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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.07.2004
Aktenzeichen: 10 Sa 696/04
Rechtsgebiete: BAT


Vorschriften:

BAT § 24
Hat ein beim Land Nordrhein-Westfalen angestellter Lehrer, auf dessen Arbeitsverhältnis der sog. Erfüllererlass und der BAT anzuwenden ist, über 10 Monate die Funktion eines stellvertretenden Realschulleiters wahrgenommen, hat er keinen Anspruch auf eine Zulage nach § 24 BAT. Nach Ziff. 10.2. des Erfüllererlasses steht ihm ein Anspruch auf eine Zulage erst nach 18 Monaten zu, § 46 BBesG (im Anschluss an BAG Urteil vom 26.04.2001 - 8 AZR 281/00, AP Nr. 5 zu § 24 BAT-O = EzABAT §§ 22, 23 BAT M Nr. 81).
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 696/04

Verkündet am 19. Juli 2004

In Sachen

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19.07.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Beseler als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter vom Lehn und den ehrenamtlichen Richter Preuß

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 27.02.2004 ­ 1 Ca 10159/03 ­ abgeändert und die Klage auf Kosten des Klägers abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Frage, ob dem Kläger während seiner Zeit als stellvertretender Schulleiter eine höhere Vergütung zusteht.

Der Kläger ist seit 1992 beim beklagten Land als ausgebildeter Lehrer angestellt. Gemäß dem Arbeitsvertrag bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT in der jeweils geltenden Fassung. Da nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen die Anlage 1 a zum BAT nicht für Angestellte gilt, die als Lehrkräfte beschäftigt sind, vereinbarten die Parteien hinsichtlich der Vergütung die Anwendung des kultusministeriellen Erlasses vom 16.11.1981 (Erfüllererlass). Der Kläger war danach als Lehrer an der Gesamtschule E.-X. in die Vergütungsgruppe III BAT eingestuft. Mit Verfügung vom 24.04.1006 versetzte das beklagte Land den Kläger von dieser Schule an die Realschule O.-W., an der er noch heute tätig ist. Vom 01.09.2002 bis zum 30.06.2003 war er an dieser Schule stellvertretender Schulleiter. Für diese Zeit erhielt er vom beklagten Land keine Zulage sondern nur 6 Entlastungsstunden.

Der stellvertretende Schulleiter wird als Beamter nach der Besoldungsgruppe A 14 zuzüglich einer Amtszulage besoldet; A 14 entspricht BAT 1 b.

Der Kläger meint unter Hinweis auf § 24 BAT, ihm stehe für die Dauer seiner Tätigkeit als Realschulkonrektor und damit für 10 Monate die Differenz zwischen der Vergütungsgruppe BAT 1 b nebst Amtszulage und der Vergütung nach BAT III zu. Wegen der Berechnung der Klageforderung wird auf die Klageschrift verwiesen.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,

das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 10.217,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 22.09.2003 zu zahlen.

Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag damit begründet, § 24 BAT sei auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht anwendbar, da diese Bestimmung im systematischen Zusammenhang mit § 22 BAT stehe und die Anlage 1 a BAT nicht für den Kläger als Lehrkraft gelte.

Das Arbeitsgericht hat sich der Rechtsauffassung des Klägers angeschlossen und ihm unter Beachtung der tariflichen Ausschlussfristen ab März 2003 einen Betrag von 4087.- zuerkannt.

Hiergegen richtet sich die Berufung des beklagten Landes. Es meint, § 24 BAT finde keine Anwendung, sondern statt dessen Ziff. 10.2. des Erfüllererlasses. Unstreitig erhält ein beamteter stellvertretende Schulleiter, der nur vorübergehend in dieser Funktion eingesetzt ist, nach § 46 BBesG erst nach 18 Monaten eine Zulage.

Das beklagte Land wiederholt den erstinstanzlich gestellten Antrag. Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die eingeklagte Zulage.

I.

Der Kläger kann sein Klagebegehren im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts nicht auf § 24 BAT stützen. Diese Bestimmung findet nämlich keine Anwendung.

1. Die Eingruppierung gemäß § 22 BAT richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlagen 1 a und b). § 22 BAT findet mithin dann keine Anwendung, wenn die Tätigkeit des Angestellten von der Vergütungsordnung nicht erfasst wird. § 22 BAT ist die Grundnorm, auf der sich die nachfolgenden Regelungen der §§ 23, 23 a, 23 b und 24 BAT aufbauen. Aus dieser allgemeinen Eingruppierungssystematik folgt, dass dann, wenn § 22 BAT keine Anwendung findet, weil die entsprechenden Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsordnung nicht gelten, auch eine Anwendung der hierauf aufbauenden Vorschriften ausgeschlossen ist. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BAG (vgl. statt aller BAG Urteil vom 24.04.2001 ­ 8 AZR 281/00, AP Nr. 5 zu § 24 BAT-O = EzABAT §§ 22, 23 BAT M Nr. 81 m.w.N.), von der abzuweichen die erkennende Kammer keine Veranlassung sieht. Dieses Urteil ist zwar zum BAT-O ergangen; die Eingruppierungssystematik der §§ 22 ff ist aber im BAT und im BAT-O gleich.

2. Die Tarifvertragsparteien des BAT haben in Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen bestimmt, dass die Anlage 1 a zum BAT nicht für Angestellte gilt, die als Lehrkräfte beschäftigt sind. Der Kläger ist Lehrkraft. Damit ist weder Raum für die Anwendung des § 22 BAT noch für den darauf aufbauenden § 24 BAT. Die Parteien haben deshalb die Anwendung des Erfüllererlasses vereinbart, in dem geregelt ist, nach welchen Vergütungsgruppen die angestellten Lehrer je nach der Schulform vergütet werden.

