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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.12.1998
Aktenzeichen: 1 Sa 1495/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 284
BGB § 288

Entscheidung wurde am 02.01.2003 korrigiert: Leitsatz korrigiert
1. Der Arbeitnehmer kann Zinsen gemäß § 288 Satz 1 BGB aus dem Bruttobetrag des zugesprochenen Lohn- bzw. Gehaltsbetrages fordern. Die Kammer folgt insoweit der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluß vom 11.8.1998 - 9 AZR 122/95 ), wonach bis zur nachgewiesenen Abführung der Entgeltbestandteile (Beiträge zur Sozialversicherung und Steuern) der Arbeitgeber zur Bruttozahlung und damit auch zur Verzinsung der Bruttoforderung verpflichtet ist.

2. Die Verpflichtung zur Verzinsung des Bruttobetrages besteht auch im Falle des § 288 Satz 2 BGB.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäfts-Nr.: 1 Sa 1495/98

Verkündet am: 16.12.1998

In dem Rechtsstreit

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 18.11.1998 durch die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Lemppenau-Krüger als Vorsitzende sowie den ehrenamtlichen Richter Battenstein und den ehrenamtlichen Richter Stammer für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 21.07.1998 - 6 Ca 2371/97 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:

1.) Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 25.03.1997 noch durch eine Kündigung vom 23.05.1997 beendet worden ist. 2.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

a) 3.600,-- DM brutto für März 1998 nebst 9,11 % Zinsen seit dem 01.04.1998 aus dem Bruttobetrag abzüglich am 31.03.1998 erhaltenes Arbeitslosengeld in Höhe von 1.058,02 DM netto, b) 3.600,-- DM brutto für April 1998 nebst 9,11 % Zinsen seit dem

01.05.1998 aus dem Bruttobetrag abzüglich am 30.04.1998

erhaltenes Arbeitslosengeld in Höhe von 1.058,02 DM netto,

c) 3.600,-- DM brutto für Mai 1998 nebst 9,11 % Zinsen seit dem 01.06.1998 aus dem Bruttobetrag abzüglich am 31.05.1998 erhaltenes Arbeitslosengeld in Höhe von 903,-- DM netto, d) 3.600,-- DM brutto für Juni 1998 nebst 9,11 % Zinsen seit dem 01.07.1998 aus dem Bruttobetrag abzüglich am 30.06.1998 erhaltenes Arbeitslosengeld in Höhe von 827,75 DM netto zu zahlen.

3.) Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Auflösungsantrag wird abgewiesen. 4.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. 5.) Die Revision wird für die Beklagte insoweit zugelassen, als auf die Forderung der Klägerin Zinsen auf die Bruttoforderung zugesprochen worden sind. gez. Lemppenau-Krüger gez. Battenstein gez. Stammer

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der 2. Instanz um die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten, eines Auflösungsantrages und um Zahlungsansprüche der Klägerin.

Die Klägerin war zunächst als Angestellte eines Zeitarbeitsunternehmens bei der Beklagten im Februar 1992 als Bürokraft beschäftigt. Nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Zeitarbeitsunternehmen im Sommer 1992 leistete sie in der Folgezeit für die Beklagte in deren Betriebsstätte Büroarbeiten und rechnete die Arbeiten monatlich mit einem Stundensatz nebst Mehrwertsteuer ab. Am 8.4.1993 stellte sie die Tätigkeit für die Beklagte ein und meldete das von ihr angemeldete Gewerbe ab. Ab dem 2.7.1993 arbeitete sie wieder auf Honorarbasis für die Beklagte, ohne erneut ein Gewerbe anzumelden.

Ende 1996 und Anfang 1997 beantragte die Klägerin, die Beklagte im Wege einstweiliger Verfügungen zur Zahlung von Gehaltsabschlägen zu verurteilen, da sie ohne finanzielle Mittel dastehe und von ihrem Mann getrennt lebe.

Mit Schreiben vom 17.3.1997 teilte die Beklagte dem in ihrem Betrieb bestehenden Betriebsrat mit, sie beabsichtige, das Vertragsverhältnis, das sie als freies Mitarbeiterverhältnis ansehe, fristlos, hilfsweise fristgerecht zu kündigen. Die Begründung stützt sich im wesentlichen auf den Vorwurf, die Klägerin habe sich mit ihrer Behauptung, sie lebe von ihrem Mann getrennt und müsse daher ihre laufenden Unterhaltskosten allein bestreiten, dem dringenden Verdacht ausgesetzt, eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben zu haben. Darin sei ein Prozeßbetrug zu sehen. Ein weiterer Betrug liege darin, daß sie, obwohl sie kein Gewerbe mehr angemeldet gehabt habe, Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt habe.

