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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 09.11.2001
Aktenzeichen: 10 Sa 1037/01
Rechtsgebiete: ARRG der Ev. Kirche von Westfalen vom 16.01.1979 i.d.F vom 14.01.2000, MVG der Ev. Kirche in Deutschland, BGB


Vorschriften:

ARRG der Ev. Kirche von Westfalen vom 16.01.1979 i.d.F. vom 14.01.2000 § 2 Abs. 1
ARRG der Ev. Kirche von Westfalen vom 16.01.1979 i.d.F. vom 14.01.2000 § 12
MVG der Ev. Kirche in Deutschland § 36
BGB § 317
Wird gegen einen Beschluss der nach § 2 des Arbeitsrechtsregelungsgesetzes der Ev. Kirche von Westfalen (ARRG) gebildeten Arbeitsrechtlichen Kommission über die durch Dienstvereinbarung zu regelnde Absenkung des tariflichen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes von einer Vereinigung von Mitarbeitern (hier: Marburger Bund) Einwendungen erhoben und wird im späteren Verfahren durch die Schiedskommission (§ 12 ARRG) der Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission bestätigt, wird eine zunächst auf Grund der Einwendung unwirksame Dienstvereinbarung rückwirkend (§ 184 BGB) wirksam. Die Rechtswirksamkeit der Dienstvereinbarung wie auch des Beschlusses der Schiedskommission bestimmt sich nach § 317 BGB. Ist den Mitarbeitern vor Zahlung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes mitgeteilt worden, dass diese Zuwendungen möglicherweise rückwirkend abgesenkt werden, wird ihr Vertrauen auf eine ungekürzte Zahlung nicht geschützt. Voraussetzung ist die Anwendung des Arbeitsrechtsregelungsgesetzes auf das Arbeitsverhältnis. Dies ist bei Mitarbeitern im Bereich der Ev. Kirche von Westfalen der Fall.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 1037/01

Verkündet am: 09.11.2001

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 09.11.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Beseler als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Meyer und den ehrenamtlichen Richter Bunse

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 09.05.2001 - 4 Ca 679/01 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht für das Jahr 2000 das mit der Klägerin vereinbarte Urlaubs- und das Weihnachtsgeld absenken und deshalb bei der Dezemberabrechnung 2000 die Überzahlung einbehalten durfte.

Die Klägerin ist seit Jahren im J. Krankenhaus der Beklagten, einer Einrichtung der e. Kirche, in O. beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag ist u.a. bestimmt:

"Die Dienst- und Hausordnungen der Krankenanstalten sind Vertragsbestandteil.

Von Frau Z. D. wird - wie von allen Mitarbeitern des Hauses - erwartet, dass sie in ihrem dienstlichen und außerdienstlichen Verhalten den Erfordernissen Rechnung trägt, die sich aus dem kirchlichen und gemeinnützigen Charakter des Krankenhauses ergeben.

Vertragsinhalt sind gemäß den Notverordnungen zum Dienstrecht der kirchlichen Angestellten in der jeweils geltenden Fassung die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages und der anderen für den öffentlichen Dienst im Lande Nordrhein-Westfalen geschlossenen Tarifverträge in der für die Angestellten im Bereich der Evangelischen. Kirche im Rheinland jeweils geltenden Fassung.

Die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter wird bei der Rheinischen Zusatzversorgungskasse beim Landschaftsverband Rheinland versichert."

In der Ordnung über die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT-Anwendungsordnung), die für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gilt, heißt es in § 1 zur Anwendung des BAT, dass der BAT anzuwenden ist, "soweit nicht durch das kirchliche Recht ... etwas anderes bestimmt ist."

Die Zahlung des Urlaubsgeldes richtet sich nach der Ordnung über das Urlaubsgeld der kirchlichen Angestellten vom 17.06.1992, die Zahlung eines Weihnachtsgeldes nach der Ordnung über die Zuwendung für kirchliche Angestellte vom 12.10.1973.

