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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.10.2008
Aktenzeichen: 10 Sa 631/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a
1. Gibt der Arbeitgeber wiederholt tarifliche Entgelterhöhungen aus Tarifverträgen, an die er an seinem Stammsitz kraft Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband gebunden ist, auch an Arbeitnehmer weiter, die er in Betrieben außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Tarifvertrages beschäftigt, so kann eine betriebliche Übung auf künftige Weitergabe von Tarifentgelterhöhungen - sofern sie aus einem solchen Verhalten ausnahmsweise entstanden sein sollte - regelmäßig nur als Gleichstellungsabrede verstanden werden mit der Folge, dass mit Beendigung der Tarifbindung des Arbeitgebers an seinem Stammsitz auch der Anspruch der ortsfremd beschäftigen Arbeitnehmer auf Weitergabe künftiger Entgelterhöhungen endet.

2. Hat der Arbeitgeber kraft dynamischer Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag die Anwendung eines ortsfremden Tarifwerkes in seiner jeweiligen Fassung vereinbart, so genießt er Vertrauensschutz im Hinblick auf die Auslegung dieser Vertragsklausel als Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Abweichung von LAG Düsseldorf, vom 28.03.2008 - 9 Sa 2103/07.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 631/08

Verkündet am 17.10.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12.09.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Mailänder als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Ehrhardt und den ehrenamtlichen Richter Schemberg

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 14.04.2008 - 2 Ca 171/08 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Parteien streiten darüber, ob in ihrem Arbeitsverhältnis Rahmen- und Entgelttarifverträge des Hamburger Groß- und Außenhandels nach einem Betriebsübergang statisch oder dynamisch weiter gelten.

Die Beklagte produziert und vertreibt technischen Bürobedarf. Sie ist das Produkt mehrerer Verschmelzungen und Ausgliederungen, die auch mit Betriebsübergängen im Sinne des § 613 a BGB verbunden waren. Wie ihre Rechtsvorgängerinnen hat die Beklagte ihren Sitz in I.. An unterschiedlichen Standorten im gesamten Bundesgebiet, u. a. in Düsseldorf, wo der Kläger beschäftigt ist, unterhält sie Niederlassungen, die sie ebenfalls von ihren Rechtsvorgängerinnen übernommen hat.

Der Kläger ist Vorsitzender des Betriebsrates am Standort Düsseldorf und betreibt das hiesige Verfahren als Musterverfahren zur generellen Klärung strittiger Rechtsfragen. Mangels Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft ist er nicht tarifgebunden. Sein Arbeitsverhältnis begründete er durch Arbeitsvertrag vom 16.01.1984 mit einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, der Firma V.-C. International GmbH (im Folgenden: V.-C.). Schon die Firma V.-C. hatte ihren Sitz in I.. Sie war dort Mitglied des AGA-Unternehmensverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e. V. und aus diesem Grunde unmittelbar an die Hamburger Tarifverträge des Groß- und Außenhandels gebunden.

Anders als die Firma V.-C. ist die Beklagte nicht Mitglied des Hamburger Arbeitgeberverbandes. Sie ist auch sonst nicht aufgrund von Verbandszugehörigkeit an Tarifverträge gebunden.

Der Arbeitsvertrag, wegen des vollständigen Inhalts auf die mit der Klageschrift zu den Akten gereichte Kopie (Bl. 14 ff. d. A.) Bezug genommen wird, enthält unter dem Stichwort "Gehalt und sonstige Vergütungen" eine detaillierte Vereinbarung über Grundgehalt und sonstige Vergütungsbestandteile (Essenmarken, Fahrgelderstattung, Urlaubs- und Weihnachtsgeld). Abgesehen von der unter dem Stichwort "Arbeitszeit" zu findenden Formulierung, "das Monats-Bruttogehalt setzt die tarifliche Arbeitszeit voraus", findet sich in den einzelnen Klauseln des Arbeitsvertrages keine Verweisung auf tarifvertragliche Regelungen. Am Ende des Arbeitsvertrages heißt es aber unter dem Stichwort "Anwendung tarifvertraglicher und gesetzlicher Bestimmungen":

"In Ergänzung der vorstehenden Vertragsbestimmungen gelten die Bestimmungen des jeweils gültigen Rahmen-Abkommens im Hamburger Groß- und Außenhandel sowie die Betriebsordnung."

Das in Bezug genommene Rahmentarif-Abkommen bzw. die seit 1991 an seine Stelle getretenen Rahmentarifverträge (zuletzt: Rahmentarif Groß- und Außenhandel Hamburger Wirtschaftsraum vom 18.09.2006) enthalten u. a. Regelungen über Urlaubsgeld und Sonderzahlung. Das Monatsentgelt ist in gesonderten Gehalts- und Lohntarifverträgen geregelt.

Über die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses erhielt der Kläger wie alle übrigen Mitarbeiter bei der Firma V.-C. Arbeitsentgelt gemäß Gehaltstarifvertrag Groß- und Außenhandel Hamburger Wirtschaftsraum. Er nahm an den regelmäßigen Tariflohnerhöhungen teil und erhält seit längerem Entgelt gemäß Eingruppierung in die Gruppe 4, nach fünf Tätigkeitsjahren gemäß § 3 des Tarifvertrages.

Das mit der Firma V.-C. bestehende Arbeitsverhältnis ging im Wege des Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB auf die L. Business Machines Europe GmbH über. Auch dieses Unternehmen war Mitglied des AGA-Unternehmensverband des Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e. V.; auch von diesem Unternehmen erhielt der Kläger eine Vergütung gemäß Gehaltstarifvertrag des Groß- und Außenhandel Hamburger Wirtschaftsraum und nahm an den Tariflohnerhöhungen teil. Die L. Business Machines Europe GmbH wurde auf die L. Business Machines Deutschland GmbH verschmolzen, die ebenfalls Mitglied des AGA-Unternehmensverband des Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e. V. war. Auch diese Arbeitgeberin beteiligte den Kläger an den Tariflohnerhöhungen gemäß Gehaltstarifvertrag Groß- und Außenhandel Hamburger Wirtschaftsraum. Der Kläger erhielt regelmäßig schriftliche Mitteilungen über die Tariferhöhungen. Die Formulierungen dieser Schreiben weichen voneinander ab. Wegen des genauen Wortlauts wird Bezug genommen auf die mit der Klageschrift in Kopie vorgelegten Schreiben vom 26.09.1995, 31.07.1998, 30.06.1999, 31.07.2000 und Mai 2001 (Bl. 52 ff. d. A.). Im November 2003 wurde die L. Business Machines Deutschland GmbH auf die N. Europe GmbH verschmolzen. Aus dieser Gesellschaft wurde das deutsche Geschäft in die N. Camera Europe GmbH ausgegliedert, die dann in die L. N. Business Solutions Deutschland GmbH, also in die Beklagte, umbenannt wurde.

