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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Urteil verkündet am 30.03.2006
Aktenzeichen: 3 Sa 204/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a
BGB § 134
1. Der Betriebserwerber kann gem. § 613 Abs. 1 Satz 2 BGB zum Inhalt des Arbeitsverhältnis gewordene Rechtsnormen eines Tarifvertrages und einer Betriebsvereinbarung auch dann nicht zuungunsten des Arbeitnehmers durch einen Arbeitsvertrag abändern, wenn die Verschlechterungen durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind.

2. Trotz der insoweit missverständlichen Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 18.08.2005 - Az.: 8 AZR 523/04 - besteht diese Möglichkeit, Arbeitsverträge mit verschlechternden Bedingungen abzuschließen, nur, wenn es sich um freiwillige Leistungen des Betriebsveräußerers handelt, die abgeändert werden.

3. Ein Arbeitsvertrag, der gegen das Abänderungsverbot verstößt, ist nichtig, § 134 BGB.


Landesarbeitsgericht Bremen Im Namen des Volkes

Aktenzeichen: 3 Sa 204/05

Verkündet am: 30.03.2006

In dem Berufungsverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Bremen - Dritte Kammer - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. März 2006 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 12.05.2005 - Az.: 1 Ca 1586/04 - wird auf ihre Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien haben in der ersten Instanz darüber gestritten, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege eines Teilbetriebsübergangs des D. auf die Beklagte übergegangen ist. Dieser Teilbetriebsübergang ist in der Berufungsinstanz unstreitig.

Streitig ist, ob die Bedingungen des von der Beklagten mit dem Kläger abgeschlossenen Arbeitsvertrages, die eine Verschlechterung gegenüber den Bedingungen, die bei dem Betriebsveräußerer, der F. K. GmbH, galten, beinhalten sowie die Bestimmungen aus der kollektivrechtlichen Überleitungs- und Betriebsvereinbarung, die zwischen dem Betriebsrat des Betriebsveräußerers und dem Betriebsübernehmer abgeschlossen wurden, Geltung haben oder ob die Bestimmungen des Arbeitsvertrages, den der Kläger mit dem Betriebsveräußerer abgeschlossen hatte und die im Betrieb des Betriebsveräußerers anwendbaren Tarifverträge weiterhin Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind.

Der Kläger war seit dem 04.06.1975 bei der F. K. GmbH zunächst als Auszubildender, zuletzt zu einem Stundenlohn nach Tarifgruppe 9 von € 12,93 zuzüglich einer Standortprämie in Höhe von € 3,87 und einer AT-Zulage von € 1,23 sowie einer monatlichen Arbeitsverpflichtung von 152,25 beschäftigt. Er war dem Teilbetrieb D. zugeordnet. Der Kläger ist Mitglied der IG Metall, auf sein Arbeitsverhältnis waren die im Betrieb des Betriebsveräußerers geltenden Tarifverträge anwendbar.

Zwischen der F. K. GmbH und der IG Metall existierte ein Anerkennungstarifvertrag, mit dem die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Anerkennungstarifvertrages geltenden Tarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer, Angestellte und Auszubildende der Metallindustrie des Unterwesergebiets Bestandteile des Anerkennungstarifvertrages wurden. § 4 und 5 des Anerkennungstarifvertrages haben folgenden Wortlaut:

"§ 4

Die in Bezug genommenen Tarifverträge gelten in der jeweils gültigen Fassung und mit jeweils gültigen Rechtsstatus.

§ 5

1. Dieser Tarifvertrag tritt zum 01. März 1999 in Kraft.

2. Dieser Tarifvertrag kann mit einer Frist von 3 Monaten, erstmals zum 31. Dezember 1999, gekündigt werden."

Im Übrigen wird auf Bl. 10 bis 12 d. A. wegen des weiteren Inhalts verwiesen.

Über das Vermögen der F. K. GmbH wurde am 30.05.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Herr Rechtsanwalt H. bestellt.

Der Betriebsrat der in vorläufiger Insolvenz befindlichen F. K. GmbH und die Betriebsübernehmerin, die jetzige Beklagte, schlossen am 18. Mai 2004 eine "kollektivrechtliche Überleitungs- und Betriebsvereinbarung", wegen deren Inhalt auf Bl. 41 bis 46 d. A. verwiesen wird.

