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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 02.10.1998
Aktenzeichen: 10 Sa 819/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242 Betriebliche Übung
Wendet der Arbeitgeber und sein Rechtsvorgänger gegenüber seinen Betriebsrentnern neben der Leistungsordnung des Rechtsvorgängers (hier: Pensionsordnung der AT-Angestellten der Oberbayerischen Aktiengesellschaft für Kohlenbergbau) auch die Leistungsordnung des Bochumer Verbandes regelmäßig ohne Freiwilligkeitsvorbehalt an, entsteht eine betriebliche Übung auf künftige Anwendung der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes.Diese betriebliche Übung enthält im Zweifel eine Jeweiligkeitsklausel mit dem Inhalt, daß die Betriebsrentner bei einer Änderung der stillschweigend durch Betriebsübung in Bezug genommenen Leistungsordnung des Bochumer Verbandes an die geänderte Leistungsordnung gebunden sind.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäfts-Nr.: 10 Sa 819/98

Verkündet am: 02.10.1998

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 02.10.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Beseler als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Höchst und den ehrenamtlichen Richter Gerhards für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 12.03.1998 - 9 Ca 9009/97 - wird kostenfällig als unbegründet zurückgewiesen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in zweiten Rechtszug über die Höhe der Betriebsrente des Klägers ab dem 1.1.1997 bis zum 30.6.1998.

Der am 30.11.1910 geborene Kläger war von 1944 bis zum 30.6.1966 bei der O.bayerisch Aktiengesellschaft für Kohlebergbau (nachfolgend: O.berkoh) als außertariflicher Angestellter (AT-Angestellter) beschäftigt. Ihm wurde mit Schreiben vom 30.12.1956 unter Hinweis auf die Pensionsordnung der AT-Angestellten der O.bayerisch Aktiengesellschaft für Kohlenbergbaru" eine Betriebsrente zugesagt. In dieser Pensionsordnung heißt es zur Berechnung der Betriebsrente u.a.:

§ 3 Abs 1 b)

Das Ruhegeld richtet sich nach den bei Eintritt des Leistungsfalls geltenden Gruppenbeträgen, die - auch mit Wirkung für laufende Leistungen - bei einer wesentlichen Verminderung der Dienstjahre im Bergbau entsprechend herabgesetzt werden können."

Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der O.berkoh; ab Übernahme der O.berkoh durch die Beklagte gibt es keine Gruppenbeträge der O.berkoh mehr. Die O .Oberkohl lehnte sich bei der Berechnung der Betriebsrente bereits 1959 an die Leistungsordnung (nachfolgend LO) des Bochumer Verbandes an und stufte 1964 die Betriebsrenten für ihre ehemaligen Belegschaftsmitglieder aufgrund der .... Pensionsordnung sowie der Richtlinien des Bochumer Verbandes" ein.

Die Beklagte zahlt seit Dezember 1975 dem Kläger eine Betriebsrente. Mit Schreiben vom 3.12.1975 (BL. 91 GA) unterrichtete die Beklagte den Kläger, daß sich die Gruppenbeträge Ihrer Pensionszusage nach der Pensionsordnung der AT-Angestellten der O.Oberkohl im Zusammenhang mit der Leistungordnung des Bochumer Verbandes" erhöhen und deshalb die Betriebsrente neu berechnet wird. In den folgenden Jahren bis 1979 steigerte die Beklagte die Betriebsrente des Klägers ohne erneuten Hinweis auf die LO des Bochumer Verbandes mit Rücksicht auf die Anhebung der Gruppenbeträge der Pensionsordnung". 1980 teilte die Beklagte dem Kläger mit:

Der Bochumer Verband hat beschlossen, mit Wirkung ab

01.01.1982 die Gruppenbeträge um rd. 10 % zu erhöhen. In Anlehnung an diesen Beschluß werden wir zum gleichen Zeitpunkt die Gruppenbeträge der Pensionsordnung um ebenfalls rd. 10 % erhöhen. Ihre Versorgungsleistungen werden wir zu gegebener Zeit neu berechnen."