Darüber hinaus findet auf das Arbeitsverhältnis das Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechtsregelungsgesetz - ARRG der Ev. Kirche in Westfalen vom 16.01.1979 in der Fassung vom 14.01.2000 Anwendung. Nach § 2 Abs. 1 ARRG wird "für die Ordnung und Fortentwicklung der Arbeitsbedingungen der Angestellten und Arbeiter ... eine Arbeitsrechtliche Kommission (ARK-RWL) gebildet". Die Arbeitsrechtliche Kommission (nachfolgend: Kommission) hat nach § 2 Abs. 2 ARRG die Aufgabe, Regelungen zu erarbeiten, die den Inhalt, die Begründung und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen betreffen, wobei nach § 3 ARRG diese Arbeitsrechtsregelungen verbindlich sind und normativ wirken. Gegen Entscheidungen der Kommission können z.B. Vereinigungen von Mitarbeitern innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat Einwendungen erhoben werden. Zum weiteren Verfahren heißt es In § 12 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 ARRG:

"Werden Einwendungen erhoben, erlangt die gesamte Arbeitsrechtsregelung keine Verbindlichkeit. Die zuständigen Stellen werden von der Arbeitsrechtlichen Kommission entsprechend unterrichtet. Die Arbeitsrechtliche Kommission hat in der auf den Zugang der Einwendungen folgenden Sitzung über die gesamte Materie der Arbeitsrechtsregelung erneut zu beraten.

Werden gegen eine nach erneuter Beratung beschlossene Arbeitsrechtsregelung keine Einwendungen nach Absatz 3 erhoben, ist sie nach Absatz 1 bekanntzumachen.

(3) Gegen eine nach erneuter Beratung gemäß Absatz 2 Satz 4 beschlossene Arbeitsrechtsregelung können von den zuständigen Stellen nach Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat Einwendungen bei der Schiedskommission erhoben werden. Die Schiedskommission entscheidet endgültig. Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend."

§ 36 des Mitarbeitervertretungsgesetzes in der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG) bestimmt, dass Dienstvereinbarungen nur getroffenen werden können, wenn sie Regelungen weder erweitern, einschränken noch ausschließen, die auf Rechtsvorschriften, insbesondere Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission, Tarifverträgen und Entscheidungen des Schlichtungsausschusses nach dem ARRG oder allgemein verbindlichen Richtlinien der Kirche beruhen. Soweit Arbeitsentgelte und sonstige Bedingungen betroffen sind, die durch die vorstehenden Regelungen vereinbart worden sind oder üblicher Weise vereinbart werden, können sie nur Gegenstand einer Dienstvereinbarung sein, wenn die Regelung nach Satz 2 eine Dienstvereinbarung ausdrücklich zulässt.

Am 25.05.2000 beschloss die Kommission, dass zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und nachhaltigen Sicherung von Arbeitsplätzen für die Angestellten, Arbeiterinnen und Arbeiter der Beklagten durch Dienstvereinbarung nach § 36 MVG bestimmt werden kann, dass die Zuwendung und das Urlaubsgeld nach den entsprechenden Zuwendungsordnungen vom 01.06.2000 bis zum 31.05.2002 nur in Höhe von 70 % gezahlt wird. Auf die Einzelheiten des Beschlusses wird auf Bl. 58 f GA verwiesen.

Daraufhin vereinbarte die Beklagte mit ihrer Mitarbeitervertretung unter dem 13.06.2000 die Absenkung des Urlaubsgeldes und der Zuwendung entsprechend dem Beschluss der Kommission. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 46 ff GA verwiesen. Anlass für diese Dienstvereinbarung war ein "Lagebericht" von April 2000, in dem u.a. mitgeteilt wird, dass das Geschäftsjahr im Krankenhausbereich mit einem Jahresfehlbedarf von fast 7 Millionen DM abschloss.

Da der Marburger Bund gegen die Entscheidung der Kommission Einwendungen erhob, zahlte die Beklagte das Urlaubsgeld und später auch die Zuwendung in voller Höhe mit dem jeweiligen Zusatz, dass die Zahlung unter Vorbehalt erfolgt und bei Beschluss der Schiedskommission zur Absenkung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld um 30 % die Kürzung mit der Dezemberabrechnung vorgenommen wird.

Nachdem der Marburger Bund auch gegen den die Entscheidung vom 02.05.2000 im August 2000 bestätigenden Beschluss der Kommission Einwendungen erhoben hatte, beschloss die Schiedskommission am 01.12.2000:

"A) Die Einwendung gegen die Arbeitsrechtsregelung der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 21.08.2000 betreffend die vorübergehende Absenkung der Zuwendung und des Urlaubsgeldes im Ev. und J. Klinikum D. GmbH wird zurückgewiesen.

