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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.05.2009
Aktenzeichen: 13 Sa 1492/08
Rechtsgebiete: EuGVVO


Vorschriften:

EuGVVO Art. 19 Nr. 2 a
Zum gewöhnlichen Arbeitsort eines Binnenschiffers
Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 28.08.2008 - 2 Ca 2684/07 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Berufung - an das Arbeitsgericht Duisburg zurückverwiesen.

3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine beklagtenseits aus personenbedingten Gründen ausgesprochene Kündigung.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit April 2003 als Binnenschiffer/Matrose gegen eine Monatsbruttovergütung von 1.766,96 € angestellt. Die Beklagte ist ein Unternehmen der J. Reederei-Gruppe und beschäftigt etwa 195 Mitarbeiter. Sie hat ihren Sitz in Luxemburg. Dort unterhält sie ein Büro, in welchem vier Mitarbeiter die Aufgaben der Personalverwaltung und Buchhaltungstätigkeiten wahrnehmen. Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildete zuletzt der vom Kläger in dem Luxemburger Büro unterzeichnete Arbeitsvertrag vom 30. Dezember 2003, auf dessen Inhalt im Einzelnen verwiesen wird. Der Geschäftsführer der Beklagten erbringt einen Teil seiner Tätigkeit in dem Luxemburger Büro, den anderen Teil in Räumen eines anderen Konzernunternehmens in Duisburg. Die Beklagte bereedert Binnenschiffe, welche im Eigentum der Konzernmutter stehen. Die Schiffe fahren unter deutscher Flagge. Die Beklagte ist nach luxemburgischem Recht die Inhaberin der Ausrüsterbescheinigung, welche sie berechtigt, das Schiff mit Personal nach luxemburgischem Recht zu besetzen. Der Kläger war auf einem Schubschiff eingesetzt, welches im sogenannten "Continue-Betrieb" den Rhein zwischen Duisburg und Rotterdam befuhr. Der Rhein fließt auf dieser Strecke zu einem Drittel auf deutschem und zu zwei Dritteln auf niederländischem Staatsgebiet. Im "Continue-Betrieb" schiebt das Schubschiff mit Erz beladene Leichter von Rotterdam nach Duisburg, liefert diese ab, nimmt leere Leichter auf, schiebt diese zurück nach Rotterdam und so fort. Dabei fährt das Schubschiff rund um die Uhr. Landgänge der Besatzung finden nicht statt. An Bord befinden sich jeweils drei Besatzungen, die im Schichtbetrieb tätig sind. Die Arbeitnehmer haben im Wechsel jeweils zwei Wochen Dienst und sodann zwei Wochen frei. Aufgrund einer Anweisung der Beklagten haben sich die Arbeitnehmer zu Beginn der zweiwöchigen Arbeitsschicht zunächst um 11:00 Uhr an einer Bäckerei im Duisburger Hauptbahnhof einzufinden. Von dort wird telefonisch erfragt, wo sich das Schiff gerade befindet und sodann verabredet, an welcher Stelle der Wechsel der Schiffsbesatzungen stattfinden soll. Zwischen Duisburg und Rotterdam existieren etwa 15 bis 20 Haltepunkte, an denen ein Wechsel der Schiffsbesatzung möglich ist. Mit einem von der Beklagten bezahlten Taxi fahren die Arbeitnehmer dann zu der verabredeten Stelle und gehen an Bord. Teilweise reist auch einer der Arbeitnehmer mit einem beklagtenseits gestellten Leihfahrzeug zum Duisburger Hauptbahnhof an, nimmt die Kollegen dort auf und fährt mit ihnen zur verabredeten Stelle. Die von Bord gehende Besatzung wiederum fährt mit dem Taxi beziehungsweise dem Leihwagen zum Duisburger Hauptbahnhof. Die Beklagte hat den Duisburger Hauptbahnhof als Treffpunkt ausgewählt, weil er bezogen auf die Orte, an denen auf der Rheinstrecke zwischen Duisburg und Rotterdam ein Wechsel der Schiffsbesatzungen möglich ist, für die aus dem ganzen Bundesgebiet anreisenden Arbeitnehmer am verkehrsgünstigsten gelegen ist. Betriebsversammlungen der Beklagten fanden ebenfalls in Duisburg statt. Auf den Schubschiffen wurde ausschließlich deutsch gesprochen.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31. Dezember 2007, für den Fall, dass der Kläger nicht ab Januar 2008 an einer Umschulungsmaßnahme teilnehme, zum 15. Februar 2008.

Mit seiner am 19. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht Duisburg eingegangenen Klage hat der Kläger sich gegen die Kündigung gewendet.

