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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.09.2001
Aktenzeichen: 17 (10) Sa 825/01
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 1
Wenn eine Konzernbetriebsvereinbarung in künftige, noch nicht erdiente Zuwächse einer Altersversorgungszusage eingreift, ist hinsichtlich der hierfür erforderlichen sachlich-proportionalen Gründe allein auf die objektive Lage zum Zeitpunkt des Abschlusses der Konzernbetriebsvereinbarung, nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Partner der Konzernbetriebsvereinbarung abzustellen.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am: 12.09.2001

Geschäftsnummer: 17 (10) Sa 825/01

In dem Rechtsstreit

hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12.09.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Grigo als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Kudella und den ehrenamtlichen Richter Meiwald

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 21.03.2001 - 8 Ca 3162/00 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Die Parteien streiten über Grundlagen und Umfang einer betrieblichen Altersversorgung. Der Kläger will vorrangig festgestellt wissen, dass seine Betriebsrentenansprüche, auf die er eine unverfallbare Anwartschaft hat, nicht - wie die Beklagte meint - durch Betriebsvereinbarungen geschmälert worden sind.

Der Kläger, geboren am 20.11.1948, war vom 01.03.1975 bis zum 31.01.1999 bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen als Konstrukteur beschäftigt.

Am 01.03.1975 war er in die Dienste der Firma Q. L. Rohrleitungsbau GmbH (im folgenden: L. GmbH) getreten. In dem vom 28.02./03.03.1975 datierten Arbeitsvertrag heißt es zu Ziffer 5:

" Wir gewähren Ihnen zusätzliche Sozialleistungen wie Altersversorgung.... im Rahmen der jeweils geltenden Betriebsvereinbarungen bzw. der gültigen Richtlinien."

Die Grundsätze, nach denen die Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung der Betriebsangehörigen geregelt wurde, enthielt die Versorgungsordnung der L. GmbH vom 09.12.1965 - mit Nachtrag vom 30.10.1970 (im folgenden: VO 65), zu der Versorgungsrichtlinien erlassen waren (im folgenden: VRL 65). Die Renten waren dienstzeit- und entgeltabhängig bemessen. Die Rente sollte für jedes rentenfähige Dienstjahr 2 % der Hälfte des rentenfähigen Arbeitsverdienstes abzüglich der anrechnungsfähigen Sozialrenten betragen. Maximal anrechnungsfähig waren 25 Dienstjahre. Der rentenfähige Arbeitsverdienst war definiert als das am letzten Bilanzstichtag vor Eintritt des Versorgungsfalles maßgebliche monatliche Grundgehalt - diese Bemessungsgröße tragen die Parteien übereinstimmend für den Kläger mit 8.500,00 DM vor.

Nach Eintritt des Klägers in die Dienste der L. GmbH kam es zu mehreren gesellschaftsrechtlichen Veränderungen und Betriebsübergängen, durch die das Arbeitsverhältnis letztlich auf die Beklagte überging: die L. GmbH wurde zum 01.01.1985 mit der Firma B. Mineralölbau zur B.-L. Anlagen- und Rohrleitungsbau GmbH und diese Gesellschaft mit der G. M. GmbH verschmolzen, deren Firma am 06.05.1986 in M. GmbH geändert und am 22.05.1986 in die M. AG umgewandelt wurde, die Muttergesellschaft des M.Konzerns, zu dem sechs weitere Tochterunternehmen zählten. Im Wege der Neustrukturierung des M.-Konzerns erfolgte zum 01.10.1992 die Ausgliederung einer "M.-Anlagen- und Rohrleitungsbau GmbH", die später in die jetzige Beklagte umfirmierte, bei der der Kläger zuletzt im Werk S. tätig war.

In den zum M.-Konzern gehörenden Unternehmen bestanden unterschiedlich ausgestaltete Versorgungswerke. Mit dem Konzernbetriebsrat wurde jahrelang über eine konzerneinheitliche Altersversorgung, u.a. unter Einbeziehung bislang unversorgter Mitarbeiter verhandelt. Ein Beratungsinstitut für betriebliche Altersversorgung erstellte am 11.03.1985 ein versicherungsmathematisches Gutachten "über die Pensionsverbindlichkeiten der M.-Gruppe zum 31.12.1983 ff.", ein Anschlussgutachten vom 22.08.1985 und am 30.08.1988 ein weiteres Gutachten "über die Pensionsverbindlichkeiten der M.Gruppe zum 31.12.1988 und 31.12.1998".

Auf diese Gutachten gestützt schlossen Konzernleitung und Konzernbetriebsrat am 02.01.1989 eine Konzernbetriebsvereinbarung, den "Pensionsplan der M. AG, E., und der dem Pensionsplan angeschlossenen Gesellschaften der L-Gruppe" (im folgenden: PP 89). Der PP 89 sah ab dem 01.01.1989 für die begünstigten Mitarbeiter an Betriebsrente einen monatlichen Festbetrag je anrechnungsfähigem Dienstjahr von 5,90 DM vor. Im Jahre 1993 wurde der Betrag rückwirkend auf 6,90 DM erhöht. Nach § 16 PP 89 erhielten Mitarbeiter, denen einzelne Unternehmen bereits Versorgungszusagen erteilt hatten, die bis zum 01.01.1989 erdienten Besitzstände zugesichert. Für den Kläger sollte insoweit der Besitzstands-Nachtrag K zum Tragen kommen. Auf Betriebsebene schloss die Beklagte zudem am 04.11.1998 eine Betriebsvereinbarung, die die Versorgungsanwartschaften auf der Basis des PP 89 und der Besitzstandsnachträge zum 31.12.1998 festschrieb (im folgenden: BV 98).

Der Kläger sieht seine Versorgungsanwartschaft durch die Betriebsvereinbarungen in unzulässiger Weise erheblich verschlechtert. Dazu hat er der Berechnung der Beklagten auf Grundlage des PP 89 und der BV 98, nach der er eine Altersrente in Höhe von 263,22 DM zu erwarten hat, eigene Berechnungen entgegengestellt mit einem Betrag von voraussichtlich 883,95 DM.