In Zusammenhang mit dem letztgenannten Vorgang schlossen die beteiligten Unternehmen mit ihren Gesamtbetriebsräten am 20.11.2003 eine "Rahmenvereinbarung vom 14.11.2003", in der es unter Ziffer 5 h heißt:

"Soweit bei den Unternehmen und/oder Betrieben von N. und/oder L. zur Zeit eine gesetzliche und/oder vertragliche Tarifbindung besteht, werden die beteiligten Gesellschaften dafür Sorge tragen, dass auch nach der Verschmelzung/Abspaltung oder Umstrukturierung der Unternehmen oder Betriebe die entsprechenden Tarifverträge in der bisherigen Weise (dynamisch/statisch) zur Anwendung kommen, wobei es den beteiligten Gesellschaften überlassen bleibt, auf welchem Wege dies erfolgt. Die sich hieraus begründende Tarifbindung wird in ihrem jeweiligen Geltungsbereich nicht vor dem 31.12.2006 verändert."

In der Folgezeit wandte die Beklagte zunächst weiterhin die Tarifverträge des Hamburger Groß- und Außenhandels in ihrer jeweiligen Fassung an und ließ den Kläger so in den Genuss von Tariferhöhungen kommen.

Im August 2007 teilte sie dann ihren Arbeitnehmern mit, dass in den vor dem 01.01.2002 begründeten Arbeitsverhältnissen fortan "der Rahmentarifvertrag/Lohn- und Gehaltstarifvertrag AGA-I. in der zum 31.12.06 gültigen Fassung statisch" weitergelte, und zwar gleichermaßen in I. wie auch an den anderen Standorten außerhalb des geografischen Anwendungsbereiches des Tarifvertrages.

Zum 01.08.2007 kam es zu einer Erhöhung des Tarifentgelts gemäß Gehaltstarifvertrag Groß- und Außenhandel Hamburger Wirtschaftsraum. Danach stieg das Tarifentgelt der für den Kläger maßgeblichen Tarifgruppe ab 01.08.2007 von 2.436,97 € auf 2.510,96 €. Diese Entgelterhöhung gab die Beklagte nicht an den Kläger weiter.

Mit der am 07.01.2008 erhobenen Klage begehrt der Kläger Zahlung der sich aus der unterlassenen Entgelterhöhung ergebenden Differenzbeträge gegenüber dem von der Beklagten ausgezahlten Entgelt (Klageantrag zu 1.) sowie die Feststellung, dass sowohl der Rahmentarifvertrag als auch der Lohn- und Gehaltstarifvertrag Hamburger Groß- und Außenhandel in der jeweiligen gültigen Fassung Anwendung findet (Klageantrag zu 2.) und die Beklagte deshalb verpflichtet ist, an den Kläger ein um 73,99 € brutto monatlich erhöhtes Gehalt zu zahlen (Klageantrag zu 3.).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Hamburger Tarifverträge auf sein Arbeitsverhältnis weiterhin dynamisch anwendbar seien. Für den Gehaltstarifvertrag folge dies aus einer entsprechenden betrieblichen Übung. Deren Inhalt ziele auch nicht lediglich auf Gleichstellung ab. Dies könne nur bei Bezugnahmeklauseln angenommen werden, an die der Arbeitgeber bei Vertragsschluss selbst gebunden sei. Daran fehle es hier, weil auch die Beklagte hinsichtlich des in Nordrhein-Westfalen angesiedelten Arbeitsverhältnisses des Klägers nicht an die Hamburger Tarifverträge gebunden gewesen sei. Da also eine Auslegung als Gleichstellungsabrede ausscheide, liege eine dynamische Verweisung vor. Diese Dynamisierung, die den Mitarbeitern auf verschiedenen Betriebsversammlungen auch regelmäßig zugesagt worden sei, bestehe gemäß § 613 a BGB im Verhältnis zur Beklagten fort.

Mit Urteil vom 14.04.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, weil es entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung nicht von einer dynamischen Fortgeltung der Tarifverträge des Hamburger Groß- und Außenhandels ausging. Seine Entscheidung hat es wie folgt begründet:

Selbst wenn eine dynamische Inbezugnahme des Gehaltstarifvertrages für den Groß- und Außenhandel Hamburger Wirtschaftsraum kraft betrieblicher Übung entstanden sei, könne diese lediglich als Gleichstellungsabrede im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ausgelegt werden. Die zum Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger in I. ansässige und dem dortigen Unternehmerverband angehörige Firma V.-C. habe in I. allein 400 Arbeitnehmer beschäftigt und dort die Tarifverträge des Hamburger Groß- und Außenhandels angewandt. Im Zuge ihrer Expansion habe sie dann Niederlassungen im gesamten Bundesgebiet eröffnet, auf die dort beschäftigten wenigen Arbeitnehmer ebenfalls die Hamburger Tarifverträge angewendet und im Arbeitsvertrag ausdrücklich auf den Rahmentarifvertrag für den Hamburger Wirtschaftsraum Bezug genommen. Dem Kläger sei dies alles bekannt gewesen. Nach seinem Empfängerhorizont habe er das Verhalten der Beklagten deshalb nicht anders verstehen können, als dass er den Hamburger Mitarbeitern hinsichtlich des Gehaltes habe gleichgestellt werden sollen. Auch den Begleitschreiben zu den jeweiligen Gehaltserhöhungen habe er entnehmen können, dass er wie die Hamburger Kollegen habe behandelt werden sollen. Im Schreiben vom 26.09.1995 werde sogar ausdrücklich auf eine Eingruppierung nach dem Hamburger Tarifvertrag im Groß- und Außenhandel Bezug genommen. Im Ergebnis habe die betriebliche Übung lediglich die fehlende Tarifbindung an den Lohn- und Gehaltstarifvertrag des Hamburger Groß- und Außenhandels ersetzen sollen.

Diese Auslegung stehe auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu Gleichstellungsabreden bei arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln. Zwar wende das Bundesarbeitsgericht für dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge, die nach dem 31.12.2001 vereinbart worden seien, nicht mehr seine alte Auslegungsregel an, wonach es sich bei derartigen Klauseln im Zweifel um Gleichstellungsabreden handele, sondern gehe von der gegenteiligen Regel aus. Die im hiesigen Fall zu einer Gleichstellungsabrede führende konkrete Auslegung gehe aber jeder Auslegungsregel vor.