Er hat behauptet, er sei regelmäßig in Duisburg an bzw. von Bord gegangen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die unter dem 10. Dezember 2007 verfassten Kündigungen weder zum 31. Dezember 2007 noch zum 15. Februar 2008 sein Ende finden wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gerügt, die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben.

Mit Urteil vom 28. August 2008, auf dessen Inhalt im Einzelnen verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen.

Gegen das ihm am 30. September 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Oktober 2008 Berufung eingelegt und diese mit einem am 13. November 2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 28. August 2008 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Duisburg, Aktenzeichen 2 Ca 2684/07 festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die unter dem 10. Dezember 2007 verfasste Kündigung der Beklagten weder zum 31. Dezember 2007 noch zum 15. Februar 2008 sein Ende gefunden hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, unter Beachtung der Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Insbesondere entspricht die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 ZPO. Zwar verwechselt der Kläger in der Berufungsbegründung die örtliche mit der internationalen Zuständigkeit. Die Zulässigkeit der Berufung setzt jedoch nicht deren Schlüssigkeit voraus. Jedenfalls mit seiner Argumentation, § 48 Abs. 1 a ArbGG stelle eine Spezialnorm zu den Vorschriften der EuGVVO dar, hat der Kläger das angefochtene Urteil in einer den formalen Anforderungen an eine Berufungsbegründung entsprechenden Art und Weise angegriffen.

II.

Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Anders als das Arbeitsgericht ist die Berufungskammer der Auffassung, dass die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit gegeben ist. Auf den Antrag des Klägers war daher der Rechtsstreit an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO, um den Parteien die Möglichkeit zu geben, zur Frage, welches Recht anwendbar ist, sowie zum Kündigungssachverhalt ergänzend vorzutragen.

Die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit folgt aus Art. 19 Nr. 2 a der am 1. März 2002 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO, ABl. EG 2001 L 12/1 ff.).

1.

Danach ist die Klage eines Arbeitnehmers auch vor dem Gericht des Ortes in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Sitzes des Arbeitgebers zulässig, wenn der Arbeitnehmer dort gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Die Vorschrift regelt neben der internationalen zugleich auch die örtliche Zuständigkeit. Die Verordnung hat weitgehend das Brüsseler Abkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (Brüssel I-Übereinkommen oder EuGVÜ genannt) ersetzt. Schon während der Geltung des EuGVÜ wurden als Ausfluss der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Regelungen in dieses aufgenommen, die Arbeitnehmerinteressen Rechnung tragen sollten. Die EuGVVO hat dieses Schutzsystem ausgebaut (Müller, Die internationale Zuständigkeit deutscher Arbeitsgerichte und das auf den Arbeitsvertrag anwendbare Recht, Diss. Bielefeld 2004, Seite 2 f.).

