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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.06.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 275/08
Rechtsgebiete: TV-Ärzte/VKA


Vorschriften:

TV-Ärzte/VKA § 16 c
Das in der Protokollerklärung zur Entgeltgruppe III in § 16 lit. c des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) aufgenommene Kriterium "vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen" bedeutet für die Übertragung der medizinischen Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung im Sinne der Entgeltgruppe III des § 16 lit c TV-Ärzte/VKA einen diesbezüglichen Entscheidungsvorbehalt zu Gunsten des Krankenhausträgers. Fehlt eine solche ausdrückliche Entscheidung, kann der Facharzt keine Vergütung nach der Entgeltgruppe III des § 16 lit. c TV-Ärzte/VKA verlangen (im Anschluss an LAG Düsseldorf 21.02.2008 - 15 Sa 1617/07 - juris).
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 19.12.2007 - 3 Ca 2215/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Frage der korrekten Eingruppierung des Klägers im Rahmen des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (im Folgenden: TV-Ärzte/VKA).

Der am 13.03.1961 geborene Kläger war aufgrund eines am 15.02.1995 mit der Stadt L. geschlossenen Arbeitsvertrages ab dem 01.05.1995 bis zur Beendigung der Weiterbildung zum Arzt für Herzchirurgie im Rahmen der jeweiligen Aufgaben als Assistenzarzt beschäftigt. Am 16.11.2001 schloss der Kläger mit den Städtischen Krankenhäusern L. Gemeinnützige GmbH mit Wirkung vom 01.11.2001 einen Arbeitsvertrag, der seine Beschäftigung im Klinikum L. als Assistenzarzt vorsah. Am 30.04.2002 schloss der Kläger mit der Städt. Krankenhäuser L. gemeinnützige GmbH einen weiteren Arbeitsvertrag, der ab dem 01.08.2002 seinen Einsatz im Klinikum L. als Oberarzt vorsah. Das Arbeitsverhältnis richtete sich jeweils nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen ergänzenden bzw. ändernden Tarifverträgen. Mit Schreiben vom 09.01.2004 wurde der Kläger zum Hygienebeauftragten der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie bestellt.

Zum 01.08.2006 trat der auf den 17.08.2006 datierte Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) - geschlossen zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und dem Marburger Bund - in Kraft. Dieser enthält hinsichtlich der Eingruppierung folgende Regelungen:

"§ 15 Allgemeine Eingruppierungsregelungen

(1) Die Eingruppierung der Ärztinnen und Ärzte richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des § 16. Die Ärztin/Der Arzt erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie/er eingruppiert ist.

(2) Die Ärztin/ Der Arzt ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.

Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden, sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Angestellten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.

Protokollerklärungen zu § 15 Abs. 2

1. Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der Ärztin/ des Arztes, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z.B. Erstellung eines EKG). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

2. Eine Anforderung im Sinne des Unterabsatzes 2 ist auch das in einem Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren Vergütungsgruppe.

3) Die Entgeltgruppe der Ärztin/ des Arztes ist im Arbeitsvertrag anzugeben.

§ 16 Eingruppierung

Ärztinnen und Ärzte sind wie folgt eingruppiert:

a) Entgeltgruppe I

Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit

b) Entgeltgruppe II

Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit

Protokollerklärung zu Buchst. b)

Fachärztin/Facharzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, die/der aufgrund abgeschlossener Facharztweiterbildung in ihrem/seinem Fachgebiet tätig ist.

c) Entgeltgruppe II Oberärztin/Oberarzt

Protokollerklärung zu Buchst. c)

Oberärztin/Oberarzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, der/dem die medizinische Verantwortung für selbständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.

d) Entgeltgruppe IV

Leitende Oberärztin/Leitender Oberarzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, der/dem die ständige Vertretung der leitenden Ärztin/des leitenden Arztes (Chefärztin/Chefarzt) vom Arbeitgeber ausdrücklich beantragt worden ist.

Protokollerklärung zu Buchst. d)

Leitende Oberärztin/Leitender Oberarzt ist nur diejenige Ärztin/derjenige Arzt, die/der die leitende Ärztin/den leitenden Arzt in der Gesamtheit ihrer/seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik in der Regel nur von einer Ärztin/einem Arzt erfüllt werden."

