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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 02.12.2002
Aktenzeichen: 3 Ta 80/02
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, EStG, ZPO, GKG


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 779
KSchG § 9
KSchG § 10
EStG § 3 Ziff. 9
ZPO § 233 ff.
ZPO § 238 Abs. 2
ZPO § 238 Abs. 3
ZPO § 569
ZPO § 794
GKG § 8
1. Auch Auswirkungen der Flutkatastrophe, die im August Sachsen und Sachsen-Anhalt heimsuchte, führen nicht dazu, dass bei Versäumung der Widerrufsfrist für einen vor dem Arbeitsgericht abgeschlossenen Prozessvergleich die Möglichkeit, die Fristversäumung durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 233 ff. ZPO zu heilen, eröffnet wird.

2. Gibt das Arbeitsgericht einem gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in einem solchen Fall "wegen höherer Gewalt" jedoch statt, ist dem Antragsgegner die Möglichkeit eröffnet, trotz § 238 Abs. 3 ZPO "außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit" einzulegen. Dies gilt um so mehr, wenn das Arbeitsgericht "zur schnellen Klärung des Sachverhalts" in den Entscheidungsgründen auf dieses Rechtsbehelf hinweist und eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung erteilt.

3. Die Frage, ob ein Berufen auf das Versäumen der Widerrufsfrist gegen Treu und Glauben verstößt und der Widerrufende deshalb so gestellt werden muss, als hätte er den Widerruf rechtzeitig erklärt, ist im Hauptsacheverfahren - entsprechend der Verfahrensweise bei einer Anfechtung des Vergleiches - unter Umständen nach einer Antragsumstellung dahingehend, "festzustellen, dass der Rechtsstreit nicht durch den Vergleich vom ... beendet wurde", zu entscheiden.

4. In jedem Fall ist ein substantiierter Vortrag zu den Tatsachen, die die Fristveräumnis bewirkt haben, erforderlich. Der Hinweis, der Prozessbevollmächtigte des Widerrufenden habe sein Büro nach mehrfacher Überflutung erst am 19.08.2002 wieder betreten können, "ein einigermaßen geregelter Kanzleibetrieb" sei erst am 02.09.2002, dem letzten Tag der Widerrufsfrist, wieder möglich gewesen, reicht nicht.


Landesarbeitsgericht Bremen BESCHLUSS

Aktenzeichen: 3 Ta 80/02

In dem Beschwerdeverfahren

Tenor:

Auf die "sofortige Beschwerde" der Beklagten vom 29.10.2002 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen vom 23.10.2002 aufgehoben.

Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht erhoben.

Gründe:

I

Die Parteien schlossen in einem Rechtsstreit, in dem es um Zahlungsansprüche des Klägers geht, am 12.08.2002 vor dem Arbeitsgericht Bremen folgenden Vergleich:

"1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde einvernehmlich am 24.045.2002 beendet.

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger als Abfindung in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG in Verbindung mit § 3 Ziff. 9 EStG EUR 1.000,00.

3. Damit ist der Rechtsstreit 5 Ca 5345/02 erledigt. Ferner sind sämtliche weiteren wechselseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt.

4. Der Kläger behält sich den schriftlichen Widerruf des Vergleichs gegenüber dem Gericht bis zum 02.09.2002 vor."

Am 16.09.2002 ging beim Arbeitsgericht Bremen ein Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers, die ihre Anwaltskanzlei in Pirna haben, ein, mit dem der Vergleich widerrufen wurde. Gleichzeitig wurde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, die wie folgt begründet wurde:

"Der Kläger wurde ohne sein Verschulden daran gehindert, die Widerrufsfrist für den Vergleich zum 02.09.2002 einzuhalten. Dies hing mit der Hochwasserlage in Pirna zusammen. Das Haus der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers ist am 12.08.2002 und erneut am 14.08.2002 überflutet worden, zunächst vom Hochwasser der Flüsse Gottleuba und Seidewitz, sodann durch das Elbehochwasser. Die Straße, in der sich die Praxisräume der Klägervertreter befinden, war ca. 1,80 m unter Wasser. An das Haus heran kam man erst wieder frühestens am 19.08.2002. Die gegenüberliegende Hauptpost war ebenfalls überflutet. Eine Postzustellung erfolgte nicht. Die Briefkästen im Haus waren abgesoffen. Strom- und Telefonversorgung im Haus waren unterbrochen. Ein einigermaßen geregelter Kanzleibetrieb war erst ab 02.09.2002 wieder möglich. Das Versenden von Telefaxen ist bis heute noch nicht möglich.

..."