Der Begriff des gewöhnlichen Arbeitsortes ist weder in der EuGVVO noch in der Vorgängerregelung definiert. Art. 19 Nr. 2 a EuGVVO ist insofern autonom auszulegen, also ohne Berücksichtigung deutschen Rechts (vgl. EuGH 27. Februar 2002 - Rs. C-37/00 - NZA 2002, 459 "Weber" zur Vorläuferregelung). Aus der geschilderten Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Norm ergibt sich, dass es sich um eine Schutzvorschrift zugunsten der Arbeitnehmer handelt. Bereits unter Geltung des EuGVÜ hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, bei einem im Hoheitsgebiet mehrerer Vertragsstaaten erfüllten Arbeitsvertrag sei angesichts der Notwendigkeit, den Ort zu bestimmen, mit dem der Rechtsstreit die engste Verknüpfung aufweist, um so das zur Entscheidung des Rechtsstreits aufgrund seiner Lage am besten geeignete Gericht zu bezeichnen, und dem Arbeitnehmer als der sozial schwächeren Partei einen angemessenen Schutz zu gewährleisten sowie eine Häufung von Gerichtsständen zu vermeiden, die Zuständigkeitsregelung so auszulegen, dass sie sich auf den Ort bezieht, an dem oder von dem aus der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls den wesentlichen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber seinem Arbeitgeber tatsächlich erfüllt (EuGH 27. Februar 2002 - Rs. C-37/00 - NZA 2002, 459 "Weber"). Die EuGVVO geht dabei davon aus, dass der Arbeitnehmer dort, wo er arbeitet, auch mit dem geringsten Kostenaufwand die Gerichte anrufen kann, und will ihm deshalb dort den Gerichtsstand eröffnen. Der gewöhnliche Arbeitsort ist vor diesem Hintergrund zu suchen. Das maßgebliche Kriterium, das zur Bestimmung des gewöhnlichen Arbeitsorts heranzuziehen ist, ist grundsätzlich der Ort, an dem der Arbeitnehmer den größten Teil seiner Arbeitszeit für den Arbeitgeber geleistet hat. Anders verhält es sich jedoch, wenn angesichts der tatsächlichen Umstände des jeweiligen Einzelfalls der Gegenstand des Rechtsstreits engere Verknüpfungen mit einem anderen Arbeitsort aufweist; in einem solchen Fall ist dieser Ort maßgeblich (EuGH 27. Februar 2002 - Rs. C-37/00 - NZA 2002, 459 "Weber"). Bei der Würdigung der Umstände des Einzelfalls ist dem Erfordernis, dem Arbeitnehmer als der sozial schwächeren Vertragspartei einen angemessenen Schutz zu gewährleisten, gebührend Rechnung zu tragen (EuGH 9. Januar 1997 - Rs. C-383/95 - NZA 1997, 225 "Rutten"). Die Vorschrift spiegelt die Notwendigkeit wider, dass der Arbeitnehmer in dem Umfeld Zugang zu den Gerichten hat, das ihm am geeignetsten erscheint; es geht letzten Endes darum, den Gerichtsstand näher an den Kläger heranzubringen. Die gegebenen Bande mit einem Hoheitsgebiet dienen bei der Suche nach einem Umfeld, das den Rechtsschutz des Arbeitnehmers gewährleistet, als Bezugspunkt. Der Ort der "gewöhnlichen Verrichtung" ist derjenige, zu dem der Rechtsstreit das wichtigste Anknüpfungselement aufweist. In einem arbeitsrechtlichen Zusammenhang, in dem über den geeigneten Gerichtsstand für die Geltendmachung seiner Rechte durch einen Arbeitnehmer gestritten wird, ist unvermeidbar, den Sachverhalt zu untersuchen und dabei die rechtliche und persönliche Situation des Arbeitnehmers zu würdigen. Unter diesen Voraussetzungen stellt das Umfeld, das dem Arbeitnehmer am nächsten ist, den gerechtesten Anknüpfungspunkt dar (Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 3. Juni 2008 in der Rechtssache C-310/07, Juris, "Svenska staten").

Eine organisatorische Zuordnung zu einer konkreten Niederlassung und eine (teilweise) Eingliederung in die betreffende Organisationsstruktur sind für den gewöhnlichen Arbeitsort nicht erforderlich. Das Gesetz knüpft nach seinem Wortlaut gerade nicht an eine organisatorische Zuordnung, sondern an den Ort der tatsächlichen Ausführung der geschuldeten Arbeitsleistung an (BAG 12. Dezember 2001 - 5 AZR 255/00 - NZA 2002, 734 zu B I 2 a aa der Gründe, allerdings zur wortgleichen Regelung in Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB).

2.

Danach liegt der gewöhnliche Arbeitsort des Klägers in Deutschland. Unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls ist davon auszugehen, dass er von dort aus seiner Arbeit nachgeht.

Zwar liegen zwei Drittel der Fahrstrecke des Schubschiffs, auf dem der Kläger seine Arbeitsleistung erbracht hat, auf niederländischem Hoheitsgebiet. Arbeitsgerichte befinden sich jedoch nicht auf Flüssen, sondern an Land. Zwar mag man dennoch grundsätzlich als gewichtigen Umstand bei der Ermittlung des gewöhnlichen Arbeitsortes von Binnenschiffern die Frage ansehen, im Territorialsockel welchen Staates das befahrene Gewässer gelegen ist (vgl. Rauscher-Mankowski Europäisches Zivilprozessrecht 2. Aufl., Art 19 Brüssel I-VO RN 9 a; Zöller ZPO 27. Aufl., Anh I Art 19 EG-VO Zivil- und Handelssachen RN 9). Die Verbindung des Klägers mit dem niederländischen Festland ist aber ausschließlich "schwimmend" und damit eine im Hinblick auf die vorzunehmende Betrachtung nur äußerst lose. Während der zweiwöchigen Arbeitsschicht betritt er das niederländische Festland allenfalls, wenn der Wechsel der Schiffsbesatzung von dort aus stattfindet. Aufgrund des Umstands, dass der Kläger jedoch auch in diesen Fällen auf Anweisung der Beklagten die Arbeit von Duisburg aus antritt, ist Duisburg der einzige Ort, an welchem der Kläger tätig wird, wo er ohne größeren Aufwand eine Klage erheben kann. Die Beklagte selbst beruft sich darauf, Duisburg aus sozialen Gründen zum Treffpunkt für die Arbeitnehmer bestimmt zu haben. Konsequenterweise hat sie in Duisburg und nicht etwa in Luxemburg oder auf niederländischem Staatsgebiet auch die Betriebsversammlungen abgehalten. Damit hat sie nicht nur eine unbedeutende Verbindung zwischen den vertraglichen Pflichten des Klägers und Duisburg geschaffen. Hintergrund ist gerade die im Vergleich zur übrigen Fahrstrecke bessere Erreichbarkeit von Duisburg. Auf dieses Kriterium der Erreichbarkeit stellt die EuGVVO nach Auffassung der Kammer bei dem Merkmal des gewöhnlichen Arbeitsortes gerade entscheidend ab. Soweit das Arbeitsgericht meint, der Kläger könne dort klagen, wo er die meiste Zeit gearbeitet habe, nämlich in den Niederlanden, vernachlässigt dies nach Auffassung der Berufungskammer den Umstand, dass die von Art. 19 Nr. 2 a EuGVVO geforderte Verbindung des (mit der Arbeitsleistung zusammenhängenden) Umfelds des Klägers mit dem niederländischen Staatsgebiet mangels Landgang nicht existiert.