Er ist der Auffassung, der PP 89 habe seine günstigeren Versorgungsansprüche nicht abzulösen vermocht. Nach der Rechtsprechung des BAG sei die Ablösung seiner Versorgungszusage, die auf einer sog. Gesamtzusage beruhe, durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung allein dann möglich, wenn die Neuregelung insgesamt bei kollektiver Betrachtung nicht ungünstiger sei. Diese Beurteilung müsse unternehmensbezogen vorgenommen werden - hier sei die Neuregelung eklatant schlechter. Von einer kollektiv betrachtet nicht ungünstigeren Regelung könne aber selbst dann keine Rede sein, wenn ein konzernweiter Vergleichsrahmen zulässig wäre. Der PP 89 bezwecke Einsparungen im konzernbezogenen Gesamtvolumen der Versorgungslasten. Seine Versorgungsansprüche seien auch nicht etwa mit dem Vorbehalt einer Ablösung durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung verknüpft, die eine Verschlechterung nach erleichterten Maßstäben zuließe. Weder in Ziff. 5 des Arbeitsvertrages vom 28.02./03.03.1975 noch in der VO 65 oder in den VRL 65 sei der Vorbehalt aufgenommen, dass eine spätere Betriebsvereinbarung den Vorrang habe. Die in der Rechtsprechung für einen solchen Fall entwickelten "Schranken-Trias" dahingehend, dass wichtige Gründe für Eingriffe in den erdienten Besitzstand, für solche in die erdiente Dynamik triftige und für Eingriffe in künftige Zuwächse sachlich proportionale Gründe bestehen müssten, komme von daher nicht zur Anwendung. Selbst wenn dies anders zu beurteilen wäre, lägen nicht einmal sachlich proportionale Eingriffsgründe vor. Überdies habe die Beklagte ihrer Berechnung nicht durchgängig eine mögliche Betriebszugehörigkeit bis zum 65. Lebensjahr zugrundelegen dürfen. Für die Zeit nach dem 17.05.1990 müsse nach der Rechtsprechung des EuGH das für Frauen günstigere Rentenzugangsalter von 60 Jahren zugrundegelegt werden.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass dem Kläger gegen die Beklagte auf der Grundlage der "Versorgungsordnung der Firma Q. L. mit Rohrleitungsbau GmbH, E., vom 09.12.1965" in Verbindung den "Versorgungsrichtlinien zur Versorgungsordnung vom 09.12.1965" eine Versorgungsanwartschaft auf Altersrente in Höhe des Teils der Hälfte von 50 % des rentenfähigen Arbeitsverdienstes abzüglich 50 % der Sozialversicherungsrente zusteht, der dem Verhältnis seiner tatsächlichen Dienstzeit vom 01.03.1975 bis zum 31.01.1999 zur ab dem 01.03.1975 für ihn erreichbaren Dienstzeit entspricht, wobei die erreichbare Dienstzeit für den vom 01.03.1975 bis zum 17.05.1990 erdienten Teil der Versorgungsanwartschaft vom 01.03.1975 bis zum 31.01.2013 zu berechnen ist und für den vom 18.05.1990 bis zum 31.10.1999 erdienten Teil der Versorgungsanwartschaft vom 01.03.1975 bis zum 31.10.2008 zu berechnen ist,

2. hilfsweise festzustellen, dass dem Kläger gegen die Beklagte eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung des Inhalts zusteht, dass

a) für die Anwartschaft die "Versorgungsordnung der Firma Q. L. Rohrleitungsbau GmbH, E., vom 9. Dezember 1965 " in Verbindung mit den "Versorgungsrichtlinien zur Versorgungsordnung vom 9. Dezember 1965" maßgeblich ist,

b) der gemäß Konzernbetriebsvereinbarung vom 02.01.1989 eingeführte "Pensionsplan der M. AG und Tochterunternehmen" nebst "Besitzstandsnachtrag (Pensionsregelung K)" für sie nicht maßgeblich ist,

c) als erreichbare Dienstzeit für den bis zum 17.05.1990 erdienten Teil der Versorgungsanwartschaft der Zeitraum vom 01.03.1975 bis 31.10.2013 anzusetzen ist und für den nach dem 17.05.1990 erdienten Teil der Versorgungsanwartschaft der Zeitraum vom 01.03.1975 bis zum 31.10.2008,

3. hilfsweise festzustellen,

a) dass die vom Kläger im Zeitraum vom 01.03.1975 bis 31.12.1988 erdiente Teilanwartschaft auf betriebliche Altersversorgung (Rententeil A) aus dem Verhältnis zwischen der vom 01.03.1975 bis 31.12.1988 erreichten Dienstzeit und der vom 01.03.1975 bis 31.10.2013 erreichbaren Dienstzeit zu errechnen ist und nicht anschließend erneut im Verhältnis der Dienstzeit vom 01.03.1975 bis 31.12.1998 zur erreichbaren Dienstzeit vom 01.03.1975 bis 31.10.2013 reduziert werden darf,

b) dass die vom 01.01.1989 bis 31.01.1999 erdiente Teilanwartschaft auf betriebliche Altersversorgung (Rententeil B) aus dem Verhältnis zwischen der vom 01.01.1989 bis 31.01.1999, hilfsweise: vom 01.01.1989 bis 31.12.1998 erreichten Dienstzeit und der vom 01.01.1989 bis 31.10.2013 erreichbaren Dienstzeit zu errechnen ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Klage begegne bereits Zulässigkeitsbedenken; derzeit sei die vom Kläger begehrte Feststellung noch nicht geboten. Der PP 89 habe ansonsten die Versorgungszusage des Klägers nach Maßgabe der VO 65 wirksam abgelöst. Die Möglichkeit der Ablösung seiner auf einer Gesamtzusage beruhenden Versorgungsansprüche durch eine spätere Betriebsvereinbarung sei mit Ziff. 5 des Arbeitsvertrages vereinbart worden. Zusätzlich habe Ziff. XI der VO 65 auf eine Abänderungsmöglichkeit verwiesen, wenn es dort heiße: "Die Firma behält sich vor, die Versorgungsordung zu ändern bzw. die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, dass ihr eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann. "Für die Ablösung hätten auch schwerwiegende Gründe bestanden. Anlass der Schließung der bis dahin bestehenden Versorgungswerke sei nicht zuletzt der Druck der Belegschaft und der Betriebsräte gewesen. Aus Gründen der Gleichbehandlung der Mitarbeiter habe eine konzerneinheitliche Versorgung geschaffen werden müssen. Den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes sei durch die Besitzstandsregelungen Rechnung getragen worden. Die Aufrechterhaltung der früheren Versorgungswerke hätte zu einer drastischen Steigerung des Versorgungsaufwandes geführt und im Interesse der Erhaltung der Versorgungszusagen - und nicht zuletzt der Arbeitsplätze - zum Handeln gezwungen. So wären allein für den Kreis der Mitarbeiter mit einer Versorgung nach der VO 65 die Rückstellungen nach der VO 65 von 19 Mio. DM im Jahre 1985 auf voraussichtlich 73 Mio. DM im Jahre 1997 "explodiert". Die Neuregelung habe zudem insgesamt keine Nachteile für die Belegschaft zur Folge. Da die ursprüngliche Organisation der L. GmbH genauso wenig aufrechterhalten worden sei wie deren früherer Betrieb oder dessen Mitarbeiterstamm, könne sich ein Vergleich ohnehin nicht auf den Kreis derjenigen Mitarbeiter beschränken, deren Versorgung sich nach der VO 65 richte.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 21.03.2001 stattgegeben. Die Versorgungsansprüche des Klägers hätten nicht unter dem Vorbehalt der Ablösung durch eine Betriebsvereinbarung gestanden. Dem deshalb anzuwendenden Prüfungsmaßstab eines kollektiven Günstigkeitsvergleichs halte der PP 89 nicht stand, da mit dem Monatsrentensatz von 5,90 DM konzernweit die Aufwendungen für die versorgungsberechtigten Mitarbeiter verringert wurden.