Nichts anderes ergebe sich aus den vom Kläger behaupteten Äußerungen der Geschäftsleitung auf Betriebsversammlungen. Selbst wenn Vertreter der Beklagten dort behauptet haben sollten, der Lohn- und Gehaltstarifvertrag des Hamburger Groß- und Außenhandels gelte dynamisch, ergebe sich daraus keine abweichende Auslegung. Denn natürlich habe der Tarifvertrag dynamische Anwendung finden sollen, dies aber eben in Form der Gleichstellung mit den Hamburger Kollegen, für die der Tarifvertrag infolge der bestehenden Tarifbindung ja dynamisch gegolten habe. Damit sei die vom Kläger behauptete Aussage der Geschäftsleitung letztlich nichts weiter als eine Klarstellung der bestehenden betrieblichen Übung. Dass die Geschäftsleitung die weitergehende Aussage getroffen habe, die hamburgischen Tarifverträge würden in den jeweiligen Niederlassungen unabhängig von den Hamburger Verhältnissen dynamisch angewendet werden, habe der Kläger selbst nicht behauptet. Der fortan statischen Geltung des Lohn- und Gehaltstarifvertrages des Hamburger Groß- und Außenhandels stehe auch nicht die Vereinbarung entgegen, die die Beklagte mit ihrem Gesamtbetriebsrat am 14.11.2003 geschlossen habe. In dieser Vereinbarung sei es der Beklagten überlassen worden, auf welchem Wege sie dafür Sorge trage, dass Tarifverträge in der bisherigen Weise (dynamisch/statisch) weiter zur Anwendung kämen. Die Beklagte sei hieraufhin nicht Mitglied im Arbeitgeberverband geworden. Damit habe sie keine eigene Tarifbindung begründet, sondern offenkundig die Tarifverträge für alle Mitarbeiter in dem begrenzten Zeitraum bis zum 31.12.2006 übergangsweise angewendet. Im Ergebnis habe die Vereinbarung vom 14.11.2003 lediglich zu einem Hinausschieben der Veränderungssperre des § 613 a BGB geführt, mit dem Ergebnis, dass der Stichtag für den Fortfall der dynamischen Fortgeltung der Tarifverträge auf den 31.12.2006 verschoben worden sei.

Gegen das am 21.04.2008 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit einem am 24.04.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit weiterem Schriftsatz vom 16.06.2008, eingegangen am 18.06.2008, begründet.

Der Kläger hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für rechtsfehlerhaft. Mit seiner Argumentation erweitere das Arbeitsgericht die bisherige Auslegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur "Gleichstellungsabrede" auf den Fall, dass der Arbeitgeber zwar nicht für seine Niederlassung, wohl aber am Hauptsitz tarifgebunden sei. Dem könne nicht gefolgt werden. Auch in früherer Rechtsprechung habe das Bundesarbeitsgericht dynamische Bezugnahmeklauseln nur dann als Gleichstellungsabreden ausgelegt, wenn der an das in der Klausel genannte Tarifwerk gebundene Arbeitgeber lediglich die fehlende Tarifbindung des Arbeitnehmers habe ersetzen wollen. Die Auslegungsregel des Bundesarbeitsgerichts finde also nur Anwendung, wenn der Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis im Falle der Tarifbindung des Arbeitnehmers Anwendung fände. Dies sei im Falle des Klägers jedoch gerade nicht der Fall, weil er auch bei Gewerkschaftszugehörigkeit nicht an die Hamburger Tarifverträge, sondern an die - allerdings ohnehin für allgemeinverbindlich erklärten - Tarifverträge des Groß- und Außenhandels Nordrhein-Westfalen gebunden gewesen wäre. Deshalb habe der Kläger die betriebliche Übung der Beklagten auch nicht als bloße Gleichstellung mit den Hamburger Mitarbeitern verstehen können, sondern vielmehr als eine eigenständige, d. h. konstitutive Regelung im Hinblick auf die Anwendung der Lohn- und Gehaltstarifverträge Hamburger Groß- und Außenhandel.

Der Kläger behauptet, die Geschäftsleitung der Rechtsvorgängerin der Beklagten habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Tarifvertrag Gehalt in den jeweiligen Niederlassungen unabhängig von den Hamburger Verhältnissen dynamisch angewendet werden solle.

Schließlich meint der Kläger, das Arbeitsgericht habe den Regelungsinhalt der Vereinbarung vom 14.11.2003 verkannt. Unter Ziffer 5 h) sei nicht lediglich eine befristete Fortgeltung der Dynamik bis zum 31.12.2006, sondern eine Fortgeltung des status quo vereinbart worden. Hieraus folge die betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung der Beklagten, über den Zeitpunkt der Verschmelzung hinaus, die bisher bestehende betriebliche Übung, d. h. die dynamische Anwendung des Gehaltstarifvertrages I., bestehen zu lassen. Diese Betriebsvereinbarung sei bisher auch nicht abgelöst worden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat die Klägerseite klargestellt, dass sie mit dem Klageantrag zu 2. nicht lediglich die Feststellung der weiterhin dynamischen Anwendung des Lohn- und Gehaltstarifvertrages des Hamburger Groß- und Außenhandels, sondern auch der dynamischen Fortgeltung des Rahmentarifvertrages begehre. Mit entsprechender Klarstellung beantragt der Kläger, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 14.04.2008 - 2 Ca 171/08 -

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 591,92 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass sowohl der Rahmentarifvertrag als auch der Lohn-/ und Gehaltstarifvertrag Hamburger Groß- und Außenhandel zwischen der AGA Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e. V. und ver.di vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Landesbezirk I. auf das Arbeitsverhältnis in der jeweils gültigen Fassung seine Anwendung findet,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab dem 01.04.2008 eine Gehaltserhöhung von 3,04 %, nämlich 73,99 € brutto monatlich zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe den Rechtsstreit richtig entschieden. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das Arbeitsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen den Tarifvertrag lediglich "gleichstellend" auch auf die nicht tarifgebundenen Mitarbeiter außerhalb Hamburgs angewandt habe. Eingedenk der Tatsache, dass ein Großteil der bei den Rechtsvorgängerinnen beschäftigten Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz in I. gehabt hätten und die Rechtsvorgängerinnen Mitglieder im Arbeitgeberverband Groß- und Außenhandel I. gewesen seien, habe eine solche Handhabung nahe gelegen. Eine Antwort auf die Frage, warum sonst der Kläger als in Düsseldorf ansässiger Mitarbeiter nach dem Tarifvertrag des Hamburger Groß- und Außenhandels hätte behandelt werden sollen, könne der Kläger nicht geben. Wer den Aufwand kenne, den ein Unternehmen betreiben müsse, wenn (z. B. im Einzelhandel) 16 verschiedene Tarifverträge zu berücksichtigen seien, der wisse, wie vorteilhaft eine Gleichstellung der Mitarbeiter sein könne.

Der Kläger leite seinen vermeintlichen Anspruch aus einer angeblichen betrieblichen Übung ab. Zu keinem Zeitpunkt habe die Beklagte oder ihre Rechtsvorgängerinnen sich jedoch dahingehend festgelegt, auch alle zukünftigen Tariferhöhungen des Lohn- und Gehaltstarifvertrages des Hamburger Groß- und Außenhandels zur Anwendung zu bringen. Es sei jeweils mit separaten Schreiben mitgeteilt worden, dass die Tarifgehälter erhöht worden seien und man sich entschieden habe, aus diesem Grunde auch das Gehalt des Klägers entsprechend anzupassen.