Außerdem fährt das Schubschiff, auf welchem der Kläger eingesetzt wurde, unter deutscher Flagge. Die Schiffsflagge stellt ein Erkennungszeichen für die Staatsangehörigkeit eines Schiffes dar. Die deutsche Bundesflagge dürfen nur Schiffe führen, deren Eigner Deutsche sind bzw. juristische Personen, bei denen Deutsche die Mehrheit im Vorstand oder in der Geschäftsführung stellen. Damit bilden solche Schiffe zwar keinen Teil des deutschen Hoheitsgebiets, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat. Es ist jedoch ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass der gewöhnliche Arbeitsort des Klägers einen größeren Bezug zum deutschen Staatsgebiet hat, obwohl das Schiff sich die meiste Zeit auf niederländischem Hoheitsgebiet bewegt (zur internationalen Seeschifffahrt vgl. BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - NZA 2008, 761).

Weshalb ein niederländisches Arbeitsgericht am besten zur Entscheidung des Rechtsstreits in der Lage sein soll, nur weil der Kläger - ohne während der Arbeit jemals an Land zu gehen - auf einem Schiff arbeitet, das überwiegend auf niederländischem Hoheitsgebiet schwimmt, erschließt sich der Berufungskammer nicht. Auch dies zeigt die äußerst geringe Verbindung des Arbeitsverhältnisses zum niederländischen Staatsgebiet.

Hingegen spricht vorliegend alles dafür, dass die Beklagte auf dem deutschen Arbeitsmarkt hypothetisch Ersatz für den Kläger rekrutieren würde (für die Maßgeblichkeit dieses Kriteriums Mankowski AR-Blattei 160.5.5). Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte Duisburg als zentrale Anlaufstelle eingerichtet hat und dass an Bord deutsch gesprochen wird. Auch hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer erklärt, zu Zeiten der Beschäftigung des Klägers sei neben deutschen Arbeitnehmern nur ein niederländischer Mitarbeiter auf dem Schubschiff eingesetzt gewesen.

Legte man bei Binnenschiffern wie dem Kläger, die aufgrund des "Continue-Betriebs" auf einem Schubschiff nur zu Beginn und zum Ende ihrer zweiwöchigen Schicht Landberührung haben, das Hauptaugenmerk darauf, auf welchem Staatsgebiet sie den Hauptteil ihrer Arbeitszeit verbringen, liefe der Gerichtsstand des Art. 19 Nr. 2 a EuGVVO zudem leer. Denn "das Gericht des Ortes" seines gewöhnlichen Arbeitsortes ließe sich für den Kläger in den Niederlanden nicht finden, da er auch dort seine Arbeitsleistung ständig an einem anderen Ort erbringt. Zwar mag es auch Arbeitnehmergruppen geben, bei denen aufgrund der Eigenart ihrer Tätigkeit ein gewöhnlicher Arbeitsort iSd. Art. 19 Nr. 2 a EuGVVO nicht feststellbar ist wie zB bei Montagearbeitern. Der Schutzzweck der Vorschrift gebietet es jedoch, ein solches Ergebnis möglichst zu vermeiden. Soweit das Arbeitsgericht darauf verweist, der Kläger sei dadurch geschützt, dass er nach Art. 19 Nr. 2 b EuGVVO am Ort der einstellenden Niederlassung in Luxemburg klagen könne, würdigt es nach Auffassung der Berufungskammer nicht hinreichend den besonderen Schutzzweck des Art. 19 Nr. 2 a EuGVVO, dem Arbeitnehmer einen Gerichtsstand mit dem für ihn relativ geringsten Kostenaufwand zu sichern.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Kammer hat für die Beklagte die Revision an das Bundesarbeitsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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