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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Urteil verkündet am 09.12.2004
Aktenzeichen: 3 Sa 91/04
Rechtsgebiete: MSchG


Vorschriften:

MSchG § 14 Abs. 2
Der nach § 14 Abs. 1 MSchG vom Arbeitgeber an die Arbeitnehmerin kalendertäglich zu zahlende Zuschuss berechnet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate; es ist dabei nicht vom Tage des Beginns der Schutzfrist drei Monate zurückzurechnen, sondern es sind die letzten drei - vollen - Kalendermonate, in denen die Arbeitnehmerin ohne Unterbrechung gearbeitet hat, der Berechnung zu Grunde zu legen.
Landesarbeitsgericht Bremen

Aktenzeichen: 3 Sa 91/04

Verkündet am: 09.12.2004

Im Namen des Volkes

In dem Berufungsverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Bremen - Dritte Kammer - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09. Dezember 2004 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremerhaven vom 25.02.2004 - Az. 2 Ca 896/03 - wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um die richtige Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld sowie über die Frage, ob die Beklagte berechtigt war, der Klägerin für ihre Fehlzeiten im September und Oktober 2003 eine nach dem Arbeitsvertrag freiwillig gezahlte Zulage zu kürzen.

Die Klägerin ist seit dem 01.12.1999 als Apothekerin bei dem Beklagten beschäftigt. Ihr letztes Grundgehalt betrug € 2.696.55 brutto monatlich zuzüglich einer Sonderzahlung in Höhe von 539,31 € brutto.

Netto bezog die Klägerin im Juli 2003 € 1.654,06, im August 2003 € 1.730,54 und im September 2003 € 1.730.54, zusammen € 5.115,68. Hieraus errechnete der Beklagte bei 30 anzusetzenden Tagen monatlich einen kalendertäglichen Entgeltanspruch von € 56,84. Von diesem Betrag zog er für die Berechnung des Zuschusses zum Mutterschutzgeld € 13,-- ab und zahlte der Klägerin € 43,84 Zuschuss pro Tag aus.

Nach der von der Klägerin selbst vorgelegten Beescheinigung der D. A. vom 23.01.2004 (Bl. 45 d. A. ), war die Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 23.01.2004 an folgenden Tagen arbeitsunfähig erkrankt:

13.01.2000 - 18.01.2000

28.12.2000 - 30.12.2000

05.02.2001 - 07.02.2001

30.03.2001 - 31.03.2001

17.12.2001 - 19.12.2001

10.01.2002 - 11.01.2002

07.11.2002 - 09.11.2002

05.09.2003 - 05.09.2003

18.09.2003 - 28.10.2003

Mit Ausnahme der Monate September und Oktober 2003 erhielt die Klägerin für die übrigen Arbeitsunfähigkeitszeiträume die freiwillige Zulage weitergezahlt.

Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 23. Dezember 1998 heißt es in Ziffer 3 u.a.:

"Der Arbeitnehmer erhält ab 01. Dezember 1999 ein Grundgehalt von DM 4.645,00 brutto (Viertausendsechshundertfünfundvierzig) monatlich und zusätzlich eine anrechenbare Sonderzahlung in Höhe von DM 696,75 brutto pro Monat. Diese gewährte Sonderzahlung ist eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Ein Anspruch auf die freiwillige Sonderzahlung besteht nur bei tätiger Mitarbeit im Betrieb. Das aufgeschlüsselte Gehalt wird gesondert bekanntgegeben. Eine Verpflichtung zur Erhöhung der anrechenbaren Sonderzahlung entsprechend der Steigerung des Grundgehaltes besteht nicht. Auf die Erhöhung des Grundgehaltes kann die anrechenbare Sonderzahlung angerechnet werden.

Zusätzlich wird eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines anteiligen 13. Bruttomonatsgehaltes angeboten, die mit der Novemberzahlung ausgezahlt wird.

...

