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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Urteil verkündet am 03.11.2005
Aktenzeichen: 3 Sa 111/05
Rechtsgebiete: KSchG, EStG, BGB, ZPO


Vorschriften:

KSchG § 9
KSchG § 10
EStG § 3 Nr. 9
EStG § 3 Ziff. 9
EStG § 8 Abs. 1
EStG § 11 Abs. 1 Satz 3
EStG § 24 Nr. 1a
EStG § 34 Abs. 1
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 2
EStG § 38 a Abs. 1 Satz 3
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 193
BGB § 271 Abs. 2
BGB § 280
BGB § 779
BGB § 823 Abs. 1
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 1
Vereinbaren die Parteien in einem in einem Kündigungsschutzprozess abgeschlossenen Vergleich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2004 und Freistellung von der Arbeit ab Juli 2004 sowie dass die zu zahlende Abfindungssumme "zum 01.01.2004 fällig" wird, so verstößt der zahlungspflichtige Arbeitgeber nicht gegen seine Vertragspflichten aus dem Vergleich, wenn er die Überweisung des Abfindungsbetrages so terminiert, dass diese im Dezember 2003 dem Konto des Arbeitnehmers gutgeschrieben wird.

Für steuerliche Nachteile, die dadurch entstehen, dass der Abfindungsbetrag nicht - wie vom Arbeitnehmer gewünscht - erst im Jahr 2004 auf seinem Konto eingegangen ist, haftet der Arbeitgeber nicht.


Landesarbeitsgericht Bremen

Aktenzeichen: 3 Sa 111/05

Verkündet am: 03.11.2005

Im Namen des Volkes

In dem Berufungsverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Bremen - Dritte Kammer - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03. November 2005 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven - Az.: 10 Ca 213/04 - vom 31.03.2005 wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch in Zusammenhang mit der Auszahlung einer Abfindung.

Der Kläger war seit 1968 als Lagerleiter bei der Beklagten beschäftigt. Die Parteien schlossen am 17.07.2003 vor dem Arbeitsgericht Bremerhaven (Aktenzeichen 1 Ca 281/03) einen Vergleich, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen zum 31.12.2003 bei Freistellung des Klägers regelte. Ferner vereinbarten die Parteien Folgendes:

"3.) Die Beklagte zahlt an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Sozialabfindung in Höhe von 62.500,-- € entsprechend der Regelungen der §§ 9, 10 KSchG. § 3 Ziffer 9 EStG.

4.) Die Abfindung wird fällig zum 01.01.2004.

5.) Der Abfindungsanspruch ist mit Rechtskraft des Vergleiches entstanden und vererblich.

..."

Wegen des weiteren Inhalts des Vergleiches wird auf Bl. 5 Rs. d. A. verwiesen.

Im November 2003 gab der Kläger bei der für die Abrechnung zuständigen Sachbearbeiterin der Beklagten, Frau S. , seine Lohnsteuerkarte für das Jahr 2004 ab und wies sie darauf hin, dass die Abfindung erst im Jahre 2004 erfolgen solle, um dadurch eine steuerliche Veranlagung dieser Zahlung im Kalenderjahr 2004 zu bewirken. Frau S. hielt daraufhin telefonische Rücksprache mit dem Sachbearbeiter beim Finanzamt, Herrn S. .

Die Beklagte rechnete am 18.12.2003 das Arbeitsverhältnis des Klägers, einschließlich der Abfindungszahlung ab und zahlte den sich hieraus ergebenden Nettobetrag noch im Laufe des Monats Dezember 2003 an den Kläger aus. Mit Begleitschreiben vom 18.12.2003 wies die Sachbearbeiterin Frau S. darauf hin, dass der Beklagten eine Auszahlung der Abfindung im Kalenderjahr 2004 nicht möglich sei, da das Arbeitsverhältnis mit 31.12.2003 ende und eine entsprechende Abrechnung seitens der Beklagten erfolgen müsse.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers verwies mit Schreiben vom 07.01.2004 auf die steuerrechtlichen Begünstigungen nach § 3 Ziffer 9 EStG und § 24 Nr. 1a in Verbindung mit § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG. Des Weiteren forderte er von der Beklagten eine erneute und getrennte Abrechnung der Abfindung für das Kalenderjahr 2004. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 16.01.2004 ab.

