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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.11.2000
Aktenzeichen: 11 (13) Sa 1080/00
Rechtsgebiete: BAT


Vorschriften:

BAT § 24 Anlage 1 aVergGr. V c
Vom Fehlen eines Sachgrundes ist bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der vertretungsweisen Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 Satz 1 BAT nicht schon allein deshalb auszugehen, weil die Vertretung mehr als vier Jahre gedauert hat (Klarstellung zu BAG v. 16.09.1998 - 5 AZR 183/97 - AP Nr. 2 zu § 24 BAT-O).
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 (13) Sa 1080/00

Verkündet am: 16.11.2000

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 16.11.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Nölle und den ehrenamtlichen Richter Meiwald für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 11.05.2000 - 3 Ca 369/00 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet war, der Klägerin auch in der Zeit vom 01.04.2000 bis zum 06.07.2000 höherwertige Tätigkeiten gemäß dem Schreiben des V.ersorgungsEssen vom 16.08.1999 - 43-1/1-2212 - zuzuweisen und die in diesem Schreiben genannte Zulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 9/10 und das beklagte Land zu 1/10. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen. Für das beklagte Land wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die am 17.03.1973 geborene Klägerin wurde nach Abschluss der höheren Handelsschule mit Berufsausbildungsvertrag vom 13.05.1991 ab 01.08.1991 zum staatlich anerkannten Ausbildungsberuf eines Verwaltungsfachangestellten beim Versorgungsamt E.ss eingestellt. Nachdem sie am 06.07.1994 die Prüfung mit dem Gesamtergebnis ausreichend" bestanden hatte, wurde sie zunächst mit befristetem Arbeitsvertrag vom 07.07.1994 bis zum 22.09.1995 unter Vereinbarung des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) und Eingruppierung in Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1 a BAT als Bürohilfskraft eingestellt. Durch schriftlichen Vertrag erfolgte ab dem 15.09.1994 die Einstellung als vollbeschäftigte Angestellte auf unbestimmte Zeit.

Nach Zustimmung des Landesversorgungsamtes und des örtlichen Personalrats wurden der Klägerin ab 14.03.1995 unter Aufsicht und Anleitung die Tätigkeiten einer Rentenbearbeiterin der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a und nach erfolgreicher Einweisung ab 01.09.1995 diese Tätigkeiten gemäß § 24 Abs. 1 BAT zum Zwecke der Erprobung vorübergehend übertragen. Gleichzeitig erhielt sie die persönliche Zulage aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den Vergütungen der Vergütungsgruppe VIII und V c BAT.

Ab 12.12.1995 wurde die Klägerin aufgrund Organisationsänderung in der Gruppe 3 der Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz) des Versorgungsamtes E.ss vorübergehend als Sachbearbeiterin mittlerer Dienst (Bearbeiterin) eingesetzt. Mit Verfügung vom 24.01.1996 übertrug der Leiter des Versorgungsamtes E.ss der Klägerin über den 31.12.1995 hinaus diese höherwertigen Tätigkeiten längstens bis zum 31.12.1996 solange, wie dem Reg.-Hauptsekretär B.äck zur vorübergehenden Wahrnehmung Tätigkeiten des gehobenen Dienstes übertragen sind.

Nach Zustimmung des Personalrats erfolgte mit Verfügung vom 12.11.1996 die entsprechende Verlängerung der vorübergehenden Übertragung gemäß § 24 Abs. 1 BAT. Mit Wirkung vom 07.07.1997 wurde die Klägerin im Wege des Bewährungsaufstieges nach Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 2 BAT höhergruppiert.

Nach Erörterung mit dem Personalrat erfolgte mit Verfügung vom 13.10.1997, nachdem Herr F.lüg seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hatte, die erneute vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeiten gemäß § 24 Abs. 2 BAT solange, wie der Bedienstete Herr B.randho zur F. S. abgeordnet ist, das ist voraussichtlich längstens bis zum 31.08.1998".