Der Kläger unterzeichnete mit Wirkung zum 01.06.2004 einen Arbeitsvertrag mit der beklagten Betriebsübernehmerin. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 5 bis 7 d. A. verwiesen. Dieser Vertrag beinhaltet u.a. eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden bei Beibehaltung des ursprünglichen Lohns für 35 Stunden sowie die Regelung, dass Sonderzahlungen freiwillig erfolgen.

Die Beklagte führte, wie in der Berufungsinstanz unstreitig wurde, den Teilbetrieb D. der F. K. GmbH zunächst fort. Sie hat die in Blatt 82 bezeichneten Maschinen übernommen und die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer Bl. 84 bis 85 fortgeführt. Ob sie darüber hinaus weitere Maschinen gemäß Anlagenverzeichnis Bl. 81 d. A. übernommen hat, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig benutzt sie die Krane, die auch die Firma K. GmbH benutzt hat, weiter. Streitig ist allein, ob diese Krane gekauft wurden oder von der F. K. GmbH gemietet wurden. Unstreitig wurde die unter Ziffer 1 des genannten Anlagenverzeichnisses genannte Maschine erworben, jedoch nach Behauptung der Beklagten mit dem Ziel, sie an die U. GmbH in B. weiterzuverkaufen. Die Beklagte hatte mit den Kunden der F. K. GmbH Kontakt soweit diese neue Verträge abschlossen. Diese enthielten neue Lieferzeiten und auch neue Preise. 80 % der Kunden haben nach Behauptung der Beklagten die Erhöhungen der Preise akzeptiert. Nach Auffassung des Klägers waren es 100 %.

Inzwischen ist der Betrieb der Beklagten zum 30.09.2005 geschlossen worden und ins Ausland verlagert.

Der Kläger hat bei der Beklagten im Monat 174 Stunden bei einer 40-Stunden-Woche gearbeitet und hierfür € 2.745,06 erhalten. Den gleichen Monatslohn erhielt er von der Betriebsveräußerin bei 152,25 Stunden. Aus dem von Beklagten gezahlten Gesamtlohn ergibt sich ein Stundenlohn in Höhe von - unstreitig - € 15,78. Für die Monate Juni bis einschließlich Ende Oktober berechnet der Kläger sich eine - unstreitige - Lohndifferenz von 5 x 174 Stunden x € 2,25 = € 1.957,50. Ferner macht der Kläger ein Urlaubsgeld in Höhe von 50 % bezogen auf arbeitstäglich sieben Stunden zu einem Stundenlohn von 18,03 = 68,11 € x 12 Tage (Urlaub, den er im August genommen hat) = € 757,32 geltend. Auch diese Berechnung ist unstreitig. Insgesamt ergibt sich damit der Klagbetrag von € 2.714,82. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Forderungen mit Schreiben vom 30.06.2004 der Beklagten gegenüber geltend gemacht. Die Klage ging am 13. November 2004 beim Arbeitsgericht Bremen ein. Mit Klagerweiterung vom 09.05.2005 macht der Kläger das tarifliche Weihnachtsgeld 2004 in Höhe von € 1.510,00 abzüglich gezahlter € 200,00 geltend. Ferner klagt er für die Monate September 2004 bis April 2005 die monatliche Lohndifferenz in Höhe von € 391,50, die sich aus der Differenz von 40 zu 35 Stunden pro Woche ergeben, mit einem Gesamtbetrag von € 3.132,00 ein, wobei die Berechnung des Betrages nicht bestritten wurde.

Der Kläger hat in erster Instanz vorgetragen,

den Mitarbeitern sei vor Unterzeichnung der Arbeitsverträge auf einer Betriebsversammlung des Bereichs D. von dem Geschäftsführer der Beklagten sowie dem Insolvenzverwalter mitgeteilt worden, dass sie durch den Insolvenzverwalter gekündigt würden, wenn sie den neuen Vertrag nicht unterschreiben würden.