B) Die Arbeitsrechtliche Schiedskommission geht bei ihrer Entscheidung von der Erwartung aus, dass

a) die vorliegende Regelung zur dauerhaften Lösung des Problems beiträgt,

b) die Rückkehr zur Vergütung nach BAT-KF nicht nur vorübergehend ist und

c) die Mehrerlöse gemäß Nr. 6 der Dienstvereinbarung zuvörderst den durch die Kürzung betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugute kommen."

In dem Beschluss der Schiedskommission wurde die Arbeitsrechtsregelung der Kommission wortwörtlich wiederholt.

Mit der Abrechnung für Dezember 2000 hielt die Beklagte vom Entgelt der Klägerin 30 % des gezahlten Urlaubs- und Weihnachtsgeldes ein.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Zahlung des einbehaltenen Betrages verlangt und die Meinung vertreten, der Schiedskommission fehle es an der Kompetenz zum Eingriff in bereits abgerechnete und ausgezahlte Lohnbestandteile. Sie widerspreche der bei der Beklagten geltenden Arbeitsplatzsicherungsordnung und sei zudem unbillig, das sie rückwirkend in die Rechte der Arbeitnehmer eingreife.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.461,04 DM brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, sie habe zu Recht die nur unter Vorbehalt gezahlten Beträge zurückgefordert. Der Beschluss der Schiedskommission sei nicht zu beanstanden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie meint, die Dienstvereinbarung vom 13.06.2000 sei zu diesem Zeitpunkt unzulässig gewesen, weil auf Grund des Einspruchs des Marburger Bundes keine wirksame Ermächtigung zu deren Abschluss durch die Kommission vorgelegen habe. Die Beklagte habe deshalb mit Zahlung des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes einen fälligen Anspruch der Klägerin erfüllt. Im Nachhinein hätte sie nicht mehr in fällige Ansprüche eingreifen dürfen.

Die Klägerin wiederholt deshalb ihren Klageantrag. Die Beklagte verteidigt dagegen die angegriffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat richtig entschieden. Die Beklagte hat zu Recht gegen den Anspruch der Klägerin auf die Dezembervergütung mit einem Rückforderungsanspruch gemäß § 812 BGB wirksam aufgerechnet. Denn die Klägerin hatte im Jahr 2000 nur Anspruch auf ein um 30 % gekürztes Urlaubs- und Weihnachtsgeld, sodass sie die überzahlten Beträge der Beklagten erstatten musste.

Die Kommission hat rechtsfehlerfrei am 25.05.2000 beschlossen, dass durch Dienstvereinbarung eine Reduzierung des vertraglichen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes vereinbart werden kann. Nach § 2 Abs. 2 ARRG hat nämlich die Kommission die Aufgabe, u.a. Regelungen zu erarbeiten, die den Inhalt des Arbeitsverhältnisses betreffen. Hierzu gehören auch Regelungen über die Absenkung des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes. Sie hat zudem beschlossen, der Beklagten bereits für das Jahr 2000 die Möglichkeit einzuräumen, in einer Dienstvereinbarung eine Absenkung dieser Leistungen zu vereinbaren.

Die daraufhin von der Beklagten mit ihrer Mitarbeitervertretung am 13.06.2000 und damit vor Zahlung des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes abgeschlossene Dienstvereinbarung ist rechtens.

1. Durch den Einspruch des Marburger Bundes gegen den Beschluss der Kommission vom 25.05.2000 konnte die Beklagte mit ihrer Mitarbeitervertretung zwar zunächst nicht rechtswirksam eine Dienstvereinbarung abschließen. Denn nach § 12 Abs. 2 Satz 2 ARRG erlangt die Arbeitsrechtsregelung der Kommission keine Verbindlichkeit, wenn Einwendungen erhoben werden. Da die Kommission ihre Arbeitsrechtsregelung bestätigt hatte und erneut Einwendungen erhoben wurden, hatte die Schiedskommission nach § 12 Abs. 3 endgültig zu entscheiden. Sie hat die Arbeitsrechtsregelung der Kommission bestätigt. Mit dem Beschluss der Schiedskommission ist jedoch die Dienstvereinbarung rückwirkend in Kraft gesetzt worden.