In dem Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte/VKA und zur Regelung des Übergangsrechts vom 17.08.2006 haben die Tarifvertragsvertragsparteien unter anderem Folgendes ausgeführt:

"§ 2 Ablösung bisheriger Tarifverträge durch den TV-Ärzte/VKA

(1) Der TV-Ärzte/VKA ersetzt in Verbindung mit diesem Tarifvertrag bei tarifgebundenen Arbeitgebern, die Mitglied eines Mitgliedverbandes der VKA sind, den

- Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TvöD) und den Besonderen Teil Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen (BT-K) jeweils vom 13. September 2005.

- Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961.

- Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. Dezember 1990,

sowie die diese Tarifverträge ergänzenden Tarifverträge der VKA, soweit in diesem Tarifvertrag oder im TV-Ärzte/VKA nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Die Ersetzung erfolgt mit Wirkung vom 1. August 2006, soweit kein abweichender Termin bestimmt ist.

(2) Die von den Marburger Bund Landesverbänden oder mit Vollmacht für diese mit den Mitgliedverbänden der VKA abgeschlossenen Tarifverträge sind durch diese Tarifvertragsparteien hinsichtlich ihrer Weitergeltung zu prüfen und bei Bedarf bis zum 31. Dezember 2007 an den TV-Ärzte/VKA anzupassen. Die Tarifvertragsparteien nach Satz 1 können diese Frist verlängern. Das Recht zur Kündigung der in Satz 1 genannten Tarifverträge bleibt unberührt.

§ 3 Überleitung in den TV-Ärzte/VKA

Die von § 1 Abs. 1 erfassten Ärztinnen und Ärzte werden am 1. August 2006 gemäß den nachfolgenden Regelungen aus dem TVöD und den BT-K bzw. BAT/BAT-O in den TV-Ärzte/VKA übergeleitet.

Protokollerklärung zu § 3:

Änderungen des TVöD und des BT-K (TVöD-K) nach dem 31. Juli 2006 bleiben bei der Überleitung unberücksichtigt."

In der Niederschriftserklärung zu § 6 Abs.2 heißt es:

"Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass Ärzte, die am 31. Juli 2006 die Bezeichnung "Oberärztin/Oberarzt" führen, ohne die Voraussetzung für eine Eingruppierung als Oberärztin/Oberarzt nach § 16 TV-Ärzte/VKA zu erfüllen, die Berechtigung zur Führung ihrer bisherigen Bezeichnung nicht verlieren. Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III ist hiermit nicht verbunden."

Im Rahmen der Geltung des BAT war der Begriff "Oberarzt" tarifvertraglich nicht definiert.

Nach dem Organigramm für die Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie gliedert sich diese in die Funktionsbereiche "Operativer Bereich", "Intensivbereich" und "Funktionsabteilung/Rhythmuschirurgie" auf. Der Kläger ist danach innerhalb des "Operativen Bereichs" für die Koronarbetreuung zuständig.

Der Kläger wurde in die Entgeltgruppe II des TV-Ärzte/VKA eingruppiert. Mit Schreiben vom 21.12.2006 machte er vergeblich die Eingruppierung in die Entgeltgruppe III geltend. Mit seiner am 27.09.2007 beim Arbeitsgericht Krefeld eingereichten, gegen die Städtische Krankenhäuser L. gGmbH gerichtete Klage - nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils ist die nunmehr im Rubrum bezeichnete Beklagte im Wege der Rechtsnachfolge an die Stelle der vorherigen Beklagten getreten - verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Der Kläger hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Durch die arbeitsvertragliche Übertragung der Position eines Oberarztes im August 2002, verbunden mit der Übertragung der Funktion eines Herzchirurgen, sei ihm die nach dem Tarifvertrag für eine Eingruppierung in Entgeltgruppe III erforderliche medizinische Verantwortung für einen Funktionsbereich übertragen worden. Die Herzchirurgie sei als selbstständiger Funktionsbereich anzusehen. Mit der medizinischen Verantwortung sei auch eine Aufsichtsfunktion verbunden, die er während der Operation für das gesamte Operationsteam trage. Auch seine Zuständigkeit für die Fortbildung der Assistenzärzte und des Pflegepersonals im Bereich operative Patientenversorgung mit dem Schwerpunkt Koronarchirurgie belege diese umfassende medizinische Verantwortung.

Der Kläger hat beantragt,

1) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 01.08.2006 nach der Entgeltgruppe III Stufe 2 (Oberärztin/Oberarzt) des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände vom 17.08.2006 zu vergüten;

2) die Beklagte zu verurteilen, die jeweils monatlich fälligen Vergütungsdifferenzansprüche seit dem 01.08.2006 mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Der Kläger trage zwar als einer von mehreren Herzoperateuren in der Klinik die Verantwortung für die Versorgung des Patienten. Dies reiche jedoch für die Erfüllung des Eingruppierungsmerkmals "medizinische Verantwortung" nicht aus. Insbesondere fehle es an einer entsprechenden Aufsichts- und Leitungsfunktion. Schließlich gehe schon aus dem Organigramm, auf das sich der Kläger selbst beziehe, hervor, dass seine Zuständigkeit für den operativen Bereich der Koronarbetreuung kein eigener Funktionsbereich sei und er auch keine Leitungsfunktion ausübe.