Nach Zustimmung des Personalrats am 30.06.1998 wurde die vorübergehende höherwertige Beauftragung nach § 24 Abs. 2 BAT mit Verfügung vom 03.07.1998 bis zum 16.08.1999 verlängert, nunmehr mit der zeitgleichen Teilbeurlaubung der Bediensteten Frau G.rimbe, Frau P.lett und Frau M.enda, längstens bis zum 16.08.1999".

Nach Zustimmung des Personalrats am 05.08.1999 schrieb das Versorgungsamt E. am 16.08.1999 an die Klägerin u. a.:

Im Einvernehmen mit den zu beteiligenden Gremien übertrage ich Ihnen mit sofortiger Wirkung - jederzeit widerruflich - die höherwertigen Tätigkeiten nach Verg.Gr. V c, Fallgruppe 1a, des Teils I der Anlage 1a zum BAT vertretungsweise gem. § 24 Abs. 2 BAT solange, wie die Bedienstete Frau RAI'in H.oma als unmittelbare Vertretung für die Bedienstete Frau K.o Aufgaben des gehobenen Dienstes wahrnimmt sowie für den Zeitraum der Arbeitszeitermäßigung der Bediensteten Frau RHS'in J.ortz, längstens bis zum 06.07.2000."

Frau J.ortz hatte gemäß § 85 a LBG NW 0,5 Teilzeit bis zum 30.06.2001 und Frau K.oi0,5 Teilzeit bis zum 06.07.2000 beantragt, Frau H.oma dasselbe für denselben Zeitraum.

Mit Schreiben an die Klägerin vom 03.01.2000 widerrief das Versorgungsamt E.sseden Einsatz in höherwertigen Tätigkeiten zum 31.03.2000 und kündigte den Wegfall der persönlichen Zulage an. Noch vor diesem Termin trat das Versorgungsamt E.ss an die Klägerin heran und forderte diese auf, schriftlich zu erklären, dass sie auch über den Ablauf des 31.03.2000 hinaus bereit sei, die höherwertige Tätigkeit als Bearbeiterin auszuüben. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21.03.2000 erklärte sich die Klägerin hierzu bereit. Am 30.03.2000 räumte das Versorgungsamt E.ss der Klägerin schriftlich im laufenden Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Essen zum Az.: 3 Ca 369/00 ein, bis auf weiteres über den 31.03.2000 hinaus mit den bisherigen Sachbearbeitertätigkeiten weiterhin beschäftigt zu werden". Das Landesversorgungsamt verfügte unter dem 07.04.2000 u. a. gegenüber dem Versorgungsamt E.ss, dass während eines laufenden Klageverfahrens eine Weiterbeschäftigung bzw. Zulagengewährung wegen der Wahrnehmung höherwertiger Tätigkeit grundsätzlich nicht in Betracht komme, wenn nicht die Voraussetzungen z. B. für die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit im Übrigen vorlägen.

Die Klägerin hat geltend gemacht:

Das beklagte Land verhalte sich rechtsmissbräuchlich, wenn es sich darauf berufe, die Übertragung erfolge nur vorübergehend". Es bestehe ein Dauervertretungsbedarf, der auch durch einen etwaigen Rückgang der Eingänge nicht weggefallen sei. Dafür spreche auch, dass das Versorgungsamt E.ss mit Schreiben vom 30.03.2000 an sie herangetreten sei und ihr eine weitere Tätigkeit über den 31.03.2000 hinaus als Sachbearbeiterin angeboten habe, worauf sie eingegangen sei. Der Verweis des beklagten Landes auf Stellenpläne und einen angeblichen Stellenüberhang sei nicht aussagekräftig.

