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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Urteil verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: 3 Sa 83/02
Rechtsgebiete: BGB, BBiG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 611
BBiG § 10
BBiG § 19
ArbGG § 72 a
ZPO § 91
1. Der Abschluss sog. Einfühlungsverhältnisse - einer unbezahlten Kennenlernphase zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber - ist zulässig.

2. Streiten die Parteien über den Inhalt ihrer vertraglichen Abmachungen, spricht sowohl die - unstreitige - Vereinbarung eines Tätigwerdens des Arbeitnehmers für 4 Tage im Betrieb des Arbeitgebers als auch die - unstreitige - Tatsache, dass der Arbeitnehmer die Frage der Bezahlung erst nach Beendigung der Tätigkeitsphase angesprochen hat, für den Abschluss eines - unbezahlten - Einfühlungsverhältnisses und gegen die Vereinbarung eines - bezahlten - Probearbeits-, Praktikums- oder Volontärverhältnisses.

Der Arbeitnehmer trägt dann die Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung, es sei eine Bezahlung des Einfühlungsverhältnisses vereinbart worden.

3. Die Kammer neigt zu der Auffassung, dass während kurzer Einfühlungsverhältnisse Arbeitnehmer keinen Lohn-/Gehaltsanspruch erwerben, und zwar auch dann nicht, wenn sie während des Einfühlungsverhältnisses für den Arbeitgeber verwertbare bzw. nützliche Tätigkeiten verrichten (gegen LAG Hamm, LAGE Nr. 2 zu § 611 BGB Probearbeitsverhältnis).


Landesarbeitsgericht Bremen Im Namen des Volkes

Aktenzeichen: 3 Sa 83/02

Verkündet am: 25. Juli 2002

In dem Berufungsverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Bremen - Dritte Kammer - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2002 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 24.01.2002 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger für eine Tätigkeit bei der Beklagten in der Zeit vom 14.08.2001 bis 17.08.2001 eine Vergütung zusteht.

Der am 01.12.1974 geborene Kläger ist gelernter Fotolaborant. Im Juli 2001 bewarb sich der Kläger auf eine bei der Beklagten zu besetzende Stelle, auf die er durch das Arbeitsamt aufmerksam geworden war.

Am 02.08.2001 fand ein Vorstellungsgespräch statt, über dessen Inhalt die Parteien streiten.

Unstreitig wurde der Kläger in dem Zeitraum vom 14. bis 17.08.2001 in den Betriebsablauf eingewiesen, führte zusammen mit dem Auszubildenden sowie einer Aushilfe - zum Teil auch mit der Geschäftsführerin Frau N. - Fotovergrößerungsarbeiten, das Scannen von Negativen sowie Übungen am Computer durch.

Zu einer Einstellung des Klägers kam es nicht.

Mit seiner Klage macht der Kläger die Vergütung von 26 Stunden á DM 15,00 geltend.

Der Kläger hat in erster Instanz vorgetragen:

In dem persönlichen Vorstellungsgespräch sei eine Probe-/Praktikumswoche zum Feststellen seiner Fertigkeiten vom 14.08.2001 bis 17.08.2001 mit Frau N. vereinbart worden. Eine Festeinstellung bei vollem Kenntnisstand der benötigten Fotoprogramme zu einem Gehalt von DM 3.200,00 brutto sei ihm in Aussicht gestellt worden.