Unter dem 24.3.1997 unterzeichnete der Betriebsrat eine Empfangsbestätigung", die lautet: Wir bestätigen hiermit, die Unterrichtung über die beabsichtigte ordentliche/außerordentliche Kündigung von Frau D.itzer-Mös erhalten zu haben.

Ein auf dem Schriftstück angebrachter handschriftlicher Vermerk lautet: Allerdings kann ich den Sachverhalt nicht verstehen, da Frau D.itzer-Mös noch nie in unserer Firma beschäftigt war.

Mit Schreiben vom 25.3.1997, der Klägerin zugegangen am 27.3., kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis fristlos, hilfsweise unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende.

Nachdem die Klägerin im Jahre 1996 vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf im Verfahren - 10 Ca 8643/96 - Statusklage erhoben hatte, schlossen die Parteien am 4.3.1998 einen Teilvergleich, in dem es u.a. heißt: 1. Die Parteien sind darüber einig, daß das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 27.11.1996 nicht aufgelöst worden ist. 2. Die Parteien sind sich darüber einig, daß das monatliche Bruttogehalt der Klägerin 3600,00 DM beträgt.

Unter dem 28.10.1998 hat die Beklagte eine weitere Kündigung ausgesprochen, die derzeit noch beim Arbeitsgericht Düsseldorf anhängig ist.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 25.3.1997 sei unwirksam, da der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Mehrwertsteuer habe sie auf Aufforderung der Beklagten abgerechnet. Sie habe keine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben, da sie tatsächlich von ihrem Mann getrennt lebe, wenn sie auch ein gutes Verhältnis zu ihm habe. Eine angebliche Kündigung vom 23.5.1997 habe sie nicht erhalten. Für die Monate März bis Juni 1998 hat sie die Zahlung des ausstehenden Gehaltes geltend gemacht und den Antrag gestellt

1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom 25.3.1997 noch durch diejenige vom 23.5.1997 beendet worden ist,

2. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien ungekündigt fortbesteht,

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3600,00 DM brutto nebst 9,11% Zinsen seit dem 1.4.1998 aus dem Bruttobetrag abzüglich am 31.3.1998 DM 1058,02 netto erhaltenes Arbeitslosengeld zu zahlen ,

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3600, DM brutto nebst 9,11% Zinsen seit dem 1.5.1998 aus dem Bruttobetrag abzüglich am 30.4.1998 DM 1058,02 netto erhaltenes Arbeitslosengeld zu zahlen,

5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3600,00 DM brutto nebst 9,11% Zinsen seit dem 1.6.1998 aus dem Bruttobetrag abzüglich am 31.5.1998 DM 1058,02 netto erhaltenes Arbeitslosengeld zu zahlen,

6. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3600,00 DM brutto nebst 9,11% Zinsen seit dem 1.7.1998 aus dem Bruttobetrag abzüglich am 30.6.1998 DM 1058,02 netto erhaltenes Arbeitslosengeld zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Kündigung vom 25.3.1997 sei wirksam, da die Klägerin einen Betrug zu ihren Lasten begangen habe, indem sie nach Abmeldung des Gewerbes Mehrwertsteuer abgerechnet habe, ohne dazu berechtigt zu sein. Darüber hinaus bestehe der Verdacht, daß sie in den einstweiligen Verfügungsverfahren falsche eidesstattliche Versicherungen abgegeben habe, da davon auszugehen sei, daß sie entgegen der Versicherung nicht von ihrem Mann getrennt lebe.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 21.7.1998, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe im übrigen verwiesen wird, festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 25.3.1997 noch durch diejenige vom 23.5.1997 beendet worden ist und im übrigen die Klage abgewiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, die Kündigung vom 25.3.1997 sei als außerordentliche unwirksam, da die Klägerin die Beklagte jedenfalls mit der Abrechnung der Mehrwertsteuer nicht getäuscht habe. Beide Parteien hätten sich in Kenntnis der zugrundeliegenden Tatsachen lediglich über die rechtliche Einordnung des Rechtsverhältnisses geirrt.