Zu Lasten der Beklagten sei zudem entscheidend, dass dem Konzernbetriebsrat die Kompetenz zum Abschluss des PP 89 gefehlt und diese Konzernbetriebsvereinbarung auch deshalb unwirksam sei; ein zwingendes Erfordernis, wie gemäß § 58 BetrVG vorausgesetzt, für eine konzernweite Regelung der Altersversorgung sei nicht ersichtlich.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen dieses Urteil. Sie meint, die Regelungskompetenz des Konzernbetriebsrats stehe schon deshalb außer Frage, weil dem Konzernbetriebsrat die Zuständigkeit zum Abschluss des PP 89 übertragen worden sei. Durch die Einbindung der Betriebsräte, so desjenigen des Gemeinschaftsbetriebes der Beklagten mit der M.-AG, sei auch dokumentiert, dass mit dem PP 89 den Interessen der Belegschaft hinlänglich Geltung verschafft worden sei. Den Anforderungen des hier auf Konzernebene gebotenen Günstigkeitsvergleichs hielten die Neuregelungen durch die Betriebsvereinbarungen stand, weil nicht die künftige wirtschaftliche Belastung, sondern die Umverteilung zum 01.01.1989 maßgeblich sei. Die gutachterlich festgestellte Aufwandsneutralität von 6,00 DM Monatsrentensatz je Beschäftigungsjahr sei mit der rückwirkenden Anhebung auf 6,90 DM sogar erheblich überschritten.

Mit Schriftsatz vom 06.02.2001 hat die Beklagte der M. M. AG den Streit verkündet und dies damit begründet, dass diese Gesellschaft im Falle ihres Unterliegens aufgrund einer am 05.03.1993 geschlossenen Vereinbarung für Ansprüche des Klägers einzutreten habe. Die Streitverkündete ist nicht beigetreten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 21.03.2001 - 8 Ca 3162/00 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten, gegen die Zulässigkeitsbedenken nicht bestehen, hat keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig und vollumfänglich begründet.

A.

Die vom Kläger erbetene Feststellung ist zulässig. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Er ist auf Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses i.S. von § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Ein betriebsrentenrechtliches Rechtsverhältnis wird mit dem Entstehen einer Versorgungsanwartschaft und nicht erst mit dem Eintritt des Versorgungsfalls begründet. Ein Bedürfnis für eine alsbaldige Klärung der Rechtsgrundlage seiner nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG unverfallbaren Anwartschaft besteht für den Kläger, weil vom Ausgang des Rechtsstreits die Höhe seines Lebensstandards nach Eintritt des Versorgungsfalles abhängt und ihm die Möglichkeit eröffnet werden muss, sich frühzeitig auf etwaige Versorgungslücken einzustellen (vgl. BAG, Urteil vom 27.02.1996 - 3 AZR 886/94 - AP Nr. 28 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu A III 2 der Gründe, m.w.N.).

B.

Auch in der Sache hat das Arbeitsgericht der Klage zu recht stattgegeben.

I.

Zunächst kann zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, dass das Versorgungsverhältnis des Klägers von der Konzernbetriebsvereinbarung PP 89 normativ erfasst wird.

Wenn es in der ursprünglichen Wortfassung des § 1 PP 89, wie sie in der beigezogenen Akte des Parallelverfahrens 17 Sa 1600/00 LAG Düsseldorf vorgelegt wurde, zum Kreis der Versorgungsberechtigten heißt, diese werde auf Mitarbeiter eingegrenzt, deren "Arbeitsentgelt die Sozialversicherungspflichtgrenze übersteigt", ist das Gegenteil dessen ausformuliert, was die Konzernpartner tatsächlich vereinbart haben. In korrigierter Fassung, wie sie hier mit der Klageschrift vorgelegt wurde, haben sie dies richtig gestellt und das entscheidende Wort "nicht" eingefügt. Es muss zum persönlichen Geltungsbereich heißen: "soweit ihr Arbeitsentgelt die Sozialversicherungspflichtgrenze nicht übersteigt".

Wenngleich bei der Auslegung einer Betriebsvereinbarung grundsätzlich vom Wortlaut der Normen auszugehen ist, ist jedenfalls dann nicht auf die Wortfassung abzustellen, wenn - wie vorliegend unstreitig - ein Redaktionsversehen vorliegt - vgl. BAG, Urteil vom 31.10.1990 - 4 AZR 114/90 -AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Presse. Als für die Eingrenzung des begünstigten Mitarbeiterkreises maßgebliche Entgeltgröße ist dabei die Beitragsbemessungsgrenze gemeint. Die Konzernpartner haben mit der für den persönlichen Geltungsbereich maßgeblichen Entgeltgröße ersichtlich die Bruttolohn- und gehaltssummen in Bezug genommen, die in der gesetzlichen Rentenversicherung normiert sind und bereits seit dem 01.01.1924 jährlich neu festgesetzt werden, seit dem 01.01.1992 gemäß §§ 159, 160 SGB VI. Diese Beitragsbemessungsgrenzen haben nur Bedeutung für die Beitragsbemessung, weil es in der Rentenversicherung - anders als in der Krankenversicherung (§ 6 Abs. 1 SGB IV) - keine Versicherungspflichtgrenze gibt.