Der Kläger beauftragte in der Folgezeit seinen Steuerberater, Herrn H. , festzustellen, welche steuerliche Differenz sich bei einer Veranlagung der vereinbarten Abfindung im Kalenderjahr 2004 gegenüber der erfolgten Veranlagung im Jahre 2003 ergebe. Der Steuerberater errechnete den hier als Schadensersatz geltend gemachten Differenzbetrag in Höhe von 11.067,-- €. In der Folgezeit führten die Parteien außergerichtliche Vergleichsverhandlungen, die zu keinem Ergebnis führten. Hierbei war auch der Steuerberater H. beteiligt, der für seine Arbeiten dem Kläger Kosten in Höhe von 1.117,08 € in Rechnung stellte, die der Kläger ebenfalls als Schanden gegenüber der Beklagten geltend macht.

Der Kläger hat in der ersten Instanz behauptet, er habe sich bereits vor Vereinbarung des Abfindungsvergleichs bei seinem Steuerberater hinsichtlich der Versteuerung einer etwaigen Abfindung kundig gemacht. Der Steuerberater habe ihn darauf hingewiesen, dass eine Veranlagung einer Abfindung im Kalenderjahr 2004 für ihn erheblich günstiger sei. Hierauf habe der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten auch noch während der Verhandlung des Vergleiches hingewiesen, woraufhin dieser gegenüber dem Vorsitzenden und dem Beklagten deutlich gemacht habe, dass die Abfindung erst im Jahre 2004 fällig werden solle. Dies habe schließlich zur Formulierung der Ziffer 4.) des Vergleiches vom 17.07.2003 geführt.

Der Kläger hat ferner behauptet, die Parteien hätten eine Fälligkeit der Abfindungszahlung für das Kalenderjahr 2004 vereinbart. Hintergrund sei die steuerrechtliche Behandlung der Abfindungszahlung gewesen. Daher sei die Formulierung der Ziffer 4.) des Vergleiches "Die Abfindung wird fällig zum 01.01.2004" dahin gehend auszulegen, dass die Abfindung "am" 01.01.2004 und nicht vorher fällig werden sollte. § 271 Abs. 2 BGB könne daher keine Anwendung finden.

Der Kläger hat ferner behauptet, er habe vor dem 01.01.2004 auch keine Verfügungsmacht über den Abfindungsbetrag gehabt, da sich die Beklagte mit einer Fälligkeit der Abfindungszahlung noch im Laufe des Jahres 2003 nicht einverstanden erklärt habe.

Der Kläger hat beantragt,

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.067,-- € netto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.117,08 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie sei in Anwendung des § 271 Abs. 2 BGB berechtigt gewesen, die Abfindung bereits im Kalenderjahr 2003 an den Kläger auszuzahlen. Die Formulierung der Fälligkeitsregelung in der Ziffer 4.) des Vergleichs "zum 01.01.2004" sei jedenfalls nicht eindeutig. Jedenfalls lasse sich dieser Regelung nicht die Auslegung des Klägers entnehmen, dass eine Auszahlung der Abfindung vor dem Kalenderjahr 2004 untersagt gewesen sein solle. Insbesondere enthalte der schriftliche Vergleich - unstreitig - keinen Hinweis auf die steuerliche Veranlagung der Abfindung. Dies sei dementsprechend auch nicht Regelungsinhalt des Vergleichs vom 17.07.2003 gewesen.