1981, 1982 und 1984 erfolgte erneut eine Anhebung der Betriebsrente ohne Hinweis auf die LO des Bochumer Verbandes.

Die LO des Bochumer Verbandes hatte bis zum 31.12.1973 den gleichen Wortlaut wie § 3 Abs. 1 b der LO der O.berkoh. Ab dem 1.1.1974 hieß es statt dessen in der LO des Bochumer Verbandes: Das Ruhegeld richtet sich nach b) den jeweils geltenden Gruppenbeträgen, die auch mit Wirkung für laufende Leistungen ­ bei einer wesentlichen Verminderung der Dienstbezüge im Bergbau entsprechend herabgesetzt werden können.

Der Bochumer Verband hat unter rechtswirksamer (BAG Urteil vom 27.8.1996 ­ 3 AZR 466/95 ­ EzA § 1 BetrAVG Ablösung Nr. 12) Ausübung eines Änderungsvorbehalts in seiner LO 1974 mit der LO 1985 die bisherige Verknüpfung der Anpassung der Betriebsrente mit den Gruppenbeträgen für die Anwartschaften aufgehoben. Die Beklagte teilte deshalb dem Kläger mit Schreiben vom 18.3.1985 u.a. mit:

Der Bochumer Verband hat mit Wirkung vom 1. Januar 1985 an eine neue Leistungsordnung beschlossen. Entsprechend der bisherigen Handhabung werden wir die wesentlichen Änderungen auch bei den Ruhegeldbeziehern, deren Leistungen sich nach der Pensionsordnung der AT-Angestellten der O.Oberbayerische Aktiengesellschaft für Kohlenbergbau" errechnen, berücksichtigen. Die wesentlichen Änderungen sind:

1) eine Neuregelung der Berechnung der Leistungen und 2) eine neue Bestimmung über die Anpassung der Zahlungen an die Leistungsempfänger (Pensionäre).

Zu 1.)........ Zu 2.) Die neuen Bestimmungen über die Anpassung von laufenden Leistungen sind für alle Leistungsempfänger wichtig. Bisher wurden die Leistungen für die Pensionäre dadurch angepaßt, daß eine Anhebung der Gruppenbeträge zu einer Neuberechnung der Ruhegelder führte. Auf das dabei ermittelte sog. ungekürzte Ruhegeld" wurden die gesetzlichen Renten und sonstige anrechenbare Bezüge in ihrer im Umrechnungszeitpunkt geltenden Höhe hälftig angerechnet. Das so errechnete neue Ruhegeld wurde wiederum gekürzt, wenn sich die anrechenbaren Renten und sonstigen Bezüge vor der nächsten Gruppenbetragsänderung erhöhten. Diese Kürzungen entfallen nunmehr. Die mit der Umrechnung zum 01.01.1985 festgestellten Bruttoleistungen bleiben bis zum nächsten Anpassungsbeschluß unverändert.

Die künftigen Erhöhungen der gesetzlichen Renten und sonstiger anrechenbarer Leistungen infolge Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung führen nicht mehr zu einer Neuberechnung der Leistungen. Das bedeutet, daß bereits die zum 01.07.1985 eintretenden Rentenerhöhungen keine Kürzung der Ruhe- und Hinterbliebenengelder mehr bewirken. Künftig werden die laufenden Leistungen dadurch angepaßt, daß die tatsächlichen Bruttozahlbeträge um einen von V.E zu beschließenden Vomhundertsatz erhöht werden. Es wird jedoch darauf hingewiesen, daß Änderungen in der Höhe der gesetzlichen Renten, die aus anderen Gründen als der Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung eintreten, wie bisher zu einer Neubeberechnung der Leistungen über den maßgabenden Gruppenbetrag führen. In solchen Fällen wird gebeten, den neuen Rentenfeststellungsbebescheid mit allen Anlagen zur Neuberechnung der Leistungen an uns einsenden."