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger. Sein Entgelt lag zum 01.01.1989 streitlos nicht oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, die sich nach der VO zu § 160 SGB VI - Anlage 2 zum SGB VI - zum 01.01.1989 auf 73.200,00 DM stellte.

II.

Eine Regelung auf Konzernebene, die die Versorgung des Klägers betraf und diese ablöste, war jedoch nicht zulässig und der PP 89 damit unwirksam.

1. Aus dem Grundsatz der Zuständigkeitstrennung ergibt sich, dass die Ausübung eines Mitbestimmungsrechts - hier nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG - nur wirksam erfolgt, wenn das jeweils zuständige Betriebsverfassungsorgan handelt. Sind im Rahmen von Zuständigkeitsüberschreitungen Betriebsvereinbarungen geschlossen, sind diese unheilbar nichtig (vgl. GK-Fabricius/Kreutz, BetrVG, 4. Aufl., § 50 RN 64); in Betracht kommt nur der Neuabschluss durch das zuständige Betriebsverfassungsorgan. Die Regelung der Zuständigkeitsbegrenzung zwischen Konzernbetriebsrat und Gesamtbetriebsrat lehnt sich dabei an diejenige zwischen dem Gesamtbetriebsrat und den Einzelbetriebsräten eines Unternehmens an. Entsprechend der in § 50 BetrVG angeordneten Primärzuständigkeit des Einzelbetriebsrats sind nach § 58 BetrVG in erster Linie die Gesamtbetriebsräte zuständig. Eine ausnahmsweise Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats ist nur in zwei Fällen gegeben, nach § 58 Abs. 1 BetrVG bei Betroffenheit des Konzerns oder mehrerer Konzernunternehmen für den Fall des "Nicht-Regeln-Könnens" durch die Gesamtbetriebsräte, nach § 58 Abs. 2 BetrVG kraft Auftrages eines oder mehrerer Gesamtbetriebsräte.

2. Vorliegend besteht nach der Darstellung der Beklagten nur ein Betriebsrat ihres Unternehmens, der damit die Aufgaben eines Gesamtbetriebsrats wahrnimmt (§ 54 Abs. 2 BetrVG). Die Primärzuständigkeit dieses Betriebsrates des Gemeinschaftsbetriebes, den die Beklagte mit der Muttergesellschaft, der M. AG, unterhält, ist nicht wegen "Nicht-Regeln-Könnens" i.S. von § 58 Abs. 1 BetrVG ausgeräumt.

a) Die Kompetenzzuweisung in dieser 1. Alternative des Gesetzes beruht auf der Überlegung, dass ein zwingendes Erfordernis für eine konzerneinheitliche oder zumindest unternehmensübergreifende Regelung bestehen muss. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem konkreten Regelungsziel sowie den Verhältnissen des jeweiligen Konzerns und seiner Unternehmen. Reine Zweckmäßigkeitserwägungen oder ein bloßes Koordinationsinteresse genügen nicht. Entscheidend sind vielmehr der Inhalt der geplanten Regelung sowie das Ziel, das erreicht werden soll. Lässt sich dieses Ziel nur durch eine Regelung auf der Konzernebene erreichen, ist der Konzernbetriebsrat zuständig - BAG, Beschlüsse vom 20.12.1995 - 7 ABR 8/95 - und vom 12.11.1997 - 7 ABR 78/96 - AP Nr. 1 und 2 zu § 58 BetrVG 1972.

b) Wenngleich es genügen würde, dass sich bei vernünftiger Würdigung eine Notwendigkeit für eine einheitliche Regelung innerhalb des Konzernverbundes der M. AG ergäbe, gibt der Vortrag der Beklagten für eine solche Bewertung nichts her.

aa) Auf wirtschaftliche Aspekte, von der Beklagten angesprochen mit der Verweisung auf eine "Kostenexplosion" für den Fall der Beibehaltung der bisherigen Versorgungssysteme der einzelnen Unternehmen des Konzernverbundes, kann schon deshalb nicht abgestellt werden, weil die konzernzugehörigen Unternehmen eigenständige Rechtssubjekte sind, einerseits als Schuldner der Versorgungsversprechen und andererseits im Hinblick auf die steuerlichen Auswirkungen. Deshalb besteht aus Wirtschaftlichkeitsgründen keine sachliche Notwendigkeit für eine konzernübergreifende Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung. Von daher sieht auch das Bundesarbeitsgericht die Abschlusskompetenz für Betriebsvereinbarungen zur betrieblichen Altersversorgung grundsätzlich auf Unternehmensebene angesiedelt - vgl. BAG, Beschluss vom 08.12.1981 - 3 ABR 53/80 - AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu I 2 der Gründe.

bb) Die beabsichtigte "Harmonisierung" und "Versorgungsgerechtigkeit" gebietet keine andere Feststellung. Dabei kommt es nicht einmal entscheidend darauf an, ob eine konzernweite Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes rechtlich zulässig ist - zu den erheblichen rechtlichen Bedenken vgl. etwa die Anmerkung von v. Hoyningen/Huene zum Urteil des BAG vom 20.08.1986 (4 AZR 272/85 - AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Senorität) und ErfK-Preiss, § 611 BGB RN 851 mit vielfältigen Nachweisen.

