Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.09.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 784/08
Rechtsgebiete: TzBfG


Vorschriften:

TzBfG § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7
1) In einem Haushaltsplan einer unterstaatlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts enthaltene datierte, auf einzelne Vergütungsgruppen bezogene kw-Vermerke vermögen die Befristung eines Arbeitsverhältnisses aus Haushaltsgründen jedenfalls dann nicht gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG zu rechtfertigen, wenn dem Haushaltsplan selbst keine nähere Widmung der Haushaltsmittel für bestimmte Aufgaben von nur vorübergehender Dauer (tätigkeitsbezogene Zwecksetzung) zu entnehmen ist.

2) Haushaltsrechtliche Vorgaben vermögen grundsätzlich die im Rahmen des Abschlusses eines sachgrundbefristeten Arbeitsvertrages anzustellende Prognose des öffentlichen Arbeitgebers zu stützen, wenn die Vergütung des befristet eingestellten Arbeitnehmers aus einer konkreten Haushaltsstelle erfolgt, die von vorne herein nur für eine bestimmte Zeitdauer bewilligt worden ist und anschließend fortfallen soll. In diesen Fällen ist regelmäßig davon auszugehen, dass sich der Haushaltsgesetzgeber mit den Verhältnissen gerade dieser Stelle befasst und festgestellt hat, dass für die Beschäftigung eines Arbeitnehmers auf dieser Stelle nur ein vorübergehender Bedarf besteht. Steht nach dem im Einzelfall entscheidungserheblichen Sachverhalt zur Überzeugung des Gerichts fest, dass eine solche Befassung tatsächlich nicht erfolgt ist, kann sich der öffentliche Arbeitgeber zur Rechtfertigung der Befristung nicht auf haushaltsrechtliche Vorgaben berufen.


Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 03.04.2008 - 8 Ca 4051/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der Bundesknappschaft. Dieser wurden ab dem 01.04.2003 aufgrund von § 28i Satz 5 SGB IV die Aufgaben einer Einzugsstelle für die sozialversicherungsrechtlichen Pauschalabgaben aus sämtlichen geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen gesetzlich überantwortet. Zur Erledigung dieser Aufgaben richtete die Knappschaft Minijobzentralen an den Standorten Essen, Gelsenkirchen und Cottbus ein. Organisatorisch sind die Minijobzentralen der Abteilung VII - Zentrale Stelle für Melde- und Beitragswesen - zugeordnet. Die entstehenden Verwaltungskosten werden durch Einnahmen aus der Bundeseinzugsstellenvergütung, Erstattungen des Bundeszentralamts für Steuern sowie sonstige Verwaltungseinnahmen gedeckt. Wegen der Mittelverwendung stellt die Knappschaft bzw. die Beklagte einen jährlichen Haushaltsplan auf, der satzungsgemäß von der Vertreterversammlung beschlossen wird und der Genehmigung des zuständigen Bundesministeriums bedarf.

Die 38 Jahre alte Klägerin schloss mit der Bundesknappschaft einen (undatierten) befristeten Arbeitsvertrag, aufgrund dessen die Klägerin vom 01.04.2003 bis zum 31.12.2006 als Verwaltungsangestellte gegen Zahlung einer Vergütung nach Vergütungsgruppe VII KnAT (Knappschafts-Angestelltentarifvertrag) beschäftigt wurde. Als Grund für die Befristung wurden im Arbeitsvertrag (Bl. 6 d.A.) "vorübergehend zur Verfügung stehende Haushaltsmittel" angeführt. Die Klägerin arbeitete am Standort Essen in der Abteilung VII.3, dem "Back-Office".

Am 28.10.2005 erstattete die Firma C. Point GmbH, I. im Auftrag der Bundesknappschaft nach umfangreicher Datenerhebung (u.a. Ermittlung von Zeitwerten für ca. 420 Einzeltätigkeiten) und in Zusammenarbeit mit dem Bundesverwaltungsamt einen Abschlussbericht zur Frage der künftigen Personalbemessung in der Minijobzentrale, wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 100 ff. d.A. verwiesen wird. Danach sollte sich die Zahl der "Planstellen im operativen Bereich" der Minijobzentrale (ohne weitere 112 Planstellen aus den Bereichen Grundsatz, Leitung, ADV) von 1.720 im Jahre 2006 in 2007 auf 1.704,85 und im Jahre 2008 auf 1.519,85 Stellen verringern. In dem sich anschließenden Ressortgespräch am 11.11.2005 zum Haushalt 2006 unter Beteiligung von Vertretern der Bundesministerien für Gesundheit und Soziales sowie Finanzen gelang es der Geschäftsführung der Beklagten, im "Verhandlungswege" die Zahl der abzubauenden Stellen im Bereich der Minijobzentrale auf 40 zum 31.12.2006 und weitere 100 zum 31.12.2007 zu drücken. Im Haushaltsplan der Beklagten für das Jahr 2006 wurden im Einzelplan 5 insgesamt 45 Stellen der Vergütungsgruppe Vc KnAT und 67 Stellen der Vergütungsgruppe VII KnAT als "kw 31.12.2007" ausgewiesen; eine Unterscheidung zwischen den Angestellten der Minijobzentrale und den sonstigen Angestellten der Beklagten im Verwaltungsbereich fehlt. Der auf Basis dieses Haushaltsplans von der Organisationseinheit der Beklagten gefertigte Stellenplan 2006 für die Minijobzentrale sah vor, dass zum 31.12.2007 41 Stellen der Vergütungsgruppe Vc KnAT und 59 Stellen der Vergütungsgruppe VII KnAT entfallen sollten (Bl. 80 d.A.).