Der Verdacht der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung vermöge die Kündigung nicht zu rechtfertigen, da die Beklagte die Klägerin entgegen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor Ausspruch der Verdachtskündigung nicht angehört habe. Im übrigen seien die der Verdachtskündigung zugrundeliegenden Tatsachen der Beklagten weit außerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB bekannt gewesen. Aus den gleichen Gründen sei auch die ordentliche Kündigung unwirksam. Da die Beklagte den Zugang einer angeblichen weiteren Kündigung vom 23.5.1997 nicht bewiesen habe, sei das Arbeitsverhältnis durch eine solche Kündigung nicht beendet worden. Mit dem Antrag zu 2) sei die Klage unzulässig, da die Klägerin durch ihre Prozeßbevollmächtigte in der letzten mündlichen Verhandlung habe erklären lassen, daß sie bei der Beklagten nicht mehr arbeiten wolle. Ansprüche, deren Bestehen von der begehrten Feststellung abhängig seien, könnten damit in Zukunft nicht mehr entstehen, so daß für die alsbaldige Feststellung ein Rechtsschutzinteresse nicht gegeben sei. Die Vergütungsansprüche seien unbegründet, da die Klägerin mit ihrer Äußerung im Kammertermin keine Arbeitsbereitschaft gezeigt habe und nicht zu erkennen sei, ob sie in einem früheren Zeitraum arbeitsbereit gewesen sei . Da die Kammer nicht wisse, ab wann die Klägerin krank sei, könne der Anspruch auch nicht auf § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz gestützt werden. Es sei darüber hinaus auch nicht erkennbar, ob eine etwaige Arbeitsunfähigkeit der einzige Grund für das Fernbleiben von der Arbeit sei.

Gegen das den Parteien am 12.8.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 14.9.1998, eingegangen beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tage, Berufung eingelegt und sie zugleich begründet. Die Beklagte hat ihre mit Schriftsatz vom 11.9.1998 eingelegte und am gleichen Tage eingegangene Berufung mit Schriftsatz vom 12.10.1998, eingegangen am gleichen Tage, begründet.

Die Klägerin behauptet, sie habe mehrfach ihre Arbeitsleistung tatsächlich, wörtlich und durch konkludentes Handeln nach Ausspruch der Kündigung vom 27.11.1996 angeboten. Dieses Angebot habe die Beklagte ausdrücklich abgelehnt, so daß sie sich mit der Annahme der geschuldeten Arbeitsleistung in Verzug befunden habe. Eine Beendigung des Annahmeverzuges sei nicht eingetreten. Ihre Arbeitsbereitschaft bestehe unverändert fort. Die Äußerung ihrer Prozeßbevollmächtigten im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht, sie wolle bei der Beklagten nicht arbeiten, sei insofern falsch protokolliert worden, als nicht mit aufgenommen worden sei, daß sie unter Depressionen leide. Hilfsweise hat sie den Widerruf der Erklärung ihrer Prozeßbevollmächtigten erklärt. Sie vertritt im übrigen die Auffassung, sie sei berechtigt, ihre Arbeitskraft zurückzuhalten, da ihre Vergütungsansprüche in der Vergangenheit nicht erfüllt worden seien.

Sie stellt den Antrag,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3600,00 DM brutto für März 1998 nebst 9,11% Zinsen seit dem 1.4.1998 aus dem Bruttobetrag abzüglich am 31.3.1998 1058,02 DM netto erhaltenes Arbeitslosengeld zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3600,00 DM brutto für April 1998 nebst 9,11% Zinsen seit dem 1.5.1998 aus dem Bruttobetrag abzüglich am 30.4.1998 1058,02 DM netto erhaltenes Arbeitslosengeld zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3600,00 DM brutto für Mai 1998 nebst 9,11% Zinsen seit dem 1.6.1998 aus dem Bruttobetrag abzüglich am 31.5.1998 903,00 DM netto erhaltenes Arbeitslosengeld zu zahlen,

4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3600,00 DM brutto für Juni 1998 nebst 9,11% Zinsen seit dem 1.7.1998 aus dem Bruttobetrag abzüglich am 30.6.1998 827,75 DM netto erhaltenes Arbeitslosengeld zu zahlen,

5. die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen,

6. der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,

7. den Antrag der Beklagten auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen

sowie für den Fall, daß das Gericht der Auffassung sei, daß das Arbeitsverhältnis durch Kündigung nicht beendet worden sei,

das Arbeitsverhältnis gemäß § 9 KSchG zum 30.4.1997 aufzulösen.

Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens führt sie ergänzend aus, sie würde die Leistungen der Klägerin nicht entgegengenommen haben, wenn sie gewußt hätte, daß es an einem ordnungsgemäßen Gewerbe fehle. Sie habe sich in der Tat über die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses getäuscht und sei davon ausgegangen, daß es sich um ein ordnungsgemäßes freies Mitarbeiterverhältnis handele. Zur Kündigung wegen des Verdachtes der Abgabe falscher eidesstattlicher Versicherungen habe es einer vorherigen Anhörung der Klägerin nicht bedurft, da der Vorwurf bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren 3 Ga 6/97 schriftsätzlich erhoben und auch mündlich vorgetragen worden sei, nachdem die Klägerin im Gerichtstermin vom 14.2.1997 und in den beiden anderen Terminen in Begleitung ihres Mannes erschienen sei. Angesichts des Verhaltens der Klägerin sei eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar. Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß erfolgt. In der Anmerkung des Betriebsrats sei dessen abschließende Stellungnahme zu sehen. Hinsichtlich des Annahmeverzuges verteidigt sie das angefochtene Urteil. Eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit sei mit der Klägerin nicht möglich. Die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei zerstört, da die Klägerin die Gewerbeabmeldung nicht angezeigt, ihr Mehrwertsteuer zu Unrecht in Rechnung gestellt und nicht an das Finanzamt abgeführt habe. Darüber hinaus habe sie zu ihren - der Beklagten - Lasten falsche eidesstattliche Versicherungen abgegeben. Mit ihrer Behauptung, die Äußerungen ihrer Prozeßbevollmächtigten seien nicht so gefallen, wie sie protokolliert seien, versuche sie, mit eindeutigen Unwahrheiten den Prozeß zu ihren - der Beklagten - Lasten fortzuführen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, ein Auflösungsgrund sei nicht gegeben, da die Beklagte sich auf Gründe, die vor Ausspruch der Kündigung gelegen hätten, berufe. Die Erklärung ihrer Prozeßbevollmächtigten im Termin vom 21.7.1998 begründe nicht die Besorgnis, eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit sei nicht zu erwarten. Im übrigen habe die Beklagte keine Zweifel daran haben dürfen, daß die von ihr gewählte Form eines freien Mitarbeiterverhältnisses vor Gericht habe keinen Bestand haben können.

Auf den Akteninhalt im übrigen wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin und der Beklagten ist statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG) und auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 2, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. mit §§ 518 ff ZPO), also zulässig.

II.

Die Berufung der Klägerin ist begründet, die der Beklagten dagegen unbegründet. Der Auflösungsantrag war abzuweisen.

1. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25.3.1997 nicht aufgelöst worden ist.

a) Die Wirksamkeit sowohl der außerordentlichen als auch der hilfsweise fristgerecht ausgesprochenen Kündigung scheitert bereits daran, daß die Beklagte den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört hat, weil sie im Hinblick auf die außerordentliche Kündigung die dreitägige Frist und im Hinblick auf die hilfsweise ordentliche Kündigung die Wochenfrist des § 102 Abs.2 BetrVG nicht eingehalten hat.

Zwar kann der Arbeitgeber schon vor Ablauf der in § 102 Abs.2 BetrVG bezeichneten Fristen die Kündigung aussprechen, wenn der Betriebsrat zu der Kündigungsabsicht des Arbeitgebers eine Erklärung abgegeben hat, aus der sich ergibt, daß der Betriebsrat eine weitere Erörterung des Falles nicht mehr wünscht, da in einer solchen Erklärung eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats liegt ( BAG Urteil vom 4.8.1975 - 2 AZR 26/74 - AP Nr. 4 zu § 102 BetrVG 1972; Urteil vom 1.4.1976 - 2 AZR 179/75 - AP Nr. 8 zu § 102 BetrVG 1972). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in der handschriftlichen Anmerkung des Betriebsrats eine solche abschließende Stellungnahme nicht zu sehen. Der Betriebsrat hat zunächst einmal nur bestätigt, die Unterrichtung über die beabsichtigte Kündigung erhalten zu haben. Einer bloße Empfangsbestätigung kann nicht der Charakter einer abschließenden Stellungnahme beigemessen werden. Die zusätzliche handschriftliche Anmerkung mag bei der Beklagten den Eindruck erweckt haben, der Betriebsrat teile ihre Ansicht, die Klägerin sei nicht in einem Arbeitsverhältnis tätig gewesen. Der Wortlaut der Anmerkung ist aber nicht im Sinne einer abschließenden Stellungnahme eindeutig. Er läßt vielmehr auch die Annahme zu, der Betriebsrat bedürfe weiterer Aufklärung, um den Sachverhalt zu verstehen. Unter diesen Umständen wäre es Sache der Beklagten gewesen, sich beim Betriebsrat rückzuversichern oder aber, die jeweiligen Fristen des § 102 Abs. 2 BetrVG vor Ausspruch der Kündigung abzuwarten.