Nach ihrer Kenntnis verfüge das Versorgungsamt E.ss über keinen eigenen Stellenplan, sondern es werde nur ein Gesamtstellenplan vom Landesversorgungsamt NRW geführt. Darüber hinaus sei der Widerruf der Ausübung der höherwertigen Tätigkeit willkürlich erfolgt. In der Abteilung Schwerbehindertengesetz" hätten neun Mitarbeiter die persönliche Zulage erhalten, wobei der Widerruf nur gegenüber fünf Mitarbeitern erfolgt sei.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen,

1. dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie ab dem 16.08.1999 Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT zu zahlen;

2. dass der Widerruf der Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit und die Einstellung der Zahlung der persönlichen Zulage (ausgesprochen im Schreiben vom 03.01.00) unwirksam sind.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat geltend gemacht:

Auch die im Schreiben an die Klägerin vom 16.08.1999 genannten Vertretungen seien tatsächlich durchgeführt worden. So sei die dort genannte Frau K.o (Angehörige des gehobenen Dienstes) halbtägig beurlaubt. Ihr vorübergehend freigewordener Dienstposten werde durch Frau H.oma (Angehörige des mittleren Dienstes) vertretungsweise besetzt. Diese müsse wiederum hälftig bei ihren Stammaufgaben vertreten werden, was durch die Klägerin erfolge. Darüber hinaus sei Frau J.ortz (Angehörige des mittleren Dienstes) zur Hälfte beurlaubt und werde insoweit von der Klägerin vertreten.

Des Weiteren hat das beklagte Land ausgeführt:

Der Widerruf der Zuweisung höherwertiger Tätigkeiten sei aus sachlichen Gründen erfolgt. Die Antragszahlen nach dem Schwerbehindertengesetz hätten erheblich abgenommen, so dass, wie sich aus der zur Gerichtsakte überreichten Übersicht über die Entwicklung der Antragseingänge im Versorgungsamt E.ss" ergebe, nur noch verminderter Personalbedarf bestehe. So habe sich der Sachbearbeiterbedarf beim Versorgungsamt E.ss im mittleren Dienst ab 01.01.2000 von 26 auf 21 Stellen reduziert. Bei der Personalauswahl sei entschieden worden, drei alleinerziehende Mütter sowie eine Mitarbeiterin, die in der zweiten Jahreshälfte 2000 in den Ruhestand trete, eingesetzt zu lassen.

Durch Urteil vom 11.05.2000 hat das Arbeitsgericht Essen der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die lediglich vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeiten sei rechtsmissbräuchlich gewesen. Die Klägerin sei bereits seit mehr als vier Jahren aufgrund mehrerer Zuweisungen mit höherwertigen Tätigkeiten betraut gewesen. Nach Ablauf der im Schreiben des Versorgungsamtes vom 16.08.1999 vorgesehenen Vertretung bis längstens zum 06.07.2000 wäre es zu einem fast fünfjährigen Einsatz auf einer Stelle der Vergütungsgruppe V c BAT gekommen. Dieser lange Einsatz aufgrund verschiedener Vertretungen lasse den Schluss zu, dass hier ein Dauervertretungsbedarf bestehe. Diesen Schluss habe das beklagte Land nicht widerlegen können. Soweit es sich auf den Rückgang von Anträgen nach dem Schwerbehindertengesetz berufe, sei dieses Vorbringen zu wenig substantiiert. Es werde nicht näher erläutert, wie sich die Rückgänge auf den Arbeitsanfall im mittleren und höheren Dienst ausgewirkt hätten. Darüber hinaus zeige die Weiterentwicklung des Arbeitsverhältnisses mit dem wiederholten höherwertigen Einsatz der Klägerin über beinahe fünf Jahre, dass zumindest für die ursprünglichen zeitlichen Begrenzungen kein Grund bestanden habe.

Gegen das ihm am 03.07.2000 zugestellte Urteil hat das beklagte Land mit einem beim Landesarbeitsgericht am 27.07.2000 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren bei Gericht am 22.08.2000 eingereichten Schriftsatz begründet.