Seine Tätigkeiten in der Zeit vom 14. bis 17.08.2001 hat der Kläger wie folgt dargestellt:

"Di. 14. Aug. 2001 Arbeitsbeginn 08:30 Uhr Arbeitsende 18:00 Uhr - Einweisung Betriebsablauf - Fotovergrößerung mit AZUBI (A. ) Fotograph

Mi. 15. Aug. 2001 Arbeitsbeginn 08:30 Uhr Arbeitsende 18:00 Uhr - Scannen von Negativen

Do. 16. Aug. 2001 Arbeitsbeginn 08:30 Uhr Arbeitsende 18:00 Uhr - Fotovergrößerungen mit Aushilfe - Scannen von Negativen

Fr. 17. Aug. 2001 Arbeitsbeginn 08:30 Uhr Arbeitsende 18:00 Uhr - Übungen am Computer - Scannen von Negativen - Gespräch mit Frau N. Möchte mich übernehmen Bedenkzeit bis Di. 21. Aug. 2001 18:00 Uhr"

Die weiteren Gespräche über eine Festanstellung hat der Kläger in erster Instanz wie folgt vorgetragen:

"Die. 21. Aug. 2001 18:00 Uhr Gespräch mit Frau N. über Gehaltsvorstellung

Meine Variante 1. 1/2 Jahr (Einarbeitungs-Jahr) 2.600,00 DM brutto danach 3.200,00 DM brutto Festvertrag Richtwerte durch Ermittlung beim Arbeitsamt Letztes Lehrjahr AZUBI ca. 17,73 DM Std. brutto Lehrgruppe 5 (Fotobereich Labor)

Variante von Frau N. 1. 1/2 Jahr Unentgeltlich mit der Begründung ("Sie bekommen ja noch die Übergangsgebürnisse von der Bundeswehr und danach erhalten Sie ja Arbeitslosengeld, oder?) danach 2.800,00 DM mit einer monatlichen Erhöhung von 100,00 DM bis zur Endsumme von 3.200,00 DM brutto Festvertrag

Kurzfristige Bedenkzeit eingeräumt.

Mi. 22. Aug. 2001 gegen Mittag Anruf von Frau N. Sie hat gefragt, ob wir gestern in brutto oder in netto verhandelt hätten Absage der Stelle meinerseits Auf Frage von mir, ob ich für die 4 Tage eine Bezahlung bekomme antwortete Frau N. : "Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich Sie nicht zu dieser Woche eingeladen"

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, € 276,10 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 23.08.2001 an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

sowie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Berufung zuzulassen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Da der Kläger keine einschlägigen beruflichen Erfahrungen mit der Medientechnik gehabt habe, sei mit der Geschäftsführerin der Beklagten am 02.08.2001 vereinbart worden, dass er für zwei bis drei Tage sich einmal im Betrieb die Arbeit ansehen könne. Der Kläger habe hierbei keinerlei Verpflichtungen zu erfüllen gehabt. Er habe jederzeit kommen und gehen können, ohne dass dies irgendwelche Folgen gehabt hätte. Der Beklagten sei auch nicht bekannt, wie lange der Kläger tatsächlich sich in dem Unternehmen aufgehalten habe. Nicht nur die Beklagte habe ein Interesse daran gehabt festzustellen, ob sich der Kläger für die Arbeiten als Fotomedienlaborant eignen würde. Auch der Kläger habe wissen wollen, ob und in welchem Umfang er seine frühere Ausbildungstätigkeit als Fotolaborant für die Arbeit mit Digitalfotografie einsetzen könne. Der Kläger habe deshalb im Wesentlichen einem Auszubildenden bzw. einer Aushilfe zugesehen und habe dann auch selbst Fotovergrößerungen gemacht. Eine Bezahlung sei nicht vereinbart worden, dieses Thema sei erst im Nachhinein angesprochen worden, was unstreitig ist.

Das Arbeitsgericht hat am 24.01.2002 das folgende Urteil verkündet:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 276,10 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 23.08.2001 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf € 276,10.

4. Die Berufung gegen dieses Urteil wird zugelassen.

5. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf Bl. 30 und 31 d. A. verwiesen.

Dieses Urteil wurde der Beklagten am 21.03.2002 zugestellt. Die Beklagte hat mit einem am 17.04.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 06.05.2002 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wendet sich mit Rechtsausführungen gegen die erstinstanzliche Entscheidung und vertritt die Auffassung, dass die Parteien allenfalls ein Einfühlungsverhältnis vereinbart hätten. Eine Anwendung der §§ 19 und 10 BBiG komme nicht in Betracht.