In den folgenden Jahren wurde die Betriebsrente in Anlehnung an den jeweiligen Beschluß des Bochumer Verbandes über die prozentuale Anhebung der Versorgungsleistungen erhöht. Zum 1.1.1997 hob die Beklagte die Betriebsrente des Klägers um 4 % mit dem Hinweis an, der Bochumer Verband habe seine Versorgungsleistungen ebenfalls mit Wirkung vom 1.1.1997 um diesen Prozentsatz angehoben.

Die Nettogehälter der bei der Beklagten in die Vergütungsgruppen 16 bis 19 eingestuften und als AT-Angestellte bezeichneten Mitarbeiter stieg in der Zeit von 1993 bis 1996 unter Berücksichtigung der Aufwendungen für die Pflegeversicherung und des Solidaritätszuschlages um 0,9 % an.

Der Kläger meint, die Beklagte müsse seine Betriebsrente entsprechend der Anhebung der Gruppenbeträge der Mitglieder des Bochumer Verbandes erhöhen. Da sie nämlich bis 1985 vorbehaltlos die Verknüpfung der Betriebsrente mit den Anpassungssätzen für die Gruppenbeträge des Bochumer Verbandes praktiziert habe und sie sich nicht einseitig durch Schreiben vom 18.3.1985 davon habe lösen können, müsse sie auch für die Betriebsrente ab 1.1.1997 die höheren Gruppenbeträge zugrunde legen.

Hilfsweise macht der Kläger geltend, die Betriebsrente sei ab dem 1.1.1997 auch nicht nach § 16 BetrAVG richtig berechnet worden.

Der Kläger, der noch im ersten Rechtszug einen rückständigen Differenzbetrag der Betriebsrente für die Zeit ab 1995 bis zum 31.12.1997 geltend gemacht hat, hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn Betriebsrente in Höhe von

1593, 06 DM zu zahlen

Die Beklagte hat ihren Klageabweisung damit begründet, daß der Kläger aus der betrieblichen Praxis keine Rechtsansprüche ableiten könne und er sich jedenfalls darauf verweisen lassen müsse, daß er die geänderte Praxis 12 Jahr widerspruchslos hingenommen habe.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage durch Urteil vom 12.3.1998 abgewiesen. Mit seiner Berufung begehrt der Kläger den Differenzbetrag statt ab dem 1.1.1995 nunmehr für die Zeit ab dem 1.1.1997 bis zum 30.6.1998 in gleicher Höhe wie in der Klage berechnet. Demgegenüber beantragt die Beklagte unter Hinweis auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts die Zurückweisung der Berufung.

Wegen des weiteren umfassenden Parteivorbringens und der Berechnung der Berufungsforderung wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet, das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

I.

Indem der Kläger in der Berufungsinstanz sein Klagebegehren auf die Zeit ab 1.1.1997 beschränkt hat, andererseits aber auch Zahlung nicht nur bis zum 31.12.1997 sondern bis zum 30.6.1998 verlangt, hat er in zulässiger Weise die Klage eingeschränkt und auch erweitert. Die Kammer brauchte nicht zu entscheiden, ob hierin eine Klageänderung i. S. des 263 ZPO zu erblicken ist oder ob eine solche in Hinblick auf § 264 Ziff. 2 ZPO nicht vorliegt und sie deshalb uneingeschänkt in der Berufungsinstanz zulässig war. Jedenfalls ist sie als Klageänderung zulässig, weil die Beklagte sich im zweitinstanzlichen Kammertermin auf die geänderte Klage eingelassen und damit i.S. des § 267 ZPO eingewilligt hat.

II.