Durch eidesstattliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde dieser Vortrag glaubhaft gemacht.

Durch Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen vom 20.09.2002 wurde der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist für den Widerruf des Vergleichs vom 12.08.2002 als unzulässig verworfen.

Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26.09.2002 zugestellt.

Mit einem am 04.10.2002 beim Arbeitsgericht Bremen eingegangenen Schriftsatz erhoben die Prozessbevollmächtigten des Klägers unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere die Entscheidung BGHZE 61 S. 394 (400), sofortige Beschwerde.

Sie vertraten die Auffassung, Treu und Glauben geböten es im vorliegenden Fall, dass der Kläger so gestellt werde, als habe er den Widerruf rechtzeitig erklärt.

Das Arbeitsgericht half daraufhin der sofortigen Beschwerde ab, hob den Beschluss vom 20.09.2002 auf und beschloss, den Rechtsstreit fortzusetzen.

Das Arbeitsgericht vertrat die Auffassung, dass zwar die im angefochtenen Beschluss dargelegte Auffassung, nach der es grundsätzlich keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei versäumter Widerrufsfrist gibt, zutreffend sei. Ebenso zutreffend sei aber der Hinweis des Klägers, dass der Widerrufsadressat nach Treu und Glauben verpflichtet sein könne, den Erklärenden so zu stellen, als ob er den Widerruf rechtzeitig erklärt habe. Der Kläger habe glaubhaft gemacht, dass durch die Hochwasserkatastrophe der Bürobetrieb in der Anwaltspraxis bis zum 02.09.2002 nicht möglich gewesen sei. Deshalb könne kein billig und gerecht denkender Mensch dem Kläger den Anspruch verwehren, so gestellt zu werden, als ob er den Widerruf rechtzeitig erklärt habe. Naturkatastrophen dürften nicht zu Rechtsverlust oder Rechtsnachteilen führen. Bei der Frage nach dem richtigen Weg meine das Gericht, auf die entsprechende Anwendung von § 233 ff. ZPO zurückgreifen zu können, da diese Norm voraussetze, dass kein Verschulden an der Fristversäumung vorliege und daher auf Fälle wie den vorliegenden recht gut passe. Außerdem vertrat das Arbeitsgericht die Auffassung, dass im vorliegenden Fall trotz § 238 Abs. 3 ZPO die außerordentliche sofortige Beschwerde gegeben sei. Eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung wurde dem Beschluss beigefügt.

Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 25.10.2002 zugestellt.

Die Beklagte legte mit einem am 29.10.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz ihrerseits sofortige Beschwerde ein, den sie mit Rechtsausführungen begründete.

Das Arbeitsgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.

Die Beklagte meint in der Beschwerdeinstanz, § 242 BGB könne auf Naturkatastrophen nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht angewandt werden.

Der Kläger meint hingegen, die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei richtig.

II

1. Die "sofortige Beschwerde" ist als außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit im vorliegenden Fall zulässig und begründet.

a) In der Rechtsprechung aller Instanzgerichte ist anerkannt, dass eine an sich nicht eröffnete oder gesetzlich ausgeschlossene Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der "greifbaren Gesetzwidrigkeit" als außerordentliche Beschwerde zuzulassen ist, wenn die Entscheidung nach Meinung des an sich unstatthaft angerufenen Beschwerdegerichts grob fehlerhaft ist. So ist anerkannt, dass auch bei schweren offensichtlichen Verfahrensmängeln dieses Rechtsmittel möglich ist (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 86 S. 1229; OLG Koblenz FamRZ 1991 S. 100; OLG Koblenz NJW-RR 95 S. 1378; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 567 Rdz. 18 ff.; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 567 Rdz. 6 ff; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 567 Rdz. 12 ff.). Die weiteren Voraussetzungen der Zulässigkeit sind dieselben wie bei anderen Rechtsmitteln, d.h. die Fristen, die eingriffen, wenn die Beschwerde zulässig wäre, gelten auch für die außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit.

b) Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt Folgendes:

aa) Die sofortige Beschwerde ist innerhalb der Frist des § 569 ZPO eingelegt worden, mithin formell zulässig.

bb) Auch unter Berücksichtigung der sehr hohen Anforderungen, die die Rechtsprechung an die Begründetheit der außerordentlichen Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit stellt, liegen die Voraussetzungen vor.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit seiner Entscheidung vom 23.10.2002 offensichtlich stattgeben wollen, auch wenn es nur formuliert "Der Rechtsstreit wird fortgesetzt". Aus der Begründung der Entscheidung ergibt sich jedoch, dass hier die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ff. ZPO angewandt werden sollten. Auch der Hinweis auf die Nichtanfechtbarkeit seiner Entscheidung nach § 238 Abs. 3 ZPO und den Hinweis auf die Beschwerdemöglichkeit wegen "krasser Gesetzwidrigkeit", wie das Arbeitsgericht formuliert, zeigen, dass hier nicht etwa im Rahmen eines Verfahrens über die Wirksamkeit des Vergleiches entschieden werden sollte, sondern dass das Arbeitsgericht meint, das Wiedereinsetzungsverfahren sei der richtige Weg und die einzige Möglichkeit, um das Prozessverfahren in der Hauptsache fortzusetzen.

