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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 31.10.2003
Aktenzeichen: 10 Sa 1247/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
1. Gewährt ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern auf Grund einer Gesamtbetriebsvereinbarung einen Zuschuss zu entstandenen Krankheitskosten (Beihilfe) und gewährt er "auf freiwilliger Basis" eine Beihilfe auch an die Betriebsrentner, entsteht gegenüber den Betriebsrentnern kein Anspruch auf ungekürzte Beihilfe aus betrieblicher Übung.

2. Der Arbeitgeber verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn er für die aktive Belegschaft und die Betriebsrentner bei der Gewährung von Beihilfe einen unterschiedlichen Selbstbehalt einführt. Es liegen sachliche Gründe vor, wenn der Selbstbehalt bei den Betriebsrentnern höher ausfällt als bei den aktiven Belegschaftsmitgliedern.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 1247/03

Verkündet am 31. Oktober 2003

In Sachen

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 31.10.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Beseler als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Mager und den ehrenamtlichen Richter Schulz

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 27.05.2003 ­ 6 (1) Ca 4902/02 ­ wird kostenfällig als unbegründet zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Frage, ob dem Kläger als Betriebsrentner gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf ungekürzte Gewährung von Zuschüssen zu verbleibenden Krankheitskosten (Beihilfe) zusteht.

Der Kläger war bei dem Beklagten seit 1974 bis zum Eintritt in den Ruhestand am 31.03.2000 als Dipl.-Ingenieur und amtlich anerkannter Sachverständiger beschäftigt.

Die Verordnung über die Organisation der technischen Überwachung vom 02.12.1959 (GVBl. NW 1959, Seite 174) verpflichtete den Beklagten dazu, für seine angestellten Sachverständigen, die als Beliehene tätig sind, eine dem öffentlichen Dienst vergleichbare Versorgung zu gewähren. § 6 Ziffer 6 der Verordnung bestimmt:

"Die Überwachungsorganisation hat den bei ihr angestellten Sachverständigen den Bezügen der vergleichbaren Beamten oder Angestellten des Landes NRW angeglichene Vergütung sowie eine Alters-, Hinterbliebenen- und Dienstunfähigkeitsversorgung zu gewähren; sie hat für die Sachverständigen eine Dienstunfähigkeitsversorgung in angemessener Höhe abzuschließen".

Bei dem Beklagten existiert eine Vereinsordnung, die u.a. Beihilfen im Krankheitsfall für aktiv Beschäftigte und deren Familienangehörige vorsah. Sie wurde unter dem 15.12.1978 neu gefasst. Eine Beihilfengewährung an Betriebsrentner ist von der Vereinsordnung nicht vorgesehen. Die Vereinsordnung war mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbart und fand Anwendung auch auf den Kläger. Sie lautete in Auszügen wie folgt:

Teil IV: Beihilfen

34 Beihilfen im Krankheitsfall

34.1 Der Verein gewährt den Mitarbeitern im Falle von Krankheit Beihilfen zu den Kosten der ambulanten Arztbehandlung und zu den Aufwendungen für ärztlich verordnete Heilmittel (einschließlich Zahnbehandlung und Zahnersatz).

Beihilfen zu den Krankenhauskosten gewährt der Verein nur Mitarbeitern, die in der Vergütungsgruppe A 08 oder höher eingruppiert sind sowie solchen Mitarbeitern, die 10 Jahre oder länger beim Verein tätig sind.

34.2 Voraussetzung für eine Beihilfegewährung sind:

...

c) dass der Mitarbeiter für sich und seine beihilfeberechtigte Familienangehörigen (Ehegatten und kindergeldberechtigte Kinder) bei einer Krankenkasse oder einer Krankenversicherung einschlägig mit einem angemessenen Beitrag und gemäß dem Leistungsumfang einer gesetzlichen Krankenkasse versichert ist.

...

Im Jahre 1989 erwog der Beklagte Einsparungen bei den Beihilfen. In einem Besprechungsprotokoll des Fachbereiches Personal- und Sozialwesen hießt es u.a.:

"Es wurde überlegt, ob man die Angehörigen eines Mitarbeiters oder die Versorgungsempfänger anders behandeln sollte als den Mitarbeiter selbst. U.U. könnten diesen Personen ganz oder teilweise von der Beihilferegelung ausgeschlossen werden, wobei die Versorgungsempfänger eine solche Regelung besonders hart treffen würde, weil sie bisher mit einer Beihilfe rechnen konnten, sich eventuell auch entsprechend versichert haben und jetzt u.U. nicht mehr in der Lage sind, ihre Krankenversicherung zu ändern bzw. aufzustocken, ggf. nur bei Zahlung erheblicher Beitragszuschläge."