Das Arbeitsgericht hat sein klageabweisenden Urteil damit begründet, daß der Anspruch des Klägers sich nicht aus der LO der O.berkoh ableiten lasse; die LO des Bochumer Verbandes habe nicht durch betriebliche Übung Eingang in das Betriebsrentenverhältnis zwischen den Parteien gefunden. Denn der Kläger habe nicht davon ausgehen können, daß die Beklagte sich dauerhaft an die alte LO habe binden wollen. Denn sie wäre auf die Entscheidungen eines Verbandes (des Bochumer Verbandes) angewiesen, dem sie nicht angehörte. Doch selbst bei Annahme einer betrieblichen Übung könne den Schreiben der Beklagten nicht entnommen werden, sich in Zukunft von den Beschlüssen des Bochumer Verbandes abzukoppeln.

III.

Das Urteil des Arbeitsgericht hält jedenfalls im Ergebnis der rechtlichen Überprüfung durch die Berufungskammer stand.

1. Die Parteien und auch das Arbeitsgericht gehen zutreffend davon aus, daß die LO O.berkoh die Berufungsforderung nicht rechtfertigt. Nach dieser LO war der Gruppenbetrag im Zeitpunkt des Leistungsfalls maßgebend. Der Kläger verlangt aber eine Berechnung der Betriebsrente nach dem Gruppenbetrag der LO 1974 des Bochumer Verbandes. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits u.a. von der Frage ob, ob der Kläger auch nach Änderung der LO 1974 des Bochumer Verbandes durch dessen LO 1985 eine Berechnung des Gruppenbetrages nach der LO 1974 verlangen kann.

2. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts ist eine in die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien eingegangene betriebliche Übung auf Berechnung der Betriebsrente gemäß der LO O.berkoh in Verbindung mit der LO Bochumer Verband entstanden.

a. Das Arbeitsgericht hat zutreffend die Anforderungen an eine betriebliche Übung dargestellt. Die erkennende Kammer folgt den Ausführungen des Arbeitsgerichts und macht sie sich gemäß § 543 ZPO zu eigen.

b. Die O.Oberkohl und anschließend die Beklagte haben seit 1959 die Richtlinien" bzw. die Leistungsordnung" des Bochumer Verbandes angewandt. Wenn auch dabei von Anlehnung" ­ so 1959, 1986, 1990, 1993 und 1996 ­ gesprochen oder die Betriebsrente in den Jahren 1975, 1976, 1977, 1978, 1981 gemäß der Leistungsordnung" ­ gemeint war die des Bochumer Verbandes ­ angehoben oder sie entsprechend der bisherigen Handhabung" neu berechnet wurde, kam in den jeweiligen Änderungsmitteilungen zum Ausdruck, daß die Beklagte nicht selbst die Betriebsrente überprüfen wollte und überprüft hat, sondern gleichsam automatisch mit der Anhebung der Betriebsrente durch den Bochumer Verband auch die des Klägers erhöht werden sollte. Aufgrund dieses gleichförmigen Verhaltens der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin konnte der Kläger und die übrigen aktiven oder bereits ausgeschiedenen Belegschaftsmitglieder der O.berkoh mangels eines Freiwilligkeitsvorbehalts in den jeweiligen Änderungsmitteilungen davon ausgehen, daß ihre Betriebsrente nicht nur nach der LO O.berkoh, sondern auch nach der des Bochumer Verbandes berechnet wird.