Dieser Ansatz ist verfehlt, weil die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes darauf beruht, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern bereits eine Rechtsbeziehung mit verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitgeberseite besteht. Hier steht allein in Frage, ob versorgungsberechtigte Arbeitnehmer wie der Kläger verpflichtet sein sollen, Verschlechterungen ihrer Ansprüche im Hinblick auf eine abgesenkte Nivellierung, von der zum Teil andere Arbeitnehmer anderer Unternehmen profitieren, etwa durch Schaffung neuer oder Verbesserung ihrer Versorgungsansprüche, hinzunehmen. Das hat mit einer Umsetzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nichts zu tun.

cc) Erst recht kann eine originäre Abschlussbefugnis des Konzernbetriebsrats nicht aus dem bloßen Entschluss der Konzernleitung zur Gleichschaltung der Betriebsrenten hergeleitet werden. Mit der gesetzlich angeordneten Primärzuständigkeit des Gesamtbetriebsrats oder - im Falle des § 54 Abs. 2 BetrVG des Einzelbetriebsrats - ist es unvereinbar, der Arbeitgeberseite die Bestimmung der jeweiligen Regelungsebene ohne Schaffung eines konzernweit gesonderten Dotierungsrahmens zu überlassen. Auf die Schaffung eines erweiterten Verteilungsvolumens auf Konzernebene beruft sich die Beklagte aber nicht. Zwar trägt sie vor, dass der Kreis der Begünstigten ausgeweitet wurde, da mit dem PP 89 Mitarbeiter einzelner Konzernunternehmen, deren Versorgungsordnungen zuvor vor deren Eintritt in das Unternehmen geschlossen worden waren, erstmalig Versorgungen erhalten sollten und zum Anderen Schließungsfolgen "rückgängig gemacht werden sollten". Sie trägt jedoch nicht vor, dass hierdurch konzernweit der Dotierungsrahmen ausgeweitet und von daher zusätzliche verteilungsfähige und damit mitbestimmungsrechtlich auszugestaltende Mittel zur Verfügung gestellt werden sollten.

3. Eine Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats "kraft Auftrages" gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 BetrVG scheidet gleichfalls aus.

Gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 BetrVG kann ein Gesamtbetriebsrat - oder im Falle des § 54 Abs. 2 BetrVG der Einzelbetriebsrat - den Konzernbetriebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln. Die Beauftragung bedarf der Schriftform - § 50 Abs. 2 Satz 3 BetrVG i.V.m. § 27 Abs. 3 Satz 3 BetrVG. Die angebliche Beauftragung des Konzernbetriebsrats ist jedenfalls nicht schriftlich erfolgt. Dies hat zur Folge, dass eine Beauftragung, selbst wenn sie gegeben sein sollte, unwirksam war. Darauf hat der Kläger zu Recht hingewiesen, desgleichen darauf, dass im Übrigen der Vortrag der Beklagten, es bestehe "Teilpersonenidentität" der Betriebsratsmitglieder und der "Betriebsrat habe den PP 89 mitgetragen" jeglicher rechtlichen Relevanz entbehrt.

Übersehen hat die Beklagte zudem, dass die Verhandlungsführung auf Arbeitgeberseite selbst für den Fall einer delegierten Abschlussbefugnis des Konzernbetriebsrates zur Nichtigkeit des PP 89 führte. Verhandlungspartner auf Seiten des Konzernbetriebsrats ist in solchen Fällen nicht der Konzern oder seine Holdinggesellschaft, sondern das Konzernunternehmen, dessen Gesamtbetriebsrat bzw. - im Falle des § 54 Abs. 2 BetrVG - Betriebsrat ihn beauftragt hat; ein Wechsel auf der Arbeitgeberseite durch Übertragung der Abschlussbefugnis findet nicht statt - BAG, Beschluss vom 12.11.1997 - 7 ABR 78/96 - a.a.O., zu B 3 a) der Gründe; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 20. Aufl., § 59 RN 20 m.w.N.

III.

Wenn zugunsten der Beklagten gleichwohl von einer formalen Wirksamkeit der Konzernbetriebsvereinbarung - PP 89 - ausgegangen würde, hätten die Konzernpartner jedenfalls die materiellen Grenzen ihrer Regelungsbefugnis überschritten.

1. Die Besonderheit der Versorgungsanwartschaft des Klägers liegt darin, dass sie als Teil einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden ist. Die L. GmbH hatte in der VO 65 Versorgungsansprechen gegenüber Teilen der Belegschaft abgegeben. Neben diese einseitige Verpflichtungserklärung, die die Begünstigten zum Teil stillschweigend angenommen haben, wie der Kammer aus Parallelfällen bekannt ist, traten schriftliche Vereinbarungen gleichen Inhalts, sog. arbeitsvertragliche Einheitsregelungen, so auch beim Kläger.

a) Diese Gleichartigkeit und Vielfalt der Ansprüche hat keinen Einfluss auf ihre Rechtsnatur. Sie sind nach §§ 205, 341 BGB begründete Individualansprüche. Der Arbeitnehmer ist gegen die Verschlechterung seiner einzelvertraglichen Ansprüche durch das Günstigkeitsprinzip geschützt, dass die Kollisionsnorm des § 77 Abs. 4 BetrVG ergänzt. Dieses Günstigkeitsprinzip ist als Vorbehalt zugunsten der individuellen Vertragsfreiheit und damit als Ausprägung des Grundsatzes " pacta sunt servanda" zu verstehen. Dabei bestimmen allerdings die inhaltlichen Besonderheiten der Ansprüche die Kriterien des Vergleichsmaßstabs bei der Anwendung des Günstigkeitsprinzips. Im Bereich freiwilliger, auf vertraglicher Einheitsregelung oder Gesamtzusage beruhender Sozialleistungen mit einem für die Arbeitnehmer erkennbar kollektiven Bezug, wie der hier streitigen Versorgungsrechte, haben diese insofern einen besonderen Inhalt, als die Höhe der arbeitgeberseits insgesamt einzusetzenden finanziellen Mittel, der Dotierungsrahmen, und der Verteilungsplan ihr Bild bestimmen. Von daher darf bei der Anwendung des Günstigkeitsprinzips nicht die einzelne Zusage und der individuelle Besitzstand als Maßstab herangezogen werden; entscheidend kann es nur auf den wirtschaftlichen Wert der Zusagen insgesamt ankommen. Wenn die Neuregelung insgesamt bei kollektiver Betrachtung nicht ungünstiger ist, können auf einer Gesamtzusage oder auf einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung beruhende Ansprüche auf Sozialleistungen in den Grenzen von Recht und Billigkeit durch eine umstrukturierende Betriebsvereinbarung abgelöst werden - st. Rspr. des BAG seit dem grundlegenden Beschluss des Großen Senats vom 16.09.1986 - GS 1/82 - BAG 53, 42 ff. = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972; Urteil vom 21.09.1989 - 1 AZR 454/88 - AP Nr. 43 zu § 77 BetrVG 1972 und zuletzt etwa Urteil des BAG vom 28.03.2000 - 1 AZR 366/99 - AP Nr. 83 zu § 77 BetrVG 1972.