Der Kläger habe weiterhin nicht vorgetragen, in welchen Zeiträumen er tatsächliche Arbeitsleistungen erbracht habe und in welchen Zeiten er lediglich die betrieblichen Verhältnisse kennengelernt habe. Hierfür trage nicht die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Bremen vom 24.01.2002 aufzuheben sowie die Klage als unbegründet abzuweisen,

hilfsweise die Beklagte zur Zahlung von € 200,00 zu verurteilen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger hat sich in der Berufungsinstanz erstmals zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung mit einem Schriftsatz gemeldet. Inhaltlich hat er zur Berufung nicht Stellung genommen. Lediglich in der mündlichen Verhandlung hat er sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag bezogen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I

Die Berufung ist statthaft, da sie vom Arbeitsgericht im erstinstanzlichen Urteil zugelassen worden ist. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig.

II

In der Sache hatte die Berufung Erfolg. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, welche vertraglichen Abmachungen zwischen den Parteien für die Zeit seiner Tätigkeit bei der Beklagten vom 14.08. bis 17.08.2001 erfolgten. Er hat nicht im Einzelnen dargetan, dass er - in die betrieblichen Abläufe eingegliedert - selbstständig für die Beklagte tätig geworden ist.

1. Der Kläger trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass zwischen den Parteien in dem streitigen Zeitraum ein Arbeitsverhältnis, sei es ein Probearbeitsverhältnis, sei es ein Praktikumsverhältnis, vereinbart worden war.

Nach der Grundregel der Beweislastverteilung muss jede Partei unabhängig von ihrer prozessualen Parteistellung die bejahenden oder verneinenden Tatsachen beweisen, aus denen sie Rechte herleitet (vgl. LAG Hamm LAGE Nr. 2 zu § 611 BGB Probearbeitsverhältnis).

Der Kläger hat weder im Einzelnen die zwischen ihm und Frau N. , der Geschäftsführerin der Beklagten, am 02.08.2001 getroffenen Vereinbarungen noch die von ihm ausgeübten Tätigkeiten in der Zeit vom 14.08.2001 bis 17.08.2001 substantiiert dargelegt.

Dass insbesondere über eine Vergütung der Tätigkeit in dem genannten Zeitraum nicht gesprochen wurde, ergibt sich schon aus der eigenen Darlegung des Klägers, wenn er vorträgt, dass die Frage der Bezahlung der genannten Zeit erstmals in einem Telefongespräch nach Scheitern der Vertragsverhandlungen über seine Einstellung, das am 21.08.2001 stattgefunden hat, von ihm angesprochen worden sei. Die Geschäftsführerin Frau N. habe auf seine entsprechende Frage geantwortet: "Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich Sie nicht zu dieser Woche eingeladen."

2. Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass mit dem Kläger lediglich ein Einfühlungsverhältnis ohne Bezahlung vereinbart worden sei.

a) Der Arbeitsvertrag unterscheidet sich vom sog. Einfühlungsverhältnis, einer unbezahlten Kennenlernphase, dadurch, dass der in den Betrieb aufgenommene potentielle Arbeitnehmer keine Pflichten übernimmt, insbesondere keine Arbeitspflicht hat. Er unterliegt auch im Gegensatz zum Arbeitsvertrag nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers, sondern lediglich dessen Hausrecht. Der Zweck des Einfühlungsverhältnisses ist es, dem potentiellen Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, die betrieblichen Gegebenheiten kennen zu lernen. Das Einfühlungsverhältnis ist kein echtes Arbeitsverhältnis, sondern ein loses Rechtsverhältnis eigener Art (vgl. Personalhandbuch 2002-Bauer, Arbeitsvertrag, Rdz. 7; Preis/Kliemt, AR-Blattei, SD 1270 Probearbeitsverthältnis, Rdz. 22).