Ungeachtet dessen, wäre der Abfindungsbetrag auch bei einer Auszahlung im Kalenderjahr 2004 steuerrechtlich auf das Kalenderjahr 2003 zu veranlagen gewesen, da er sich insoweit auf das Arbeitsverhältnis bezogen habe, dass am 31.12.2003 - unstreitig - sein Ende gefunden habe. Auch der zuständige Sachbearbeiter beim Finanzamt B. , Herr S. , habe der Sachbearbeiterin der Beklagten, Frau S. , telefonisch mitgeteilt, dass die steuerliche Veranlagung der Abfindung auch angesichts des Vergleichs vom 17.07.2003 für das Kalenderjahr 2003 zu erfolgen habe.

Weiter hat die Beklagte die Ansicht vertreten, selbst wenn in dem Vergleich eine Fälligkeit der Abfindungszahlung erst für das Kalenderjahr 2004 vereinbart worden sein sollte, sei dies ausschließlich auf den Willen des Klägers zurückzuführen. Der Kläger hätte jedenfalls bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und somit noch im Kalenderjahr 2003 über die Abfindung verfügen können. Dementsprechend sei in Abweichung vom Zuflussprinzip vorliegend auf den Zeitpunkt der Verfügungsmacht für den Kläger abzustellen gewesen. Insoweit hat die Beklagte auf die Rechtsprechung des Finanzgerichts Baden-Württemberg im Urteil vom 02.03.1999 verwiesen.

Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat am 31.03.2005 das folgende Urteil verkündet:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 12.184,08 € festgesetzt.

Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf Bl. 95 bis 97 d. A. verwiesen.

Das erstinstanzliche Urteil wurde dem Kläger am 15. April 2005 zugestellt. Der Kläger hat mit einem am 27. April 2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.06.2005 mit einem am diesen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag und greift das erstinstanzliche Urteil mit Rechtsausführungen an.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 31.03.2005 die Beklagte zu verurteilen,

1. an den Kläger 11.067,00 € netto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. an den Kläger 1.117,08 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des klägerischen Schriftsatzes vom 11.01.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch die Beklagte wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und verteidigt das erstinstanzliche Urteil mit Rechtsausführungen.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, insbesondere die Berufungsbegründungs- und die Berufungserwiderungsschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten war im Hinblick auf den in erster Instanz festgesetzten Streitwert, der dem Beschwerdewert entspricht, statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit insgesamt zulässig.

II.

In der Sache hatte die Berufung keinen Erfolg:

1. Die Beklagte hat vertragsgemäß gehandelt, als sie den Abfindungsbetrag dem Kläger bereits im Dezember 2003 anwies und dieser auch in diesem Monat seinem Konto gutgeschrieben wurde. Einen Anspruch nach § 280 BGB bzw. § 823 Abs. 1 BGB ist nicht gegeben.

a) Die Parteien haben nicht vereinbart, dass der Abfindungsbetrag dem Kläger erst im Januar 2004 zufließen durfte.

Der Prozessvergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO fällt unter § 779 BGB, da er sowohl einen materiellrechtlichen Vertrag wie auch eine Prozesshandlung enthält (vgl. BGHZE 28, Seite 121 BGH, NJW 2000, Seite 1942). Der Vergleich ist mithin auch ein schuldrechtlicher Vertrag (vgl. Palandt-Sprau § 779 BGB, Rdziff. 1 a und 29).

Nach § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Neben § 157 BGB ist auch § 133 BGB heranzuziehen. Aus beiden Vorschriften haben Rechtsprechung und Lehre einen ganzen Kanon von Auslegungsgrundsätzen entwickelt.

Jeder Auslegung vorausgehen muss allerdings die Feststellung des Erklärungstatbestandes, d.h. die Ermittlung der für die Auslegung relevanten Tatsachen (vgl. BGH NJW-RR 92 S. 773).