Aus dem D. seien nur zwei Arbeitnehmer von der Beklagten nicht übernommen worden. Diese seien in die Transfergesellschaft gewechselt. Ein sachlicher Grund für die Verschlechterung der Vertragsbedingungen liege nicht vor. Es werde bestritten, dass der Betrieb aus sich heraus nicht sanierungsfähig gewesen sei. Die Beklagte hatte im Rahmen der Übernahmeverhandlung eine tarifvertragliche Weitergeltung der Arbeitsbedingungen nicht akzeptieren wollen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 6.373,82 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkt über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus € 2.714,82 seit dem 19.11.2004 sowie auf € 3.659,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 12.05.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien gelte mit Wirkung vom 01.06.2004 ein neuer Arbeitsvertrag, der die Arbeitsbedingungen wirksam abgeändert habe. Die Regelung des Anerkennungstarifvertrages fänden auf den Kläger keine Anwendung. Die Veränderungssperre des § 613 a BGB stünde der Änderung der Arbeitsbedingungen nicht entgegen, da diese Änderungen durch sachliche Gründe gerechtfertigt seien. Die Sanierung des Betriebsbereichs D. sei ohne eine Reduzierung der Arbeitskosten nicht möglich gewesen. Das in Auftrag gegebene Sanierungskonzept der Firma P. W. C. - C. F. Beratung GmbH enthalte eine Planungsrechnung für die Zeit vom 01.06.2004 bis 31.12.2005, die habe umgesetzt werden müssen und die Maßgabe für den Eintritt des Investors in die Übernahmeverhandlung mit den finanzierenden Banken gewesen sei. Dieses Sanierungskonzept habe ausdrücklich die Erhöhung der 35-Stunden-Woche auf eine 40-Stunden-Woche ohne Lohn- und Gehaltsausgleich und einen Verzicht auf garantiertes Weihnachts- und Urlaubsgeld vorgesehen. Der F. K. GmbH seien sämtliche Kreditlinien und Devisentermingeschäfte für laufende Aufträge gekündigt worden. Die Kostensituation im Bereich des Personals sei nicht kostendeckend für die bestehende Auftragsabwicklung gewesen. Das vorläufige Jahresergebnis für das Jahr 2004 habe einen Verlust in Höhe von ca. € 600.000,00 ausgewiesen. Darüber hinaus stünde der vom Kläger behaupteten Nichtigkeit des Arbeitsvertrages der Firmentarifvertrag entgegen. Dieser sehe eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit von drei Monaten vor. Nach Teilbetriebsübergang besäße der Erwerber nicht mehr die Möglichkeit den Tarifvertrag zu kündigen, so dass die Arbeitsbedingungen entgegen der Kündigungsmöglichkeit des Tarifvertrages fortgesetzt werden müssten. Die Arbeitsbedingungen würden also spätestens zum 01.09.2004 wirksam geändert werden können. Die Geltendmachung der Ansprüche verstoße auch gegen Treu und Glauben. Der Kläger selbst habe als Mitglied des Betriebsrats an den Sanierungsverhandlungen teilgenommen. Er habe sich ebenso wie der gesamte Betriebsrat mit den in diesem Verfahren streitigen Änderungen einverstanden erklärt. Eine kollektivrechtliche Überleitungs- und Betriebsvereinbarung vom 18.05.2004 habe u.a. die wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden geregelt und enthalte Regelungen über die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat am 12.05.2005 das folgende Urteil verkündet:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 6.373,92 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf € 2.714,82 seit dem 19.11.2004 zu zahlen sowie auf € 3.659,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 12.05.2005 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf 6.373,82 € festgesetzt.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wegen der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 142 ff. d. A. verwiesen.

Dieses Urteil wurde der Beklagten am 9. August 2005 zugestellt. Die Beklagte hat mit einem am 8. September 2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.11.2005 mit einem an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte bestreitet in der Berufungsinstanz nicht mehr den Teilbetriebsübergang und greift das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven insoweit nicht an.