b) Ist demgegenüber die nachfolgende Betriebsvereinbarung insgesamt ungünstiger, kann der Arbeitgeber die auf einer Gesamtzusage/Einheitsregelung beruhenden Versorgungsansprüche nur im Falle eines gesonderten Ablösungsvorbehalts ändern. Der Arbeitgeber kann sich in einer "Öffnungsklausel" vorbehalten, dass eine spätere Regelung durch Betriebsvereinbarung den Vorrang haben soll, - vgl. den angeführten Beschluss des Großen Senats vom 16.09.1986 - a.a.O. -, zu C II 1 c) der Gründe). Gleiches gilt, wenn sich der Arbeitgeber mit einer sog. "Jeweiligkeitsklausel" die Anpassung seiner Versorgungszusage an veränderte Umstände vorbehalten hat - vgl. BAG, Urteil vom 29.01.1991 - 3 AZR 44/90 - AP Nr. 23 zu § 18 BetrAVG. Hat sich der Begünstigte einer solchen Klausel unterworfen, muss er auch Änderungen kraft späterer Bertriebsvereinbarungen hinnehmen - vgl. BAG, Urteil vom 23.09.1997 - 3 ZAR 529/96 - AP Nr. 23 zu § 1 BetrAVG Ablösung. Eine derartige Einschränkung des Versorgungsversprechens muss jedoch entweder klar und eindeutig formuliert (vgl. Schaub, Arbeitsrechthandbuch, 8. Auf., S. 667) oder eindeutigen Anhaltspunkten und Begleitumständen der Einheitsregelung oder Gesamtzusage zu entnehmen sein - vgl. Preiss, Grundfragen der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 1993, S. 403; Richardi, NZA 1990, S. 331, 333. Selbst für einen solchen Fall ist die Schmälerung der durch eine Gesamtzusage/Einheitsregelung begründeten Rechte nicht schrankenlos zulässig und unterliegt wiederum inhaltlich einer Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 1 BGB - vgl. etwa BAG, Urteil vom 26.08.1997- 3 AZR 235/96 - AP Nr. 27 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu A II, 2 a) der Gründe m.w.N. und etwa Urteil vom 17.03.1987 - 3 AZR 64/84 - AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu II der Gründe.

2. Unter Beachtung dieser Grundsätze vermochte die Konzernbetriebsvereinbarung PP 89 die Versorgungsanwartschaft des Klägers nicht zu beschneiden.

a) Dem Maßstab eines kollektiven Günstigkeitsvergleichs hält der PP 89 schon deshalb nicht stand, weil konzernweite Daten nicht maßgeblich sind und die Neuregelung unternehmensbezogen für die ehemaligen L.-Mitarbeiter der Beklagten streitlos ungünstiger ist.

aa) Die Parameter des gebotenen Vergleichs bestimmen sich nach der wirtschaftlichen Gesamtlast, der Abgleichung des wirtschaftlichen Werts der Zusagen des Versorgungsgebers insgesamt, vor und nach Abschluss der ablösenden Betriebsvereinbarung in ihrer vergleichsweisen Gegenüberstellung - GS, Beschluss vom 16.09.1986 - GS 1/82 - a.a.O., zu C II 4 der Gründe. Die maßgebliche Gesamtlast muss in dem Rahmen festgestellt werden, der als kollektiver Bezug der Ansprüche die Eigenart der geschützten Rechtsposition des einzelnen Arbeitnehmers kennzeichnet. Nur in dem Zusammenhang, der das Bild der Gesamtzusage oder Einheitsregelung bestimmt hatte, kann der wirtschaftliche Wert der Zusagen insgesamt geprüft und verglichen werden - vgl. BAG, Beschluss vom 07.11.1989 - GS 31/85 - AP Nr. 46 zu § 77 BetrVG 1972, zu C. II, 1 der Gründe. Allein die für den Begünstigten erkennbare Einbindung seiner Ansprüche in ein Kollektiv, sei es eines Betriebes oder Unternehmens, führt zu der Besonderheit des erleicherten Eingriffs der Ablösung durch eine Betriebsvereinbarung. Mithin lässt ein konzernweiter Dotierungsrahmen einen Günstigkeitsvergleich auf Konzernebene, ein unternehmensweiter Dotierungsrahmen einer solchen auf Unternehmensebene und ein betrieblich orientierter Dotierungsrahmen einen solchen nur auf Betriebsebene zu, weil der kollektive Günstigkeitsvergleich letztlich seinen Sinn aus dem Ziel herleitet, ein einheitliches Bezugssystem aufrechtzuerhalten - vgl. wiederum GS vom 16.09.1986 - a.a.O. - zu C II 4 b) der Gründe. Jeder andere Vergleichsrahmen führt zu Wertungswidersprüchen und zu einer Verkennung des hier maßgeblichen Solidaritätsgedanken und der dem Arbeitnehmer erkennbaren Verteilungsgerechtigkeit.

bb) Dieses "Kongruenzgebot" ist mit dem PP 89 nicht beachtet.

Versorgungsgeber des Klägers im Jahre 1981 war die L. GmbH. Die der Anwartschaft des Klägers zugrundeliegende arbeitsvertragliche Einheitsregelung begünstigte allein Arbeitnehmer dieser Gesellschaft. Auf die Belegschaft ausschließlich des Betriebes dieses Unternehmens bezog sich der mit der VO 65 und den VRL 65 geschaffene Dotierungsrahmen wie auch des Verteilungskonzepts. Eine Umverteilung zu ihren Lasten aus Gründen anderweitiger, künftiger konzernweiter Verteilungsgrundsätze hatten die Begünstigten nicht zu gewärtigen.