a) In dem mehrstufigen Verfahren zur Erstellung von Arbeitsrechtsregelungen entscheidet nach dem ARRG bei einem Streit über eine von der Kommission beschlossene Regelung notfalls die unabhängige Schiedskommission abschließend. Die Kommission bzw. die Schiedskommission kann entweder selbst unter Eingriff in die arbeitsvertraglichen Bestimmungen (vgl. § 2 Abs. 2 ARRG) die Arbeitsrechtsregelung beschließen oder aber bestimmen, dass durch Dienstvereinbarung Regelungen getroffen werden können. Mit der Schaffung einer solchen Öffnungsklausel können dann vor Ort unter Beachtung der Besonderheiten der jeweiligen Einrichtung und unter Beteiligung der Mitarbeitervertretung durch Dienstvereinbarung sachgerechte Lösungen gefunden werden. Damit wird aber die auf Grund einer - wegen erhobener Einwendungen - zunächst nicht verbindlichen Arbeitsrechtsregelung der Kommission abgeschlossene Dienstvereinbarung nicht hinfällig. Da nämlich die auf der Grundlage einer Arbeitsrechtsregelung der Kommission abgeschlossene Dienstvereinbarung nur dann wirksam ist, wenn die Kommission oder abschließend die Schiedskommission die für den Abschluss der Dienstvereinbarung notwendige Öffnungsklausel beschlossen hatte, ist die Dienstvereinbarung bis zum abschließenden Beschluss der Kommission bzw. der Schiedskommission gemäß § 182 BGB schwebend unwirksam; sie wird durch einen die Öffnungsklausel bestätigenden abschließenden Beschluss gemäß § 184 BGB rückwirkend wirksam.

b) Da die Dienstvereinbarung vom 13.06.2000 mangels rechtswirksam in einer Arbeitsrechtsregelung beschlossener Öffnungsklausel schwebend unwirksam war, wurde sie durch den Beschluss der Schiedskommission vom 01.12.2000 gemäß § 184 BGB rückwirkend in Kraft gesetzt. Hierbei ist es unschädlich, dass erst in dem Beschluss der Schiedskommission vom 01.12.2000 die Rechtsgrundlage für den Abschluss einer Dienstvereinbarung über die Absenkung des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes zu erblicken ist. Denn auch ohne eine in einer Arbeitsrechtregelung vorgesehenen Öffnungsklausel hätte die Beklagte mit ihrer Mitarbeitervertretung eine Absenkung des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes in einer Dienstvereinbarung regeln können. Diese Dienstvereinbarung wäre dann so lange schwebend unwirksam gewesen, bis durch eine von der Kommission bzw. Schiedskommission verabschiedeten Arbeitsrechtsregelung rückwirkend den Betriebsparteien die Befugnis eingeräumt wird, eine Dienstvereinbarung bestimmten Inhalts abzuschließen.

2. Die Arbeitsrechtsregelung der Schiedskommission vom 01.12.2000 entspricht der Billigkeit nach § 317 BGB.

Denn die Schiedskommission hat wie vorher die Kommission den Betriebsparteien lediglich die Möglichkeit eingeräumt, "zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und zur nachhaltigen Sicherung der Arbeitsplätze" für die Beklagte durch Dienstvereinbarung eine Absenkung des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes zu vereinbaren. Da gerade die nachhaltige Sicherung von Arbeitsplätzen ein anerkennungswürdiges Ziel einer Arbeitsrechtsregelung ist, war die den Betriebsparteien eingeräumte Befugnis zur Absenkung des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes mit gleichzeitiger Zusicherung des Ausschlusses von betriebsbedingten Kündigungen während der Laufzeit der Dienstvereinbarung nicht unbillig.

Auch ist es unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit, § 317 BGB, nicht zu beanstanden, dass die Arbeitsrechtsregelung der Schiedskommission bereits für das Jahr 2000 und damit rückwirkend der Beklagten und ihrer Mitarbeitervertretung das Recht einräumte, das Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes abzusenken. Denn die Klägerin wie die übrigen Mitarbeiter der Beklagten waren bereits vor der zunächst ungekürzten Zahlung des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes darüber informiert worden, dass beabsichtigt sei, diese Leistungen bereits für das Jahr 2000 zu kürzen. Dies ist der Klägerin auch auf den Gehaltsmitteilungen für die Monate, in denen das Urlaubs- bzw. das Weihnachtsgeld gezahlt wurde, nochmals mitgeteilt worden. Im Tarifrecht ist höchstrichterlich anerkannt, dass tarifvertragliche Regelungen auch rückwirkend abgeändert werden können, wobei dies auch für bereits entstandene und fällig gewordene, noch nicht abgewickelte Ansprüche gilt (vgl. BAG Urteil vom 23.11.1994 - 4 AZR 879/93 - EzA § 1 TVG Rückwirkung )