Die Behauptungen des Klägers über Äußerungen der Geschäftsleitung der Rechtsvorgängerinnen zur uneingeschränkten dynamischen Anwendung von Tarifverträgen in den Niederlassungen weist die Beklagte als unsubstantiiert und unzutreffend zurück.

Schließlich ändere auch die Vereinbarung vom 14.11.2003 nichts an der Rechtslage, weil die Beklagte sich darin, wie vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellt worden sei, lediglich befristet bis zum 31.12.2006 festgelegt habe.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat die Klägerseite auf entsprechenden Hinweis des Gerichtes klargestellt, zu den Behauptungen über die von der Geschäftsleitung der Rechtsvorgängerin der Beklagten anlässlich von Betriebsversammlungen getätigten Zusagen über die uneingeschränkte dynamische Fortgeltung der Hamburger Tarifverträge nicht detaillierter vortragen zu können.

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhalts sowie des widerstreitenden Sachvortrags und der unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Parteien ergänzend Bezug genommen auf den Akteninhalt, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien aus beiden Rechtszügen nebst ihren jeweiligen Anlagen, die Protokolle der mündlichen Verhandlungen aus beiden Instanzen sowie die im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils getroffenen Feststellungen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie ist auch statthaft im Sinne des § 64 Abs. 1, 2 ArbGG.

II.

In der Sache hatte die Berufung jedoch keinen Erfolg.

1. Die Klage ist zwar in vollem Umfang zulässig.

Das gilt auch für das mit dem Klageantrag zu 2. verfolgte Feststellungsbegehren. Die Parteien streiten im Kern darüber, ob nach dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs bzw. nach dem 31.12.2006 in Kraft getretene sowie künftig in Kraft tretende Tarifverträge des Hamburger Groß- und Außenhandels zwischen ihnen Anwendung finden. Die Feststellungsklage ist unzweifelhaft geeignet, diesen unter den Parteien schwelenden Streitpunkt, der unmittelbare Auswirkung für eine Vielzahl von Einzelansprüchen entfaltet, in seinem Kern zu klären und damit weitere Streitigkeiten über Einzelansprüche zu vermeiden. Damit liegt das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse vor.

2. In dem genannten Kern - und damit sogleich in allen drei Anträgen - ist die Klage aber unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die Frage, ob auch solche Tarifverträge des Hamburger Groß- und Außenhandel auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, die erst nach dem 31.12.2006 in Kraft getreten sind und noch in Kraft treten werden, zutreffend verneint. Das Berufungsvorbringen des Klägers gibt zu einer abändernden Entscheidung keine Veranlassung.

Im Vordergrund des erstinstanzlichen Urteils wie auch des erstinstanzlichen Parteivorbringens steht die Frage, ob der für den Kläger maßgebliche Entgelttarifvertrag - das ist nach dem insoweit unstrittigen Vorbringen des Klägers aktuell der Gehaltstarifvertrag Groß- und Außenhandel Hamburger Wirtschaftsraum in der Fassung vom 27.06.2007 - sowie sich hieran künftig anschließende Gehaltstarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Der Kläger meint, dies aufgrund einer betrieblichen Übung verlangen zu können.

Aufgrund der klarstellenden Erklärung des Klägervertreters während der letzten mündlichen Verhandlung steht fest, dass unter den Parteien aber auch Streit darüber herrscht, ob der Rahmentarifvertrag Groß- und Außenhandel Hamburger Wirtschaftsraum auch in solchen Fassungen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, die nach dem 31.12.2006 in Kraft getreten sind oder noch in Kraft treten werden. Insoweit kommt es darauf an, welche Bedeutung der im schriftlichen Arbeitsvertrag unter dem Stichwort "Anwendung tarifvertraglicher und gesetzlicher Bestimmungen" getroffenen Bezugnahmeklausel beizumessen ist.

In beiden Streitpunkten ist der Beklagten Recht zu geben.

a) Ein Anspruch des Klägers auf Anwendung von Entgelttarifverträgen des Groß- und Außenhandels Hamburger Wirtschaftsraum, welche nach dem 31.12.2006 in Kraft getreten sind oder noch in Kraft treten werden, besteht nicht. Dementsprechend hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die neben dem Feststellungsbegehren geltend gemachten Zahlungsbeträge.

aa) Eine unmittelbare tarifrechtliche Geltung der Hamburger Entgelttarifverträge scheidet aus. Mangels Mitgliedschaft in den tarifschließenden Organisationen unterfallen weder der Kläger noch die Beklagte der Tarifbindung im Sinne des § 3 Abs. 1 TVG. Allgemeinverbindlichkeit im Sinne des § 5 Abs. 4 TVG liegt ebenfalls nicht vor.

bb) Aus gesetzlichem Grunde, speziell aus dem Gesichtspunkt des § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB lässt sich eine Bindung der Parteien an Tarifverträge, die nach dem Betriebsübergang auf die Beklagte in Kraft getreten sind, nicht ableiten. § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB transformiert allein die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Tarifinhalte unter den näher geregelten Voraussetzungen in arbeitsvertragliches Recht. Spätere Tarifverträge erfasst diese Norm gerade nicht.

cc) Der schriftliche Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 16.01.1984 kann zur Begründung einer schuldrechtlichen Bindung der Parteien an die Entgelttarifverträge ebenfalls nicht herangezogen werden. Der Arbeitsvertrag enthält weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Bezugnahme auf die jeweiligen Entgelttarifverträge des Hamburger Groß- und Außenhandels. Dort ist vielmehr ausdrücklich nur auf die Bestimmungen des jeweils gültigen Rahmentarif-Abkommens im Hamburger Groß- und Außenhandel Bezug genommen. Diese Bezugnahme besagt nichts für die hier in Rede stehende Frage einer dynamischen Anpassung an die jeweilige tarifliche Gehaltsentwicklung. Wenn die Parteien eine umfassende Geltung sämtlicher Tarifverträge des Hamburger Groß- und Außenhandels, also auch die Anwendung der einschlägigen Entgelttarifverträge gewollt hätten, hätte nichts näher gelegen, als dies in der Vertragsklausel so auch zum Ausdruck zu bringen. Aus dem Umstand, dass sie dies nicht getan haben, lässt sich nur schließen, dass bewusst nur auf die Bestimmungen des Rahmentarifvertrages, nicht aber auf die jeweiligen Entgelttarifverträge Bezug genommen werden sollte. Das sieht offenbar auch der Kläger so, denn er stützt seine Argumentation nicht etwa auf eine ausdrückliche oder konkludente Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag, sondern vielmehr auf das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung.

dd) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich eine Bindung der Partei an die Entgelttarifverträge des Hamburger Groß- und Außenhandels auch nicht aus dem Rechtsinstitut der betrieblichen Übung.

Entweder es ist schon keine betriebliche Übung auf Weitergabe künftiger Tarifentgelterhöhungen entstanden (dazu nachfolgend unter (1)) oder eine solche betriebliche Übung kann - wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat - nur als Gleichstellungsabrede verstanden werden (dazu nachfolgend (2)), mit der Folge, dass sie hier nicht dynamisch fortwirkt.