Hintergrund der Stellenstreichungen war unter anderem ein von der Beklagten und der C. Point GmbH prognostizierter Rückgang des Arbeitsvolumens wegen der gesetzlich veranlassten Umstellung des Meldeverfahrens auf ausschließlich maschinelle Meldewege (zum 01.01.2006) und der Erhöhung der Pauschalabgaben für geringfügig Beschäftigte von 25% auf 30% (zum 01.07.2006). In einem vorstandsinternen Vermerk der Geschäftsführung der Beklagten vom 30.06.2006 wird zur Stellenplanentwicklung der Minijobzentrale ausgeführt:

"Im Gegensatz dazu führten die Verhandlungen zum Haushalt 2006 der KBS dazu, dass von den bisher 810 Stellen mit kw-Vermerk 31.12.2006 bzw. 31.12.2007 sowie den bisher 100 "Stellen", die über Beschäftigungsentgelte finanziert wurden, 470 Stellen in Dauerstellen umgewandelt wurden; 440 Stellen werden weiterhin mit kw-Vermerken versehen. Der Stellenplan 2006 stellt sich demnach wie folgt dar:

- 1.392 Stellen auf Dauer

- 40 Stellen mit kw-Vermerk 31.12.2006

- 100 Stellen mit kw-Vermerk 31.12.2007

- 300 Stellen mit kw-Vermerk 31.12.2010

Von diesen 1.832 Stellen sind 1.038 Stellen für die Arbeitsbereiche in Essen/Gelsenkirchen und 794 Stellen in Cottbus ausgebracht.

Hintergrund für diese Festlegung ist die Erwartung der Bundesressorts an eine weitere Stellenminderung, die sich durch

- fortlaufende Prozessoptimierungen bzw. interne Veränderungen von Arbeitsmengen sowie

- den prognostizierten Rückgang an "Minijobbern", bedingt durch die Beitragssatzerhöhung von 25 auf 30 % für geringfügig Beschäftigte, ergeben könnte.

Inwieweit diese Erwartung eintritt oder ob es letztendlich erforderlich wird, auch die 300 kw-Stellen nach dem 31.12.2010 langfristig in Dauerstellen umzuwandeln, kann aktuell nicht abgeschätzt werden. Bei der nachfolgenden Betrachtung wird daher zunächst von der ungünstigsten Variante (Minderbedarf von insgesamt 440 Stellen, d.h. dauerhaft 1.392 Stellen) ausgegangen."

In der Folge entschied die Beklagte in Zusammenarbeit unter anderem mit den Fachvorgesetzten und der Personalvertretung, welche der bis zum 31.12.2006 befristeten Arbeitsverträge auslaufen, in unbefristete Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt oder bis zum 31.12.2007 bzw. dem 31.12.2010 verlängert werden sollten. Der Entscheidung wurden im Wesentlichen das Leistungsvermögen des Mitarbeiters und dessen berufliche Entwicklung seit der Einstellung zugrunde gelegt. Unter dem 17.08.2006 hörte die Beklagte den Personalrat unter Beifügung von Listen der betroffenen Mitarbeiter unter anderem zur beabsichtigten befristeten Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zum 31.12.2007 an. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf Bl. 32. ff. d.A. Bezug genommen. Der Gesamtpersonalrat erklärte sich mit der Maßnahme am 22.08.2006 einverstanden.

Im daraufhin geschlossenen Arbeitsvertrag zwischen den Parteien vom 15.09.2006 (Bl. 7 d.A.) heißt es unter anderem:

"§ 1

Frau M. L., geboren am 07.01.70, wird ab 01.01.2007 befristet bis zum 31.12.2007 auf Grund vorübergehend zur Verfügung stehender Haushaltsmittel als Verwaltungsangestellte weiterbeschäftigt.

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Knappschafts-Angestelltentarifvertrag (KnAT) vom 12. Juni 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen einschließlich der Vereinbarung vom 29.09.2005 zur Übernahme der auf Bundesebene am 13.09.2005 geschlossenen Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (TVöD, TVÜ-Bund). Es endet mit Ablauf des 31.12.2007, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

§ 3

Frau L. ist der Entgeltgruppe 5 zugeordnet. Bis zum In-Kraft-treten der neuen Entgeltordnung sind alle Eingruppierungs- und Einreihungsvorgänge vorläufig und begründen keinen Vertrauensschutz und keinen Besitzstand (§ 17 Abs. 3 Satz 1 TVÜ)."

Am 15.09.2006 war der Haushaltsplan der Beklagten für das Jahr 2007 noch nicht beschlossen. Die Vertreterversammlung genehmigte ihn erst am 13.10.2006, das zuständige Bundesministerium für Finanzen erst im Dezember 2006. Im Haushaltsplan 2007 finden sich im Einzelplan 5 Verwaltungs- und Verfahrenskosten - Stellen der Arbeitnehmer (Verwaltungsbereich) - wiederum 45 Stellen der Vergütungsgruppe 8 TVöD (zuvor Vc KnAT) und 67 Stellen der Vergütungsgruppe 5 TVöD (zuvor VII KnAT) mit dem Vermerk "kw 31.12.2007" wieder. Die Arbeitnehmer der Minijobzentrale leisteten im Jahre 2006 alleine rund 130.000 bezahlte Überstunden ab; im ersten Quartal 2007 weitere etwa 30.000.

Mit ihrer am 07.12.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit der Befristung und die Verurteilung der Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung begehrt. Sie hat das Fehlen eines die Befristung des Arbeitsvertrages rechtfertigenden Sachgrundes gerügt. Insbesondere fehle es an den gesetzlichen Voraussetzungen einer Befristung auf Basis haushaltsrechtlicher Vorgaben. Gerade für die Abteilung der Klägerin sehe der Stellenplan der Beklagten keine kw-Vermerke vor. Nach der konkreten Handhabung bei der Beklagten bleibe es letztlich der Personalverwaltung vorbehalten, zu entscheiden, wo und an welcher Stelle in der Verwaltung ein nur vorübergehender Bedarf an der Beschäftigung angenommen werden könne.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede vom 15.09.2006 mit dem Ablauf des 31.12.2007 beendet wird.

Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit diesem Antrag hat sie beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Verwaltungsangestellte weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Befristung für wirksam gehalten. Sie hat gemeint, die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG lägen vor. Aufgrund der Vorgaben in den Haushaltsplänen 2006 und 2007, in denen die kw-Vermerke zum 31.12.2007 für Beschäftigte der Entgeltgruppe der Klägerin unverändert enthalten gewesen seien, habe sie mit hinreichender Sicherheit davon ausgehen müssen, dass Mittel für die Bewirtschaftung der Stelle der Klägerin über das Jahr 2007 hinaus nicht zur Verfügung stünden. Darauf komme es an, da die Beklagte als öffentlicher Arbeitgeber gehalten sei, keine Verpflichtungen einzugehen, die haushaltsrechtlich nicht gedeckt seien. Bei den kw-Vermerken habe es sich nicht um bloße Merkposten gehandelt, es seien nicht lediglich allgemein Mittel für die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Rahmen befristeter Arbeitsverhältnisse bereit gestellt worden. Abgesehen davon habe es hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben, dass sich das Arbeitsvolumen in der Minijobzentrale tatsächlich so verringern würde, dass zumindest bis Ende 2006 40 und bis Ende 2007 weitere 100 Verwaltungsangestellte entbehrlich würden. Neben den Effekten, die aus der Umstellung des Meldeverfahrens und der Erhöhung der Pauschalabgaben zu erwarten gewesen seien, wirke sich die Optimierung der innerbetrieblichen Verfahrensabläufe personalmindernd aus. Allein durch den Einsatz eines neuen DV-Verfahrens ergebe sich - nach Echteinsatz der neuen Software - ein Rationalisierungspotenzial von 10-20% bezogen auf den bisherigen Stellenansatz.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 03.04.2008 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien bis zum 31.12.2007 sei mangels Fehlen eines sachlichen Grundes unwirksam. Die Voraussetzungen der drei in Betracht kommenden Befristungsgründe lägen nicht vor. Auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG könne sich die Beklagte nicht berufen, weil dem Haushaltsplan der Beklagten für das Jahr 2007 nicht zu entnehmen sei, dass die Vergütung der Klägerin aus Haushaltsmitteln erfolge, die mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung versehen seien. Insbesondere fehle dem Haushaltsplan der erforderliche Bezug zur Stellensituation in der Minijob-Zentrale, da der Haushaltsplan nur generell kw-Stellen für die gesamte Verwaltung vorsehe; erst Recht gebe es keine Zweckbestimmung, die die Tätigkeit der Klägerin in ihrem Dezernat als nur vorübergehend anfallend beschreibe. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG sei ebenfalls nicht einschlägig; die Beklagte habe nicht schlüssig dargelegt, dass im September 2006 aufgrund greifbarer Tatsachen absehbar gewesen sei, dass der Bedarf an der Beschäftigung der Klägerin mit Ablauf des 31.12.2007 wegfallen würde. Die Darlegungen der Beklagten zu den Prognosegrundlagen seien weitgehend unsubstantiiert und ließen nicht erkennen, wie sich das Arbeitsvolumen in der Zukunft entwickelte. Auch dem Gutachten der Firma C. Point sei nicht zu entnehmen, worauf sich dessen Einschätzungen zum konkret angenommenen Personalminderbedarf gründeten. Schließlich könne sich die Beklagte nicht auf die vor Inkrafttreten des TzBfG entwickelte Rechtsprechung des BAG zu Befristungen aus Haushaltsgesichtspunkten bei Verwendung von kw-Vermerken berufen. Die Annahme eines sonstigen Sachgrundes im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG scheitere hier daran, dass nach den konkreten Umständen des vorliegenden Falles nicht angenommen werden könne, dass sich die Vertreterversammlung der Beklagten mit den Verhältnissen der Stellen, für die kw-Vermerke zum 31.12.2007 ausgebracht worden seien, befasst und aufgrund eigener Sachprüfung festgestellt habe, dass für die Beschäftigung der Klägerin nur ein vorübergehender Bedarf bestehe.

Gegen das ihr am 27.03.2008 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit einem am 21.04.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.07.2008 - mit einem weiteren, am 21.07.2008 eingegangenen Schriftsatz auch begründet.

Die Beklagte ist unverändert der Ansicht, sie könne sich auf das Vorliegen von die Befristung rechtfertigenden Sachgründen im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG stützen und trägt hierzu - unter Bezugnahme auf ihre erstinstanzlichen Behauptungen - im Wesentlichen vor: Der Haushaltsplan der Beklagten und die darin enthaltenen kw-Vermerke stellten eine hinreichende Basis für eine Sachgrundbefristung dar. Die nachvollziehbare Zwecksetzung des Haushaltsgesetzgebers, die § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG fordere, lasse sich zwar nicht aus dem Einzelplan 5 zu den Stellen der Angestellten im Verwaltungsbereich unmittelbar entnehmen (da gehörten sie auch nicht hin), komme aber an anderen Stellen der Haushaltspläne wie etwa den Vorworten, die sich mit dem Stellenbedarf gerade der Minijobzentralen befassten, hinreichend zum Ausdruck. Es schade nicht, dass der Haushaltsplan 2007 bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages der Parteien noch gar nicht beschlossen und genehmigt gewesen sei, da dieser nur eine bloße Fortschreibung der bereits im Vorjahr verbindlich festgelegten kw-Vermerke beinhalte. Insgesamt überspanne das Arbeitsgericht die Anforderungen an die Darlegungslast der Beklagten wegen der Befristung von Arbeitsverhältnissen aus Haushaltsgründen. Bei der bis 2011 beabsichtigten Einsparung von ca. 1500 Stellen könne sich die Vertreterversammlung nicht mit jeder einzelnen Stelle konkret befassen, sondern müsse und dürfe die Details der Stellenkürzung (An welchem Standort fallen in welchem Dezernat welche Stellen im einzelnen weg?) der Geschäftsführung überlassen. Insoweit genüge, dass die Beklagte durch die Gutachten der Firma C. Point hinreichende Anhaltspunkte dafür gehabt habe, dass bis zum 31.12.2007 rund 200 Arbeitskräfte im Verwaltungsbereich der Minijobzentralen entbehrlich würden. Diese Quote habe man aus Vorsichtsgründen nicht einmal ausgeschöpft. Es gehe daher ersichtlich nicht um bloßes "Geldsparen" oder das allgemeine Bereitstellen von Haushaltsmitteln für die Beschäftigung befristeter Arbeitsverhältnisse. Auch würde durch die streitgegenständliche Befristung die Wertungen des KSchG nicht unterlaufen. Aufgrund der im Jahre 2003 völlig neu geschaffenen Struktur der Minijobzentralen seien Schwierigkeiten bei der Prognose des Arbeitskräftebedarfs im Übrigen zwangsläufig zu erwarten gewesen und auch 2006 noch zu beachten; das müsse zugunsten der Beklagten berücksichtigt werden.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Bezugnahme auf die dortigen Entscheidungsgründe und ihren eigenen erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft und als eine Bestandsstreitigkeit betreffend zulässig(§ 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. c) ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Befristung des Arbeitsvertrages der Parteien vom 15.09.2006 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 31.12.2007 sein Ende gefunden hat.