b) Selbst wenn mit der Beklagten von einer abschließenden Stellungnahme des Betriebsrats auszugehen wäre, wäre die ausgesprochene Kündigung sowohl als außerordentliche als auch als ordentliche unwirksam. aa) Die Kündigung ist als außerordentliche gemäß § 626 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Prüfung, ob ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt, hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ( vgl. z. B. BAG Urteil vom 17.5.1984 - 2 AZR 3/83 - AP Nr. 14 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung; Urteil vom 21.2.1991 - 2 AZR 449/90 - AP Nr. 35 zu § 123 BGB), der das Schrifttum im wesentlichen gefolgt ist ( vgl. nur KR - Hillebrecht § 626 BGB Rz. 58 ff), in zwei systematisch getrennten Abschnitten zu erfolgen. Zunächst ist festzustellen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls an sich" geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Dabei genügt allerdings noch nicht die abstrakte Erheblichkeit" eines Kündigungssachverhaltes zur Begründung der Unzumutbarkeit. Vielmehr muß bereits auf der ersten Stufe festgestellt werden, ob der an sich zur außerordentlichen Kündigung geeignete Sachverhalt im Streitfall zu einer konkreten Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat (BAG Urteil vom 15.11.1984 - 2 AZR 613/83 - AP Nr. 87 zu § 626 BGB; Urteil vom 17.3.1988 - 2 AZR 576/87 - AP Nr. 99 zu 626 BGB). Erst dann ist in einer zweiten Stufe zu untersuchen, ob nach Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände der Arbeitsvertragsparteien die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist (BAG Urteil vom 17.3.1988 a.a.O.; Urteil vom 2.3.1989 - 2 AZR 280/88 - AP Nr. 101 zu § 626 BGB).

Der Vorwurf der Beklagten, die Klägerin habe ihr nicht mitgeteilt, daß sie das abgemeldete Gewerbe nach der erneuten Beschäftigung nicht wieder angemeldet habe und sie damit getäuscht, ist nicht an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Die Klägerin war aufgrund der von ihr im Betrieb der Beklagten ausgeführten Tätigkeit, wie die Parteien übereinstimmend mit dem Teil-Vergleich festgestellt haben, tatsächlich Arbeitnehmerin und keine freie Mitarbeiterin. Zu einer Gewerbeanmeldung war sie daher weder berechtigt noch verpflichtet. Die rechtliche Qualifizierung als Arbeitsverhältnis oder als sonstiges Rechtsverhältnis hing auch nicht von der Gewerbeanmeldung ab. Die Tatsache allein, daß sie die Beklagte nicht davon unterrichtete, daß sie nach Unterbrechung und Wiederaufnahme der Tätigkeit ein Gewerbe nicht wieder anmeldete, rechtfertigt den Betrugsvorwurf nicht, zumal sie unwidersprochen vorgetragen hat, sie habe die Mehrwertsteuer auf Aufforderung der Beklagten ausgewiesen und sie nicht davon ausgehen mußte, für die Beklagte sei die Anmeldung eines Gewerbes für sich genommen von Bedeutung. Sie handelte erkennbar nicht in Täuschungsabsicht, sondern ordnete entweder den Charakter des Vertragsverhältnisses falsch ein oder beugte sich der von der Beklagten vertretenen Auffassung, bei dem Vertragsverhältnis handele es sich um ein freies Mitarbeiterverhältnis. Bei dieser Sachlage vermag die Abrechnung von Mehrtwertsteuer einen Betrugsvorwurf nicht zu rechtfertigen.