Zusätzliche Zahlungen, z.B. höheres Gehalt, Tantiemen, Prämien, Gratifikationen, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld und Sonderzahlung werden freiwillig geleistet, als Anerkennung für treue Mitarbeit im vergangenen Jahr und gleichzeitig als Ansporn für betriebliche Treue in der Zukunft. Auch wiederholte Zahlungen begründen keinen Rechtsanspruch. Ein Anspruch auf diese zusätzlichen Zahlungen besteht im übrigen nur, wenn der Mitarbeiter sich zum Zeitpunkt des 31. Dezember des laufenden Jahres in einem ungekündigten und zur Zeit tätigen Arbeitsverhältnisses befindet. Eine Weihnachtsgratifikation z.B. ist zurückzuzahlen, wenn aufgrund eigener Kündigung des Angestellten oder aufgrund verhaltensbedingter Kündigung des Arbeitgebers bis zum 01.04. des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres das Arbeitsverhältnis endet. Bei der Auszahlung freiwilliger Gratifikationen ist eine Differenzierung nach Betriebszugehörigkeit, Leistung, Fehl- (auch Krankheits-)zeiten zulässig. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, eventuelle Überzahlungen vom Gehalt einschließlich Forderungen aus unrichtiger Abrechnung von Steuern, Sozialversicherung u.ä. an den Arbeitgeber zurückzuzahlen, auch wenn die Bereicherung nicht mehr vorliegt.

Befindet sich der Arbeitnehmer in Erziehungsurlaub, so ist der Arbeitgeber berechtigt, Sonderzahlungen - Weihnachtsgeld - etc. anteilig um die Monate zu kürzen, in denen sich die Mitarbeiterin in Erziehungsurlaub befindet."

Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 6 bis 10 d. A. verwiesen.

Im Jahre 2003 war die Klägerin schwanger. Vorausberechneter Geburtstermin sollte der 26. Dezember 2003 sein. Die Mutterschutzfrist sollte danach am 15.11.2003 beginnen. Im Zeitraum vom 18.09.2003 bis 07.10.2003 war die Klägerin zur stationären Behandlung im Krankenhaus und anschließend bis 28.10.2003 arbeitsunfähig erkrankt. In der Klagschrift heißt, "Ursache hierfür war eine Erkrankung bzw. die Schwangerschaft der Klägerin". Anschließend, vom 29.10.2003 an, hatte die Klägerin Urlaub. Während des Urlaubs ist das Kind am 12. November 2003 geboren.

Der Beklagte hat in der Septemberabrechnung das vereinbarte Grundgehalt in Höhe von € 2.696,55 brutto zuzüglich einer freiwilligen Zulage von € 539,31 brutto abgerechnet und den Nettobetrag an die Klägerin ausgekehrt. Im Oktober zahlte der Beklagte an die Klägerin lediglich das Grundgehalt in Höhe von € 2.696,55 brutto und brachte hiervon für die Krankheitszeit im September die freiwillig gezahlte Zulage in anteiliger Höhe von € 226,16 in Abzug mit dem Hinweis "Nachberechung 09/2003" (vgl. im Einzelnen Bl. 13 d. A.).

Mit der Klagschrift vom 04.12.2003, beim Arbeitsgericht Bremerhaven am 05.12.2003 eingegangen, wehrt sich die Klägerin gegen den hälftigen Abzug der Sonderzahlung für September 2003 und die Streichung der Sonderzahlung im Oktober 2003. Des Weiteren verlangt sie eine Neuberechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld und die Auszahlung eines zusätzlichen Weihnachtsgeldes in Höhe von 50 % ihres Gehalts.

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen,

Gründe, die die Nichtgewährung der freiwilligen Zulage in Höhe von € 539,31 brutto monatlich rechtfertigen könnten, bestünden nicht. Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses sei die Sonderzahlung vom Arbeitgeber vorbehaltlos, auch bei Arbeitsunfähigkeit gezahlt, und zwar auch an andere Mitarbeiter. Deshalb sei die Sonderzahlung ein echter Gehaltsbestandteil. Der Abzug von € 226,16 brutto sei ebenfalls unberechtigt. Mit der Septemberabrechnung sei die Zulage anerkannt und ausbezahlt worden. Die Berechnung des Mutterschaftsgeldes sei fehlerhaft. Es seien € 59.74 netto für November 2003 und € 194,68 für Dezember 2003 und Januar 2004 zu wenig ausgezahlt.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 765,47 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 09. Dezember 2003 zu zahlen,

2. a) den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 59,74 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 09. Dezember 2003 zu zahlen,

b) den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 323,58 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 09. Dezember 2003 zu zahlen,

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.640,40 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 09. Dezember 2003 zu zahlen,

4. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 197,74 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 09. Dezember 2003 zu zahlen,

5. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 194,68 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 05. Februar 2004 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat sich mit Rechtsausführungen und ergänzendem Tatsachenvortrag gegen den Vortrag der Klägerin gewandt. Bezüglich des Mutterschaftsgeldes begründet der Beklagte im Einzelnen seine Berechnung. Auf den Schriftsatz vom 16.02.2004 (Bl. 67 ff. d. A.) wird verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat am 25. Februar 2004 das folgende Urteil verkündet:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 249,00 € brutto - eine Sonderzahlung für den Urlaubszeitraum 29.10.2003 bis 11.11.2003 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 98,62 € brutto zusätzliches Mutterschaftsgeld für den Zeitraum November 2003 bis einschließlich Januar 2004 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreites zu 7/8, der Beklagte zu 1/8.

5. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.858,03 € festgesetzt.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dieses Urteil wurde der Klägerin am 31.03.2004 zugestellt. Mit einem am 27. April 2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin Berufung eingelegt und diese mit einem am 24. Mai 2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin wendet sich mit Rechtsausführungen gegen die erstinstanzliche Entscheidung. Bezüglich der Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld trägt die Klägerin in dem Berufungsbegründungsschriftsatz folgendes vor:

"Für die Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld hat die Zulage, die von dem Beklagten in den zurückliegenden 3 Monaten nicht berücksichtigt wurde, Auswirkungen. Der Zuschuss ist im Umfang der erstinstanzlich gestellten Anträge, soweit diese bereits erstinstanzlich nicht zugebilligt wurden, zu Gunsten der Klägerin zu entscheiden."

Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz zunächst beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bremerhaven vom 25.02.2004 Aktenzeichen 2 Ca 896/03, zugestellt am 31.03.2004 abzuändern und nach den Schlussanträgen I. Instanz zu erkennen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits dem Berufungsbeklagten aufzuerlegen.

Die Klägerin hat nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer sodann die Klage bezüglich des Antrags 2 b) erster Instanz und bezüglich des Antrags zu 3) erster Instanz zurückgenommen und beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Bremerhaven vom 25.02.2004 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,

1. über die gem. den Klaganträgen zu 1. und 4. bereits ausgeurteilten € 249,--hinaus weitere € 714,21 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2003 an die Klägerin zu zahlen;

2. über die gem. den Klaganträgen zu 2 a. und 5. bereits ausgeurteilten € 98,62 hinaus weitere € 155,80 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2003 an die Klägerin zu zahlen.

Der Beklagte hatte gegen die teilweise Rücknahme der Berufung keine Einwendungen und beantragt,

die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil mit Rechtsausführungen.

Wegen des weiteren Vortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, insbesondere die Berufungsbegründungs- und die Berufungserwiderungsschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

A) Die Berufung ist fristgerecht eingelegt und begründet worden.

B) Gegen die Zulässigkeit der Berufung bezüglich der Berechnung des Beklagten zum Mutterschaftsgeld und der Forderung von € 155,80 (in der Berufungsinstanz zu 2) gestellter Antrag) bestehen allerdings erhebliche Bedenken, da insoweit keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Berufungsbegründung eingereicht wurde.

1. Die Berufungsbegründung muss eine der Eigenart des Falles angepasste Begründung enthalten. Sie muss deutlich machen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil unrichtig sein soll (vgl. BAG AP Nr. 2 zu § 781 BGB; BAG AP Nr. 25 zu § 519 ZPO). Auch in einfach liegenden Streitfällen ist es erforderlich, dass zu erkennen gegeben wird, weshalb die Beurteilung durch das Arbeitsgericht unrichtig sein soll (vgl. BAG AP Nr. 2 zu § 519 ZPO).

2. Diesen Anforderungen entspricht die Berufungsbegründung der Klägerin bezüglich der Berechnung zum Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nicht.

Die Berufungsbegründung erschöpft sich in zwei Sätzen, die sich mit der Berechnung des Arbeitsgerichts, das seinerseits auf die Berechnung des Beklagten auf Bl. 70 d. A. verweist. Es wird nicht dargetan, aus welchen Gründen die Berechnung des Beklagten, die das Arbeitsgericht übernommen hat, unrichtig ist. Es wird keine Gegenberechnung aufgestellt, sondern die Berufungsbegründung enthält lediglich einen völlig allgemein gehaltenen Satz, der nicht erkennbar macht, in welchem Punkt der Berechnung das Urteil des Arbeitsgerichts angegriffen werden soll.

Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht, weil die Berufung insgesamt unbegründet ist.

II.