Eine Änderung hinsichtlich der Beihilfen für Betriebsrentner wurde zunächst nicht vorgenommen.

Die Organisationsversorgung aus dem Jahre 1959 wurde zum 31.12.2000 außer Kraft gesetzt, BGBl. I S. 2053.

Bis zum 31.12.2000 gewährte der Beklagte über die Vereinsordnung hinaus auch Betriebsrentnern dieselben Beihilfen, die an die aktiven Mitarbeitern geleistet wurden. Die Zahlung der Beihilfe erfolgte jeweils mit dem folgenden Text:

"...,zu den entstandenen...erhalten Sie auf freiwilliger Basis einen einmaligen Zuschuss von DM..."

Mit Schreiben vom 12.01.2001 (Bl. 8 ff. d.A.) teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass ab 01.01.2001 eine neue Regelung für Beihilfen an Betriebsrentner gelte und "Beihilfen nur noch dann gezahlt werden, wenn sich als Zuschusszahlung in dem Kalenderjahr ein höherer Betrag als 1.000,00 DM ergibt, wobei der über 1.000,00 DM liegende Zuschussbetrag nur zur Hälfte gezahlt wird". Für Härtefälle war eine Sonderregelung vorgesehen. Der Beklagte wies bei dem Schreiben darauf hin, dass "die ab dem Jahr 2001 gezahlten Zuschüsse...auch weiterhin eine freiwillige Leistung ohne Anerkennung eines Rechtsanspruches" seien. "Eine weitere Reduzierung oder Streichung der Leistung wird sich ausdrücklich vorbehalten".

Nach außergerichtlicher Korrespondenz war eine Einigung zwischen den Parteien nicht möglich. Zuletzt war dem Kläger durch den Beklagten eine weitere freiwillige Beihilfezahlung mit einer jährlichen Selbstbeteiligung in Höhe von 1.200,00 je Person angeboten worden, wobei der über 1.200,00 liegende Betrag in vollem Umfang gezahlt werden sollte.

Unter dem 12.11.2002 wurde die Vereinsordnung hinsichtlich der Beihilfen im Krankheitsfall dahingehend geändert, dass auch für aktive Mitarbeiter ein Selbstbehalt gilt, der nach Vergütungsgruppe und Alter gestaffelt ist bzw. für jüngere Mitarbeiter die Beihilferegelung ersatzlos entfällt (Bl. 89 ff d.A.).

Der Kläger hat bisher keine Beihilfeleistungen als Betriebsrentner erhalten.

Der Kläger meint, die Einschränkung der Beihilferegelung sei unwirksam und hat behauptet, dass in Gesprächen zwischen Gesamtbetriebsrat und Geschäftsleitung im Jahre 1964 abgestimmt worden sei, dass die Pensionäre dieselben Leistungen erhalten sollten wie die aktiven Mitarbeiter. Dies sei in einem Schreiben des Dr. E. (Geschäftsführer des Beklagten) dem seinerzeitigen Gesamtbetriebsratsvorsitzenden M. im Jahre 1964 auch ausdrücklich schriftlich bestätigt worden. Auch bei den späteren Ergänzungen und Abänderungen seien immer wieder von den jeweiligen Vorsitzenden des Beklagten gegenüber dem seit 1967 dann agierenden Gesamtbetriebsratsvorsitzenden G. versichert worden, dass ohne jegliche Vorbehalte die Beihilfeleistungen auch gegenüber den Betriebspensionären und deren Angehörigen gezahlt würden. Von einer schriftlichen Fixierung habe man nur deshalb abgesehen, weil man davon ausgegangen sei, dass der Betriebsrat ausschließlich zuständig sei für die Regelung von Betriebsvereinbarungen für die aktiven Mitarbeiter.

Diese Situation werde auch in dem Protokoll zur Besprechung am 16.02.1999 datierend auf den 11.05.1989 ersichtlich, denn man habe seinerzeit anschließend bewusst die bisherige Praxis fortgeführt. Das, was seinerzeit als tragendes Argument richtig erkannt worden sei, schließe auch jetzt einen Eingriff in die geschützte Position der Versorgungsempfänger aus. Der von dem Beklagten den jeweiligen Beihilfezahlungen in einem Schreiben beigefügte Freiwilligkeitsvorbehalt helfe im Sinne des Beklagten nicht weiter. Zum Einen könne dieser Freiwilligkeitsvorbehalt gegenüber dem Kläger keine Auswirkungen haben, denn nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst habe er noch keine Beihilfeleistungen bezogen. Außerdem sei nicht gegenüber allen Mitarbeitern ein Freiwilligkeitsvorbehalt gemacht worden.