Die Willenserklärung bzw. der Vertrag muss auslegungsbedürftig sein. Hat die Erklärung/der Vertrag nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt, ist nämlich für die Auslegung kein Raum (vgl. BGH LM § 2084 BGB Nr. 7). Der anerkannte Grundsatz, dass eindeutige Erklärungen keiner Auslegung bedürfen, stellt klar, dass es keiner Sinnentwicklung bedarf, wenn am Erklärungsinhalt kein Zweifel möglich ist (vgl. dazu: Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 133 BGB, Rdz. 6).

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven in der angefochtenen Entscheidung ist die Berufungskammer der Auffassung, dass es sich in Ziffer 4.) des Vergleichs um eine eindeutige Erklärung handelt, die einer Auslegung nicht zugänglich ist.

Das Wort "zum" ist zusammengesetzt aus den Worten "zu" und "dem" (vgl. Wahrig, Das Deutsche Wörterbuch 2003: "zum"). Wenn eine Zahlung zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig wird, muss sie an diesem Tage dem Konto des Berechtigten gutgeschrieben werden. Für die Beklagte bedeutete dies, dass die Zahlung so rechtzeitig auf den Weg gebracht wurde, dass sie dem Konto "am" 01.01.2004 gutgeschrieben worden war. Da dieser Tag ein Feiertag ist, die Banken am 01.01. eines Jahres nicht arbeiten, konnte die Beklagte den Prozessvergleich nur erfüllen, wenn sie dafür sorgte, dass das Geld vor dem 01.01.2004 auf dem Konto des Begünstigten, also des Klägers, eingegangen war. Die Formulierung des Vergleichs lässt keine andere Auslegung zu, denn das Datum "01.01.2004" ist eindeutig, das Wort "zum" lässt auch keine Zweifel offen. Die Auffassung des Klägers würde dazu führen, dass eine Gutschrift erst am 02.01.2004 erfolgen sollte. Damit wäre aber der Vergleich nicht eingehalten worden. Die Parteien haben schließlich auch nicht vereinbart, dass die Zahlung am 01.01.2004 erfolgen sollte; dann wäre § 193 BGB anwendbar gewesen.

b) Sollte man dieser Rechtsauffassung nicht folgen und die Bestimmung in Ziffer 4.) des Vergleichs nicht für eindeutig halten, hätte eine Auslegung, die allerdings auch vom Wortlaut des Vertrages auszugehen hat (BGH, NJW 1992, Seite 1832), zu erfolgen. Maßgebend ist dabei der allgemeine Sprachgebrauch . Nach der Ermittlung des Wortsinnes sind in einem zweiten Auslegungsschritt die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände in die Auslegung mit einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (vgl. BAG NJW 1971, S. 689). Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen sind aber nur die Umstände zu berücksichtigen, die dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar waren. Schließlich ist auch die Entstehungsgeschichte des Vertrages mit zu berücksichtigen. Äußerungen der Parteien über den Inhalt des Rechtsgeschäfts sowie der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck und die bestehende Interessenlage kommen hinzu (vgl. BGHZE 109, S. 22, BAG AP Nr. 32 zu § 133 BGB).

Diesen Weg ist das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven gegangen. Für den Fall, dass der von der Berufungskammer vertretenden Rechtsauffassung, dass es sich um eine eindeutige Regelung handelt, nicht gefolgt werden sollte, sind die Erwägungen, die das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven angestallt hat, heranzuziehen, denen die Kammer insoweit ergänzend folgt und insoweit auf die Ausführungen auf Seite 6 und 7 erster Absatz der angefochtenen Entscheidung verweist.

c) Zu Recht hat das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven auch festgestellt, dass ein Schaden des Klägers durch die Zahlung der Abfindung noch im Kalenderjahr 2003 nicht entstanden ist.