Die Berufung hatte in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Beklagte hat den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld richtig berechnet.

a) Nach § 14 Abs. 2 MSchG erhalten Beschäftigte für die Zeiten der allgemeinen Schutzfristen der §§ 3 Abs. 2 und 6 Abs. 1 MSchG sowie den Entbindungstag von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen 13,-- € und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten kalendertäglichen Arbeitsentgelt.

Der Zuschuss des Arbeitgebers dient dazu, den Verdienstausfall auszugleichen, soweit er den Betrag von 13,-- € täglich übersteigt, weil sich die Zeit der Mutterschutzfristen nicht lohnmindernd auswirken soll (vgl. BAG AP Nr. 4 zu § 14 MSchG 1968). Der Anspruch ist seiner Rechtsnatur nach ein gesetzlich begründeter Anspruch auf teilweise Fortzahlung des Arbeitsentgelts (vgl. Schaub-Linck, Arbeitsrechtshandbuch, 11. Aufl., § 172, Rdziff. 1 a). Das durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt ist aus den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MSchG zu berechnen (vgl. zur Berechnung Schaub-Linck, a.a.O., Rdziff. 11). Heranzuziehen sind die letzten "abgerechneten" drei Kalendermonate. Es ist also nicht vom Tage des Beginns der Schutzfrist kalendermäßig um die drei Monate zurückzurechnen, sondern vom Zeitpunkt des letzten abgerechneten Kalendermonats um drei - volle - abgerechnete Kalendermonate (vgl. Buchner/Becker, MSchG, 7. Aufl., § 14 MSchG, Rdziff. 93).

b) Der Beklagte hat das Nettoentgelt der letzten drei vollen, abgerechneten Kalendermonate Juli, August, September 2003 in unstreitiger Höhe zu Grunde gelegt, insgesamt den Betrag von € 5.115,68. Auch die Umrechnung auf den Kalendertag (vgl. dazu Buchner/Becker, a.a.O., Rdziff. 95 und 96) ist ohne Rechenfehler erfolgt. Unter Berücksichtigung des Abzuges von € 13,-- kalendertäglich ergibt sich ein Zuschuss von € 43,84 kalendertäglich. Für die geltend gemachten Monate ist ein Rechenfehler nicht erkennbar und auch von der Klägerin insoweit nicht dargetan. Wie sich die Forderung von € 155,80, die die Klägerin insoweit geltend macht, im Einzelnen zusammensetzt, ist nicht dargetan und für die Kammer auch nicht nachvollziehbar.

2. Der Beklagte durfte für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit in den Monaten September und Oktober 2003 die Gehaltszahlung an die Klägerin um die freiwillige Zulage kürzen.

a) Das Landesarbeitsgerichts verweist auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts, Seite 8 des angefochtenen Urteils, da die Kammer insoweit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung folgt.

b) Die Berufungsbegründung gibt jedoch Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen:

aa) Nach § 4 a EntgeltfortzG ist eine Vereinbarung über die Kürzung von Leistungen, die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Entgelt erbringt (Sondervergütungen) auch für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit in Folge Krankheit zulässig. Die Kürzung darf allerdings für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit in Folge Krankheit 1/4 des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten.

Durch das Adjektiv "zusätzlich" in § 4 a EntgeltfortzG wird klargestellt, dass sowohl freiwillige Leistungen als auch solche, auf die ein Rechtsanspruch besteht, gekürzt werden können.

Zu den Sondervergütungen im Sinne des § 4 a EntgeltfortzG gehören danach alle Leistungen des Arbeitgebers, die nach ihrem Zweck nicht als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung angesehen werden können, sondern zusätzlich geleistet werden. Ob es sich hierbei um Einmalzahlungen oder um Zusatzleistungen zum monatlich abgerechneten Entgelt handelt, ist unerheblich. Werden Anwesenheitsprämien nur dann gewährt, wenn in diesem Zeitraum kein krankheitsbedingter Fehltag liegt, enthält die Zusage die Möglichkeit der Kürzung einer Sondervergütung im Sinne des § 4 a EntgeltfortzG. Dem Arbeitnehmer steht dann bei krankheitsbedingten Fehlzeiten nur ein der gesetzlichen Kürzungsmöglichkeit entsprechender anteiliger Anspruch auf die Anwesenheitsprämie zu (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 4 a EntgeltfortzG; Schaub-Linck, Arbeitsrechtshandbuch, 11. Aufl., Rdziff. 7 und 7a; Kunz/Wedde, Entgeltfortzahlungsrecht 2000, § 4 a EntgeltfortzG , Rdziff. 8).