1.

Dem Feststellungsbegehren der Klägerin steht nicht entgegen, dass sie ihre Befristungskontrollklage bereits am 09.10.2007 und damit vor Erreichen des zwischen den Parteien vereinbarten Endzeitpunkts erhoben hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fehlt Klagen, die entgegen dem Wortlaut des § 17 Satz 1 TzBfG vor dem vereinbarten Fristende anhängig gemacht werden, dennoch nicht das Feststellungsinteresse, solange davon auszugehen ist, dass der Arbeitgeber an der Befristung festhält (zuletzt etwa BAG, Urteil vom 10.03.2004, EzA § 14 TzBfG Nr. 9). Genau das ist vorliegend der Fall.

2.

Die Befristungsabrede im Arbeitsvertrag vom 15.09.2006 ist unwirksam, weil weder die Voraussetzungen für eine zulässige sachgrundlose Befristung (§ 14 Abs. 2, 3 TzBfG) gegeben sind noch ein die Befristung rechtfertigender Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegt.

a.

Die Beklagte kann sich nicht auf den Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG berufen.

aa.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vor, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird. Diese Vorschrift erfordert - wie die wortgleiche Bestimmung des § 57b Abs. 2 Nr. 2 HRG aF - die Vergütung des Arbeitnehmers aus Haushaltsmitteln, die mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung versehen sind. Die Mittel, die für die Vergütung des befristet eingestellten Arbeitnehmers verfügbar sind, müssen im Haushaltsplan für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer vorgesehen sein. Der Sachgrund erfordert neben der nur zeitlich begrenzten Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln den überwiegenden Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers entsprechend der Zwecksetzung der bereit stehenden Haushaltsmittel, wobei die Umstände bei Vertragsschluss maßgeblich sind. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG liegen nicht vor, wenn Haushaltsmittel lediglich allgemein für die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Rahmen von befristeten Arbeitsverhältnissen bereit gestellt werden oder dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer überwiegend Daueraufgaben übertragen werden. Das folgt aus der Auslegung des TzBfG unter Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte sowie unter der gebotenen Beachtung der verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (ständige Rechtsprechung des BAG, der sich die Kammer anschließt, zuletzt etwa Urteile vom 07.05.2008 - 7 AZR 198/07, NZA 2008, 880; vom 18.04.2007 - 7 AZR 316/06, AP Nr. 3 zu § 14 TzBfG Haushalt; vom 18.10.2006 - 7 AZR 419/05, NZA 2007, 332). Streitig ist, ob der Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG zwingend voraussetzt, dass die Mittel, die für eine befristete Beschäftigung des Arbeitnehmers vorgesehen sind, in einem staatlichen Haushalt ausgewiesen sein müssen, der von einem Haushaltsgesetzgeber aufgestellt worden ist, oder ob genügt, dass die Mittel im Haushaltsplan einer sonstigen juristischen Person des Öffentlichen Rechts, die über eigene Haushaltskompetenz verfügt, ausgewiesen sind (vgl. zum Streitstand LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.03.2007 - 6 Sa 2102/06, LAGE § 14 TzBfG Nr. 35, LAG Düsseldorf, Urteil vom 19.08.1999 - 11 Sa 469/99, LAGE § 620 BGB Nr. 60, KR-Lipke, 8. Aufl., § 14 TzBfG Rdz. 229, ErfK-Müller-Glöge, 8. Aufl., § 14 TzBfG Rdz. 73, Dörner, Befristeter Arbeitsvertrag, Rdz. 219).

bb.

Die haushaltsrechtlichen Vorgaben der Beklagten tragen diesen Voraussetzungen nicht hinreichend Rechnung. Insoweit kann dahin gestellt bleiben, ob die Befristung schon deshalb unwirksam ist, weil die Beklagte als nichtstaatliche Körperschaft des Öffentlichen Rechts gar nicht in der Lage war, Befristungen auf einen von ihr selbst aufgestellten, vom zuständigen Ministerium genehmigten Haushaltsplan zu stützen, und ob die Festlegungen des bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages am 15.09.2006 allein schon beschlossenen Haushaltsplans für das Kalenderjahr 2006 ausreichend sind, um eine Befristung ausschließlich für das Kalenderjahr 2007 zu rechtfertigen. Jedenfalls fehlt es nämlich - wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat - sowohl dem Haushaltsplan 2006 als auch dem Haushaltsplan 2007 an einer nachvollziehbaren Zweckbestimmung wegen der Mittelverwendung für befristete Arbeitsverträge im Bereich der Minijobzentrale.