Die Kammer hält mit der überwiegenden Auffassung in der Literatur und Rechtsprechung Einfühlungsverträge für zulässig. Die Gefahr, dass auf diesem Wege zwingende Bestimmungen des Arbeitsrecht umgangen werden, besteht in der Regel nicht. Dem Mitarbeiter werden fast keine Bindungen auferlegt, er ist an keine Arbeitszeiten gebunden. Die Einfühlungsverträge bringen dem Arbeitgeber kaum Vorteile (vgl. Preis/Kliemt, a.a.O., Rdz. 24; Richardi, Münchener Handbuch für Arbeitsrecht, 3. Aufl., § 44 Rdz. 54; Freitag, Das Probearbeitsverhältnis, 2. Aufl., S. 5; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 8. Aufl., § 40 I 1; LAG Hamm, a.a.O.; LAG Köln, LAGE § 138 BGB Nr. 10).

b) Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall erfigt Folgendes:

aa) Dafür, dass die Parteien des zu entscheidenden Rechtsstreits ein sog. Einfühlungsverhältnis vereinbart haben, spricht zum einen die kurze Zeit, die der Kläger zunächst im Betrieb der Beklagten tätig war, bevor es zu ernsthaften Vertragsverhandlungen über eine Einstellung des Klägers kam. Schon aus dem stichwortartigen Vortrag des Klägers erster Instanz geht hervor, dass der Kläger lediglich in der Zeit vom 14.08.2001 bis zum 17.08.2001 bei der Beklagten tätig werden sollte.

Die Kürze der Zeit spricht insbesondere gegen die Vereinbarung eines "echten Probearbeitsverhältnisses". Sinn und Zweck des Probearbeitsverhältnisses ist es, dem Arbeitgeber wie dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, sich ein Bild über die Arbeitsstelle und den Vertragspartner zu machen. Das Probearbeitsverhältnis kann zum einen als befristetes Arbeitsverhältnis ausgestaltet sein, das nach Ablauf der Probezeit automatisch endet, falls nicht ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen wird, zum anderen kann das Probearbeitsverhältnis als vorgeschaltete Probezeit im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses vereinbart werden. Ein Probearbeitsverhältnis von vier oder fünf Tagen ist gänzlich unüblich, zumal die Kenntnisse des Arbeitnehmers in einer so kurzen Zeit vom Arbeitgeber nicht ausreichend beurteilt werden können und auch der Arbeitnehmer in einer Woche in der Regel nicht feststellen kann, ob ihm Betrieb und Arbeitsplatz zusagen.

Die kurze Zeit der Tätigkeit spricht auch gegen die Vereinbarung eines Praktikums. Praktikanten sind Personen, die sich ohne eine systematische Berufsausbildung zu absolvieren einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit und Ausbildung im Rahmen einer Gesamtausbildung unterziehen (vgl. ErfK-Schlachter, 2. Aufl., § 19 BBiG Rdz. 3). Diese Voraussetzungen liegen erkennbar nicht vor.

Auch liegt kein Volontärverhältnis vor, worunter man ein Vertragsverhältnis versteht, in dem der Volontär sich gegenüber dem Arbeitgeber als Ausbildenden zur Leistung von Diensten und dieser sich zur Ausbildung der Person verpflichtet, ohne dass mit der Ausbildung eine vollständig abgeschlossene Fachausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf beabsichtigt wäre (vgl. § 82 a HGB; ErfK-Schlachter, a.a.O., Rdz. 2). Auch insoweit hat der Kläger keinen Sachvortrag erbracht; die Kürze der Zeit spricht auch entscheidend gegen eine solche Vertragsgestaltung.