Das Arbeitsgericht hat mit seinem am 19.12.2007 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Beklagte sei nicht verpflichtet, dem Kläger ab dem 01.09.2006 Vergütung aus der Vergütungsgruppe III Stufe 1 des TV-Ärzte/VKA zu zahlen. Der Kläger sei der ihm im Rahmen einer Eingruppierungsklage hinsichtlich der Einzelheiten seiner Tätigkeit und der Tatsachen, die Schlüsse auf die zu erbringenden Arbeitsvorgänge zuließen, obliegenden Darlegungslast nicht nachgekommen. Das Tarifmerkmal "medizinische Verantwortung" setze die Übertragung von Aufsichtsfunktionen über ärztliches und nichtärztliches Personal voraus. Dies entspreche auch der Auffassung des Marburger Bundes, wie es in seinem im Internet veröffentlichten Schreiben vom 22.03.2007 zum Ausdruck komme. Die Bestellung zum Hygienebeauftragten, die selbst nach dem Vorbringen des Klägers mit keinerlei Leitungs- und Aufsichtsfunktionen gegenüber ärztlichem und nichtärztlichem Personal verbunden sei, spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle. Soweit der Kläger auf seine Verantwortung bei Operationen, verbunden mit der Leitungs- und Aufsichtsfunktion für das OP-Team, hinweise, dürfte dies grundsätzlich geeigneter Vortrag sein, um das Tatbestandsmerkmal der "medizinischen Verantwortung" bejahen zu können. Allerdings habe es der Kläger versäumt, seine Tätigkeit ausreichend detailliert darzustellen, um eine Beurteilung darüber möglich zu machen, ob diese den von § 15 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA geforderten zeitlichen Umfang erfülle. Insoweit müssten dem Arzt mindestens für einen zeitlichen Anteil von 50 % seiner Arbeitszeit Tätigkeiten als Oberarzt im tariflichen Sinne übertragen worden sein. Darauf komme es jedoch letztlich nicht an, weil das Tragen der Verantwortung für ein OP-Team während einer Operation von vornherein nicht geeignet sei, das Tatbestandsmerkmal "selbstständiger Funktions- oder Teilbereich" zu erfüllen. Schließlich fehle es auch an dem Erfordernis einer ausdrücklichen Übertragung der Verantwortung. Die Ernennung zum Oberarzt im schriftlichen Arbeitsvertrag aus dem Jahre 2002 genüge nicht. Dies ergebe sich bereits aus der Niederschriftserklärung zu § 6 Abs. 2 des Überleitungstarifvertrages.

Gegen das ihm am 11.01.2008 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit einem beim Landesarbeitsgericht am 08.02.2008 eingegangenen Schriftsatz, in dem er als beklagte Partei die "I. Klinikum L. gGmbH" bezeichnet hat, Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.04.2008 - an diesem Tag hier eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Es handele sich bei der "Herzchirurgie" um ein durch die Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte ausgewiesenes wissenschaftliches Spezialgebiet und damit um einen Funktionsbereich i. S. der Protokollerklärung zu § 16 c TV-Ärzte/VKA. Darüber hinaus bilde die Herzchirurgie aufgrund der von der Beklagten vorgegebenen Organisationsstruktur eine funktionelle und organisatorisch abgrenzbare Einheit innerhalb des Operations-(OP-)Zentrums. Denn der Bereich "Herzchirurgie" verfüge nicht nur über abgetrennte Räumlichkeiten, sondern auch über eine eigene pflegerische Leitung (Frau N. E.), sowie eigenes Pflegepersonal. Die räumliche und personelle Eigenständigkeit der Herzchirurgie werde auch in wirtschaftlicher Hinsicht dokumentiert, nämlich durch eine eigene Kostenstelle im Kostenstellenplan der Beklagten. Ihm sei die medizinische Verantwortung für diesen Teilbereich der Chirurgie i. S. der Protokollerklärung zu § 16 c TV-Ärzte/VKA übertragen worden. Die Beklagte habe ihm mit Vertrag vom 01.08.2002 die Spezialfunktion eines Oberarztes übertragen. Das von dem leitenden Oberarzt M.B.B.C.h. J. G., dem in dem Zeitraum vom 01.02.2007 bis zum 30.06.2007 die kommissarische Leitung der Herzchirurgie übertragen worden sei, gefertigte Organigramm dokumentiere auch die ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung in den Funktionsbereichen. Die medizinische Verantwortung als Oberarzt habe er nicht nur während der konkreten Inanspruchnahme dieser Aufgabe getragen. Man müsse davon ausgehen, dass z. B. ein Facharzt sich auch dann an ihn gewandt habe, wenn er gerade selbst an anderer Stelle in der Funktion als Facharzt tätig gewesen sei. Selbst wenn er einem Facharzt eine Operation oder Teilbereiche davon zur eigenständigen Erledigung überlassen habe, habe er immer die medizinische Gesamtverantwortung für die Behandlung des Patienten getragen. Aus der Anzahl der von ihm durchgeführten Herzoperationen würden sich detaillierte zeitliche Anteile im Rahmen seiner Gesamttätigkeit berechnen lassen.