Die Beklagte kritisiert, dass das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven darauf fuße, dass das Vorliegen eines sachlichen Grundes für eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen des Klägers nichts ausreichend substantiiert dargestellt worden sei. Die Finanzierung des Erwerbs des D. durch die kreditgebenden Banken habe unter dem Vorbehalt einer Reduzierung der Arbeitskosten gestanden. Die finanzierenden Banken hätten den Erwerb des D. nur unter der Bedingung finanziert, dass die Kostenänderungen im Bereich Personal durch Erhöhung der bisher geltenden 35-Stunden-Woche auf eine 40-Stunden-Woche ohne Lohn- und Gehaltsausgleich und Verzicht auf bisher garantiertes Weihnachts- und Urlaubsgeld nach dem Erwerb unmittelbar umgesetzt werden. Dieser Vortrag sei in erster Instanz bereits erfolgt. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht keinen Hinweis gegeben, dass es den Vortrag für nicht ausreichend substantiiert ansehe. Es sei wegen des Bankenvorbehalts unerheblich gewesen, welche weiteren Einsparmaßnahmen die Beklagte hätte treffen können. Im Übrigen bezwecke § 613 a Abs. 1 BGB keine Besserstellung des Klägers. Die Umstände zum Zeitpunkt des Unternehmensteilerwerbs zum 01.07.2004 und nicht eine von der Klägerseite behauptete Drohung hätten unmittelbar einen Nachteil für den Kläger dargestellt, nämlich die bevorstehende Stilllegung seines Arbeitsbereichs. Nur durch den Erwerb des Investors sei der Arbeitsplatz erhalten geblieben. Die anlässlich des Erwerbs von beiden Arbeitsvertragsparteien vorgenommene Vertragsänderung stelle ein Mehr gegenüber den vom BAG für zulässig erachteten Kündigungen auf Erwerberkonzept dar, da infolge der jeweiligen Änderungsvereinbarung keine Arbeitsplätze - weder von tarifgebundenen noch von nichttarifgebundenen Arbeitnehmern - verloren gegangen seien.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 12.05.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil mit Rechtsausführungen und bestreitet, dass ein sachlicher Grund für die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen vorgelegen habe. Es möge zwar möglich sein, dass die Banken sich gewünscht hätten, dass der Betriebsteil D. mit möglichst geringen Löhnen und möglichst geringen zusätzlichen Sozialleistungen übernommen werde. Allen Beteiligten sei aber bereits bei Abschluss der kollektivrechtlichen Überleitungs- und Betriebsvereinbarung vom 18.05.2004 klar gewesen, dass diese Vereinbarung unwirksam sein würde. Der Kläger bestreitet weiter, dass die Banken irgendwelche Finanzierungszusagen unabdingbar daran geknüpft haben, dass die Durchsetzung der 40-Stunden-Woche ohne Lohn- und Gehaltsausgleich und die Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld umgesetzt werde.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, insbesondere die Berufungsbegründungs- und die Berufungserwiderungsschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers war im Hinblick auf den in erster Instanz festgesetzten Streitwert, der dem Beschwerdewert entspricht, statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit insgesamt zulässig.

II.

Die Berufung hatte in der Sache keinen Erfolg.

1. a) In der Berufungsinstanz ist der Teilbetriebsübergang des D. nicht mehr streitig. Die Berufungsbegründung greift das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven insoweit nicht an.

b) Im Übrigen folgt die Kammer insoweit dem erstinstanzlichen Urteil und sieht von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 69 Abs. 2 ArbGG.

2. Die Berufungsbegründung nimmt den in erster Instanz erfolgten Vortrag zu Treuwidrigkeit der Geltendmachung der Forderung in diesem Rechtsstreit nicht wieder auf. Das Arbeitsgericht hatte einen Verstoß gegen § 242 BGB ausdrücklich abgelehnt. Die Kammer geht davon aus, dass der erstinstanzliche Vortrag nicht in der Berufungsinstanz aufrechterhalten werden soll. Im Übrigen folgt sie den Ausführungen des Arbeitsgerichts, § 69 Abs. 2 ArbGG.

3. Die bei der in die Insolvenz gefallenen Firma F. K. GmbH bestehenden Tarifverträge galten auch bei der Beklagten gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB weiter. Die Voraussetzungen des § 613 a Abs. 1 Satz 4 BGB liegen nicht vor. Deshalb sind sowohl die kollektivrechtliche Vereinbarung vom 18.05.2004 als auch der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag nichtig, soweit sie vom Tarifvertrag abweichende Regelungen über Vergütungen einschließlich Sondervergütungen und Arbeitszeit enthalten. Die im Anerkennungstarifvertrag der Firma F. K. GmbH in Bezug genommenen Tarifverträge, die arbeitsvertraglicher Bestandteil waren, galten auch bei der Beklagten weiter.

a) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein (§ 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB). Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrages oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden (§ 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB). Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnorm eines anderen Tarifvertrages oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden (§ 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB). Die Fortgeltungsanordnung des Abs. 1 Satz 2 erfasst Rechtsnormen aus Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen unabhängig davon, ob es sich um einen Verbands- oder Firmentarifvertrag, um Einzel-, Gesamt- oder Konzernbetriebsvereinbarungen handelt (vgl. ErfK/Preis, § 613 a BGB, Rdziff. 99; HWK/Willemsen/Müller-Bonanni, § 613 a BGB, Rdziff. 263). Allerdings muss die Rechtsnorm im Zeitpunkt des Betriebsübergangs für das Arbeitsverhältnis als Kollektivrecht gegolten haben. Es muss sich um Rechtsnormen handeln, die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis regeln. Abs. 1 Satz 2 erfasst demnach in erster Linie Inhaltsnormen, also diejenigen Bestimmungen, die unmittelbar die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien regeln (HWK/Willemsen/Müller-Bonanni, a.a.O., Rdziff. 264; Kittner/Däubler/Zwanziger, KSchG, § 613 a BGB, Rdziff. 61 ff.).