(1) Der Kläger kehrt hervor, dass die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten in dem für sein Arbeitsverhältnis maßgeblichen Tarifgebiet Nordrhein-Westfalen nicht tarifgebunden gewesen seien. Er meint hieraus ableiten zu können, dass er eine betriebliche Übung der Beklagten nicht als bloße Gleichstellung mit den Hamburger Mitarbeitern habe verstehen können, sondern vielmehr als eine eigenständige, d. h. konstitutive Regelung im Hinblick auf die Anwendung der Lohn- und Gehaltstarifverträge Hamburger Groß- und Außenhandel.

Mit dieser Auffassung geht der Kläger fehl.

Er übersieht bei diesem Ansatz die einschränkende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Begründung einer betrieblichen Übung auf Weitergabe künftiger Tarifentgelterhöhungen durch einen nicht tarifgebundenen Arbeitgeber.

(a) Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber kann eine betriebliche Übung betreffend die Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nur angenommen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will. Denn der nicht tarifgebundene Arbeitgeber wird sich regelmäßig nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen wollen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zum Arbeitgeberverband. Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers für eine dauerhafte Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklungen in einem bestimmten Tarifgebiet. Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht deshalb lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohnes, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Lohnerhöhungen weiterzugeben (st. Rspr. des BAG, vgl. z. B. BAG vom 16.01.2002 - 5 AZR 715/00 = EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 37; BAG vom 13.03.2002 - 5 AZR 755/00 = EzA § 259 ZPO Nr. 1; BAG vom 03.11.2004 - 5 AZR 73/04, vollständig dokumentiert bei juris; BAG vom 09.02.2005 - 5 AZR 284/04, vollständig dokumentiert bei juris). Es kommt Folgendes hinzu: Ist der Arbeitgeber tarifgebunden, wird allein aufgrund regelmäßiger Erhöhungen eine betriebliche Übung nicht entstehen können; denn es ist anzunehmen, der Arbeitgeber wolle nur den gesetzlichen Verpflichtungen des Tarifvertragsgesetzes Rechnung tragen und seine Arbeitnehmer gleich behandeln. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber, der sich (zeitweise) wie ein tarifgebundener Arbeitgeber verhält, darf deswegen nicht schlechter stehen als dieser, nämlich auf Dauer ohne Austrittsmöglichkeit (vertraglich) gebunden zu sein. Dass muss der Arbeitnehmer erkennen, falls die Frage der Tarifbindung seines Arbeitgebers überhaupt eine Rolle für ihn spielt. Deshalb darf er in keinem Falle von einer dauerhaften Bindung des Arbeitgebers ausgehen (BAG vom 03.11.2004 - 5 AZR 622/03 unter II 5. der Entscheidungsgründe; BAG vom 09.02.2005 - 5 AZR 284/04 unter III 3. b der Entscheidungsgründe).

(b) Hat für den Kläger also - wie er hervorhebt - die Tatsache, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten in Nordrhein-Westfalen nicht tarifgebunden war, eine Rolle gespielt, so konnte er deren Verhalten auf Basis der dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes gleichwohl nicht dahingehend verstehen, dass ihm künftige Erhöhungen der Entgelttarife des Hamburger Groß- und Außenhandel ohne nähere Prüfung und Entscheidung im jeweiligen Einzelfall vertraglich zugestanden sein sollten. Erst recht konnte der Kläger das Verhalten der Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht dahingehend verstehen, dass diese sich vertraglich auf die Weitergabe künftiger Tariflohnerhöhungen selbst für den Fall festlegen wollte, dass sie in I., wo sie mit Kenntnis des Klägers tarifgebunden war, wegen Wegfalls der Tarifgebundenheit nicht mehr zur Weitergabe von Entgelterhöhung verpflichtet sein sollte.

Allein aus der unstrittigen Tatsache, dass in der Vergangenheit regelmäßig tarifliche Entgelterhöhungen weitergegeben wurden, hat kein Vertrauen des Klägers darauf erwachsen können, dass dies auch künftig weiter so geschehen würde. Das würde nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes sogar dann gelten, wenn es um die Weitergabe der unmittelbar in Nordrhein-Westfalen geltenden Tarife ginge. Hätte die Rechtsvorgängerin der Beklagten jeweils nur die in Nordrhein-Westfalen unter den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tarifentgelterhöhungen weitergegeben, so hätte der Kläger nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes jedes Mal auch ohne besonderen Hinweis davon ausgehen müssen, dass diese sich nach Prüfung aller Umstände offenbar auch diesmal wieder für eine Übernahme des nordrhein-westfälischen Abschlusses entschieden hat (so die Formulierung des BAG für den von ihm entschiedenen Fall in seinem Urteil vom 09.02.2005 - 5 AZR 284/04 unter III 3. c bb der Entscheidungsgründe). Für den hier gegebenen Fall, dass nicht nordrhein-westfälische, sondern Hamburger Tariferhöhungen weitergegeben wurden, kann nichts anderes gelten. Der Beklagten zu entgegnen, dass es in diesem Fall einer besonderen Erläuterung des jeweiligen Verhaltens ihrer Rechtsvorgängerin bedurft hätte, hieße, das Regel-Ausnahme-Verhältnis umzukehren. Dafür gibt es aber keine Veranlassung. Der äußere Erklärungswert ihres Verhaltens unterscheidet sich - jedenfalls auf Grundlage ihrer vom Kläger betonten fehlenden Tarifbindung in NordrheinWestfalen - nicht danach, ob sie eine in I. oder in Nordrhein-Westfalen erfolgte Tariferhöhung zum äußeren Anlass nimmt, das Entgelt auch ihrer Mitarbeiter zu erhöhen. Es hätte mithin neben den regelmäßigen Erhöhungen zusätzlicher Anhaltspunkte bedurft, um eine betriebliche Übung annehmen zu können (vgl. BAG vom 09.02.2005 - 5 AZR 284/04 unter III 3. c bb der Entscheidungsgründe). Solche sind hier nicht festzustellen. Insbesondere den von der Klägerseite vorgelegten Schreiben über die Entgelterhöhungen lässt sich eine solch besondere Bedeutung nicht beimessen. Die Schreiben beinhalten nicht mehr als die Mitteilung, dass es zu einer Erhöhung des Tarifentgelts gekommen sei, die weitergegeben werde, und dass eine solche Weitergabe auch ohne Anrechnung auf außertarifliche freiwillige Zulagen erfolge. Einen über die jeweils aktuell anstehende Entgelterhöhung hinausgehenden Inhalt haben die Schreiben nicht. Mit oder ohne Schreiben stellt sich der Sachverhalt danach so dar, dass der Kläger in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum hinweg tatsächlich jeweils an den Entgelterhöhungen partizipiert hat, was nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes gerade kein Vertrauen auf die Zukunft begründet.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits muss sich der Kläger also entweder den vom ihm selbst betonten Umstand entgegen halten lassen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten in dem in Nordrhein-Westfalen angesiedelten Arbeitsverhältnis nicht tarifgebunden war. Dann liegt der klassische Fall der Weitergabe von Entgelterhöhungen durch einen tarifungebundenen Arbeitgeber im Sinne der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung vor mit der Folge, dass mangels besonderer Anhaltspunkte nicht von einer betrieblichen Übung ausgegangen werden kann.