Der Kläger beantragt,

1) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 01.08.2006 nach der Entgeltgruppe III Stufe 2 (Oberärztin/Oberarzt) des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände vom 17.08.2006 zu vergüten;

2) die Beklagte verurteilen, die jeweils monatlich fälligen Vergütungsdifferenzansprüche seit dem 01.08.2006 mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt in erster Linie das angefochtene Urteil und macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend geltend:

Die medizinische Verantwortung müsse sich auf den gesamten Bereich der Patientenbehandlung in dem betreffenden selbstständigen Teil- oder Funktionsbereich erstrecken. Dies schließe auch die Verantwortung hinsichtlich der Durchführung der Patientenbehandlung für die in diesem Bereich dem Arzt unterstellten ärztlichen und pflegerischen Beschäftigten ein. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass ihm in Bezug auf die übertragenen Aufgaben auch Aufsichtsfunktionen über ärztliches oder nichtärztliches Personal übertragen worden sei. Dem Kläger sei auch kein selbstständiger Teilbereich oder selbstständiger Funktionsbereich übertragen worden. Nach seinen eigenen Ausführungen obliege ihm weder die medizinische Gesamtverantwortung für den Bereich der Herz- und Thoraxchirurgie noch handele es sich bei dem von ihm betreuten Bereich um einen selbstständigen "Teil- oder Funktionsbereich". Der Kläger sei in dem Bereich der von ihm mehrfach zitierten Tätigkeiten lediglich im Rahmen der sog. Funktionsausübung tätig geworden und habe seinen normalen Dienst dort verrichtet. Ausdrücklich sei dem Kläger die medizinische Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung von ihr nicht übertragen worden. Eine Übertragung durch den Chefarzt sei nicht ausreichend, sofern dieser nicht seinerseits ausdrücklich durch den Arbeitgeber zur Übertragung der medizinischen Verantwortung ermächtigt worden sei. Auch in Bezug auf seine angebliche Oberarzttätigkeit i. S. des § 16 lit. c TV-Ärzte/VKA habe der Kläger nicht ansatzweise konkret und substantiiert vorgetragen, dass er zu mehr als 50 % seiner Arbeitszeit Tätigkeiten als Tarifoberarzt der Entgeltgruppe III ausübe.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, auch wenn sie sich ursprünglich gegen die "I. Klinikum L. gGmbH" gerichtet hat.

I. Die Rechtsprechung hat seit Jahrzehnten kontinuierlich über den Wortlaut des § 519 Abs. 2 ZPO (bis 31.12.2001: § 518 Abs. 2 ZPO a. F.) hinaus verlangt, die Rechtsmittelschrift müsse nach § 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (bis 31.12.2001: § 518 Abs. 2 Nr. 2 ZPO a. F.) erkennen lassen, für wen das Rechtsmittel eingelegt werde und gegen wen es sich richte, wobei vor allem an die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers strenge Anforderungen zu stellen seien (BGH 19.02.2002 - VI ZR 394/00 - NJW 2002, 1430 f.; BGH 13.01.2004 - VI ZB 53/03 - MDR 2004, 703, 704). Ausreichend ist, wenn der Berufungskläger und der Berufungsbeklagte im Wege der Auslegung der Berufungsschrift gewonnen werden können bzw. aus den dem Rechtsmittelgericht vorliegenden Unterlagen eindeutig erkennbar sind (vgl. dazu BAG 20.02.1973 - 5 AZB 5/73 - AP Nr. 19 zu § 518 ZPO; BAG 23.08.2001 - 7 ABR 15/01 - EzA § 518 ZPO Nr. 44; BGH 15.12.1998 - VI ZR 316/97 - MDR 1999, 625; BGH 15.11.2001 - I ZR 76/99 - NJW 2001, 932; BGH 19.02.2002 - VI ZR 394/00 - NJW 2002, 1430, 1431). Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusprechen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH 28.03.1995 - X ARZ 255/95 -, NJW-RR 1995, 764; BGH 27.11.2007 - X ZR 144/06 - Rz. 7 juris; BAG 12.02.2004 - 2 AZR 136/03 - AP Nr. 50 zu § 4 KSchG 1969).