b) Der Anerkennungstarifvertrag, der zwischen IG Metall und der Firma F. K. GmbH abgeschlossen wurde, beinhaltet den Manteltarifvertrag, den Lohnrahmentarifvertrag, den Gehaltsrahmentarifvertrag, den Lohntarifvertrag, den Gehaltstarifvertrag, den Tarifvertrag über Monatslohn, den Tarifvertrag über betriebliche Sonderzahlungen und weitere Tarifverträge. In diesen Tarifverträgen sind Bestimmungen über die Arbeitszeit und über Lohnhöhe sowie die Zahlung von Sonderzahlungen geregelt. Es kann kein Zweifel bestehen, dass die Tarifverträge auch zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bei der Beklagten dieses Rechtsstreits, der Betriebsübernehmerin, grundsätzlich weiter galten.

c) Unterschiedliche Auffassungen bestehen bei den Parteien darüber, ob Kollektivvereinbarung und Arbeitsvertrag die tarifvertraglichen Bestimmungen wegen des nach Meinung der Beklagten vorliegenden Sanierungsfalles und des Sanierungsgutachtens der Firma P. W. C. - C. F. Beratung GmbH sowie der nach Behauptung der Beklagten von der Sanierung abhängenden Kreditzusagen der Banken abändern durften.

Die Kammer unterstellt dabei die Richtigkeit der Behauptungen der Beklagten zum Sanierungsfall, zu dem Inhalt des Gutachtens und zu der bedingten Bankenzusage.

Gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB konnten diese Tarifverträge jedoch ohne Zustimmung der Tarifvertragsparteien, die unstreitig nicht vorliegt, nicht geändert werden.

aa) Die einjährige Veränderungssperre des Abs. 1 Satz 2 des § 613 a BGB bezieht sich auf aufrechterhaltene Regelungen aus Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag. Es kommt nicht darauf an, ob - wie im vorliegenden Fall - durch Arbeitsvertrag geänderte Arbeitsbedingungen durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sind. Diese Einschränkung hat das BAG lediglich für die Fälle gemacht, die unter § 613 a Abs. 1 Satz 1 zu subsumieren sind.

In der Entscheidung BAG AP Nr. 4 zu § 613 a BGB heißt es: "Gegen die Wirksamkeit eines solchen Lohnverzichts bestehen unter den hier gegebenen Umständen keine Bedenken". Die Beklagte selbst hätte eine ähnliche Vereinbarung mit dem Kläger treffen können, da zwingendes Tarifrecht ersichtlich nicht im Wege stand. In der Entscheidung BAG AP Nr. 5 zu § 613 a BGB heißt es: "Vereinbarungen des vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer mit dem Erwerber über einzelne Arbeitsbedingungen sind nicht schlechthin ausgeschlossen. Zumindest wenn ein sachlicher Grund vorliegt, kann der Arbeitnehmer wirksam auf betriebliche Sozialleistungen verzichten, auf deren Gewährung er keinen gesetzlichen oder tariflichen Anspruch hatte, die vielmehr nur auf einer freiwillig eingegangenen Zusage des früheren Arbeitgebers beruhen". Und in der ebenfalls von der Beklagten zitierten Entscheidung BAG AP Nr. 18 zu § 613 a BGB heißt es: "Ein solcher Verzicht auf freiwillige Sozialleistungen ist nach der überzeugenden Rechtsprechung des 5. Senats des BAGs nicht ausgeschlossen (AP Nr. 5 zu § 613 a BGB zu 2 c der Gründe)".

Auch die Literatur folgt dieser Auffassung (vgl. APS/Steffan, 2. Aufl., § 613 a BGB, Rdziff. 128; Staudinger/Georg Annuß, § 613 a BGB, Rdziff. 33; ErfK/Preis, 6. Aufl., § 613 a BB, Rdziff. 115; Ermann/S. Edenfeld, 11. Aufl., § 613 a BGB, Rdziff. 82 ff.; KDZ, 6. Aufl., § 613 a BGB, Rdziff. 68).