Das beklagte Land macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend:

Die Voraussetzungen für eine vorübergehende bzw. vertretungsweise Übertragung höherwertiger Aufgaben seien vorliegend bei jeder einzelnen Maßnahme gegeben gewesen. Es habe auch keineswegs ein Dauervertretungsbedarf bestanden. Im Zuge der Neuorganisation der Versorgungsverwaltung NW sei der Arbeitsanfall erheblich zurückgegangen, was zugleich zu einer deutlichen Reduzierung von Vertretungen geführt habe. Hinzukäme außerdem, dass zum Beispiel aufgrund der Übertragung der Akten auf Datenverarbeitung (Migration) die Arbeit der Sachbearbeiter erheblich vereinfacht worden sei, so dass jeder Bearbeiter eine höhere Fallzahl bearbeiten könne. Der am 03.01.2000 erfolgte Widerruf der höherwertigen Beauftragung sei aus Rechtsgründen notwendig gewesen, da das Landesversorgungsamt verfügt habe, durch Beurlaubungen freiwerdende Stellen ab sofort nicht mehr mit befristeten Arbeitsverträgen und/oder mit vorübergehenden höherwertigen Beauftragungen zu besetzen.

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 11.05.2000 - 3 Ca 369/00 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:

Nach dem Schreiben des beklagten Landes vom 16.08.1999 wäre eine Vertretung bis längstens zum 06.07.2000 vorgesehen gewesen, so dass sie zu diesem Zeitpunkt fast sechs Jahre eine höherwertige Tätigkeit ausgeübt hätte. Diese langjährige Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit ließe nur den Schluss zu, dass bei dem beklagten Land ein Dauervertretungsbedarf bestünde. Hinzukäme, dass sie derzeit einen Mitarbeiter verträte, der seinerseits als Vertretung im gehobenen Dienst eingesetzt werde. Schließlich sei auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinzuweisen, wonach bereits nach vier Jahren regelmäßig kein sachlicher Grund mehr bestünde, höherwertige Tätigkeiten nur vorübergehend zu übertragen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 11.05.2000 ­ 3 Ca 369/00 ­ ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§§ 518 Abs. 1 u. 2 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG) und begründet worden (§§ 519 Abs. 2 u. 3 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG).

B.

In der Sache selbst hat die Berufung des beklagten Landes im Wesentlichen Erfolg.

I. Die Klage ist mit ihrem ersten Feststellungsantrag zulässig, aber unbegründet.

1. Das nach § 46 Abs. 2 ArbGG, § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse der Klägerin an der Feststellung, dass ihr ein Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT zusteht, liegt vor. Eine Leistungsklage auf Zahlung des jeweils fälligen Entgelts ist nicht erforderlich, weil das beklagte Land auch ein Feststellungsurteil als für sich verbindlich anerkennt, auch wenn kein vollstreckbarer Titel vorliegt (vgl. nur BAG 16.07.1998 - 6 AZR 672/96 - AP Nr. 27 zu § 4 TVG Rationalisierungsschutz; BAG 30.09.1998 - 5 AZR 18/98 - AP Nr. 70 zu § 2 BeschFG 1985; GK-ArbGG/ Dörner § 46 Rz. 79 m. w. N.).

2. Die Kammer kann der Vorinstanz nicht darin folgen, dass der Klägerin seit dem 16.08.1999 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT zusteht. Vielmehr waren der Klägerin die von ihr in der Zeit vom 01.09.1995 bis zum 31.03.2000 im Versorgungsamt Essen als Rentensachbearbeiterin zugewiesenen Tätigkeiten - zugunsten der Klägerin wird trotz des erstmaligen, nicht substantiierten Bestreitens des beklagten Landes davon ausgegangen, es habe sich um solche nach der Vergütungsgruppe V c BAT gehandelt - nur vorübergehend i. S. des § 24 BAT wirksam übertragen worden mit der Folge, dass ihr lediglich die ihr in dem vorgenannten Zeitraum gezahlte persönliche Zulage gemäß der zitierten Vorschrift zu zahlen war.