II. Danach ist die Bezeichnung der Rechtsmittelgegnerin in der Berufungsschrift dahin auszulegen, dass sich die Berufung gegen die jetzige Beklagte richtet. Diese allein ist die Rechtsvorgängerin der erstinstanzlich verklagten Partei, zugunsten derer das angefochtene Urteil ergangen ist, das der Kläger mit seiner Berufung zu seinen Gunsten abändern lassen will. Entsprechend ist durch Beschluss der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2008 nach Anhörung der Parteien das Rubrum auf der Beklagtenseite berichtigt worden.

B.

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet.

I. Die Feststellungsklage des Klägers ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässig.

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das besondere Feststellungsinteresse nach dieser Vorschrift muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., z. B. BAG 05.06.2003 - 6 AZR 277/02 - EzA § 256 ZPO 2002 Nr. 2; BAG 17.10.2007 - 4 AZR 1005/06 - Rz. 14 juris). Das Feststellungsinteresse ist aber nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit zwischen den Parteien insgesamt beseitigt wird (st. Rspr., z. B. BAG 17.10.2007 - 4 AZR 1005/06 - Rz. 15 juris). Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen (BAG 29.11.2001 - 4 AZR 757/00 - BAGE 100, 43, 51; BAG 17.10.2007 - 4 AZR 1005/06 - Rz. 15 juris). Dies ist bei einer Eingruppierungsfeststellungsklage jedenfalls dann der Fall, wenn, wie vorliegend, nur die Eingruppierung im engeren Sinne - die Erfüllung von Tätigkeitsmerkmalen - zwischen den Parteien streitig ist (vgl. BAG 17.10.2007 - 4 AZR 1005/06 - Rz. 15 juris; vgl. auch BAG 08.06.2006 - 4 AZR 406/04 - AP Nr. 8 zu § 2 NachwG).

2. Der Zulässigkeit des Feststellungsantrages nach § 256 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG steht nicht entgegen, dass sie sich zumindest teilweise auf einen in der Vergangenheit liegenden Vergütungszeitraum bezieht (näher BAG 20.10.1993 - 4 AZR 47/93 - AP Nr. 173 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

II. Die Klage ist jedoch bezogen auf beide Anträge unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Eingruppierungsfeststellungsklage des Klägers und damit zugleich seine Leistungsklage hinsichtlich des Zinsverlangens zu Recht abgewiesen. Der Kläger erfüllt nämlich nicht sämtliche Voraussetzungen des § 16 lit. c des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifvertrages (TV-Ärzte/VKA).

1. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Vergütungsgruppe liegt beim Angestellten, der eine Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe begehrt. Soweit es um ein Heraushebungsmerkmal geht, das der Angestellte für sich in Anspruch nimmt, reicht zu einem schlüssigen Vortrag eine Darstellung seiner eigenen Tätigkeiten nicht aus, da aus der tatsächlich von dem Angestellten erbrachten Tätigkeit für sich allein genommen keine Rückschlüsse darauf möglich sind, ob sie sich gegenüber den Tätigkeitsmerkmalen einer anderen Vergütungsgruppe heraushebt. Aus diesem Grunde hat der Angestellte auch solche Tatsachen darzulegen, die den erforderlichen wertenden Vergleich mit den nicht derart herausgehobenen Tätigkeiten ermöglichen (BAG 26.01.2005 - 4 AZR 6/04 - AP Nr. 302 zu §§ 22, 23 BAT 1975 m. w. N.).