Vor Ablauf des Änderungsverbots ist jedes auf eine Änderung gerichtete individualvertragliche Rechtsgeschäft unwirksam. Dies gilt auch für Aufhebungs- oder Änderungsverträge (vgl. KR-Pfeiffer, 7. Aufl., § 613 a BGB, Rdziff. 162).

bb) Nun regelt allerdings § 613 a Abs. 1 Satz 4 BGB zwei Fälle, in denen einzelvertraglich schon vor Ablauf der Jahresfrist des Abs. 1 Satz 2 die nach dem Betriebsübergang ins Arbeitsverhältnis transformierte Kollektivnorm zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden dürfen.

Dabei enthält die in der ersten Alternative getroffene Regelung etwas Selbstverständliches. Durch einen Betriebsübergang können die auf Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung beruhenden Rechte eines Arbeitnehmers nicht stärker werden als sie es ohne Betriebsübergang wären. Auch ohne Rückgriff auf Satz 4 erste Alternative können deshalb Inhaltsnormen eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung, die bei Betriebsübergang gemäß § 4 Abs. 5 TVG, § 77 Abs. 6 BetrVG nur noch nachwirken oder diese Wirkung später erhalten, jederzeit durch Arbeitsvertrag frei abgeändert werden. Das gilt auch für solche Tarifnormen, die im Einklang mit § 4 Abs. 3 TVG ausdrücklich eine abweichende Abmachung zu Gunsten des tarifgebundenen Arbeitnehmers zulassen (vgl. Ermann/S. Edenfeld, a.a.O., § 613 a, Rdziff. 93). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Die Regelungen in Satz 4 Alternative 2 des § 613 a BGB ermöglichen es dem neuen Betriebsinhaber den für ihn kraft Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1 TVG oder kraft einzelvertraglicher Abrede mit seinen vorhandenen Arbeitnehmern geltenden Tarifvertrag auch mit dem übernommenen Arbeitnehmern zu vereinbaren. Auch diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Änderungsvertrag hält keine entsprechenden Vereinbarungen; bei dem Betriebsübernehmer bestanden zudem keine anderen Tarifverträge.

cc) Die von der Beklagten erwähnte theoretische Kündigungsmöglichkeit des Tarifvertrags durch den Betriebsveräußerer hilft der Beklagten ebenfalls nicht weiter.

In der Literatur wird insoweit diskutiert, ob diese Kündigungsmöglichkeit, die der alte Vertragspartner, der Betriebsveräußerer, gehabt hätte, dem neuen Arbeitgeber, dem Betriebsübernehmer, ein Kündigungsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerschaft ermöglicht (vgl. Staudinger/Annuß, Dienstvertragsrecht 1, 2005, § 613 a BGB, Rdziff. 268 ff.; Hanau/Vossen, Festschrift Hilger/Stumpf, Seite 271 (284); Kreft in Festschrift für Wissmann, Seite 347 (356).

Weder dem Kläger gegenüber noch der Arbeitnehmerschaft insgesamt gegenüber (vgl. dazu insbesondere Staudinger/Annuß, a.a.O., Rdziff. 272) ist jedoch eine solche Kündigung erfolgt. Die eventuell theoretisch bestehende Kündigungsmöglichkeit führt nicht dazu, dass "automatisch" nach Ablauf der möglichen Kündigungsfrist der Tarifvertrag außer Kraft tritt.

dd) In der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer hat die Beklagte die Auffassung vertreten, aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. August 2005 - 8 AZR 523/04 - ergäbe sich, dass derartige Abänderungsverträge zulässig seien. Das Bundesarbeitsgericht hat in dieser Entscheidung allerdings darauf hingewiesen, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung ein Aufhebungsvertrag im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang gemäß § 134 BGB nichtig sein kann, wenn er objektiv der Umgehung der zwingenden Rechtsfolgen des § 613 a BGB dient. Verboten sind, so das BAG, "auch Aufhebungsverträge aus Anlass des Betriebsübergangs, wenn sie vom Betriebsveräußerer oder -erwerber allein deshalb veranlasst werden, um dem bestehenden Kündigungsverbot auszuweichen. Unwirksam sind darüber hinaus Vertragsgestaltungen deren objektive Zielsetzung in der Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes besteht." Hiervon zu unterscheiden, so das BAG, seien lediglich Vereinbarungen, die zwischen dem Arbeitnehmer und dem alten oder neuen Betriebsinhaber geschlossen werden und auf ein endgültiges Ausscheidens des Arbeitsnehmers aus dem Betrieb gerichtet sind. Solche Verträge seien wirksam. Damit, so das BAG, trage die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung, dass der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber widersprechen und damit den Eintritt der Rechtsfolgen des § 613 a BGB verhindern könne.