aa. Eine solche Verfahrensweise war auch deshalb für die Beklagte geboten, weil nach der LO O.berkoh die Betriebsrenten nur nach den Gruppenbeträgen berechnet wurden, die im Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalls galten, während die Beklagte die Betriebsrentner entsprechend der LO 1974 Bochumer Verband auch an den Steigerungen der Gruppenbeträge teilhaben lassen wollte. Da es zudem mit der Übernahme der O.berkoh durch die Beklagte für künftige Leistungsfälle keine Gruppenbeträge mehr gab, war es geboten, vergleichbare Gruppenbeträge und damit wegen der Sachnähe die des Bochumer Verbandes heranzuziehen, so daß es auch aus dieser Überlegung heraus sinnvoll erschien, die LO des Bochumer Verbandes in die betriebliche Betriebsrentenregelung und Betriebsrentenpraxis mit aufzunehmen. Die Beklagte wollte mithin auch für den Kläger erkennbar erreichen, daß die bei der ehemaligen O.berkoh früher beschäftigten Betriebsrentner durch die Übernahme der O.berkoh durch die Beklagte keine Rechtsnachteile erlitten, sondern statt dessen sogar an den besseren Leistungen des Bochumer Verbandes partizipierten.

bb. Die durch betriebliche Übung in das Betriebsrentenverhältnis zwischen den Parteien eingegangene Verknüpfung zwischen der LO O.berkohlund der des Bochumer Verbandes ist nicht dahin zu verstehen, daß lediglich die jeweiligen Gruppenbeträge des Bochumer Verbandes übernommen werden sollten. Da diese Gruppenbeträge Teil der Leistungsordnung waren, kann die betriebliche Übung verständlicherweise nur so ausgelegt werden, daß die LO des Bochumer Verbandes mit den dortigen Gruppenbeträgen und nicht insoliert nur die dortigen Gruppensätze Eingang in die individualrechtliche Regelung der Parteien finden sollte und gefunden hat. Denn es ist nicht erkennbar, daß eine solche Abkopplung der Gruppenbeträge von denen der LO des Bochumer Verbandes von der Beklagten bezweckt war.

c. Im Gegensatz zur Berufung und im Einklang mit der Hilfsbegründung des Arbeitsgerichts enthält die betriebliche Übung, nach der die LO Bochumer Verband jedenfalls hinsichtlich der Betriebsrentensteigerungen Teil der Betriebsrentenregelung der Beklagten mit den ehemaligen Belegschaftsmitgliedern der O.berkoh ist und an die sie deshalb auch gegenüber dem Kläger vertraglich gebunden ist, eine Jeweiligkeitsklausel. Indem nämlich bereits die O.Oberkohl als auch später die Beklagte auf die Leistungsordnung des Bochumer Verbandes verwiesen, machten sie deutlich, daß nicht nur etwa die 1974 geänderte LO, sondern auch spätere Leistungsordnungen mit geänderter Leistungsregelung Grundlage einer etwaigen Anpassung der Betriebsrenten sein sollte. Nur bei einer solchen Auslegung der betrieblichen Übung wurde erreicht, daß die Belegschaftsmitglieder der O.berkoh nicht schlechter standen als die Arbeitnehmer, die bei einem Mitgliedsunternehmen des Bochumer Verbandes beschäftigt waren und denen eine Betriebsrente zugesichert worden war. Hätte die Beklagte dem Kläger und auch den übrigen ehemaligen Betriebsangehörigen der O.berkoh eine Versorgung unabhängig von der jeweiligen allgemeinen Versorgungsordnung des Bochumer Verbandes zusagen wollen, hätte sie und ihre Rechtsvorgängerin dies deutlicher zum Ausdruck bringen müssen (vgl. zur Jeweiligkeitsklausel BAG Urteil vom 23.9.1997 ­ 3 AZR 529/96 ­ EzA § 1 BetrAVG Ablösung Nr. 14).