(1) Die Einzelpläne 5 Verwaltungs- und Verfahrenskosten - Stellen der Angestellten (Verwaltungsbereich) weisen für die Vergütungsgruppe Vc KnAT/Entgeltgruppe 8 TVöD 45 Stellen "kw 31.12.2007" und für die Vergütungsgruppe VII/IXb-VII/Entgeltgruppe 5 TVöD insgesamt 67 Stellen "kw 31.12.2007" aus. Darüber hinaus tauchen ohne jegliche Zuordnung und Differenzierung im Haushaltsplan 2007 weitere 13 Stellen der Entgeltgruppe 8 mit dem Vermerk "kw mit Wegfall der Aufgabe, 31.12.2007" auf. Das sind in der Summe weit mehr als die 100 (42/58) kw-Stellen, die nach Darstellung der Beklagten auf die Minijobzentrale entfallen sollen. Eine Differenzierung danach, in welchem Verwaltungsbereich diese Stellen anzusiedeln sind, fehlt. Die Beklagte wäre mangels Zweckbindung nicht gehindert gewesen, für den Bereich der Minijobzentrale mehr oder auch weniger als die ins Auge gefassten 100 Befristungen zum 31.12.2007 zu vereinbaren.

-Daran ändert nichts, dass in den Vorworten der Haushaltspläne 2006 und 2007 (Anlagen 4 und 5 zur Berufungsbegründung) die Anzahl der Planstellen für die Zentrale Stelle für Melde- und Beitragswesen mit 1.832 für 2006 und 1.792 für 2007 angegeben war, da diesen Zahlen keine Aussage zur Anzahl der zum 31.12.2007 entfallenden Stellen entnommen werden kann.

- Gleiches gilt für die im Haushaltsplan 2007 auf Seite 422 "nachrichtlich" mitgeteilte Anzahl von 40 "kw-Vermerken" im Bereich der Minijobzentrale für das Jahr 2006 (Anlage 7 zur Berufungsbegründung). Ein Rückgriff auf die im Haushaltsplan 2008 enthaltenen Zahlen zur Entwicklung der Planstellen im Jahre 2007 (Anlagen 6 und 8 zur Berufungsbegründung) wiederum scheidet aus, weil die nachträgliche Feststellung eines Ist-Zustandes nicht belegt, dass dieser Zustand Konsequenz einer bei seiner Herbeiführung (hier: dem Abschluss befristeter Arbeitsverträge im Jahre 2006 zum 31.12.2007) bestehenden verbindlichen Haushaltsplanung war. Auch für die Frage, ob der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die für die befristete Beschäftigung von Arbeitnehmern bestimmt sind, kommt es vielmehr auf die Verhältnisse bei Abschluss des befristeten Vertrages an (BAG, Urteil vom 07.05.2008, aaO).

(2) Abgesehen davon hält die Kammer dafür, dass mit dem Auswerfen datierter kw-Vermerke in einem Haushaltsplan (einer nichtstaatlichen Körperschaft des Öffentlichen Rechts) allein kein hinreichender Bezug zu einer Aufgabe von nur vorübergehender Dauer geschaffen wird. Nach der bereits skizzierten Rechtsprechung des BAG muss die Ausbringung von Haushaltsmitteln mit einer tätigkeitsbezogenen Zwecksetzung verknüpft sein, um dem gesetzlichen Untermaßverbot Rechnung zu tragen (BAG, Urteil vom 18.10.2006, aaO). Demgegenüber knüpfen kw-Vermerke, die lediglich auf bestimmte Vergütungsgruppen in der Verwaltung allgemein bezogen sind, nicht an konkrete Tätigkeiten, sondern an die Wertigkeit von Arbeitsaufgaben an, die inhaltlich sehr unterschiedlich ausgestaltet sein können. Das erschwert gleichzeitig die von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG geforderte Prüfung, ob der befristet eingestellte Arbeitnehmer auch tatsächlich entsprechend den haushaltsrechtlichen Zweckvorgaben beschäftigt wird. Ob und wo die Vertreterversammlung als "Haushaltsgesetzgeberin" vorliegend im einzelnen eine bestimmte, zeitlich begrenzte Aufgabe, einen Aushilfsbedarf etc. gesehen hat, zu dessen Ausgleich Mittel für befristete Anstellungsverhältnisse zur Verfügung gestellt werden sollten, verdeutlichen die Haushaltspläne der Beklagten nicht. Im Ergebnis kann nicht von einer hinreichenden Widmung der Haushaltsmittel gesprochen werden (so im Ergebnis auch LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.12.2007 - 3 Sa 1406/07, juris).

b.

Die streitgegenständliche Kündigung ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG sachlich gerechtfertigt.

aa.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG liegt ein die Befristung einer Arbeitsvertrages rechtfertigender sachlicher Grund vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Das setzt voraus, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Vertrages aufgrund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit erwarten konnte, dass der Arbeitskräftebedarf in Zukunft wegfallen wird (BAG, Urteile vom 04.12.2002 - 7 AZR 437/01, NZA 2004, 64; vom 15.08.2001 - 7 AZR 274/00, NZA 2002, 464; vom 22.03.2000 - 7 AZR 758/98, AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 150). Der Arbeitnehmer muss zur Deckung eines Mehrbedarfs eingestellt worden sein, wobei ihm keine Daueraufgaben übertragen werden dürfen. Zwischen der befristeten Beschäftigung und dem vorübergehenden Mehrbedarf muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Die bloße Unsicherheit über die Entwicklung des zukünftigen Personalbedarfs kann eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG nicht rechtfertigen (BAG, Urteil vom 04.12.2002, aaO). Die Ungewissheit, die jeder prognostischen Wertung innewohnt, ersetzt nicht den Sachgrund der Befristung und eröffnet dem Arbeitgeber keinen Ermessensspielraum, der einer gerichtlichen Kontrolle entzogen wäre (BAG, Urteil vom 25.08.2004 - 7 AZR 7/04, NZA 2005, 357). Die Prüfung der Prognose des Arbeitgebers ist auf die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegenden Umstände zu beschränken und kann nicht auf später hinzutretende Ereignisse gestützt werden (vgl. BAG, Urteil vom 19.10.2005 - 7 AZR 31/05, NZA 2006, 154). Der Arbeitgeber hat im Rahmen der Entfristungsklage die tatsächlichen Voraussetzungen seiner Prognose darzulegen (BAG, Urteil vom 25.08.2004, aaO).

bb.

Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass im September 2006 mit hinreichender Sicherheit zu erwarten war, dass sich der Arbeitskräftebedarf in der Minijobzentrale bis Ende 2007 so entwickeln würde, dass bis dahin insgesamt 140 Arbeitskräfte der Entgeltgruppen 5 und 8 TVöD entbehrt werden konnten und damit die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin gerechtfertigt war.

(1) Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung des Arbeitskräftebedarfs basiert im Wesentlichen auf dem von der Firma C. Point im Sommer 2005 erstellten Gutachten zur zukünftigen Personalbemessung in der Minijobzentrale. In dieses Gutachten floss neben einer Zeitwerterhebung für 420 unterschiedliche Einzeltätigkeiten hinsichtlich der Ermittlung des "zukünftigen Mengengerüstes" ein, dass der Gesetzgeber zum 01.01.2006 das Meldeverfahren für geringfügig Beschäftigte von der papiergebundenen auf die elektronische Form umzustellen beabsichtigte und dadurch eine Abnahme des Bearbeitungsaufwandes in der Minijobzentrale zu erwarten war. Zusätzlich hat sich die Beklagte darauf berufen, die Erhöhung der Pauschalabgaben für geringfügig Beschäftigte von 25 auf 30% zum 01.07.2006 führe voraussichtlich zu einer Verringerung der Zahl der Minijobs um 750.000 und der Arbeitgeber um 100.000 bis 300.000. Daneben seien die "Steigerung der internen Arbeits- und Datenqualität", "weitere Entbürokratisierungsprozesse" sowie Rationalisierungseffekte wegen der Einführung eines neuen DV-Verfahrens aufwandsmindernd zu berücksichtigen.

Diesen Ausführungen lässt sich allenfalls eine Tendenz in Richtung einer Verringerung des Arbeitsvolumens entnehmen, nicht aber verwertbare Angaben zur entscheidenden Frage des Umfangs und Zeitpunkts der Verringerung. Insoweit kann auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts unter 2)b)cc) der Entscheidungsgründe verwiesen werden. Der Vortrag der Beklagten bleibt in weiten Teilen schlagwortartig und unsubstantiiert (Welche Arbeitsabläufe werden optimiert und wie? Um welche weiteren Entbürokratisierungsprozesse geht es?). In jedem Fall werden die für den Beschäftigungsrückgang relevanten außerbetrieblichen Faktoren beziehungslos neben eine Zahl wegfallender Planstellen gestellt. Nur beispielhaft sei genannt: Was bringt etwa die Firma C. Point zu dem Schluss, dass im Zusammenhang der Umstellung des Meldeverfahrens (und weiteren Umständen) gerade 200,85 Planstellen und nicht nur 50 oder 100 entfallen sollen? Worauf basiert die Annahme, dass die Erhöhung der Pauschalabgaben von 25 auf 30% zu einem Verlust von 750.000 geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen führte? Wie wirkt sich der Verlust eines einzelnen Minijobs im Hinblick auf die konkret eingesparte Arbeitszeit aus? Wieso soll es quantitativ unerheblich sein, ob sich die Anzahl der zu betreuenden Arbeitgeber von Minijobbern nun um 100.000 oder um 300.000 verringert?

(2) Abgesehen davon verfügte die Beklagte im September 2006 über hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich das Beschäftigungsvolumen anders entwickelte als ein Jahr zuvor angenommen. Insoweit ist etwa der unstreitig massive Anfall genehmigter Überstunden in allen Bereichen der Minijobzentrale zu nennen, der sich bis Ende 2006 auf rund 125.000 Stunden aufsummierte (das wären allein rund 80 fehlende Vollzeitstellen), und der sich nicht erst im letzten Quartal 2006 eingestellt hat. Dementsprechend wird in dem von der Beklagten zur Sitzung des Ausschusses für Bau-/verwaltungs- und Organisationsangelegenheiten des Vorstandes am 13.06.2006 erstellten Bericht unumwunden eingeräumt, dass aktuell gerade nicht abgeschätzt werden konnte, ob die der Stellenreduzierung zugrunde gelegten Erwartungen tatsächlich eintreffen würden oder Stellen in großem Umfang in Dauerstellen umgewandelt werden müssten. Die Beklagte hätte im Ergebnis ihre bereits ein Jahr alte Prognose zeitnah vor Abschluss der befristeten Arbeitsverträge am 15.09.2006 überprüfen und ggf. den geänderten Umständen anpassen müssen, wollte sie sich auf den Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG berufen.

c.

Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung der Befristungsabrede der Parteien nicht auf die vom Bundesarbeitsgericht vor Inkrafttreten des TzBfG entwickelten Grundsätze der sog. Haushaltsbefristung als sonstigem Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG berufen.

§ 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG enthält keine abschließende Aufzählung aller eine Befristung rechtfertigenden Sachgründe, sondern lediglich Regelbeispiele. Das bedeutet, dass eine Befristung auch auf sonstige von der Rechtsprechung anerkannte Sachgründe gestützt werden kann (vgl. etwa BAG, Urteil vom 17.01.2007 - 7 AZR 20/06, NZA 2007, 566). Zu Recht hat das Arbeitsgericht daher erkannt, dass wegen der Bezugnahme der Beklagten auf das Vorliegen eines datierten kw-Vermerks und eines Stellenplans auch zu überprüfen war, ob sich die Befristungsabrede aus haushaltsrechtlichen Erwägungen rechtfertigen lässt, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG liegen. Im Rahmen der Berufung hat die Beklagte klar gestellt, dass diese Einschätzung zutreffend war.

Gleichwohl verhilft auch dieser Gesichtspunkt der streitgegenständlichen Befristung nicht zur Wirksamkeit.

aa.