(2) Oder aber der Kläger akzeptiert, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihm nicht als gänzlich tarifungebundene, sondern eben als eine an Hamburger Tarifverträge gebundene Arbeitgeberin entgegen getreten ist. Dann aber ist dies nicht ein beiläufiger und bedeutungsloser Begleitumstand, sondern der zentrale Unterschied zum dargestellten klassischen Fall, der auch bei der Auslegung der Verhaltensweise der Rechtsvorgängerin der Beklagten den Empfängerhorizont des Klägers maßgeblich prägt. Darauf hat auch das Arbeitsgericht abgestellt und deshalb einer ggf. entstandenen betrieblichen Übung den Inhalt einer auf Gleichstellung des Klägers mit den tarifgebundenen Hamburger Arbeitnehmern abzielenden Klausel beigemessen. Dem folgt die Berufungskammer unter Bezugnahme auf die Erwägungen des Arbeitsgerichts.

Das Berufungsvorbringen stellt diese Auslegung nicht in Frage.

Der Kläger wirft dem Arbeitsgericht mit der Berufungsbegründung vor, es habe mit seinem Urteil die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes erweitert, indem es die Rechtsgrundsätze zur Gleichstellungsabrede auch auf den Fall angewandt habe, dass der Arbeitgeber zwar nicht für seine Niederlassung, wohl aber am Hauptsitz tarifgebunden sei. Das trifft so nicht zu. Vielmehr hat das Bundesarbeitsgericht mit seiner Entscheidung vom 21.08.2002 ausdrücklich darauf erkannt, dass eine dynamische Bezugnahme auf Tarifverträge, an die der Arbeitgeber an seinem Sitz kraft der Verbandszugehörigkeit gebunden ist, auch dann eine Gleichstellungsklausel ist, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Tarifvertrages beschäftigt wird. Ein Arbeitgeber, der bundesweit Arbeitnehmer beschäftige, müsse für diese Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifgebundenheit und von örtlichen Tarifverträgen einheitliche Arbeitsbedingungen bewirken können. Die Inbezugnahme von ortsfremden Tarifverträgen habe in einem solchen Fall nicht nur die Funktion, die organisierten und die nicht organisierten Arbeitnehmer gleich zu behandeln. Vielmehr gehe es auch um die Gleichstellung der Arbeitnehmer, die vom räumlichen Geltungsbereich der Tarifverträge erfasst seien, mit jenen, die von dem räumlichen Geltungsbereich der Tarifverträge nicht erfasst seien. Anders als bei einer Bezugnahme auf Tarifverträge, unter deren fachlichen Geltungsbereich die Arbeitgeberin nicht falle, sei die Anknüpfung an zwar nicht örtlich aber fachlich geltende Tarifverträge, an die die Arbeitgeberin kraft ihrer Verbandszugehörigkeit gebunden sei, sachlich gerechtfertigt. "Ortsfremdes" Tarifwerk stehe dem "fachfremden" nicht gleich (BAG vom 21.08.2002 - 4 AZR 263/01 = EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 21).

Dem entspricht der vorliegende Sachverhalt bis auf den Unterschied, dass in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall über eine schriftlich abgefasste Klausel zu befinden war, während es im vorliegenden Fall - jedenfalls hinsichtlich der Geltung Hamburger Entgelttarifverträge - um die Bestimmung des Erklärungsinhaltes einer bestimmten tatsächlichen Verhaltensweise geht. Trotz dieses Unterschiedes ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 21.08.2002 für den hiesigen Fall und die zu beantwortende Frage von Bedeutung, wie der Kläger die Verhaltensweise der Rechtsvorgängerin der Beklagten verstehen konnte und musste. Hier wie dort kommt es dafür auf den Zweck an, den die Arbeitgeberin sinnvoller Weise, d.h. bei verständiger Würdigung der von ihr verfolgten Interessen, aus der Perspektive des Klägers damit verfolgen konnte, die außerhalb des Tarifgebiets angesiedelten Arbeitnehmer freiwillig so behandeln, wie sie die an ihrem Sitz tätigen Arbeitnehmer aufgrund der dortigen Tarifbindung behandeln muss. Hier wie dort ist die Antwort von der Erkenntnis des Bundesarbeitsgerichtes geprägt, dass eine Inbezugnahme von ortsfremden Tarifverträgen nicht nur die Funktion hat und haben kann, die organisierten und die nicht organisierten Arbeitnehmer - am Ort der Tarifbindung - gleich zu behandeln, sondern es der Arbeitgeberin auch um die Gleichstellung der ortsfremden Arbeitnehmer mit jenen geht, die vom räumlichen Geltungsbereich der Tarifverträge erfasst sind.

Selbst wenn also eine betriebliche Übung auf dynamische Anwendung der Hamburger Entgelttarifverträge vorläge, wäre diese aufgrund der gegebenen Umstände ihrem Inhalt nach auf die Bedeutung einer Gleichstellungsabrede begrenzt. Als solche hat sie ihre Dynamik mit dem auf Arbeitgeberseite infolge des Betriebsübergangs auf die tarifungebundene Beklagte eingetretenen Wegfall der Bindung an die Hamburger Tarifverträge eingebüßt.

ee) An diesem Ergebnis vermag auch die zwischen der Beklagten und ihrem Gesamtbetriebsrat getroffene Vereinbarung vom 14.11.2003 nichts zu ändern. Das gilt jedenfalls für die hier allein umstrittene Frage der Anwendung von Tarifverträgen, die nach dem 31.12.2006 in Kraft getreten sind. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf erkannt, dass die Vereinbarung vom 14.11.2003 in ihrer Ziffer 5 h) im Ergebnis lediglich eine befristete Verlängerung der durch § 613 a Abs. 1 Satz 2 letzter Hs. BGB angeordneten Veränderungssperre enthält. Dem schließt sich die Berufungskammer an. Ungeachtet der Frage, ob den Betriebspartnern eine diesbezügliche Regelungsmacht überhaupt gegeben ist, lässt sich aus der Vereinbarung vom 14.11.2003 über den 31.12.2006 hinaus keine "Tarifbindung" ableiten, die von anderer Qualität (statisch/dynamisch/gleichstellend) wäre, als die zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges im Jahre 2003 gegebene. Da aber zu diesem Zeitpunkt keine über eine bloße Gleichstellung hinausgehende dynamische Bindung unter den Parteien vereinbart war, kann sich eine solche auch nicht in Anwendung der Vereinbarung vom 14.11.2003 ergeben.

ff) Schließlich kann für die Entscheidung des Rechtstreits auch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger Anspruch auf weiterhin dynamische Anwendung der Hamburger Entgelttarifverträge aus einer Zusage erwachsen ist, die von Seiten der Geschäftsleitung einer Rechtsvorgängerin - etwa in Gestalt einer Gesamtzusage - gemacht worden wäre.