Der Kläger hat die betriebliche Übung auch als eine dynamische Verweisung im dargestellten Sinne verstanden. So hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 18.3.1985 nicht nur auf die neue L0 1985 des Bochumer Verbandes hingewiesen und mitgeteilt, daß sie deren Änderungen auch bei den Beziehern einer Betriebsrente nach der Pensionsordnung der O.berkoh berücksichtigen werde, sondern auch unmißverständlich deutlich gemacht, daß die Rentenanhebung nicht mehr nach der Veränderung der Gruppenbeträge des Bochumer Verbandes, sondern entsprechend einem von der Beklagten zu beschließenden Vomhundersatz erhöht wird. Wenn auch der Hinweis auf den von der Beklagten festzusetzenden Prozentsatz fehlerhaft sein mag, ist entscheidend, daß die Beklagte genauso wie der Bochumer Verband eine Trennung zwischen Anhebung der Gruppenbeträge bei den Mitgliedsunternehmen des Bochumer Verbandes und der Erhöhung der Betriebsrenten erreichen wollte. Damit war dem Kläger bereits 1985 bewußt geworden, daß die Leistungsordnung des Bochumer Verbandes wie in der Vergangenheit kraft betrieblicher Übung in ihrem jeweiligen Bestand im Sinne einer Jeweiligkeitsklausel gelten sollte. Indem der Kläger dieses 1985 nicht reklamierte ­ eine etwaige negative Stellungnahme seines Verbandes ist für die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien ohne Bedeutung ­ hat er deutlich gemacht, daß diese 1985 den Betriebsrentnern und damit dem Kläger mitgeteilte Regelung im Sinne einer Jeweiligkeitsklausel seinem Willen und Interesse entsprach.

Wenn er nunmehr geltend macht, die Änderung der LO 1974 des Bochumer Verbandes durch die LO 1985 sei für ihn rechtlich ohne Bedeutung, verhält er sich gegen die durch betriebliche Übung in die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien eingegangene Klausel, wonach die jeweilige LO des Bochumer Verbandes zur Anwendung kommt. Er will nur die Vorteile der früheren LO 1974 in Anspruch nehmen, ohne deren auch von ihn akzeptierten Änderungen durch die LO 1985 in Kauf zu nehmen. Er wendet die Rosinentheorie" an, was nicht zu billigen ist.

d. Da Inhalt der betriebliche Übung war und ist, daß für die in Ruhestand getretenen ehemaligen Belegschaftsmitglieder der O.berkoh neben der LO O.berkoh die jeweilige LO des Bochumer Verbandes gilt, brauchte die Kammer nicht zu entscheiden, ob nicht eine bis 1985 bestandene betriebliche Übung auf Anhebung der Betriebsrenten gemäß der LO 1974 Bochumer Verband durch eine nach 1985 entstandene neue betriebliche Übung abgelöst wurde. Selbst bei Ablehnung einer Jeweiligkeitsklausel spricht für diesen Lösungsweg, daß die Beklagte ab 1985 12 Jahre die Betriebsrenten nach einem bestimmten Prozentsatz entsprechend dem des Bochumer Verbandes angehoben hat und damit gegenüber allen Betriebsrentnern der O.berkoh und auch gegenüber dem Kläger für sie erkennbar unzweideutig zum Ausdruck gebracht hat, die 1985 geänderte LO sei künftig für die Berechnung der Betriebsrenten maßgebend. Bei einem solchen Verhalten der Beklagten, dem die Betriebsrentner nicht, sondern allenfalls deren Verband ohne rechtliche Bedeutung widersprochen haben, entsteht aber eine betriebliche Übung auf eine entsprechende Änderung der früheren Betriebsübung (vgl. hierzu BAG Urteil vom 26.3.1997 ­ 10 AZR 612/96 ­ EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 38).

IV.

Der Kläger kann seine Berufungsforderung für die Zeit vom 1.1.1997 bis zum 30.6.1998 auch nicht auf § 16 BetrAVG stützen. Denn mit der Anhebung der Betriebsrente des Klägers um 4 % ist § 16 BetrAVG ausreichend berücksichtigt.