Nach der Rechtsprechung des BAG zur Rechtslage vor Inkrafttreten des TzBfG sind haushaltsrechtliche Gründe dann geeignet, eine darauf gestützte Befristung zu rechtfertigen, wenn der öffentliche Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund konkreter Tatsachen die Prognose erstellen kann, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers Haushaltsmittel nur vorübergehend zur Verfügung stehen. Die Ungewissheit über die künftige haushaltsrechtliche Entwicklung genügt hierfür nicht. Ausreichend für die Prognose des öffentlichen Arbeitgebers ist aber grundsätzlich, wenn die Vergütung des befristet eingestellten Arbeitnehmers aus einer konkreten Haushaltsstelle erfolgt, die von vornherein nur für eine bestimmte Zeitdauer bewilligt worden ist und anschließend fortfallen soll. Zum einen kann in diesen Fällen regelmäßig davon ausgegangen werden, dass sich der Haushaltsgesetzgeber mit den Verhältnissen gerade dieser Stelle befasst und festgestellt hat, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers auf dieser Stelle nur ein vorübergehender Bedarf besteht. Zum anderen ist der öffentliche Arbeitgeber gehalten, keine Verpflichtungen einzugehen, die haushaltsrechtlich nicht gedeckt sind Die ausdrückliche Zuordnung eines befristet eingestellten Arbeitnehmers zu einer konkreten vorübergehend freien Planstelle ist nicht erforderlich, sofern nur sichergestellt ist, dass die Vergütung des Arbeitnehmer aus Mitteln dieser Stelle erfolgt (BAG, Urteil vom 24.10.2001 - 7 AZR 542/00, NZA 2002, 443; vom 22.03.2000 - 7 AZR 758/98, aaO; vom 07.07.1999 - 7 AZR 609/97, AP § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 215).

bb.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

(1) Das LAG Berlin-Brandenburg hat in seiner Entscheidung im Parallelfall einer befristet beschäftigten Arbeitnehmerin der Beklagten in der Minijobzentrale in Cottbus angenommen, selbst ein datierter kw-Vermerk verhelfe der Befristung aus haushaltsrechtlicher Warte nicht zur Wirksamkeit, weil nach den Umständen des vorliegenden Falles gerade ausgeschlossen werden könne, dass sich die Vertreterversammlung als Haushalts(gesetz)geber der Beklagten mit den Verhältnissen der Stelle der Klägerin befasst und festgestellt habe, für ihre Beschäftigung auf dieser Stelle bestehe nur ein vorübergehender Bedarf (Urteil vom 04.12.2007 - 3 Sa 1406/07, juris). Die Entstehungsgeschichte des Haushaltsplans und der Umstand, dass die Beklagte einer Reihe von Beschäftigten mit bis zum 31.12.2007 befristeten Arbeitsverträgen eine Weiterbeschäftigung über das Befristungsende hinaus zugesagt habe, legten die Annahme nahe, dass die Vertreterversammlung die befristeten Stellen ohne Prüfung eines nur vorübergehenden Bedarfs für einen bestimmten Zeitraum bewilligt habe, ohne zu dem Ergebnis zu gelangen, dass sie insgesamt nach Ablauf der Frist ohne weiteres und endgültig fortfielen.

Diese Einschätzung des LAG Berlin-Brandenburg deckt sich mit derjenigen des Arbeitsgerichts Essen in der angefochtenen Entscheidung, auch die Kammer schließt sich ihr an. Im Ergebnis räumt die Beklagte dies auch unumwunden ein, heißt es doch auf Blatt 11 der Berufungsbegründung, der Haushaltsgeber könne sich bei einem Stellenabbau in dieser Art und Größe gar nicht konkret mit jeder einzelnen abzubauenden Stelle beschäftigen; vielmehr hätten Vorstand und Geschäftsführung bereits im Sommer 2005 insoweit Entscheidungen getroffen, und nach erneuten Beratungen des Vorstands im Sommer 2006 sei die theoretische Möglichkeit auszuschließen gewesen, dass die Vertreterversammlung die bereits im Vorjahr festgeschriebenen kw-Vermerke bei der Beratung des Haushalts 2007 wieder abändern würde (Blatt 15 der Berufungsbegründung). Offensichtlich scheint die Beklagte die satzungsmäßige Aufgabe der Vertreterversammlung, den Haushaltsplan zu beschließen, als reine Formalie anzusehen. Wäre deren Verhältnis zum Vorstand bzw. zur Geschäftsführung tatsächlich so beschaffen, liefe dies auf eine Art Blankettermächtigung an die Personalverwaltung der Beklagten hinaus, hinsichtlich bestimmter als befristet ausgebrachter Stellen selbst darüber zu befinden, wie die zur Verfügung gestellten Mittel im Wege des Abschlusses von Zeitverträgen im einzelnen zu verwenden seien. Das genügt für eine haushaltsrechtlich verbindliche Vorgabe nicht (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.12.2007, aaO).

(2) Abgesehen davon kann nach Auffassung der Kammer nicht einmal festgestellt werden, dass sich ein anderes Organ der Beklagten als die Vertreterversammlung oder die staatliche Genehmigungsbehörde mit den Verhältnissen der Stelle der Klägerin oder auch nur allgemein mit dem Stellenbedarf der Minijobzentrale in der von der Rechtsprechung geforderten Weise befasst hätte. Die Entscheidung, zum 31.12.2006 40 und zum 31.12.2007 weitere 100 Stellen von Verwaltungsangestellten "kw" zu stellen, resultiert offensichtlich maßgeblich aus dem Beratungen der Beklagten mit den Vertretern der zuständigen Ministerien am 11.11.2005 in Bonn. Basis der dortigen Erörterungen war die Personalbedarfsermittlung durch die Firma C. Point, die von den Bundesressorts anerkannt wurde. Das hat die Beteiligten aber nicht davon abgehalten, ohne von der Beklagten dargelegten oder sonstwie nachvollziehbaren Grund die Personalausstattung der Minijobzentralen für das Jahr 2007 und die Jahre ab 2011 geringer anzusetzen als von C. Point errechnet. Für die Jahre 2008 bis 2010 ergibt sich zwar eine höhere Zahl an Verwaltungsmitarbeitern im Vergleich zu den im Rahmen der Personalbedarfsermittlung gefundenen Werten. Wie die Beteiligten jedoch darauf gekommen sind, gerade 100 anstelle der bis dahin vorgesehenen 300 Stellen als "kw 31.12.2007" zu bezeichnen, ist nicht ersichtlich. Die Darstellung der Beklagten, sie habe die geringere Stellenkürzung im Verhandlungswege erreichen können, legt vielmehr den Schluss nahe, dass es je nach dem Verlauf der Verhandlungen und dem Argumentationsgeschick der Vertreter der Beklagten unabhängig vom konkreten Personalbedarf statt 100 auf den 31.12.2007 datierter kw-Stellen auch 80 oder 120 hätten sein können. Anders ausgedrückt: Es ging anscheinend allein darum, was von den Beteiligten als bezahlbarer Kompromiss angesehen wurde.