Der Verdacht der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung zu Lasten des Arbeitgebers mag im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich geeignet sein, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann nicht nur eine erwiesene strafbare Handlung, sondern auch der Verdacht, eine strafbare Handlung begangen zu haben, ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein (vgl. statt aller BAG Urteil vom 14.9.1994 - 2 AZR 164/94 - AP Nr. 24 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung). Zu den Voraussetzungen der Wirksamkeit einer Verdachtskündigung gehört außer in dem Ausnahmefall, daß der Arbeitnehmer von vornherein nicht bereit ist, sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern, dessen Anhörung. Die Beklagte hat jedoch die Klägerin zu ihrem Verdacht vor Ausspruch der Kündigung nicht angehört. Daß die Beklagte den Vorwurf der falschen eidesstattlichen Versicherung jeweils in den einstweiligen Verfügungsverfahren erhoben hat, mochte durch ihre Prozeßführung begründet sein, konnte von der Klägerin jedoch nicht als Anhörung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung verstanden werden. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darüber hinaus darauf hingewiesen, daß die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten hat. Diese Frist, die innerhalb begrenzter Zeit für den betroffenen Arbeitnehmer Klarheit darüber schaffen soll, ob ein Sachverhalt zum Anlaß für eine außerordentliche Kündigung genommen wird, beginnt, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis vom Kündigungssachverhalt hat, die ihm die Entscheidung ermöglicht, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht (BAG Urt. v. 28.10.1971 - 2 AZR 32/71 - AP Nr. 1 zu § 626 BGB Ausschlußfrist). Zu den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen gehören nicht nur die konkreten Vorfälle, die den Anlaß für eine außerordentliche Kündigung bilden, sondern alle Umstände, die bei der Zumutbarkeitsprüfung in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind. Sowohl die maßgebenden Tatsachen als auch die übrigen Umstände, auf die sie die Verdachtskündigung stützt, waren der Beklagten aber bereits spätestens am 14.2.1997 bekannt, wie sich aus ihrem eigenen Vortrag ergibt.

c) Der hilfsweise ordentlichen Kündigung mangelt es aus den gleichen Gründen wie den zur außerordentlichen Kündigung ausgeführten an der Wirksamkeit.

2. Den Zugang einer möglicherweise vom 23.5.1997 datierenden Kündigung hat die Beklagte nicht zu beweisen vermocht.

3. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Zahlungsansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zu. Die Kammer vermag sich der Auffassung der Vorinstanz, die Klägerin habe für die Vergangenheit keine Arbeitsbereitschaft erkennen lassen, nicht anzuschließen.

Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis gekündigt. Gegen diese Kündigung hat sich die Klägerin mit ihrer Kündigungsschutzklage fristgerecht gewandt. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 9.8.1984 (- 2 AZR 374/83 - NZA 1985,119) die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des Annahmeverzugs bei fristloser Kündigung geändert. Ausgangspunkt ist § 615 BGB, wonach der Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung fortzuzahlen hat, wenn er in Annahmeverzug gerät. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs richten sich auch für das Arbeitsverhältnis nach §§ 293 ff BGB. Das wörtliche Angebot der Arbeitsleistung genügt, wenn der Gläubiger erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist. Ist für die vom Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, bedarf es ausnahmsweise gar keines Angebots, wenn der Gläubiger die Handlung nicht rechtzeitig vornimmt. Die nach dem Kalender vorzunehmende Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darin zu sehen, daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und ihm Arbeit zuzuweisen hat. Der Arbeitgeber muß daher den Arbeitnehmer nach Ausspruch sowohl einer außerordentlichen als auch einer ordentlichen Kündigung (vgl. insoweit BAG Urteil vom 21.3.1985 - 2 AZR 201/84 - AP Nr. 35 zu § 615 BGB) zur Arbeit auffordern, wenn er nach Ausspruch der Kündigung nicht in Annahmeverzug geraten will. Da die Beklagte dies unstreitig nicht getan hat, kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin ihre Arbeitsleistung wörtlich angeboten hat, was nach ihrem Vortrag wohl nur nach Ausspruch der Kündigung vom 26.11.1996 der Fall war. Allerdings ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, daß für den Annahmeverzug, auch wenn ein wörtliches Angebot bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 295 BGB nicht erfolgt sein muß, Arbeitsbereitschaft erforderlich ist. Die Erklärung der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 21.7.1998 vor dem Arbeitsgericht rechtfertigt allerdings die Annahme, die Klägerin sei in der Vergangenheit - und ihre Annahmeverzugsforderung bezieht sich auf die Monate März bis Juni 1998 - nicht arbeitsbereit gewesen, ohne weitere Anhaltspunkte nicht. Unabhängig davon, ob die Prozeßbevollmächtigte lediglich hat erklären wollen, die Klägerin wolle nicht arbeiten, weil sie zur Zeit unter Depressionen leide oder ob dies auf anderen Gründen beruhte, bezog sich die Erklärung auf die Zukunft, denn laut Protokoll lautete die Erklärung Die Klägerin will bei der Beklagten nicht weiterarbeiten". Nach dem Vortrag der Beklagten hat die Prozeßbevollmächtigte der Klägerin erklärt, die Klägerin wolle bei der Beklagten nicht mehr weiterarbeiten. Eine solche Äußerung, auch wenn sie der Klägerin zugerechnet werden müßte, läßt allenfalls im Hinblick auf die Formulierung weiterarbeiten - erst recht, wenn die Erklärung gelautet hätte, nicht mehr weiterarbeiten - den Schluß zu, vom Zeitpunkt der Erklärung an sei die Aufnahme der Tätigkeit nicht beabsichtigt. Sie berechtigt mangels anderer Anhaltspunkte nicht zu der Annahme, die Klägerin sei auch in der Vergangenheit nicht willens gewesen, die Tätigkeit bei der Beklagten aufzunehmen. Ebensowenig bestehen Anhaltspunkte für eine Erkrankung der Klägerin vor dem 30.6.1998. Das ärztliche Attest datiert vom 8.7.1998; im Termin hat der Vertreter der Klägerin unwidersprochen vorgetragen, die Kläger sei erst nach dem 30.6.1998 erkrankt. Die Beklagte hat auch nicht behauptet, die Klägerin sei im Anspruchszeitraum nicht arbeitsbereit oder erkrankt gewesen, so daß der der Höhe nach unstreitige Anspruch aus § 615 BGB gerechtfertigt ist.