1. Die Beklagte brauchte bei der Anpassungsüberprüfung die Renten nicht entsprechend der Veränderung des Preisindexes für die Lebenshaltung, den das Statistische Bundesamt für die Lebenshaltung eines Vier-Personen-Haushaltes mit mittlerem Einkommen ermittelt hat, anzuheben, sondern durfte die Rente bis zur reallohnbezogenen Obergrenze erhöhen. Dieses entspricht höchstrichtlicher Rechtsprechung, der sich die erkennende Kammer anschließt (vgl. BAG Urteil vom 14.2.1989 ­ 3 AZR 313/87 ­ EzA § 16 BetrAVG Nr. 20 m.w.N.).

2. Die Reallöhne mit dem Kläger vergleichbarer aktiver Arbeitnehmer sind in den drei Jahren vor 1997 unter dem von der Beklagten verfügten Prozentsatz von 4 % gestiegen.

a. Zunächst ist festzustellen, daß der Kläger im zweiten Rechtszug das Zahlenwerk der Beklagten, wie sie zu dem Steigerungsbetrag der Reallöhne von 0,9 % gekommen ist, nicht in Zweifel gezogen hat. Dabei hat der Kläger auch nicht mehr in Abrede gestellt, daß die mit ihm vergleichbaren AT-Angestellten in den Gruppen 16 bis 19 eingereiht sind.

b. Die erkennende Kammer vermag sich nicht der Auffassung des Klägers anzuschließen, die Beklagte hätte bei der Berechnung des Steigerungsbetrages beachten müssen, daß er in der Knappschaftsversicherung versichert ist, während die von der Beklagten zitierten AT-Angestellte in der Angestelltenversicherung Mitglied sind. Hierbei übersieht nämlich der Kläger, daß die Beklagte ­ wie unter Hinweis auf die Entscheidung des BAG vom 14.2.1989 deutlich gemacht - nicht unbillig handelte, wenn sie die durchschnittliche Steigerungsrate der Reallöhne der aktiven Arbeitnehmer zur Grundlage der Anpassung machte. Dabei ist es unerheblich, ob die aktiven Arbeitnehmer in der Knappschafts- oder in der Angestelltenversicherung versichert sind: Entscheidend ist die reallohnbezogene Steigerungsrate der Einkommen der aktiven Belegschaft. Auch kann dem Kläger nicht gefolgt werden, wenn er meint, der Solidaritätszuschlag und auch der Beitrag zur Pflegeversicherung seien bei den aktiven Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen, so daß ein höheres Nettoeinkommen einsetzen sei. Denn entscheidend für die Anpassungsüberprüfung und die Begrenzung auf die reallohnbezogene Obergrenze ist deren Reallohn. Dieser wird aber berechnet nach Abzug des Solidaritätszuschlages und des Beitrages zur Pflegeversicherung.

c. Die Beklagte hat bei ihrer Prüfung, ob sie mit ihrer vierprozentigen Betriebsrentenanhebung zum 1.1.1997 § 16 BetrAVG beachtet hat, einen vier- und damit entgegen § 16 BetrAVG nicht einen dreijährigen Überprüfungszeitraum zugrunde gelegt. Damit mag der von der Beklagten nach § 16 BetrAVG festgestellte Anpassungsbetrag von 0,9 % falsch ermittelt worden sein. Bei der Neuberechnung der Anhebung der Reallöhne statt in 4 in 3 Jahren und damit bei Einhaltung eines drei- statt vierjährigen Überprüfungszeitraums sind jedoch selbst bei einer überdurchschnittlichen Anhebung der Reallöhne in den Jahren 1994 bis 1996 die Abweichungen nicht so erheblich, daß damit der von der Beklagten zuerkannte Prozentsatz der Erhöhung der Betriebsrenten von 4 % überschritten würde. Jedenfalls sind von dem Kläger keine Tatsachen vorgetragen worden, die dafür sprechen, daß die Reallöhne in den letzten drei Jahren vor dem 1.1.1997 um mehr als 4 % gestiegen sind.

Da nach alledem die Berufung keinen Erfolg haben konnte, war sie mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Das Landesarbeitsgericht hat für den Kläger wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen (§ 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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