(3) Schließlich kann nicht angenommen werden, dass der Haushaltsplan 2006 eine hinreichende Grundlage für die Prognose darstellt, die dort enthaltenen kw-Vermerke für Zeiträume außerhalb des zu regelnden Haushaltsjahrs würden sich im später aufzustellenden, sachlich maßgeblichen Haushaltsplan für 2007 unverändert wiederfinden (vgl. zur generellen Beachtlichkeit derartiger Erwartungen BAG, Urteil vom 24.10.2001, aaO). Richtig ist, dass die kw-Vermerke für die Stellen der in Rede stehenden Vergütungsgruppen in beiden Haushaltsplänen identisch geblieben sind. Zwangsläufig zu erwarten war dies jedoch nicht. Folgt man der Argumentation der Beklagten, lagen der Festlegung der Personalsollstärke nämlich Einschätzungen von Entwicklungen zugrunde, die erst im Jahre 2006 ihren Anfang nahmen. So wurde das Meldeverfahren zum 01.01.2006 umgestellt, die Erhöhung des Pauschalbeitrages für geringfügig Beschäftigte erfolgte zum 01.07.2006. Wenn es nicht tatsächlich nur um die Einsparungen von Personalaufwendungen ging, die - einmal vorgegeben - jeglicher Diskussion entzogen sein sollten, war deshalb jedenfalls geboten, im Laufe des Jahres 2006 zu überprüfen, ob die Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen für Minijobs de facto die Beschäftigungseffekte mit sich brachten, die ihnen prognostisch zugesprochen wurden, und gegebenenfalls die Anzahl der kw-Stellen den neuen Erkenntnissen anzupassen. Unter diesem Gesichtspunkt war die Beklagte gehalten, die streitgegenständlichen befristeten Arbeitsverträge erst nach Beschließung und Genehmigung des Haushaltsplans für 2007 zu vereinbaren (zur Beachtung des Jährlichkeitsprinzips des Haushalts bei aus Haushaltsgründen befristeten Arbeitsverträgen vgl. zuletzt LAG I., Urteil vom 25.06.2008 - 11 Sa 348/07, juris).

d.

Weitere Umstände, aus denen sich ein sonstiger, in § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nicht explizit anerkannter Sachgrund für die Rechtfertigung einer Befristung ableiten ließe, hat die Beklagte nicht dargelegt. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte mit der gewählten Befristungskonstruktion Grundsätze des Kündigungsschutzes umgangen hat oder nicht. § 14 TzBfG stellt vielmehr für die Rechtfertigung einer jeglichen Befristung - als Ausnahme zum Regelfall des unbefristeten Arbeitsverhältnisses - bestimmte Anforderungen auf, die auch außerhalb des Anwendungsbereich kündigungsschutzrechtlicher Bestimmungen, etwa im Kleinbetrieb, Geltung beanspruchen. Das Kündigungsschutzrecht setzt daher nicht mehr die Eckpunkte für die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge (KR-Lipke, § 14 TzBfG Rdz. 2, 4 mit weiteren Nachweisen; anderes lässt sich auch der von der Beklagten zitierten Entscheidung des BAG vom 16.03.2005 - 7 AZR 289/04, NZA 2005, 923 nicht entnehmen). Abgesehen davon steht das Verhalten der Beklagten sehr wohl in einem Spannungsverhältnis zu Vorschriften des Kündigungsschutzrechts, hat sie doch die Frage, welchem Arbeitnehmer ein unbefristeter bzw. ein weiterer, auf unterschiedliche Beendigungsdaten befristeter Vertrag angeboten werden soll, ausschließlich nach Leistungsgesichtspunkten und damit unter Ausblendung der Grundsätze der Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG beantwortet. Mit dem Argument schließlich, sie befinde sich noch in einer "Gründungsphase", kann die Beklagte schon deshalb nicht gehört werden, weil "Gründungsphase" kein anerkannter Sachgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG ist, sondern gemäß § 14 Abs. 2a TzBfG nur in erweitertem Umfang sachgrundlose Befristungen ermöglicht.

3.

Die Klägerin hat einen arbeitsvertraglich begründeten Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits nach Ende der befristeten Beschäftigung am 31.12.2007, den sie wegen Besorgnis der Nichterfüllung gemäß § 259 ZPO im Wege einer Klage auf zukünftige Leistung verfolgen kann. Im Falle des Obsiegens des Arbeitnehmers im Rahmen der Entfristungsklage überwiegt das aus dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers resultierende Interesse an einer vorläufigen Weiterbeschäftigung dann das Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung, wenn dem nicht besondere, vom Arbeitgeber darzulegende Umstände entgegen stehen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.03.2007 - 6 Sa 2102/06, LAGE § 14 TzBfG Nr. 35 mwN). Derartige Umstände - welchen Gewichtes auch immer - hat die Beklagte nicht vorgetragen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Die Kammer hat den im Streitfall entscheidungserheblichen Rechtsfragen - insbesondere im Zusammenhang mit der haushaltsrechtlichen Zulässigkeit der in Rede stehenden Befristung - grundsätzliche Bedeutung beigemessen.

Ende der Entscheidung

Zurück