Die freiwillige Zulage in Höhe von € 539,31 ist nach dem eindeutigen Vertragstext davon abhängig, dass der Arbeitnehmer im Betrieb arbeitet. Sie ist eine Anwesenheitsprämie. Dies hat das Arbeitsgericht richtig erkannt, auch wenn es § 4 a EntgeltfortzG nicht ausdrücklich erwähnt hat, sondern seine Entscheidung mit allgemeinen Rechtsauffassungen begründet. Die Klägerin war, wie die von ihr selbst vorgelegte Bescheinigung der D. A. deutlich zeigt, im Zeitraum ab 18. September 2003 arbeitsunfähig erkrankt.

Der Vortrag der Klägerin, sie sei zunächst "schwangerschaftsbedingt" im Krankenhaus gewesen, ist wenig aussagekräftig und unsubstantiiert. Die Klägerin hat nicht substantiiert vorgetragen, dass in dem streitigen Zeitraum ein mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot bestanden hat. Wäre dies der Fall gewesen, wäre eine Kürzung im Hinblick auf § 611 a BGB und die Gleichbehandlungsrichtlinie 76/207/EG nach Auffassung der Kammer unzulässig gewesen (vgl. HWK-Schliemann, § 4 a EntgeltfortzG, Rdnr. 20; Schaub-Linck, a.a.O., Rdziff. 12; Kunz/Wedde, a.a.O., Rdziff. 18).

Arbeitunfähigkeitszeiten während der Schwangerschaft sind jedoch nicht mit Zeiten, in denen ein mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot erteilt wird, gleichzusetzen. Arbeitsunfähigkeitszeiten können zwar mit der Schwangerschaft zusammenhängen, sie müssen es aber nicht und einen substantiierten Vortrag, dass insoweit die Krankheit allein auf der Schwangerschaft beruht, hat die Klägerin nicht erbracht. Die Bescheinigung der D. A. weist lediglich eine ganz normale Arbeitsunfähigkeit aus. Die Kammer kann deshalb dahinstehen lassen, ob auch bei eindeutig schwangerschaftbedingter Arbeitsunfähigkeit § 4 a EntgeltfortzG anwendbar wäre.

bb) Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hat die Klägerin nicht dargetan. Sie trägt aber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Verstoß vorliegt (vgl. dazu ErfK-Preis, § 611 BGB, Rdziff. 748). Ein substantiierter Vortrag ist insoweit nicht erfolgt.

cc) Die Klägerin hat auch nicht die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Grund betrieblicher Übung dargelegt.

Das Arbeitsgericht hat dazu schon Stellung genommen. Auf die Ausführungen kann auch an dieser Stelle noch einmal verwiesen werden, da die Kammer ihnen folgt.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die Tatsache, dass die Klägerin auch während ihrer acht Kurzzeiterkrankungen, von denen sieben nur einen oder zwei Tage und eine fünf Tage dauerte, keine Kürzung ihrer Sondervergütung hat hinnehmen müssen, nicht dafür spricht, dass ein konkreter Verpflichtungswille des Arbeitgebers bestanden hat, ihr diese Leistung trotz des entgegenstehenden Wortlauts des Arbeitsvertrages auch zukünftig auf Dauer zu gewähren (vgl. dazu ErfK-Preis, a.a.O., § 611 BGB, Rdziff. 261).

Dass bei "Bagatellausfällen" der Arbeitgeber die im Arbeitsvertrag vereinbarte Sondervergütung nicht kürzt, spricht nicht für einen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers, auch zukünftig bei erheblichen Krankheitszeiträumen auf die Kürzungsmöglichkeit zu verzichten. Schon der Verwaltungsaufwand für die Durchführung von Kürzungen bei ein- oder zwei tägigen Ausfällen des Arbeitnehmers spricht gegen die Annahme einer betrieblichen Übung. Der Arbeitgeber, der diesen Verwaltungsaufwand scheut, verpflichtet sich nicht für die Zukunft, auch bei erheblichen Krankheitszeiträumen, bei denen sich die Kürzung "lohnt", auf diese Möglichkeit zu verzichten.

Nach allem war die Berufung unbegründet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 und 516 Abs. 3 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Wegen der Möglichkeit, Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben, wird auf § 72 a ArbGG hingewiesen.



Ende der Entscheidung

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