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Bezugnahme der BAT Anwendung. Danach ist der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT). Der Kläger behauptet selbst nicht, dass ihm Tätigkeiten mit Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe V c BAT nicht nur vorübergehend, d. h. auf Dauer übertragen worden seien. Im Übrigen ist den jeweiligen Schreiben des Versorgungsamtes E.ss, die der Zuweisung der höherwertigen Tätigkeit zugrunde lagen, deutlich zu entnehmen, dass es sich bei den der Klägerin ab dem 01.09.1995 zugewiesenen, vom beklagten Land den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe V c BAT zugeordneten Tätigkeiten wegen der jeweiligen zeitlichen Befristung nur um eine vorübergehende Ausübung handeln sollte. Demgemäß kann sie eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe V c BAT nur dann erreichen, wenn die bloß vorübergehende Übertragung von Tätigkeiten der Vergütungsgruppe V c BAT auf sie durch das beklagte Land rechtsmissbräuchlich war (BAG 19.06.1985 - 4 AZR 540/83 - AP Nr. 9 zu § 24 BAT).

b) Rechtsmissbräuchlich ist die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit dann, wenn für die vorübergehende Übertragung und ihre Dauer kein sachlicher Grund vorliegt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass § 24 BAT für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit keine zeitliche Begrenzung vorsieht und daher allein aus der Dauer der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nicht auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitgebers geschlossen werden kann (BAG 15.02.1984 - 4 AZR 595/82 - AP Nr. 8 zu § 24 BAT; BAG 19.06.1985 - 4 AZR 540/83 - AP Nr. 9 zu § 24 BAT; BAG 10.02.1988 - 4 AZR 585/87 - AP Nr. 15 zu § 24 BAT).

aa) Zunächst ist für den Zeitraum vom 01.09.1995 bis zum 31.12.1995 festzustellen, dass der Übertragung der Tätigkeiten einer Rentenbearbeiterin der Vergütungsgruppe V c BAT ein sachlicher Grund zugrunde lag. Die vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeiten gemäß § 24 Abs. 1 BAT zum Zwecke der Erprobung ist ein im Rahmen dieser Vorschrift anerkannter Sachgrund (vgl. nur BAG v. 18.06.1997 - 4 AZR 728/95 - AP Nr. 1 zu § 24 BAT-O; BAG v. 16.09.1998 - 5 AZR 183/97 - AP Nr. 2 zu § 24 BAT-O). Die Länge der zulässigen Erprobungszeit richtet sich nach der Art der Tätigkeit. Für einfache Tätigkeiten muss sie kürzer bemessen sein als für höhere Positionen (vgl. BAG v. 16.12.1997 - 5 AZR 332/96 - AP Nr. 52 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Gegen eine Erprobung über vier Monate in der Position einer Rentenbearbeiterin bestehen keinerlei Bedenken und sind auch nicht von der Klägerin erhoben worden.

bb) Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass der Klägerin ab dem 01.01.1996 vertretungsweise andere Tätigkeiten übertragen worden sind, die jedenfalls nach den Vorstellungen des beklagten Landes in erster Instanz den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe V c BAT entsprachen. Ab dem 01.01.1996 vertrat die Klägerin als Sachbearbeiterin mittlerer Dienst (Bearbeiterin) Herrn Reg.-Hauptsekretär B., der seinerseits zur vorübergehenden Wahrnehmung von Tätigkeiten des gehobenen Dienstes eingesetzt war. Dabei spielt es keine Rolle, ob Herr B.äck seinerseits eine Vertretung übernommen hatte. Denn als sachlicher Grund für eine nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ist deshalb stets die Vertretung eines anderen Mitarbeiters anzusehen, weil nach Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters auf seinen Arbeitsplatz kein Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Vertreters auf diesem Arbeitsplatz besteht (vgl. BAG 19.06.1985 - 4 AZR 540/83 - AP Nr. 9 zu § 24 BAT; BAG 26.03.1997 - 4 AZR 604/95 - ZTR 1997, 413). Gleiches gilt für die anschließend übernommene Vertretung für den in der Ausbildung befindlichen Bediensteten F.lügebis zum 14.10.1997 und auch für den Einsatz während der Abordnung des Bediensteten B.randho zur F. S.. Ebenso wenig sind die bis zum 16.08.1999 wegen zeitgleicher Teilbeurlaubung der Bediensteten G.rimbe, P.lätt und M.enda sowie die mit Schreiben vom 16.08.1999 längstens bis zum 06.07.2000 für Frau RAI'in H.oma und Frau RHS'in J.ortz erfolgten Vertretungen bis längstens zum 06.07.2000 zu beanstanden. Auch hier gilt, dass eine Vertretung eines anderen Mitarbeiters, der seinerseits vertretungsweise die Tätigkeit eines dritten Mitarbeiters übernimmt, rechtlich nicht zu beanstanden ist.