2. Bei den hier in Rede stehenden Entgeltgruppen gibt es zwar keine aufeinander aufbauenden Vergütungsgruppen und insofern auch keine Heraushebungsmerkmale im zuvor angesprochenen Sinne. Gleichwohl kann auch hier die bloße Darstellung der eigenen Tätigkeit nicht ausreichen. Da auch der Facharzt für die von ihm ausgeübten Tätigkeiten die Verantwortung trägt, muss aus dem Sachvortrag des seine Höhergruppierung nach Entgeltgruppe III beanspruchenden (Fach-)Arztes zum einen erkennbar werden, welche Tätigkeiten zu seinem Aufgabenbereich als Facharzt gehören und wieweit dementsprechend sein diesbezüglicher Verantwortungsbereich reicht. Zum anderen ist darauf fußend darzustellen, welche über diesen Verantwortungsbereich hinausgehenden Tätigkeiten bzw. Aufgaben er wahrzunehmen hat bzw. inwiefern ihm sonst über seinen als bloßer Facharzt zu verantwortenden Bereich hinausgehend ein "Mehr" an Verantwortung obliegt, wobei insoweit auch dazustellen ist, worin dieses "Mehr" an medizinischer Verantwortung besteht und wie sich deren Wahrnehmung in tatsächlicher Hinsicht darstellt.

3. Diesen Anforderungen wird der Sachvortrag des Klägers nicht gerecht. Jedenfalls ist dem Kläger nicht der Nachweis gelungen, dass ihm von der Beklagten als seiner Arbeitgeberin, wie von § 16 lit. c TV-Ärzte/VKA verlangt, die dort erwähnte medizinische Verantwortung "ausdrücklich" übertragen worden ist.

a) Das in der Entgeltgruppe III des § 16 im TV-Ärzte/VKA aufgenommene Kriterium, dass die medizinische Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung "vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen" worden sein muss, bedarf der Auslegung.

aa) Der normative Teil eines Tarifvertrages ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Zunächst ist vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne an den Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm zu berücksichtigen, sofern und soweit dieser in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil häufig nur aus ihm und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges der Sinn und Zweck zutreffend ermittelt werden kann (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAG vom 14.03.2005 - 5 AZR 475/04 - AP Nr. 192 zu § 1 TVG Auslegung m. w. N.).

bb) Bereits der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien die in Entgelttarifverträgen nicht gerade übliche Wendung "vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen" gebraucht haben, lässt darauf schließen, dass dies "aus gutem Grund" geschehen war. Hätten die Tarifvertragsparteien lediglich die (Höher-)Wertigkeit der einem Arzt übertragenen Aufgaben und ein damit einhergehendes erweitertes Maß an Verantwortung honorieren und darauf fußend einzelnen Vergütungsgruppen zuordnen wollen, hätte es der vorgenannten Wendung nicht bedurft. Insoweit hätte man die bloße Tatsache der Übertragung einer in Aufgabenbereich und Verantwortung anspruchsvolleren bzw. höherwertigen Tätigkeit (im Sinne der insoweit festgelegten Tätigkeitsmerkmale und in dem nach § 15 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA bestimmten Umfang) ausreichend sein lassen können, um für den mit einer solchen Aufgabe (dauerhaft und überwiegend) betreuten Arzt einen Vergütungsanspruch nach der entsprechend höheren Entgeltgruppe zu begründen. Die arbeitgeberseitige Eingruppierung wäre in diesen Fällen der übliche "feststellende" Akt, bei dem lediglich danach gefragt wird, ob der Arbeitnehmer nach der von ihm auszuübenden Tätigkeit die Tätigkeitsmerkmale einer bestimmten Vergütungsgruppe erfüllt, wobei ihm bejahendenfalls die Vergütung nach der entsprechenden Vergütungsgruppe zuzuerkennen ist. Letzteres haben die Tarifvertragsparteien aber offensichtlich nicht gewollt (ebenso LAG Düsseldorf 21.02.2008 - 15 Sa 1617/07 -).

cc) Auffällig ist, dass in anderen Zusammenhängen bzw. im Rahmen anderer Tarifnormen durchaus nur von (schlichter) Übertragung ohne jeden Zusatz die Rede ist. So ist z. B. in § 17 TV-Ärzte/VKA, der die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit regelt, weder bestimmt worden, dass die höherwertige Tätigkeit vom Arbeitgeber übertragen worden sein muss, noch, dass es sich um eine ausdrückliche Übertragung handeln muss. Auch in § 32 TV-Ärzte/VKA, der die Führung auf Probe betrifft, und in § 33 TV-Ärzte/VKA, der die Führung auf Zeit betrifft, ist in den jeweiligen Absätzen 3 nur von der Übertragung einer Führungsposition die Rede, wobei in den jeweiligen Absätzen 2 die Führungspositionen definiert werden als "die zugewiesenen Tätigkeiten mit Weisungsbefugnis".