Die wechselnde Identität der Rechtsperson des Arbeitgebers ist dabei ebenso wenig erheblich wie der Umstand, dass weder der ursprüngliche Betrieb der L. GmbH noch der Mitarbeiterkreis unverändert existiert. Die Beklagte übersieht, dass mit der Ausgestaltung der Versorgungsrechte des Klägers in Form einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung ein Ausnahmetatbestand vorliegt, der ausschließlich wegen dieser inhaltlichen Besonderheit zugunsten des Arbeitgebers/Versorgungsgebers Abänderungsmöglichkeiten auch dann zulässt, wenn solche Rechte nicht gesondert vorbehalten wurden. Kann dieser Ausnahmetatbestand wegen betrieblicher oder sonstiger Veränderungen nicht zum Tragen kommen, verbleibt es bei dem aus dem Schutzzweck des allgemeinen Günstigkeitsprinzips folgenden Bestand des einzelvertraglichen Anspruchs. Die Eingriffskompetenz verlagert sich für einen solchen Fall nicht auf die Konzernebene, zu der es für den Kläger an jeglichem arbeitsvertraglichen Band fehlt.

cc) Selbst wenn der gegenteiligen Auffassung der Beklagten zu folgen wäre, war konzernweit die Ausgestaltung der Versorgungsansprüche durch den PP 89 ab dem 01.01.1989 für die anspruchsberechtigten Mitarbeiter jedenfalls ungünstiger als das bisherige Versorgungsvolumen, fußend auf der Summe der einzelnen unternehmensbezogenen Versorgungsregelungen.

(1) Mit der Festlegung eines statischen Monatsrentensatzes von 5,90 DM zum 01.01.1989 wurde eine Leistung festgesetzt, die sowohl nach dem versicherungsmathematischen Gutachten vom 11.03.1985 als auch nach den Feststellungen des Gutachtens vom 22.08.1985 den Grenzwert der sog. Aufwandsneutralität unterschreitet. Im Gutachten vom 11.03.1985 wird Aufwandsneutralität bei einem Monatsrentensatz von im Mittel rund 6,00 DM festgestellt; im Ergänzungsgutachten vom 22.08.1985 ein solcher Wert zum 31.12.1985 mit einem Monatsrentensatz von 6,30 DM und hochgerechnet zum 31.12.1989 mit einem Monatsrentensatz von 9,30 DM. Die Neuregelung durch den PP 89, auf den 01.01.1989 oder auf den Jahresaufwand 1989 bezogen, wäre mithin für die begünstigten Mitarbeiter konzernweit ungünstiger. Zudem handelt es sich bei Betriebsrenten nicht um Einmalleistungen, sondern um laufende Versorgungen.

Die Stichtagsbetrachtung vermag daher lediglich erste Anhaltspunkte für die langfristig zu erstellende Prognose des Versorgungsaufwandes zu liefern. Hier weisen sämtliche von der Beklagten vorgelegten Gutachten indes eindeutig aus, dass die Einführung der statischen Monatsrentensätze, wie sie mit 5,90 DM und allenfalls 6,90 DM in Rede stehen, das geeignete Mittel ist, das konzernweit zu erfassende Versorgungsvolumen der einzelnen Unternehmen insgesamt betrachtet abzusenken. Die Schätzung, die die Beklagte sich zu Eigen macht, geht im Gutachten vom 30.08.1988, bezogen auf die künftigen Versorgungslasten per 31.12.1998 selbst bei einem Monatsrentensatz von 8,50 DM auf einen Minderbetrag an Rückstellungen von 2,6 Mio. DM. Deutlicher kann nicht herausgestellt werden, dass mit dem PP 89 im Ergebnis für die begünstigten Mitarbeiter Nachteile eintreten und die Versorgungsaufwendungen konzernweit verringert werden sollten. Mit dieser Wertung stimmt der von der Beklagten betonte Zweck der Neuregelung auf Konzernebene überein, der dahingehen sollte, als angeblich unausweichliche Konsequenz eine "Kostenexplosion der Versorgungsansprüche" einzudämmen.

(2) Dabei wendet der Kläger auch zu Recht ein, dass die entscheidende Rechengröße für die Ermittlung des mit dem PP 89 einhergehenden künftigen Gesamtaufwandes der mit Inkrafttreten des PP 89 zum 01.01.1989 geltende Monatsrentensatz von 5,90 DM ist. Die aufgrund des hierauf fußenden ungünstigeren Dotierungsrahmens festgestellte Nichtigkeit des PP 89 vermochte die Beklagte nicht mit der Anhebung im Jahre 1993 "ex post" zu heilen.

b) Das dem Kläger erteilte Versorgungsversprechen enthält entgegen der Auffassung der Beklagten auch keinen Vorbehalt der Ablösung durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung.

aa) Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf Ziff. 5 des vom 28.02./ 03.03.1975 datierten Arbeitsvertrages berufen.

Die damaligen Arbeitsvertragsparteien haben hier zwar eine "Jeweiligkeitsklausel" vereinbart. Dies ist eindeutig mit der Verweisung auf die jeweils geltenden Betriebsvereinbarungen bzw. gültigen Richtlinien. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte oder Begleitumstände konnte der Kläger jedoch diese Klausel nur so verstehen, dass im Rahmen des betrieblichen oder auch Unternehmensbezugs, in den seine Versorgungsrechte gleichermaßen eingebetet waren, die Versorgungsrechte nicht "versteinern" sollten und künftigen Änderungen - auch zu seinen Lasten - sowohl der (Versorgungs-)Richtlinien als auch durch spätere Betriebsvereinbarungen unterfielen. Lediglich diese Kollektiveinbindung der Versorgungsrechte und ein dergestalt eingrenztes Risiko neuer Verteilungsgrundsätze, vor deren Wirkungen er nicht durch individualrechtliche Bestandsschutzregeln geschützt wurde, waren dem Kläger - und den anderen begünstigten L.-Mitarbeiter - verdeutlicht.

Hinzu kommt, dass die Klausel aus gutem Grund auf "gültige" spätere Fassungen der Richtlinien bzw. Betriebsvereinbarungen verweist, weil nur eine wirksame Neuregelung dem Vereinheitlichungsinteresse des Versorgungsgebers diente. Ist der PP 89, wie aufgezeigt, nichtig, kann er auch von daher im Streitfalle nicht über die vereinbarte "Jeweiligkeitsklausel" zur Anwendung kommen.

bb) Aus denselben Gründen kann es auch dahingestellt bleiben, ob, wie die Beklagte meint, die Klausel zu XI Abs. 1 a) VO 65 sich als eine Beschränkung darstellt, die die Versorgungsrechte des Klägers als "betriebsvereinbarungsoffen" charakterisiert. Im Übrigen folgt die Berufungskammer der Beklagten in dieser Auffassung nicht. Das Arbeitsgericht hat dies in dem angefochtenen Urteil überzeugend im Anschluss an die einschlägige Rechtsprechung des BAG begründet. Danach stellt sich diese Klausel lediglich als sog. steuerunschädlicher Leistungsvorbehalt dar.

