitgeber sein Weisungsrecht auch bei Beachtung der einzelvertraglichen Grenzen nur nach billigem Ermessen ausüben darf (vgl. u. a. HWK/Lembke, § 106 GewO Rn. 115).

Unter den gegebenen Umständen entspricht ein Einsatz der Verfügungsklägerin in N. nicht billigem Ermessen. Die Wahrung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden. Ob dies geschehen ist, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (vgl. u. a. BAG, Urt. v. 24.04.1996 - 5 AZR 1031/94 - DB 1996, 1931). Auch auf schutzwürdige familiäre Belange des Arbeitnehmers wie eine erforderliche Beaufsichtigung und Betreuung von Kindern hat der Arbeitgeber Rücksicht zu nehmen bzw. diese zu berücksichtigen (vgl. BAG, Urt. v. 23.09.2004 - 6 AZR 567/03 -).

Dies hat die Verfügungsbeklagte nicht getan. Sie hat vielmehr die schutzwürdigen Belange der Verfügungsklägerin, die sich aus der Betreuung ihrer Kinder ergeben, nicht nur nicht zugunsten der Verfügungsklägerin in ihre Abwägung einbezogen, sondern umgekehrt zu Lasten der Verfügungsklägerin. Der Entscheidung der Verfügungsbeklagten, die Verfügungsklägerin nach Beendigung der Elternzeit nicht wieder auf ihren bisherigen Arbeitsplatz einzusetzen, lag der Umstand zugrunde, dass die Verfügungsklägerin aufgrund ihres Erziehungsurlaubs und der Elternzeit lange Zeit nicht anwesend war und dass die Verfügungsklägerin zwei kleine Kindern hat, was nach den Ausführungen der Verfügungsbeklagten erfahrungsgemäß dazu führe, dass eine Arbeitnehmerin häufig krankheitsbedingt ausfalle. Das bedeutet, dass die Verfügungsbeklagte bei der Entscheidung, wer in Zukunft den Bereich Sonderthemen bearbeitet und wer in der Lokalredaktion N. tätig wird, aufgrund der Tatsache, dass die Verfügungsklägerin von ihrem Recht auf Elternzeit Gebrauch gemacht hat und dass die Befürchtung besteht, dass sie in Zukunft von ihrem Recht auf Freistellung bei Erkrankung der Kinder Gebrauch machen wird bzw. aufgrund ihrer Mutterschaft schon in der Vergangenheit häufig ausgefallen ist und dies in der Zukunft auch tun wird, die Verfügungsklägerin benachteiligt hat. Es kann dahinstehen, ob dies nicht schon eine Benachteiligung wegen des Geschlechts darstellt (§ 611 a BGB) oder einen Verstoß gegen das in § 612 a BGB normierte Maßregelungsverbot, was zur Nichtigkeit der Versetzung führen würde. Jedenfalls entspricht eine solche Abwägung nicht billigem Ermessen. Unabhängig davon, ob die Verfügungsklägerin auch bei der Ausübung einer Tätigkeit im Bereich Sonderthemen oder einer anderen Tätigkeit in O. Probleme mit der Betreuung ihrer Kinder bekommt, erschwert ein Einsatz in N. diese Aufgabe schon allein aufgrund der deutlich längeren Fahrzeiten ganz erheblich. Darüber hinaus hat die Verfügungsklägerin durch die eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass mit Ausnahme der über 80-jährigen Urgroßmutter der Kinder niemand in ihrem familiären Umfeld die Kinder geplant von den unterschiedlichen Kindertagesstätten abholen kann. Der Urgroßmutter der Kinder ist dies aber - wie das Arbeitsgericht, auf dessen Ausführungen insoweit Bezug genommen wird, bereits dargelegt hat - dauerhaft unzumutbar.

Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Verfügungsbeklagte - unterstellt, die Versetzungsklausel ist wirksam - auch andere Arbeitnehmer, die nicht die Probleme oder schützenswerten Belange wie die Verfügungsklägerin haben, wie z. B. Frau V., hätte versetzen können, wie schon das Arbeitsgericht ausgeführt hat. Soweit die Verfügungsbeklagte sich insoweit auf betriebliche Belange stützt, vermögen diese nicht zu überzeugen bzw. die berechtigten Interessen der Verfügungsklägerin in einem Maße zurückzudrängen, das dazu führt, dass die getroffene Entscheidung billigem Ermessen entspricht. Die Kammer teilt zwar die Auffassung der Verfügungsbeklagten, dass es firmenpolitisch nicht zu verantworten ist, Redakteure ohne weiteres jederzeit umzusetzen, wie es auch in der von der Verfügungsbeklagten eingereichten eidesstattlichen Versicherung von Herrn M. wiedergegeben wird. Hier musste die Verfügungsbeklagte aber auf jeden Fall eine Versetzung aussprechen, nämlich entweder die der Verfügungsklägerin oder die eines anderen Redakteurs oder einer anderen Redakteurin.

Es mag auch so sein, dass die Verfügungsbeklagte zu Recht davon ausgegangen ist, dass Frau V. im Bereich Sonderthemen gute Arbeit leistet. Es spricht aber nichts dagegen, dass dies auch im Bereich der Lokalredaktion N. der Fall sein wird. Umgekehrt hat es sich der Kammer nicht erschlossen, warum die Verfügungsklägerin in einer Lokalredaktion, die weit von ihrem Wohnort entfernt ist, besser zurechtkommen wird, als in einem wohnortnahen Bereich, in dem sie schon einmal tätig war, und in dem die Beiträge länger planbar sind. Mithin können auch betriebliche Belange nicht die berechtigten Belange der Verfügungsklägerin verdrängen.

2. Es ist auch ein Verfügungsgrund gegeben. Die einstweilige Verfügung war zur Abwendung wesentlicher Nachteile geboten (§ 940 ZPO). Die Betreuung ihrer Kinder war der Verfügungsklägerin bei der Tätigkeit in N. nicht mehr möglich. Es gab auch keine zumutbare Möglichkeit, diese sicherzustellen. Unter diesen Umständen konnte die Verfügungsklägerin nicht den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten, sondern benötigte eine sofortige Regelung.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Verfügungsklägerin selbst die Dringlichkeit herbeigeführt hat. Es ist zwar zutreffend, dass ein Verfügungsgrund fehlt, wenn der Antragsteller trotz ursprünglich bestehenden Regelungsbedürfnisses lange zugewartet hat, bevor er die einstweilige Verfügung beantragt (vgl. u. a. Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 940 Rn. 4 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Hier kann dies aber nicht angenommen werden. Das dringende Regelungsbedürfnis ist hier nämlich erst entstanden, als sich herausgestellt hat, dass die Urgroßmutter der Kinder mit dem täglichen Abholen und anschließendem Betreuen der Kinder überfordert ist und auch keine gütliche Einigung zwischen den Parteien in der Güteverhandlung des Hauptsacheverfahrens möglich war. Nachdem diese Umstände zu Tage getreten sind, hat die Verfügungsklägerin umgehend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt.

3. Die Berufung der Verfügungsbeklagten hat auch nicht deshalb Erfolg, weil die einstweilige Verfügung aufzuheben war, weil die Verfügungsklägerin die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO hat verstreichen lassen. Unstreitig ist das Urteil des Arbeitsgerichts zwar der Verfügungsbeklagten zugestellt worden, aber nur von Amts wegen, nicht im Parteibetrieb.

Die Rechtsprechung zu der Frage, ob eine Unterlassungsverfügung, wie sie hier gegeben ist, einer förmlichen Vollziehung durch eine Zustellung im Parteibetrieb bedarf oder die Unterlassungsverfügung einer Vollziehung nicht zugänglich ist oder die Amtzustellung genügt, ist unterschiedlich.