dd) Aus Letzterem wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien - in Kenntnis der Abläufe in einer Klinik (vgl. dazu ArbG Düsseldorf 12.07.2007 - 14 Ca 669/07 -) - das Problem gesehen haben, welches sich daraus ergibt, dass mit der Wahrnehmung der arbeitgeberseitigen Weisungsrechte gegenüber den Ärzten durch den Klinikdirektor/Chefarzt als auch aufgrund seiner Delegations- und Organisationsbefugnisse vergütungsrechtliche und arbeitsrechtliche Folgen einhergehen können (wie z. B. bei dauerhafter Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit), was sich in vielen Fällen mit der unbestrittenermaßen ausschließlich beim Krankenhausträger liegenden Personalhoheit, d. h. der eigenen Entscheidungsbefugnis in personellen Angelegenheit, nicht verträgt (LAG Düsseldorf 21.02.2008 - 15 Sa 1617/07 -; vgl. auch Bruns, ArztRecht 2007, 60, 67).

ee) In die Entscheidungskompetenz der Krankenhausträger fällt insofern grundsätzlich auch die (Ab-)Änderung des mit dem Arzt geschlossenen Arbeitsvertrages, wie etwa die Vereinbarung neuer (zusätzlicher oder qualifizierterer) Arbeitsaufgaben mit höherem Entgeltanspruch, und umfasst deshalb auch Tatbestände, die man - bezogen auf den vorliegenden Fall - auch als "Beförderung" des Facharztes zum Oberarzt im tariflichen Sinne umschreiben könnte.

ff) Zu bedenken ist, dass eine derartige zu einer Höhergruppierung führende Vertragsänderung - abgesehen von den diesbezüglichen Mehrkosten und abgesehen von eventuellen Mitbestimmungsrechten der Personalvertretung insoweit - für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen rechtliche Konsequenzen nach sich zieht. Zu diesen gehört z. B., dass das neue Aufgabengebiet künftig den Umfang und die Grenzen des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts bestimmt und (in der Regel) eine dauerhafte Zuweisung unterwertiger Tätigkeiten ausschließt. Der neue Arbeitsvertrag begründet für den betroffenen Arzt eine Rechtsposition, die ihm einseitig vom Arbeitgeber (kraft Direktionsrechts) nicht mehr entzogen werden kann. Auf der anderen Seite wirkt sich der neue Arbeitsvertrag zum Nachteil des Angestellten regelmäßig auswahlbegrenzend bei der Sozialauswahl im Rahmen betriebsbedingter Kündigungen aus (so LAG Düsseldorf 21.02.2008 - 15 Sa 1617/07 - unter Hinweis auf BAG 17.09.1998 - 2 AZR 725/07 - AP Nr. 36 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl).

gg) Die Kollision zwischen den Weisungsrechten des Klinikdirektors/Chefarztes einerseits einschließlich seiner Befugnis, Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf die ihm unterstellten Ärzte zu übertragen und den eigenen Entscheidungsbefugnissen des Krankenhausträgers in personellen Angelegenheiten andererseits haben die Tarifvertragsparteien dahingehend gelöst, dass sie für Oberärzte und leitende Oberärzte in den Fällen einer dauerhaften vergütungsrelevanten Aufgabenübertragung im Sinne der Entgeltgruppe III und Entgeltgruppe IV mit der Wendung "vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen" einen entsprechenden "Entscheidungsvorbehalt" des Krankenhausträgers statuiert haben (so schon LAG Düsseldorf 21.02.2008 - 15 Sa 1617/07 -).

hh) Dies mag zwar der gängigen Eingruppierungssystematik widersprechen, die sich in der Regel nur an der Erfüllung bestimmter Merkmale der dem Arbeitnehmer übertragenen und von ihm auszuübenden Tätigkeit (oder auch an bestimmten in seiner Person zu erfüllenden Voraussetzungen) orientiert, ohne als zusätzliches Kriterium eine diesbezügliche - ausdrücklich getroffene und so auch verlautbarte - personelle Entscheidung des Arbeitgebers zu fordern. Einen Einzelfall - zumal im Krankenhausbereich - stellt diese "Eingruppierungssystematik" jedoch auch nicht dar, wie etwa die in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.10.1995 (4 AZR 479/94 - AP Nr. 207 zu §§ 22, 23 BAT 1975) angesprochenen Fälle der im BAT in einzelnen Verfügungsgruppen geforderten "ausdrücklichen Anordnung" zeigen.

b) Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der Krankenhausträger in seinem Falle (selbst) entschieden hätte, ihm die medizinische Verantwortung für die Koronarbetreuung im "Operativen Bereich" der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie zu übertragen und in Ausführung dieser Entscheidung durch den Krankenhausträger eine solche Übertragung dann auch "ausdrücklich" stattgefunden hat.

aa) Der am 30.04.2002 in Unkenntnis des erst vier Jahre später abgeschlossenen TV Ärzte/VKA geschlossene Arbeitsvertrag gibt für die hier in Rede stehende Verantwortungsübertragung nichts her. Im Gegenteil lässt sich dem Umstand, dass mit der im Arbeitsvertrag vom 30.04.2002 vereinbarten Weiterbeschäftigung als Oberarzt keinerlei Veränderung der bisherigen im Arbeitsvertrag vom 16.11.2001 geregelten Vergütung (jeweils Vergütungsgruppe 1 b BAT) verbunden war, entnehmen, dass die Weiterbeschäftigung als "Oberarzt" arbeitgeberseitig "vergütungsneutral" gedacht war. Auch enthält dieser Vertrag keine Vereinbarung zur Übertragung von Aufgaben oder Verantwortlichkeiten, die man (im Nachhinein) der Entgeltgruppe III zuordnen könnte.

bb) Eine Verantwortungsübertragung durch den seinerzeitigen Chefarzt Prof. Dr. med. H. kann vorliegend nach Auffassung der Kammer nicht ausreichen. Unabhängig von der Frage, inwieweit der Chefarzt vor Inkrafttreten des neuen Tarifvertrages durch Ausübung seiner Organisations- und Weisungsbefugnisse arbeitsrechtlich bindende (und so auch für die Beklagte verbindliche) Tatbestände schaffen konnte, ist diese Möglichkeit jedenfalls mit dem Inkrafttreten des neuen Tarifvertrages ab 01.08.2006 im Hinblick auf eine Verantwortungsübertragung im Sinne der Entgeltgruppe III nicht mehr gegeben, da nunmehr eine diesbezügliche ausdrückliche arbeitgeberseitige personelle Entscheidung erforderlich ist. Aus dem von dem leitenden Oberarzt M.B.B.Ch. J. G. nach dem Ausscheiden von Prof. Dr. med. H. gefertigten Organigramm kann entgegen der Auffassung des Klägers allenfalls auf eine konkludente arbeitgeberseitige Übertragung der medizinischen Verantwortung der Koronarbetreuung geschlossen werden. Diese reicht aber gerade nicht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 16 lit. c TV-Ärzte/VKA aus (ebenso Anton ZTR 2008, 184, 188).

III. Die Berufung des Klägers ist auch deshalb unbegründet, weil sein Feststellungs- und damit Leistungsbegehren auch nicht auf eine andere Rechtsgrundlage als den TV-Ärzte/VKA gestützt werden kann.

1. Soweit sich der Kläger in seinem Schriftsatz vom 13.06.2008 auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beruft, der dem Arbeitgeber eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage verbietet (vgl. nur BAG 14.03.2007 - 5 AZR 420/06 - EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 12; BAG 28.03.2007 - 10 AZR 261/06 - EzA § 611 BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 21), hat der Kläger nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass die Beklagte gleiche Sachverhalte ohne rechtfertigenden Grund ungleich behandelt hat. Der Kläger selbst hat - völlig zu Recht - vorgetragen, dass die Eingruppierung anhand der tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten vorzunehmen ist. Er hat selbst nicht einen als Oberarzt eingruppierten Arzt namentlich benannt, der dieselbe Tätigkeit ausübt wie er selbst.

2. Soweit sich der Kläger in seinem Schriftsatz vom 13.06.2008 außerdem auf die Anzeige der I. Kliniken Gruppe im Deutschen Ärzteblatt, Heft 18/2008 beruft, ist nicht erkennbar, auf welche Anspruchsgrundlage er hier sein Eingruppierungsverlangen stützt. Ein rechtsgeschäftliches Anerkenntnis mit dem vom Kläger für sich reklamierten Inhalt kann in dieser Anzeige nicht gesehen werden. Hierfür hätte es einer näheren Begründung durch den Kläger bedurft.

IV. Da der Kläger nach den vorstehenden Ausführungen keinen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe III Stufe 2 (Oberärztin/Oberarzt) des TV-Ärzte/VKA hat, kann er auch nicht gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB Verzugszinsen auf die Vergütungsdifferenz zwischen der Entgeltgruppe II des TV-Ärzte/VKA und der Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA verlangen.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die Kammer hat die Revision für den Kläger wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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