3. Wenn auch die Arbeitsrechtsregelung der Schiedskommission kein tarifliche Regelung darstellt, können die von der Rechtsprechung zur Zulässigkeit rückwirkender Änderung tariflicher Regelungen entsprechend angewandt werden. Denn auch hier geht es wie bei einer tariflichen Regelung um die Frage, in welchem Umfang das Vertrauen des Arbeitnehmers auf den Fortbestand arbeitsvertraglicher, durch eine Arbeitsrechtsregelung abänderbarer Vertragsbestimmungen geschützt ist. Dieses Vertrauen ist dann nicht geschützt, wenn er mit einer solchen rückwirkenden Änderung rechnen muss (BAG Urteil vom 17.5.2000 - 4 AZR 216/99 - EzA § 1 TVG Rückwirkungen Nr. 5). Dies war spätestens seit Abschluss der Dienstvereinbarung am 13.6.2000 und dem entsprechenden Hinweis auf den Gehaltsmitteilungen der Fall. Auch vermag die Klägerin keine Rechte daraus herzuleiten, dass das Urlaubs- und das Weihnachtsgeld entsprechend den vertraglichen Bestimmungen gezahlt wurde. Denn damit wurden die fälligen Ansprüche nicht im Sinne der Rechtsprechung des BAG abgewickelt; vielmehr wurde ausdrücklich vermerkt, dass 30 % des Urlaubs- bzw. des Weihnachtsgeldes unter Vorbehalt gezahlt wird; von einer ungeschmälerten Auszahlung kann deshalb nicht gesprochen werden.

Soweit die Klägerin insbesondere im ersten Rechtszug geltend macht, dass die Arbeitsrechtsregelung der Schiedskommission vom 01.12.2000 gegen die Arbeitsplatzsicherungsordnung vom 19.08.1998 verstößt, übersieht sie, dass diese Ordnung als generelle Regelung von der Kommission beschlossen wurde und die Kommission bzw. die Schiedskommission möglicherweise hiervon abweichend für Einzelfälle andere Regelungen treffen konnte. Die Kommission ist nicht verpflichtet, eine einmal beschlossene, für alle Bereiche der evangelischen Kirche in Rheinland-Westfalen-Lippe geltende Arbeitsplatzsicherungsordnung uneingeschränkt anzuwenden; sie kann beschließen, hiervon generell oder im Einzelfall abzuweichen.

3. Die durch den Beschluss der Schiedskommission wirksam gewordene Dienstvereinbarung hat den ihr durch die Schiedskommission eingeräumten Entscheidungsspielraum eingehalten. Sie hat das Urlaubs- und das Weihnachtsgeld entsprechend der Arbeitsrechtsregelung abgesenkt und auch die übrigen Bestimmungen eingehalten.

4. Die von den Betriebsparteien abgeschlossene Dienstvereinbarung ist ebenfalls nicht unbillig, § 317 BGB. Die Beklagte hat im ersten Rechtszug durch die Vorlage des mit "Lagebericht" überschriebenen Zustandsbericht dargelegt, dass die wirtschaftliche Situation der Beklagten einschneidende Maßnahmen notwendig macht. Wenn sich in einer solchen Situation die Mitarbeitervertretung bereit erklärt, mit der Geschäftsleitung der Beklagten eine Dienstvereinbarung über die Kürzung des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes abzuschließen mit gleichzeitiger Zusicherung des Ausschlusses von betriebsbedingten Kündigungen während der Laufzeit der Dienstvereinbarung, muss mangels anderer Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass die Dienstvereinbarung dem Grundsatz der Billigkeit nicht widerspricht.

Diese Dienstvereinbarung hat auch wirksam in die arbeitsvertraglich vereinbarte Regelung über die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld eingegriffen. Da nämlich auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien das ARRG anzuwenden ist, dieses Kirchenrecht aber die Möglichkeit von Arbeitsrechtsregelungen durch die Kommission bzw. Schiedskommission vorsieht, die Arbeitsrechtsregelung wiederum die abgeschlossene Dienstvereinbarung erlaubt und schließlich über § 1 der Ordnung über die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages ebenfalls auf das Kirchenrecht verwiesen wird, musste es sich die Klägerin gefallen lassen, dass durch die Dienstvereinbarung vom 13.6.2000 in ihren Anspruch auf Urlaubs- und auf Weihnachtsgeld eingegriffen wurde.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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