IV.

Die angeblich unausweichliche Konsequenz der konzernweiten Neuregelung ist für die Berufungskammer mangels näherer Substantiierung des Beklagtenvortrages nicht nachvollziehbar. Die Beklagte ist deshalb auch nicht etwa zur Kürzung der Versorgungsleistungen und Umsetzung dieses Ziels durch den Abschluss einer Konzernbetriebsvereinbarung wegen "Wegfalls der Geschäftsgrundlage" berechtigt gewesen. Selbst wenn ausschließlich auf die wirtschaftliche Situation der Beklagten abgestellt würde, gilt nichts Anderes. Die Geschäftsgrundlage einer Vertragsbeziehung kann allenfalls dann weggefallen, wenn sich die zugrundegelegte Rechtslage nach Erteilung der Zusage ganz wesentlich und unerwartet geändert und dies zu erheblichen, nicht mehr hinnehmbaren Mehrbelastungen des Verpflichteten geführt hat - vgl. BAG, Beschluss vom 23.09.1997 - 3 ABR 85/96 - AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Ablösung. Derartige Umstände sind dem Vortrag der Beklagten nicht ansatzweise zu entnehmen. Hat der Arbeitgeber, hier die Rechtsvorgängerin der Beklagten, betriebliche Altersversorgung in Form eines Gesamtversorgungssystems versprochen, ist damit die unsichere Kalkulierbarkeit des künftigen Versorgungsaufwandes bereits in der Zusage angelegt, erst recht bei dynamischen, gehaltsabhängigen Betriebsrenten wie im Streitfalle. Vor allem kann die Schließung der operativen Tätigkeit der Gesellschaft zum 30.06.2000 eine Vielzahl von Ursachen haben und lässt nicht den Schluss darauf zu, dass eine wirtschaftliche Notlage bestand und erst recht nicht den Schluss darauf, dass deshalb eine Kürzung der Versorgungsansprüche der Mitarbeiter, so auch des Klägers, hätte vorgenommen werden müssen.

Auf eine "Verwirkung" nach Maßgabe von § 242 BGB vermag die Beklagte sich ebenfalls nicht mit Erfolg zu berufen. Es gab kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, nicht mit der vorliegenden Klage überzogen zu werden. Umstände, aufgrund derer die Beklagte darauf hätte vertrauen können, dass der Kläger über die Regelungen des PP 89 und der hierzu ergangenen Besitzstandnachträge hinaus keine weitergehende Versorgungsrechte einfordern werde, sind nicht vorgetragen. Wie schon vom Arbeitsgericht festgestellt, begründet allein das Zeitmoment noch keine Verwirkung.

V.

Die BV 98 tangiert die Versorgungsanwartschaft des Klägers gleichfalls nicht.

1) Aus dem Normencharakter der Betriebsvereinbarung, der es ebenso wie bei Tarifverträgen oder Gesetzen gebietet, im Interesse der Kontinuität und Rechtsbeständigkeit einer gesetzten Ordnung diese insoweit aufrechtzuerhalten, als sie auch ohne den unwirksamen Teil ihre ordnende Funktion entfalten kann (BAG, Beschluss vom 18.12.1990 - 1 ABR 11/90 - AP Nr. 98 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie, zu B III 6 der Gründe), folgt, dass eine Annexregelung nur dann wirksam ist, wenn sie eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält.

2) Von einer sinnvollen Regelung kann hinsichtlich der mit der BV 98 getroffenen Kappungsvereinbarung wegen ihres unlösbaren Zusammenhangs mit der nichtigen Grundversorgungsregelung des PP 89 nicht die Rede sein. Die Betriebsparteien hatten keinen eigenen Regelungswillen zur Neugestaltung der betrieblichen Altersversorgung. Die Versorgungsanwartschaften sollten lediglich "auf Basis der Konzernbetriebsvereinbarung über die betriebliche Altersversorgung vom 02.01.1989" festgeschrieben werden. Rechtsfehlerhaft sind die Betriebsparteien dabei von der Geltung der Konzernbetriebsvereinbarung ausgegangen. Eine in sich geschlossene und aufrechtzuerhaltende Regelung stellt die BV 98 deshalb nicht dar.

3) Ebenso wenig wie zum PP 89 bedarf es nach alledem hier einer Entscheidung dazu, ob die Beschneidung der Versorgungsansprüche des Klägers durch die BV 98 nach den zum Schutz von Besitzständen bei der Ablösung von Versorgungsordnungen in der Rechtsprechung entwickelten Regeln - vgl. BAG, Urteile vom 17.03.1987 - 3 AZR 64/84 und vom 26.08.1997 - 3 AZR 235/96 - a. a. O. - der weiter gebotenen Billigkeitsprüfung standhielte.

Anzumerken ist allerdings, dass sowohl die Eingriffe durch den PP 89 als auch die Beschneidung durch die BV 98 triftige und nicht, wie die Beklagte meint, lediglich sachlich- proportionale Gründe voraussetzen müssten, da in die sog. erdiente Dynamik der Versorgungsansprüche des Klägers eingegriffen werden sollte. Dass solche erheblichen, in dem vom BAG entwickelten dreiteiligen Prüfungsraster in der zweiten Stufe angesiedelten Gründe vorgelegen haben sollen, ist schwerlich feststellbar. Diesem Prüfungsmaßstab genügen jedenfalls die Harmonisierungs- und Gleichbehandlungsüberlegungen der Konzernleitung nicht. Auch wirtschaftliche Gründe sind, wie bereits aufgezeigt, nicht dergestalt nachvollziehbar dargestellt, dass die hier in Rede stehenden Eingriffe in die Versorgungsrechte des Klägers einer konkreten Billigkeitskontrolle standhielten. Weder konzernbezogen noch bezogen auf das Unternehmen der Beklagten ist letztendlich feststellbar, dass es aus Kostengründen geboten gewesen sein sollte, den Mehraufwand für die betriebliche Altersversorgung infolge der Beibehaltung der bisherigen Versorgungssysteme aufzufangen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision hat die Berufungskammer wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen, zumal die Entscheidung für eine Vielzahl gleicher oder ähnlich gelagerter Versorgungsfälle rechtliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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