Der Beklagte benachteilige ihn im Verhältnis zu den aktiv Beschäftigten. Er sei AT-Angestellter gewesen. Den nun aktiven AT-Angestellten werde lediglich ein Selbstbehalt in Höhe von 700,00 abverlangt. Diese Schlechterstellung sei nicht gerechtfertigt, weil die älteren Mitarbeiter entweder überhaupt keine oder nur zu ganz hohen finanziellen Belastungen die Möglichkeit hätten, die einseitige Veränderung der über Jahrzehnte gehandhabten Beihilferegelung auszugleichen.

Der Beklagte verstoße gegen § 87 Abs. 1 Ziffer 8 BetrVG, da hinsichtlich der Ruheständler keine Regelung mit dem Betriebsrat getroffen worden sei. Die Nichtbeachtung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates führe zur Unwirksamkeit der individualrechtlichen Erklärung.

Schließlich sei die Maßnahme des Beklagten unverhältnismäßig. Aufgrund der geringen Anzahl der Betriebsrentner sei ein im Verhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung des Beklagten zu vernachlässigende Aufwand durch die bisherigen Beihilfeleistungen entstanden.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Einschränkungen hinsichtlich der Beihilfeleistung gemäß Schreiben des Beklagten vom 21.01.2001 an den Kläger unwirksam ist.

2. Hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, die von ihm angekündigten Einschränkungen der Beihilfeleistungen gemäß seinem Schreiben vom 12.01.2001 an den Kläger zu unterlassen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, ein Anspruch auf betriebliche Übung sei durch den gegenüber allen Pensionären erklärten ständigen Freiwilligkeitsvorbehalt nicht entstanden. Gerade im Falle des Klägers könne ein schützenswertes Interesse durchgreifen, denn dieser habe bisher noch keine Beihilfeleistungen erhalten. Eine "nachbetriebliche" Übung unter Freiwilligkeitsvorbehalt, also eine Übung während der Zeit nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem aktiven Dienst, sei bereits nicht eingetreten. Die erfolgte Kürzung sei gerechtfertigt, denn die Leistungen seien nicht gänzliche gestrichen worden. Schließlich seien Beihilfeleistungen in der Privatwirtschaft völlig unüblich.

Die Erwägungen der Beklagten im Jahre 1989 hätten deutlich gemacht, dass schon vor geraumer Zeit den aus dem aktiven Dienst ausgeschiedenen oder ausscheidenden Mitarbeitern habe klar sein müssen, dass ­ wie auch immer ­ die Beihilfegewährung eben unter dem Freiwilligkeitsvorbehalt erfolgt sei und dass sicher jeder im Ruhestand befindliche oder angehende Pensionär des Beklagten eine über die gesetzliche oder private Grundversicherung ggf. hinausgehende Absicherung offen halten musste.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlich gestellten Antrag weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat richtig entschieden. Der Kläger kann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die ungekürzte Beihilfe verlangen.

1. Der Anspruch besteht nicht nach § 1, § 2 Abs. 1, § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG, wonach die Verschlechterung einer Versorgungsregelung nur eingeschränkt zulässig ist. Denn der Kläger hat mit der "Zusage" der Zahlung einer Pensionärsbeihilfe im Krankheitsfall keinen Anspruch aus einer betrieblichen Altersversorgung i.S. des BetrAVG erhalten. Ob es sich bei einer versprochenen Leistung um eine der betrieblichen Altersversorgung handelt, die den Bestimmungen des Betriebsrentengesetzes und der hierzu entwickelten Rechtsprechung unterliegt, richtet sich allein danach, ob die in diesem Gesetz abschließend aufgezählten Voraussetzungen erfüllt sind: Die Zusage muss einem Versorgungszweck dienen, die Leistungspflicht nach dem Inhalt der Zusage durch einen der im Gesetz genannten biologischen Ereignisse, nämlich Alter, Invalidität oder Tod, ausgelöst werden, es muss sich um die Zusage eines Arbeitgebers aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses handeln (BAG Urteil vom 18.2.2003 ­ 3 AZR 81/02, BB 2003, 1841 m.w.N.). Bei der von dem Beklagten an ihre Betriebsrentner gezahlten Beihilfe handelt es sich jedoch nicht um eine der genannten Versorgungsleistungen; der Beklagte übernahm in der Vergangenheit aus Fürsorgegesichtspunkten die den Pensionären entstandene Krankheitskosten, indem er ihnen einen Zuschuss gewährte.