Nach der bisher herrschenden Meinung der Oberlandesgerichte (vgl. die zahlreichen Nachweise bei Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 929 Rn. 18) bedarf auch die Unterlassungsverfügung einer förmlichen Vollziehung, und zwar durch Parteizustellung. Dies sieht grundsätzlich auch der Bundesgerichtshof so (vgl. BGH, Urt. v. 22.10.1992 - IX ZR 36/92 - NJW 1993, 1076, 1077). Allerdings hält es der Bundesgerichtshof auch für denkbar, dass die wirksame Vollziehung einer durch Urteil ergangenen und somit von Amts wegen zugestellten Unterlassungsverfügung auch anders als durch Zustellung im Parteibetrieb erfolgen kann (vgl. BGH, Urt. v. 12.04.1989 - IX ZR 148/88 - NJW 1990, 122, 124). Er hat dazu ausgeführt, dass die Zustellung im Parteibetrieb die §§ 936, 922 Abs. 2 ZPO nur für die ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss angeordnete einstweilige Verfügung vorschreiben. Für die durch verkündetes Urteil erlassene einstweilige Verfügung enthält das Gesetz dagegen keine von den §§ 317 Abs. 1 S. 1, 750 Abs. 1 ZPO abweichenden Vorschriften. Die Notwendigkeit einer Parteizustellung ergebe sich insoweit auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Vorschriften über die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung, insbesondere über die Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO).

Das Reichsgericht hat zu einem Unterlassungsgebot gesagt, ein solcher Richterspruch "vollstrecke sich selbst" (RGZ 40, 383, 384).

Nach einer weit verbreiteten Auffassung kann bei Unterlassungsverfügungen vom Erfordernis der Vollziehung überhaupt abgesehen werden, wenn der Antragsgegner dem durch Verkündung oder Amtzustellung wirksam gewordenen Unterlassungsgebot freiwillig nachkommt (vgl. die zahlreichen Nachweise in dem bereits genannte Urteil des BGH v. 22.10.1992, a. a. O., S. 1078).

Nach einer weiteren Ansicht ist die Unterlassungsverfügung einer Vollziehung nicht zugänglich oder es genügt die Amtzustellung (vgl. die zahlreichen Nachweise der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte und des Landesarbeitsgerichts Hamm bei Zöller/Vollkommer, a. a. O.).

Die Kammer teilt die letztgenannte Ansicht. Die Meinung, die für eine Vollziehung einer Unterlassungsverfügung die Zustellung im Parteibetrieb fordert, stützt sich insbesondere darauf, dass der Amtzustellung, weil sie vom Gericht veranlasst wird, das "spezifisch vollstreckungsrechtliche Element", dass der Gläubiger tätig wird und seinen Willen kundgibt, von dem Titel Gebrauch zu machen (vgl. u. a. BGH, Urt. v. 22.10.1992, a. a. O., S. 1077), fehle. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Gläubiger bei der einstweiligen Verfügung erst durch die erneute Parteizustellung nach der bereits erfolgten Amtzustellung seinen Willen kundtut, von dem Titel Gebrauch zu machen (vgl. auch Weber, DB 1981, 877, 878). Das Durchsetzungsinteresse ist bei einstweiligen Verfügungen noch größer als in Hauptsacheverfahren, weil die Entscheidung "dringend" ist. Insofern kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gläubiger, der nicht noch einmal ein bereits zugestelltes Urteil zustellt, kein Durchsetzungsinteresse mehr hat. Ein Beharren auf einer zusätzlichen Zustellung des Urteils durch die Partei wäre eine überflüssige Förmelei.

Auch Sinn und Zweck des § 929 Abs. 2 ZPO gebieten dies nicht. Diese Vorschrift ist darauf ausgerichtet, im Interesse des Schuldnerschutzes die Zwangsvollstreckung auf einen bestimmten Zeitraum zu beschränken. Ein auf ein einstweiliges Unterlassen gerichtetes Verbot kann aber nicht durch unmittelbaren Zwang durchgesetzt werden, der innerhalb einer bestimmten Frist bewirkt (vollzogen) werden kann (vgl. Weber, a. a. O.).

Dies gilt erst recht, wenn - wie hier - der Schuldner nach der Zustellung des Urteils das ihm Untersagte unterlässt. Dann besteht kein Raum mehr für den Schuldnerschutz nach § 929 Abs. 2 ZPO und kein Bedarf für ein zusätzliches Tätigwerden des Gläubigers.

III.

Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 97 ZPO.

IV.

Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist nicht gegeben, da gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, die Revision nicht zulässig ist (§ 72 Abs. 4 Arbeitsgerichtsgesetz).

Ende der Entscheidung

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