Für rein inhaltsändernde Abreden im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang verlangt die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, so wird weiter ausgeführt - und darauf dürfte sich der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung beziehen -, "dagegen das Vorliegen eines sachlichen Grundes. Begründet wird dies mit der den beteiligten Arbeitnehmern typischerweise fehlenden erforderlichen rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit". Die Arbeitnehmer seien in derartigen Fällen häufig vor die Alternative gestellt, entweder eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen hinzunehmen oder den Arbeitsplatz ganz zu verlieren (vgl. BAG a.a.O.).

Die Kammer setzt sich mit ihrer Rechtsauffassung nicht in Widerspruch zu diesen als obiter dictum anzusehenden, da für die Entscheidung des Rechtsstreits völlig unerheblichen Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts. Das Bundesarbeitsgericht hat nämlich ganz offensichtlich nur Verschlechterungen freiwilliger Leistungen, die nicht auf Tarifvertrag beruhen, als aus sachlichen Gründen einvernehmlich veränderbar gemeint. Dies ergibt sich zum einen aus dem Zitat KR-Pfeiffer, Rdnr. 102 zu § 613 a BGB mit weiteren Nachweisen, in dem ausdrücklich auf "freiwillig begründete betriebliche Sonderzahlungen" unter Hinweis auf die zitierte Rechtsprechung abgestellt wird. Und in der vom Bundesarbeitsgericht zitierten Entscheidung BAG AP Nr. 14 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung wird ausdrücklich auf die engen Voraussetzungen, mit denen Betriebserwerber Arbeitsverträge mit ungünstigeren Bedingungen abschließen können, sofern die Einschränkungen durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind, auf die Entscheidung AP Nr. 4 zu § 613 a BGB und AP Nr. 5 zu § 613 a BGB sowie die Entscheidung BAG AP Nr. 13 zu 613 a BGB verwiesen. Alle diese Entscheidungen behandeln den Verzicht auf "freiwillige Sozialleistungen". Von freiwilligen Sozialleistungen kann allerdings keine Rede sein, wenn diese durch Tarifverträge geregelt sind und damit unter § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB fallen, wie im zu entscheidenden Fall.

Der zwischen den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag, der die Arbeitszeit auf 40 Stunden anhebt, eine Vergütung festlegt, die Freiwilligkeit der Sozialleistungen vereinbart und weitere Inhaltsbestimmungen enthält, die in dem Anerkennungstarifvertrag bzw. in den in Bezug genommenen Tarifverträgen geregelt waren, ist demnach nichtig. Das gleiche gilt für die kollektivrechtliche Vereinbarung, sofern man davon ausgeht, dass sie überhaupt neben dem Arbeitsvertrag eine eigenständige Regelung enthält. Sie konnte keine im Betrieb des Betriebsübernehmers bestehende Betriebsvereinbarung ersetzen, da es eine solche dort nicht gab; sie ist damit aber keine "andere" Betriebsvereinbarung im Sinne von § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB. Es galten mithin der "alte Arbeitsvertrag" und der in Bezug genommene Tarifvertrag des Betriebsveräußerers fort. Diese Vereinbarung der tarifvertraglichen Leistungen und Arbeitsverpflichtungen (Umfang) hat deshalb weiter Gültigkeit.

4. Die Errechnung der Differenz zwischen dem Gehalt, das der Kläger auf Grund seines alten Arbeitsvertrages und damit der in Bezug genommenen originär geltenden Tarifverträge erhalten hätte und dem Gehalt, das er bei der Beklagten bezogen hat, ist unstreitig. Die entsprechenden Beträge stehen dem Kläger wegen der Nichtigkeit des Änderungsvertrages zu. Der Klage ist im Ergebnis zu Recht stattgegeben worden.

Die Berufung hatte mithin keinen Erfolg.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Wegen der Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben, wird auf § 72 a ArbGG hingewiesen.



Ende der Entscheidung

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