Die Berufungskammer folgt dieser Rechtsauffassung nicht.

Das Arbeitsgericht setzt sich mit dieser Entscheidung in Widerspruch zur ständigen und von der Kammer für richtig gehaltenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach gegen die Versäumung der Widerrufsfrist eines Prozessvergleichs keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich ist (vgl. BAG AP Nr. 24, 26 und 47 zu § 794 ZPO).

Dem Recht der Wiedereinsetzung liegt der Gedanke zugrunde, zu verhindern, dass einer Partei durch den Ablauf gesetzlicher Fristen ein unwiederbringlicher Nachteil entsteht, wenn die tatsächlichen Möglichkeiten zur Fristwahrung nicht gegeben waren. Wie aus der Regelung des § 233 ZPO zu erkennen ist, geht der Gesetzgeber davon aus, dass ein solcher Ausgleich nur bei Fristen nötig und statthaft ist, die hinsichtlich ihres Ablaufs und ihrer Dauer nicht der Verfügungsgewalt der Parteien unterliegen. Es sind also gesetzlich normierte Fristen auf die Restitutionsmöglichkeit beschränkt. Daraus folgt zugleich, dass nach der gesetzgeberischen Wertung eine Fristenrestitution ausgeschlossen ist bei vertraglich vereinbarten Fristen, also auch bei der Widerrufsfrist. Hier haben es die Parteien in der Hand, die Dauer der Frist und die Modalitäten ihres Ablaufs so zu bestimmen, dass einer unverschuldete Versäumung vorgebeugt werden kann. Erscheint den Parteien eine Widerrufsfrist zu riskant, steht es ihnen frei, z.B. einen Vergleich zu vereinbaren, der nur wirksam wird, wenn seine Annahme innerhalb einer Frist besonders erklärt worden ist. Diese Überlegungen gelten auch für einen unter Widerrufsvorbehalt abgeschlossenen Prozessvergleich. Dieser ist nicht nur Prozesshandlung, er ist zugleich ein materiellrechtliches Rechtsgeschäft im Sinne von § 779 BGB (vgl. BAG AP Nr. 7 zu § 794 ZPO). Die Interessenlage der Parteien wird bei einem Prozessvergleich vorrangig durch den materiellrechtlichen Charakter als privatrechtlicher Vertrag bestimmt. Diese ist nicht anders als bei einem außergerichtlichen Vergleich unter Widerrufsvorbehalt. Der Prozessvergleich unterscheidet sich nur durch die prozessuale Form vom Vergleich des BGB. Das materielle Recht kennt keine einseitig, die Belange eines Vertragsteils berücksichtigende Möglichkeit der Fristenrestitution. Im Vertragsrecht bestehen andere Wertungsgrundsätze, u.a. das Gebot der Rechtssicherheit. Demgemäß treten bei materiellrechtlichen Ausschlussfristen, und um eine solche handelt es sich bei der Widerrufsfrist, die durch den Zeitablauf ausgelösten Rechtswirkungen ein, ohne dass es darauf ankommt, aus welchen Gründen die fristwahrende Handlung in dem maßgeblichen Zeitpunkt nicht vorgenommen werden konnte. Selbst bei der schuldlosen Säumnis ist es grundsätzlich nicht möglich, die Partei so zu stellen, wie wenn die Handlung rechtzeitig erfolgt wäre (vgl. §§ 149, 150 BGB; BAG AP Nr. 24 zu § 794 ZPO). Hinzu kommt, dass in den Fällen, in denen - wie im vorliegenden - das erstinstanzliche Gericht dem Antrag auf Wiedereinsetzung der Frist statt gibt, gemäß § 238 Abs. 3 ZPO eigentlich keine Beschwerde zulässig wäre und nach einhelliger Rechtsprechung die Gewährung von Wiedereinsetzung auch im Hauptsacheverfahren für das Rechtsmittelgericht bindend ist (vgl. BVerfG NJW 1980 S. 1096; BGH NJW-RR 1999 S. 839; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, a.a.O., § 238 Rdz. 11), eine Überprüfung der Entscheidung des Arbeitsgerichts im Hauptsacheverfahren also nicht mehr möglich wäre.