2. Der Kläger kann für die Zukunft nicht die in der Vergangenheit an Betriebsrentner gezahlte Beihilfe im Krankheitsfall auf Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen dem Beklagten Grund und einer seinem Gesamtbetriebsrat verlangen. In der Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen dem Beklagten und seinem Gesamtbetriebsrat sind ausschließlich Beihilfeleistungen für die aktive Belegschaft geregelt. Es ist in der einschlägigen Gesamtbetriebsvereinbarung auch nicht ähnlich einer Versorgungsordnung bestimmt, dass ausscheidende Mitarbeiter weiterhin Beihilfe erhalten. Im Übrigen wäre der Gesamtbetriebsrat für die Begründung von Beihilfeverpflichtungen gegenüber den Betriebsrentnern nicht zuständig gewesen.

3. Der Organisationsordnung von 1959 lässt sich ein Anspruch für den Kläger nicht herleiten, da diese Ordnung nur Rechtsverpflichtungen des Beklagten gegenüber den "angestellten Sachverständigen" begründete. Außerhalb der Alters-, Hinterbliebenen- und Dienstunfähigkeitsversorgung regelte diese Verordnung nicht, dass Pensionäre im Krankheitsfall Anspruch auf Beihilfe haben. Es bedurfte deshalb keiner Prüfung, ob diese Organisationsverordnung überhaupt noch gültig ist, worauf zutreffend das Arbeitsgericht hingewiesen hat.

4. Das Klagebegehren ist nicht unter dem Gesichtspunkt einer Gesamtzusage gerechtfertigt. Zwar kann ein Arbeitgeber seinen Willen, den Ruheständlern Beihilfe im Krankheitsfall zu gewähren, durch eine einseitige Erklärung an die Betriebsrentner in der Form einer Gesamtzusage zum Ausdruck bringen. Der Beklagte mag gegenüber dem Gesamtbetriebsrat wiederholt sich dahin geäußert und im Jahr 1964 auch schriftlich bestätigt haben, dass die Pensionäre dieselben Leistungen erhalten wie die aktive Mitglieder. Da der Gesamtbetriebsrat nicht rechtsgeschäftlicher Vertreter der Pensionäre war, handelte es sich bei einer solchen Erklärung nicht um ein rechtsgeschäftlich verbindliches Angebot an die Betriebsrentner, das diese stillschweigend annehmen konnten, § 151 BGB. Zudem wollte sich offenkundig der Vorstand durch die Erklärungen gegenüber dem Gesamtbetriebsrat nicht gegenüber den Pensionären rechtsgeschäftlich binden, ist diese Erklärung doch diesem Personenkreis nicht zugänglich gemacht worden.

5. Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch besteht nicht auf Grund einer bei dem Beklagten bestehenden betrieblichen Übung.

a. Als betriebliche Übung wird nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 18.09.2002 ­ 1 AZR 477/01, EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 48 m.w.N.) ein wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers verstanden, das nach dessen Willen vertragliche Ansprüche der Arbeitnehmer auf Leistungen begründen soll. Voraussetzung für das Bestehen vertraglicher Ansprüche ist dabei, dass die Arbeitnehmer das Verhalten nach §§ 133, 157 BGB als Versprechen dauerhafter Leistungen auffassen mussten. Maßgeblich ist dabei, wie die Arbeitnehmer als Erklärungsempfänger das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände verstehen durften.

b. Ausgehend von dieser Rechtslage konnten die Betriebsrentner einschließlich des Klägers auf Grund des Verhaltens des Beklagten nicht davon ausgehen, er werde auch künftig Anspruch auf ungeschmälerte Übernahme der Krankheitskosten durch die Zahlung einer Beihilfe haben.