Das Arbeitsgericht hat mögliche Aussagen der Geschäftsleitung über die dynamische Geltung der Hamburger Tarifverträge im Ergebnis als Klarstellung der bestehenden betrieblichen Übung interpretiert, welche aber eben nur eine Gleichstellung mit den Hamburger Kollegen beinhalte, für die der Tarifvertrag infolge der bestehenden Tarifbindung dynamisch gegolten habe. Es hat ferner darauf abgestellt, dass der Kläger nicht behauptet habe, die Geschäftsleitung habe die weitergehende Aussage getroffen, dass die hamburgischen Tarifverträge in den jeweiligen Niederlassungen unabhängig von den Hamburger Verhältnissen dynamisch angewendet werden würden.

Ohne jedwede Erläuterung der örtlichen, zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhänge hat der Kläger zum Beweis der Tatsache, dass eben dies doch ausdrücklich so kund getan worden sei, mit der Berufungsbegründung 27 Zeugen angeboten. Diesem, trotz Hinweis des Berufungsgerichtes in der mündlichen Verhandlung nicht weiter substantiierten Vorbringen konnte und musste das Berufungsgericht nicht nachgehen.

(1) Wird ein Beweis angetreten, bei dem es an der Bestimmtheit der zu beweisenden Tatsachen fehlt und sollen durch die beabsichtigte Beweiserhebung erst die Grundlagen für substantiierte Tatsachenbehauptungen gewonnen werden, so ist dieser Beweisantritt unzulässig und unbeachtlich (vgl. z.B. BAG vom 15.12.1999 - 5 AZR 566/98 = EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 78 unter II 2 a aa der Entscheidungsgründe). Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Hierbei werden gemeinhin unter Tatsachen konkrete nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörende Geschehnisse oder Zustände verstanden. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung zu unterbleiben, weil sie andernfalls auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinausliefe (BAG a.a.O.). Die beweis- und damit auch darlegungsbelastete Partei genügt ihrer Darlegungslast nicht, wenn anstelle präzise bestimmbarer Tatsachen eine Gemengelage aus Tatsachen und Wertungen präsentiert wird (LAG Hessen vom 18.11.1996 - 10 Sa 2082/95 = NZA-RR 1997 - 369).

(2) So verhält es sich hier.

Angesichts des Bestreitens der Beklagten stellt nicht eine von Klägerseite in aller Pauschalität vorgetragene "Zusage" die zu beweisende Tatsache dar. Der Beweiserhebung zugänglich wäre allenfalls die Frage gewesen, welche konkreten Äußerungen in welchem genauen Zusammenhang von welchen Personen bei welchen Gelegenheiten getätigt wurden. Hier wird nicht einmal deutlich, welche Personen für "die Geschäftsleitung" Äußerungen getätigt haben sollen. Ebenso wenig ist auch nur annähernd umrissen, wann und wo dies geschehen sein soll. Schließlich bleibt völlig unklar, in welchen Zusammenhängen mit welchen konkreten Worten die behaupteten Aussagen getätigt worden sein sollen, oder warum sie jedenfalls nach ihrem Kontext nur so wie vom Kläger vorgetragen zu verstehen gewesen sein konnten. Nur angesichts solcher Fakten hätte das Gericht beurteilen können, ob den ggf. bewiesenen Äußerungen tatsächlich im Wege der Auslegung anspruchsbegründende Bedeutung beigemessen werden muss. Solche Fakten sind jedoch trotz Hinweises des Berufungsgerichtes nicht vorgetragen. Sie hätten vielmehr erst durch Vernehmung der Zeugen gewonnen werden können. Das aber ist unzulässig.

b) Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, künftige Rahmentarifverträge des Groß- und Außenhandels Hamburger Wirtschaftsraum auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden.

Anders als für die Entgelttarifverträge enthält der Arbeitsvertrag des Klägers unter dem Stichwort "Anwendung tarifvertraglicher und gesetzlicher Bestimmungen" die schriftlich fixierte Klausel, dass in Ergänzung der Vertragsbestimmungen die Bestimmungen des jeweils gültigen Rahmen-Abkommens im Hamburger Groß- und Außenhandel sowie die Betriebsordnung anzuwenden sind.

Aus dieser Klausel ergibt sich jedoch kein Anspruch des Klägers auf Anwendung des Rahmentarifvertrages Groß- und Außenhandel Hamburger Wirtschaftsraum in solchen Fassungen, die nach dem 31.12.2006 in Kraft getreten sind oder noch in Kraft treten werden.

aa) Der Arbeitsvertrag wurde vor dem 01.01.2002 geschlossen. Die Klausel ist deshalb als Gleichstellungsabrede auszulegen, deren dynamische Komponente endet, wenn - wie hier - auch der Arbeitgeber nicht mehr tarifgebunden ist. Das gilt auch für den hier gegebenen Fall, dass die Klausel auf ein für das Arbeitsverhältnis ortsfremdes Tarifwerk verweist, an das die Arbeitgeberin jedoch an ihrem Sitz gebunden ist. Insoweit entspricht der vorliegende Fall exakt dem, den das Bundesarbeitsgericht mit seinem bereits erörterten Urteil vom 21.08.2002 zu entscheiden hatte (BAG vom 21.08.2002 - 4 AZR 263/01 a. a. O.).

bb) Diesem Ergebnis steht die zwischenzeitlich geänderte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Auslegung von dynamischen vertraglichen Bezugnahmeklauseln nicht entgegen.

(1) Zwar hat das Bundesarbeitsgericht mit Entscheidung vom 14.12.2005 angekündigt, seine langjährige Rechtsprechung zur Auslegung von dynamischen Bezugnahmeklauseln aufzugeben, und diese Ankündigung mit Urteil vom 18.04.2007 auch umgesetzt. Fortan steht das Bundesarbeitsgericht auf dem Standpunkt, eine einzelvertraglich vereinbarte dynamische Inbezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag sei jedenfalls dann, wenn eine Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an den im Tarifvertrag genannten Tarifvertrag nicht in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Weise zur auflösenden Bedingung der Vereinbarung gemacht worden sei, als konstitutive Verweisungsklausel auszulegen, die durch einen Verbandsaustritt des Arbeitgebers oder einen sonstigen Wegfall seiner Tarifgebundenheit nicht berührt werde (vgl. BAG vom 14.12.2005 - 4 AZR 536/04 = NZA 2006, 607; BAG vom 18.04.2007 - 4 AZR 653/05 = NZA 2007, 965). Zugleich hat das Bundesarbeitsgericht aber auch darauf erkannt, dass eine Klausel, die vor dem 01.01.2002 vereinbart wurde, aus Gründen des Vertrauensschutzes wie eine sogenannte "Gleichstellungsabrede" im Sinne der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes auszulegen ist (BAG vom 18.04.2007 - 4 AZR 653/05 a. a. O.).