Aus diesem Grund waren die Voraussetzungen für eine außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit, Vorliegen eines schwerden Verfahrensfehlers gegeben. Dies gilt im vorliegenden Fall auch deshalb, weil das Arbeitsgericht Bremen diesen Begriff zur Begründung seiner Rechtsauffassung, es sei eine sofortige Beschwerde gegen seine Entscheidung - trotz der Vorschrift des § 238 Abs. 2 ZPO - gegeben, bereits erwähnt hat. Wenn das erstinstanzliche Gericht aber eine Entscheidung trifft, die es wegen der unklaren Rechtslage als möglicherweise problematisch ansieht und deshalb einen Weg zur Überprüfung seiner Entscheidung durch Einlegung eines außerordentlichen Rechtsbehelfs den Parteien aufzeigt, wäre es für diese Parteien mehr als unverständlich, wenn das Beschwerdegericht diesen Weg als unzulässig verwerfen würde.

Die Entscheidung war deshalb aufzuheben.

2. Der Rechtsstreit ist mit dieser Entscheidung nach Auffassung der Beschwerdekammer jedoch für den Kläger noch nicht "endgültig verloren".

Für das weitere Verfahren weist die Beschwerdekammer deshalb auf Folgendes hin:

a) Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof und auch das Bundesarbeitsgericht nicht auszuschließen, dass dann, wenn Treu und Glauben dies gebieten, die Partei, welche die Frist versäumt hat, so gestellt werden muss, als hätte sie den Widerruf rechtzeitig erklärt.

Diese Prüfung ist im Hauptsacheverfahren weiterhin nicht ausgeschlossen. Das Verfahren muss evtl. nach einer Umstellung des Antrags durch den Kläger dahingehend, "festzustellen, dass der vorliegende Rechtsstreit nicht durch den Vergleich vom 04.11.1996 beendet wurde" - vgl. auch den Sachverhalt, der der Entscheidung BAG AP Nr. 47 zu § 794 ZPO zugrunde liegt -, fortgesetzt werden.

Nicht anders ist auch der Hinweis des Bundesgerichtshofs in der auch vom Arbeitsgericht herangezogenen Entscheidung (BGHZE 61 S. 394 (400)) zu verstehen, wenn er formuliert, eine Partei müsse, wenn Treu und Glauben dies gebieten, so gestellt werden, als hätte sie den Widerruf rechtzeitig erklärt (vgl. dazu auch Vollkommer in der Anm. zu AP Nr. 24 zu § 794 ZPO). Sie kann so gestellt werden, wenn im Hauptsacheverfahren festgestellt würde, dass das Berufen auf den Ablauf der Widerrufsfrist nach Treu und Glauben unzulässig ist. Auch das Bundesarbeitsgericht scheint dieser Auffassung zuzuneigen, denn in der Entscheidung AP Nr. 47 zu § 794 ZPO prüft es, ob das Berufen auf den Ablauf der Widerrufsfrist mit Treu und Glauben zu vereinbaren ist, in einem Verfahren, in dem es - wie bei einer Anfechtung eines Vergleichs - um die Entscheidung des Antrags geht, "festzustellen, dass der vorliegende Rechtsstreit nicht durch einen Vergleich beendet wurde", nachdem zunächst ein Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Widerrufsfrist gestellt war.

b) Es sei jedoch auch darauf hingewiesen, dass die Beschwerdekammer erhebliche Zweifel daran hat, ob der bisherige Vortrag des Klägers ausreichend substantiiert ist, um ihn so stellen zu können, als hätte er den Widerruf rechtzeitig erklärt. Immerhin hat der Kläger selber vorgetragen, sein Prozessbevollmächtigter habe sein Büro am 19.08.2002 wieder betreten können. Was "ein einigermaßen geregelter Kanzleibetrieb" sein soll, der erst ab 02.09.2002 wieder möglich gewesen sein soll, bleibt das Geheimnis des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten. Hier müsste nach Auffassung der Beschwerdekammer im Einzelnen die Hochwasserlage und die Folgen für den Bürobetrieb, insbesondere in der Zeit vom 19.08.2002 bis zum 02.09.2002 geschildert werden.

4. a) Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren waren gemäß § 8 GKG niederzuschlagen. Über die Parteikosten ist im Hauptsacheverfahren zu entscheiden (vgl. § 238 Abs. 4 ZPO; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 238 Rdz. 11).

b) Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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