4. Der Antrag der Beklagten, das Arbeitsverhältnis zum 30.4.1997 aufzulösen, war abzuweisen, da die Voraussetzungen des § 9 KSchG nicht gegeben sind. Auf Antrag des Arbeitgebers ist das Arbeitsverhältnis gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG dann aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht erwarten lassen. Unter Beachtung der primären Zielsetzung des Kündigungsschutzgesetzes, den Arbeitnehmer im Interesse eines wirksamen Bestandsschutzes des Arbeitsverhältnisses vor einem Verlust des Arbeitsplatzes durch sozialwidrige Kündigungen zu bewahren, ist es gerechtfertigt, an den Auflösungsantrag des Arbeitgebers strenge Anforderungen zu stellen (vgl. schon BAG Urteil vom 5.11.1964 - 2 AZR 15/64 - EzA § 7 KSchG Nr. 1; Urteil vom 16.5.1984 - 7 AZR 280/82 - BAGE 46,42 = EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 16; Urteil vom 14.1.1993 - 2 AZR 343/92 - EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 39). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zu erwarten ist, ist der Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag (BAG Urteil vom 30.9.1976 - 2 AZR 402/5 - AP Nr. 3 zu § 9 KSchG). Der Arbeitgeber muß, bezogen auf diesen Zeitpunkt, greifbare Tatsachen dafür vortragen, daß eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten ist. Schlagwortartige Formulierungen reichen für die Begründung eines Auflösungsantrages nicht aus. Die die Auflösung rechtfertigenden Gründe können sich sowohl vor als auch nach Ausspruch der Kündigung ereignet haben, wobei ein Verschulden des Arbeitnehmers nicht erforderlich ist. Gegebenenfalls können auch Tatsachen herangezogen werden, die für eine Kündigung nicht ausreichten (BAG Urteil vom 16.5.1984 a.a.O.). Der Arbeitgeber muß dann aber im einzelnen vortragen, weshalb die nicht ausreichenden Kündigungsgründe einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit entgegenstehen sollen. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Beklagten nicht. Die bloße Wiederholung der nicht ausreichenden Kündigungsgründe, die Klägerin habe nicht angezeigt, daß sie ihr Gewerbe abgemeldet habe und habe jahrelang die Mehrwertsteuer zu Unrecht in Rechnung gestellt, stellt keinen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts greifbaren Tatsachenvortrag dar. Die Behauptung, die Klägerin habe falsche eidesstattliche Versicherungen abgegeben, entspricht weder dem Kündigungsvorwurf, der auf den Verdacht einer solchen Handlung gestützt war, noch ist er unter Beweis gestellt. Schließlich läßt auch der weitere Vortrag, die Klägerin leugne die Äußerungen ihrer Prozeßbevollmächtigten und versuche, den Prozeß zu ihren - der Beklagten - Lasten fortzuführen keine greifbaren Tatsachen für die behauptete Unmöglichkeit einer gedeihlichen Zusammenarbeit erkennen. Auch wenn die Klägerin zunächst behauptet hat, ihre Prozeßbevollmächtigte habe die protokollierte Erklärung nicht abgegeben, hat sie diese Behauptung im Verlauf des Prozesses dahingehend berichtigt, es seien die weiteren, ergänzenden Erklärungen nicht protokollliert worden. Daß aber letztlich die Prozeßbevollmächtigte der Klägerin tatsächlich erklärt hat, die Klägerin sei krank und daß eine ärztliche Bescheinigung vorlag, wonach die Klägerin unter Depressionen litt oder leidet, trägt die Beklagte selbst vor. Der weitere Vortrag zum Schriftsatz der Gegenseite vom 6.8.1998" ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Ein solcher Schriftsatz ist nicht in der Akte. Im Schriftsatz vom 4.8. befindet sich der behauptete Vortrag nicht, würde aber im übrigen den Auflösungsantrag mangels konkreter Hinweise, wie durch das Verhalten des oder Prozeßbevollmächtigten der Klägerin die gedeihliche Zusammenarbeit der Parteien beeinträchtigt werden könnte, nicht rechtfertigen.