(2) Diesen Vertrauensschutz kann auch die Beklagte für die zwischen dem Kläger und ihrer Rechtsvorgängerin vereinbarte Bezugnahmeklausel in Anspruch nehmen.

(a) Mit Urteil vom 28.03.2008 hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf für einen vergleichbaren Fall darauf erkannt, dass eine Arbeitgeberin, welche kraft dynamischer Bezugnahmeklausel die Anwendung eines ortsfremden Tarifwerkes in seiner jeweiligen Fassung vereinbart habe, keinen Vertrauensschutz im Hinblick auf die Auslegung dieser Vertragsklausel als "Gleichstellungsabrede" im Sinne der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes und insbesondere keinen Vertrauensschutz auf die vorstehende zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 21.08.2002 für sich in Anspruch nehmen könne. Die Gewährung von Vertrauensschutz in eine aufgegebene höchstrichterliche Rechtsprechung setze voraus, dass die Partei in die Fortgeltung der bisherigen Rechtsprechung habe vertrauen dürfen. Diese Voraussetzung sei bei einer einzelnen höchstrichterlichen Entscheidung nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht erfüllt (BAG vom 29.08.2007 - 4 AZR 765/06 - juris). Eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung habe nur insoweit bestanden, als das Bundesarbeitsgericht infolge der Auslegung einer dynamischen Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die vertragliche Anbindung an die dynamische Entwicklung der tariflich geregelten Arbeitsbedingung ende, wenn sie tarifrechtlich auch für einen tarifgebundenen Arbeitnehmer ende. Abgesehen von einer Bekräftigung dieser Rechtsprechung beruhe die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 21.08.2002 indessen auf einer Modifizierung der Rechtsprechung, die einmalig geblieben sei. Wie die Urteilsbegründung deutlich zeige, habe dem Bundesarbeitsgericht die Auslegung als Gleichstellungsabrede nicht dazu gedient, den Arbeitnehmer bei der Beendung der Tarifbindung des Arbeitgebers so zu stellen, wie den tarifgebundenen Arbeitnehmer. Denn auch dieser sei nicht an einen Tarifvertrag gebunden, in dessen Geltungsbereich das Arbeitsverhältnis nicht falle. Vielmehr habe das Bundesarbeitsgericht die in der Behandlung dynamischer Bezugnahmeklauseln als Gleichstellungsabrede ohnehin liegende Einschränkung des Vertragsinhaltsschutzes nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB noch über den Anwendungsbereich des § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB hinaus erweitert. Dieses Urteil habe sich nicht zu einer ständigen Rechtsprechung entwickelt, so dass hieraufhin kein Vertrauensschutz gewährt werden könne (LAG Düsseldorf vom 28.03.2008 - 9 Sa 2103/07, dokumentiert bei juris). Die Revision gegen dieses Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ist beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 4 AZR 397/08 anhängig.

(b) Der Entscheidung der 9. Kammer vermag die 10. Kammer nicht zu folgen. Nach ihrem Verständnis ging es dem Bundesarbeitsgericht mit seiner Entscheidung vom 21.08.2002 auf dem Boden seiner damals noch unerschütterten Rechtsprechung zur Auslegung dynamischer Bezugnahmeklauseln darum, dem Gleichbehandlungsgedanken und dem von der damaligen Rechtsprechung unterstellten Gleichbehandlungsbestreben des Arbeitgebers auch für den Fall Rechnung zu tragen, dass der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag die dynamische Geltung von Tarifverträgen vereinbart, an die er zwar an seinem Hauptsitz fachlich und örtlich gebunden ist, die wegen der "Ortsfremde" des betroffenen Arbeitsverhältnisses aber auch bei unterstellter unmittelbarer Tarifbindung der Vertragsparteien keine unmittelbare Anwendung finden könnten. Diese doppelte Gleichstellungsfunktion hat das Bundesarbeitsgericht in den Entscheidungsgründen des Urteils betont.

Von ihrem wesentlichen Inhalt und ihrem prägenden Grundgedanken her liegt die Entscheidung damit auf einer Linie mit der Rechtsprechungstradition, derentwegen das Bundesarbeitsgericht für die vor dem 01.01.2002 vereinbarten Klauseln Vertrauensschutz gewährt hat.

Wie sich den Entscheidungsgründen des Urteils vom 14.12.2005 entnehmen lässt, sah sich der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichtes zur Gewährung von Vertrauensschutz veranlasst, weil er die zugrunde liegende Auslegungsregel in jahrelanger Rechtsprechung entwickelt und durch die in der amtlichen Sammlung des Gerichtes veröffentlichten Urteile immer wieder bekräftigt hatte. Die Rechtsprechung der Instanzgerichte habe diese Rechtsprechung ebenso wie die beratende und forensische Praxis von Anwälten und Verbänden - auch auf Arbeitnehmerseite - als gefestigt angesehen. Die Arbeitgeber und ihre Berater hätten deshalb, soweit sie nur Gleichstellungsklauseln bezweckt hätten, in der Regel keine Versuche unternommen, den Wortlaut der von ihnen abgeschlossenen Verträge in dem angestrebten Sinne klar zu stellen und so ihren teilweise erheblichen wirtschaftlichen Interessen, etwa in Zusammenhang mit geplanten Betriebs- oder Betriebsteilveräußerungen, Rechnung zu tragen.

Aus dieser Perspektive betrachtet geht es auch im hiesigen Fall weniger um Gewährung von Vertrauensschutz speziell in die einzelne Entscheidung vom 21.08.2002, als vielmehr in die vom 4. Senat entwickelte Rechtsprechung zur Auslegung von dynamischen Bezugnahmeklauseln als solche.

Entscheidend ist hier wie in allen übrigen "Altfällen", dass zur damaligen Zeit - hier im Jahre 1984 - kein Verwender Anlass hatte, eine von ihm beabsichtigte Gleichstellung mit anderen Formulierungen zum Ausdruck zu bringen als mit den auch hier gewählten. In diesem Aspekt hat das Bundesarbeitsgericht aus rechtsstaatlichen Gründen die Gewährung von Vertrauensschutz im Hinblick auf höchstrichterliche Rechtsprechung für erforderlich gehalten und in diesem Punkt ist auch die hiesige Arbeitgeberin betroffen. Aufbauend auf der seinerzeit maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes durfte auch die Rechtsvorgängerin der hiesigen Beklagten davon ausgehen, mit der verwendeten Vertragsklausel eine von ihr angestrebte Gleichstellung der ortfremden mit den tarifgebundenen Hamburger Mitarbeitern auf hinreichende Weise zum Ausdruck gebracht zu haben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Revision war wegen der zur Entscheidung der 9. Kammer des Landesarbeitsgerichtes Düsseldorf vom 28.03.2008 - 9 Sa 2103/07 - bestehenden Divergenz gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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