bb) Zum anderen spricht die Tatsache, dass erst nach Scheitern der Vertragsverhandlungen überhaupt eine Bezahlung für die vier Tage "Schnupperkurs" im Betrieb der Beklagten angesprochen wurde, dafür, dass zunächst beide Parteien von einem Einfühlungsverhältnis ohne Bezahlung ausgingen. Jedenfalls hat der Kläger nicht dargelegt und schon gar nicht Beweis dafür angetreten, dass eine Bezahlung für die von ihm als "Probe-/Praktikumsverhältnis" bezeichnete Tätigkeit bei der Beklagten vereinbart worden ist.

cc) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Auffassung des LAG Hamm (LAGE Nr. 2 zu § 611 BGB Probearbeitsverhältnis) gefolgt werden kann, wonach dann, wenn in einem Einfühlungsverhältnis "produktive" Arbeiten, die über einen Kennenlernen von Arbeitsplatz, Arbeitsumgebung, Arbeitsgerät hinausgehen, eine Bezahlung in Betracht kommt.

Die Kammer neigt zu der Auffassung, dass insbesondere dann, wenn es sich um sehr kurze Einfühlungsphasen handelt, also keine Umgehung von arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften in Betracht zu ziehen ist, auch vom Aspiranten auf einen Arbeitsplatz für den Arbeitgeber nützliche oder verwertbare Tätigkeiten, die während des Einfühlungsverhältnisses von diesem ausgeführt werden, nicht bezahlt werden müssen, insbesondere für diese Zeiten kein faktischen Arbeitsverhältnis, wie das Arbeitsgericht zu meinen scheint, entsteht, ganz abgesehen davon, dass ein solches allenfalls in Betracht käme, wenn der Kläger in den Betrieb eingegliedert war und Weisungen von weisungsbefugten Vorgesetzten für bestimmte Tätigkeiten erhalten hätte (vgl. dazu LAG Hamm, a.a.O.).

Der Kläger hat aber auch insoweit nicht substantiiert dargelegt, welche Zeiten reine Kennenlernzeiten von Maschinen und Tätigkeiten waren, ob und wenn ja in welchen Zeiten er auf Anweisung für die Beklagte verwertbare Tätigkeiten geleistet hat. Die Rechtsfrage braucht insoweit nicht entschieden zu werden.

c) Auch § 19 BBiG steht der hier vertretenen Ansicht nicht entgegen.

Diese Vorschrift setzt gerade voraus, dass die Person eingestellt wird, um berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen zu erwerben. Das Einfühlungsverhältnis ist aber ein Verhältnis, in dem ohne arbeitsvertragliche Bindungen Arbeitsplatz, Arbeitsumgebung etc. kennengelernt werden sollen. Gerade die sehr kurze Dauer des hier zu beurteilenden Vertragsverhältnisses spricht schon gegen eine Anwendung des § 19 BBiG, weil in vier oder fünf Tagen keine beruflichen Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen erworben werden können, sondern allenfalls festgestellt werden kann, ob der Einzustellende nach seiner Vorbildung überhaupt in der Lage ist, den angebotenen Arbeitsplatz auszufüllen und ob die zukünftigen Vertragspartner "es miteinander aushalten".

Der Kläger hätte, da er - wie ausgeführt - die Darlegungslast trägt, unter Berücksichtigung seines eigenen unstreitigen Vortrags und der unstreitigen Tatsachen im Einzelnen substantiiert vortragen müssen, welche vertraglichen Vereinbarungen getroffen wurden und welche Tätigkeiten er auf Anweisung welcher Person zu welchen Zeiten während seiner Tätigkeit im Betrieb der Beklagten erledigt hat. Da er dies nicht getan hat, musste die Kammer von der Vereinbarung eines - zulässigen - Einfühlungsverhältnisses ohne Bezahlung ausgehen.

Nach allem war das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

III

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Kläger hat bzgl. der Rechtsfragen von möglicherweise grundsätzlicher Bedeutung keinen substantiierten Tatsachenvortrag erbracht, so dass die Klage schon aus diesem Grunde abgewiesen werden musste. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt mithin nicht vor.

Wegen der Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben, wird auf § 72 a ArbGG hingewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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