Die Rechtssprechung der Finanzgerichte geht davon aus, dass steuerpflichtige Einnahmen nach § 8 Abs. 1 EStG grundsätzlich innerhalb desjenigen Kalenderjahres zu versteuern sind, in dem sie dem Empfänger zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dies gilt gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG i. V. m. § 38 a Abs. 1 Satz 3 EStG auch für Arbeitslohn, der nicht als laufender, sonder als einmaliger sonstiger Bezug gezahlt wird, insbesondere, so das Finanzgericht Baden-Württemberg in der Entscheidung vom 2. März 1999 - Az.: 4 K 120/98 -, auch für Leistungen einer Abfindung anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Das Tatbestandsmerkmal des "Zuflusses" ist zwar grundsätzlich erfüllt sobald der Steuerpflichtige über den Arbeitslohn bzw. die Abfindungssumme wirtschaftlich verfügen kann (vgl. BFH BStBl. II 1984, Seite 480 und 1981, Seite 305; 1986, Seite 48; 1993, Seite 499 und 1998, Seite 252). Die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Gegenwert einer Lohnforderung wird regelmäßig im Zeitpunkt ihrer Einziehung durch den Gläubiger, d. h. meist in Form des Ausgleichs durch Zahlung, Scheck oder Banküberweisung erlangt. Dies kann unmittelbar nach der Fälligkeit des Anspruchs aber auch zu einem früheren Zeitpunkt oder zu einem späteren Datum, z. B. nach einer Stundungsabrede erfolgen. Ausnahmsweise kann aber auch das Stehenlassen eines entstandenen und zum alsbaldigen Ausgleich anstehenden Geldanspruchs für einen vorübergehenden Zeitraum auf einen Zufluss der geschuldeten Beträge bereits vor dem Zeitpunkt der eigentlichen Erfüllungshandlung hindeuten (vgl. Finanzgericht Baden-Württemberg, a.a.O.). In einem derartigen vorläufigen "Verzicht" auf die Einziehung der Forderung kann die wirtschaftliche Verfügung über den Erfüllungsanspruch durch den Gläubiger jedenfalls dann zum Ausdruck kommen, wenn der Vertragspartner des Gläubigers keinen Anlass für die zeitliche Verzögerung des Forderungsausgleichs gegeben hat, die zeitliche Verlagerung der Einziehung der Forderung, also ausschließlich im Interesse des Inhabers des Anspruchs erfolgt ist (Finanzgericht Baden-Württemberg, a.a.O.).

Durch den Vergleich war der Kläger bereits für eine längere Zeit von der Arbeit freigestellt. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.12.2003 beendet. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 2 AZR 630/03 vom 15.07.2004) ist die Erwähnung der Regelung des § 3 Nr. 9 EStG und der §§ 9 und 10 KSchG ein Indiz dafür, dass die Fälligkeit der Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen soll. Die Beklagte hatte zudem kein Interesse die endgültige Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die abschließende Abrechnung nicht mit der letzten Gehaltsabrechnung durchzuführen, sondern sie hat ausdrücklich auch wegen der steuerrechtlichen Fragen sich verpflichtet gesehen, das Arbeitsverhältnis im Jahre 2003 auch "abrechnungstechnisch" abzuschließen. Aus diesem Grund hätte eine Verschiebung der Zahlung der Abfindung auf das Jahr 2004 genau die Voraussetzungen erfüllt, die das Finanzgericht Baden-Württemberg - aus Sicht der Kammer zu Recht - als steuerrechtlich unerheblich angesehen hat. Der Zufluss war deshalb wegen des allein aus steuerrechtlichen Gründen erfolgten Verzichts der Zahlung im Jahre 2003 auch für dieses Jahr anzunehmen.

Selbst wenn also die Beklagte dem vom Ziel Steuern zu sparen gelegenen Wunsche des Klägers gefolgt wäre, hätte der Kläger den gesamten Abfindungsbetrag im Jahre 2003 versteuern müssen. Aus diesem Grunde ist ein Schaden nicht entstanden.

Ergänzend wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven verwiesen.

Nach allem hatte die Berufung keinen Erfolg.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Wegen der Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben, wird auf § 72 a ArbGG hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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