III.

Die Entscheidung über die Zinsen ergibt sich aus §§ 284 Abs.2, 288 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB.

Nach § 288 BGB Abs. 1 Satz 1 ist eine Geldschuld während des Verzuges mit 4 v. H. für das Jahr zu verzinsen. Kann der Gläubiger aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen, sind diese weiter zu entrichten. Bei kalendermäßig fixierter Leistungszeit, wie der vom Arbeitgeber geschuldeten Vergütung, bedarf es der Mahnung des Arbeitnehmers nicht, so daß der Arbeitgeber ohne weiteres in Schuldnerverzug gerät und das geschuldete Arbeitsentgelt von diesem Zeitpunkt an zu verzinsen hat.

Die Kammer folgt der Entscheidung des 9. Senats des Bundesarbeitsgerichts mit Beschluß vom 11.8.1998 - 9 AZR 122/95 - , wonach der Arbeitnehmer Zinsen auf den geschuldeten Bruttobetrag beanspruchen kann; der Zinsanspruch des Gläubigers ist nicht um den Nettobetrag zu mindern, der sich nach Abzug von Abgaben und Beiträgen ergibt. Mit den Vorschriften über die Einbehaltung und Abführung von Lohnsteuer und den vom Arbeitnehmer zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags ist lediglich die Zahlungsweise des Arbeitgebers geregelt, der das geschuldete Arbeitsentgelt insoweit nicht an den Arbeitnehmer, sondern an Dritte auszuzahlen hat. Erst wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung entrichtet und die vom Arbeitnehmer als Schuldner zu tragenden Steuern abgeführt hat, erlischt in diesem Umfang die Hauptforderung des Arbeitnehmers und damit auch der akzessorische Zinsanspruch. Bis zur nachgewiesenen Abführung dieser Entgeltbestandteile ist der Arbeitgeber zur Bruttozahlung verpflichtet und hat folglich auch die Bruttoschuld unverkürzt zu verzinsen. Zur weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Beschlusses des 9. Senats verwiesen.

Diese Grundsätze sind nach Auffassung der Kammer auch auf den gemäß § 288 Abs. 2 BGB geltend gemachten weitergehenden Zinsanspruch anzuwenden. Zwar handelt es sich bei dem 4 v.H. übersteigenden Zinsanspruch nicht wie bei dem sich aus § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB ergebenden um einen pauschalierten Schadensersatzanspruch, der geltend gemacht werden kann, ohne daß überhaupt ein Schaden entsteht. Auch für diesen Zinsanspruch, dessen Höhe die Klägerin nachgewiesen hat, gilt aber, daß der Arbeitgeber Schuldner des gesamten, dem Arbeitnehmer zufließenden Bruttobetrages und damit verpflichtet ist, Zinsen auf diesen Bruttobetrag zu entrichten. Die Tatsache, daß den Arbeitnehmer als Steuerschuldner und als Schuldner der auf ihn entfallenden Sozialversicherungsbestandteile die Verpflichtung trifft, diese Entgeltbestandteile an die zuständigen Stellen weiterzuleiten, mindert die Schadensersatzforderung gegenüber dem Arbeitgeber insbesondere dann nicht, wenn wie vorliegend, wegen des Verzuges Kredit aufgenommen werden muß.

Im übrigen greifen auch bei der über 4 v. H. hinausgehenden Zinsforderung die aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hergeleiteten prozessualen Bedenken zur Bestimmtheit des Klageantrages, wie sie im Beschluß des 9. Senates eingehend dargelegt sind.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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