aa. Bereits das Arbeitsgericht hat in seinen Entscheidungsgründen überzeugend dargelegt, dass auf Grund des Freiwilligkeitsvorbehalts eine betriebliche Übung nicht entstehen konnte. Die Kammer folgt den Ausführungen des Arbeitsgericht und macht sie sich ausdrücklich zu eigen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Hinzu kommt, dass dem Kläger der Umstand bekannt war, dass der Beklagte gegenüber der aktiven Belegschaft in einer Gesamtbetriebsvereinbarung für den Krankheitsfall eine Beihilfe zugesagt hatte. Damit war dem Kläger bekannt, dass der Beklagte diese Gesamtbetriebsvereinbarung als freiwillige Betriebsregelung jederzeit ohne Nachwirkung hätte kündigen können. Wenn aber wegen der Beihilfeansprüche der aktiven Belegschaft zu jeder Zeit die Gesamtbetriebsvereinbarung hätte gekündigt werden können und zudem der Beklagte auch nach dem Vortrag des Klägers gegenüber dem Gesamtbetriebsrat nicht zum Ausdruck gebracht hatte, dass die Pensionäre bessergestellt werden sollten als die aktive Belegschaft, mussten sich der Kläger und die übrigen Pensionäre sagen, dass der Beklagte ihnen gegenüber nicht eine verbindliche Betriebsübung entstehen lassen wollte. Die Übernahme der Krankheitskosten durch Zahlung einer Beihilfe sollte genauso freiwillig sein wie die abgeschlossene Gesamtbetriebsvereinbarung für die aktive Belegschaft, die nur für die Dauer des Bestehens diese Vereinbarung Rechtsansprüche begründete, § 77 Abs. 4 BetrVG. Würde man der Rechtsauffassung des Klägers folgen, hieße dieses, dass die Beklagte sich unbeschadet ihrer finanziellen Möglichkeiten und ohne Rücksicht auf die Entwicklung der Krankheitskosten für die "Ewigkeit" gegenüber den Pensionären verpflichtete und damit ihnen gegenüber mehr Verpflichtungen einging als gegenüber den aktiven Belegschaft. Indem der Beklagte von einer "freiwilligen" Zahlung sprach, wollte er ­ auch für die Pensionäre ­ erkennbar, die aufgezeigten Unwägbarkeiten geradezu verhindern und deshalb ­ wie gegenüber der aktiven Belegschaft - keine betriebliche Übung entstehen lassen.

cc. Soweit der Kläger behauptet, der Beklagte haben nicht gegenüber allen Betriebsrentnern bei Zahlung der Beihilfe einen Freiwilligkeitsvorbehalt gemacht, ist dieser Vortrag zu unsubtantiiert. Der Kläger konnte keinen einzigen Pensionär benennen, bei dem sich der Beklagte in dieser Weise verhalten hatte. Selbst wenn gegenüber Einzelnen der Zusatz der Freiwilligkeit nicht aufgenommen wurde, begründet dieses noch keinen Anspruch aller anderen Pensionäre aus einer betrieblichen Übung, bei denen dieser Vorbehalt gemacht wurde. Da der Kläger bisher keine Beihilfe erhalten hatte, könnte er nur dann künftig Beihilfe im bisherigen Umfang verlangen, wenn eine betriebliche Übung entstanden wäre, wofür der Kläger darlegungs- und beweisfällig geblieben ist.

6. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG berufen. Der Betriebsrat ist nicht für die Kürzung von Beihilfeansprüchen der Pensionäre zuständig.

7. Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung vor, auf das sich der Kläger zur Rechtfertigung seines Klagebegehrens berufen könnte.

a. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmer einer bestimmten Ordnung (vgl. BAG Urteil vom 21.03.2002 ­ 2 Sa 435/99, EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 88).

Es ist bereits zweifelhaft, ob der Beklagte überhaupt verpflichtet ist, die aktive Belegschaft und die Pensionäre bei einer Beihilferegelung gleich zu behandeln. Jedenfalls liegen sachliche Gründe für die Differenzierung vor. Der Beklagte durfte die Beihilfeansprüche der Pensionäre gegenüber denen der aktiven Beschäftigten stärker kürzen. Wenn der Beklagte Krankheitskosten der aktiven Belegschaft durch die Zahlung einer Beihilfe ausgleicht, gewährt er damit eine zusätzliche Sozialleistung und damit (auch) eine Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Er will die aktive Belegschaft mit Hilfe der Beihilfeleistung noch fester an das Unternehmen binden und sie damit anspornen, ihre Leistungen weiterhin zu erbringen. Bei den Pensionären handelt es bei der Beihilfe nicht um eine Gegenleistung für erbrachte Leistung; der Beklagte will die Pensionäre auch nicht noch fester an das Unternehmen binden. Bei der Übernahme von Krankheitskosten durch Gewährung einer Beihilfe handelt es sich diesem Personenkreis gegenüber um eine nachvertragliche Fürsorgeleistung, die wegen ihres Zweckes in ihrer Höhe (hier: unterschiedlich hoher Selbstbehalt) anders ausfallen kann als gegenüber den aktiven Belegschaft, mögen auch die Pensionäre auf die Beihilfezahlungen in gleicher Weise wie die aktive Belegschaft angewiesen sein.

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben; die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht aus grundsätzlichen Erwägungen zugelassen, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG .

Ende der Entscheidung

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