II.

Der Kläger kann auch nicht nach dem Erfüllererlass die eingeklagte Vergütung verlangen.

1. Im dem Erfüllererlass ist nicht ausdrücklich geregelt, nach welcher Vergütungsgruppe angestellte Lehrer vergütet werden, die vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit ­ hier die eines stellvertretenden Realschulleiters ­ wahrnehmen.

Maßgebend ist deshalb Ziff. 10.2. dieses Erlasses, in der es heißt:

"Sollen Lehrkräfte in Funktionen verwendet werden, für die in den Fallgruppen 1. bis 8. kein Eingruppierungsmerkmal vorgesehen ist, erfolgt die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe, die nach Nr. 6 der Vormerkung zu allen Vergütungsgruppen (Anlage 1 a zum BAT) der Besoldungsgruppe vergleichbarer Funktionsstelleninhaberinnen, Funktionsstelleninhaber entspricht, ist das vergleichbare besoldungsrechtlich bewertete Amt mit einer Amtszulage versehen, wird diese Zulage den Angestellten ebenfalls gewährt. Sie gilt dann als Bestandteil der Vergütung im Sinne des § 26 Abs. 1 BAT."

Mit dieser Bestimmung will der Erlassgeber erreichen, dass angestellte Lehrer in Funktionen, für die in den Fallgruppen 1 bis 8 kein Eingruppierungsmerkmal vorgesehen ist, beamteten Funktionsstelleninhabern gleichgestellt werden. Mit anderen Worten: erhalten beamtete Lehrkräfte für die Wahrnehmung besonderer Funktionen, die in den Fallgruppen 1 bis 8 nicht genannt sind, eine Zulage oder sonstige Vergütung, haben die angestellten Lehrkräfte hierauf ebenfalls einen Anspruch.

2. Ausgehend von dieser Rechtslage steht dem Kläger nach dem Erfüllererlass eine Zulage nicht zu.

a. Der Anspruch des Klägers folgt nicht aus § 46 BBesG. Diese Bestimmung ist auch auf angestellte Lehrkräfte anzuwenden, Denn auf der Grundlage von Art. 74 a Abs. 1 und Art. 72 Abs. 1 GG regelt das Bundesbesoldungsgesetz auch die Besoldung der Lehrer der Länder, § 1 Abs. 1 Nr. 1 BBesG; nach § 1 Abs. 4 BBesG können die Länder diesbezügliche besoldungsrechtliche Vorschriften nur erlassen, soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich geregelt ist.

aa. Werden einem Beamten die Aufgaben eines höheren Amtes vorübergehend vertretungsweise übertragen, erhält er nach 18 Monaten der ununterbrochenen Wahrnehmung dieser Aufgaben eine Zulage, wenn in diesem Zeitpunkt die haushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung dieses Amtes vorliegen, § 46 BBesG. Ein Beamter, dem auf Grund besonderer landesrechtlicher Rechtsvorschriften ein höherwertiges Amt mit zeitlicher Begrenzung übertragen worden ist, erhält für die Dauer der Wahrnehmung eine Zulage, wenn das höherwertige Amt auf dem übertragenen Dienstposten wegen der besonderen Rechtsvorschrift nicht durch Beförderung erreicht werden kann.

bb. § 46 BBesG findet für angestellte Lehrer entsprechende Anwendung. Denn 10.2. des Erfüllererlasses stellt auf die Eingruppierung vergleichbarer beamteter Funktionsstelleninhaber ab; § 46 BBesG tritt an die Stelle des zum Abschnitt "Eingruppierung" gehörenden § 24 BAT (vgl. auch BAG a.a.O).

cc. Der Kläger war zwar in der Zeit vom 01.09.2002 bis zum 30.06.2003 stellvertretender Schulleiter. Die Zulage wird jedoch erst nach 18 Monaten ununterbrochener Wahrnehmung der Aufgaben gewährt. Diese Voraussetzung hat der Kläger nicht erfüllt; er war nur 10 Monate Konrektor der Realschule.

b. Soweit sich der Kläger darauf beruft, die von dem BAG in seiner zitierten Entscheidung zu beurteilenden Lehrereingruppierungsrichtlinien von Sachsen-Anhalt würden sich bereits sprachlich von Ziff. 10.2. des Erfüllererlasses unterscheiden und deshalb sei der Anspruch nach diesem Erlass gegeben, vermag sich die Kammer dieser Auffassung nicht anzuschließen. Auch in Nordrhein-Westfalen wird abgestellt auf die Eingruppierung vergleichbarer Funktionsstellen. Beamtete stellvertretende Realschulleiter erhalten aber nach § 46 BBesG erst nach 18 Monaten die Zulage. Da beamtete Lehrkräfte vor Ablauf dieses Zeitraums nicht nach einer höheren Besoldungsgruppe ­ nämlich die bisherige Besoldungsgruppe zuzüglich Zulage ­ vergütet werden, entspricht die Vergütung der angestellten Lehrkraft der bisherigen Besoldungsgruppe ohne Zulage. Ob der Beamte, dem eine höhere Funktion übertragen wurde, hierfür eine Ernennungsurkunde bzw. eine Einweisungsverfügung erhalten haben muss oder nicht, ist für die Beurteilung der Höhe der Vergütung, die der angestellten Lehrkraft nach Ziff. 10.2. des Erlasses zusteht, unerheblich. Entscheidend ist, dass der angestellte stellvertretende Schulleiter erst dann eine höhere Vergütung zusteht, wenn er 18 Monaten die höherwertige Funktion wahrgenommen hat.

Da nach alledem die Berufung Erfolg haben musste, waren die Klage unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuweisen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Das Landesarbeitsgericht hat nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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