cc) Die Klägerin vermag sich auch nicht mit Erfolg darauf zu berufen, dass unabhängig vom Sachgrund einer Vertretung nach mehr als vier Jahren regelmäßig kein sachlicher Grund mehr für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit vorliegen soll. Richtig ist, dass der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts (16.09.1998 ­ 5 AZR 183/97 ­ AP Nr. 2 zu § 24 BAT­O) den Leitsatz aufgestellt hat, für eine weiterhin nur vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeiten nach § 24 BAT­O besteht nach mehr als vier Jahren regelmäßig kein sachlicher Grund mehr. Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Fall betraf jedoch eine ganz andere Fallkonstellation. Es ging dabei um die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit zum Zwecke der Durchführung eines Bewerbungsverfahrens und der endgültigen Entscheidungsfindung der Einstellungsbehörde. Diesem Zweck diente die vorläufige Betrauung der dortigen Klägerin mit den Aufgaben einer stellvertretenden Schulleiterin. Dies hat mit dem vorliegenden Fall nichts zu tun, so dass eine Übertragung der in der Entscheidung des 5. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 16.09.1998 (a. a. O.) aufgestellten Grundsätze auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht in Betracht kommt.

II. Dagegen ist die Klage mit ihrem zweiten Feststellungsantrag, wovon das Arbeitsgericht im Ergebnis, jedoch ohne nähere Begründung, zu Recht ausgegangen ist, erfolgreich.

1. Allerdings hat es das Arbeitsgericht versäumt, den Feststellungsantrag zunächst gemäß §§ 133, 157 BGB analog auszulegen.

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist eine Feststellungsklage nur zulässig, wenn sie auf die Feststellungen des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit gerichtet ist und wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an einer derartigen, alsbaldigen Feststellung hat. Kein Rechtsverhältnis sind bloße, auch rechtserhebliche Tatsachen, einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, z. B. Geschäftsfähigkeit, Verschulden, Rechtswidrigkeit, Unwirksamkeit einer Willenserklärung oder geschäftsähnlichen Handlung (vgl. nur BAG 16.09.1998 - 5 AZR 183/97 - AP Nr. 2 zu § 24 BAT-O; BGH 19.04.2000 - XII ZR 332/97 - BB 2000, 1267 f.). Jedoch können Gegenstand einer Feststellungsklage einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, wie bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder der Umfang einer Leistungspflicht sein (BAG 30.08.1995 - 1 AZR 47/95 - AP Nr. 4 zu § 611 BGB Direktionsrecht; BAG 16.09.1998 - 5 AZR 183/97 - a. a. O.).

b) Danach war vorliegend das Begehren der Klägerin festzustellen, dass der Widerruf der Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit und die Einstellung der Zahlung der persönlichen Zulage vom 03.01.2000 rechtsunwirksam ist, dahin gemäß §§ 133, 157 BGB analog auszulegen, dass sie die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes begehrt hat, ihr auch in der Zeit vom 01.04.2000 bis zum 06.07.2000 höherwertige Tätigkeiten gemäß dem Schreiben des Versorgungsamtes E.ss vom 16.08.1999 - 43-1/1-2212 - zuzuweisen und die in diesem Schreiben genannte Zulage gemäß § 24 Abs. 2 BAT zu zahlen.

2. Mit dem Inhalt dieses Begehrens ist das zweite Feststellungsverlangen der Klägerin gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. An der Feststellung der vorgenannten Verpflichtung des beklagten Landes hat die Klägerin insofern ein alsbaldiges Interesse, als ihr mit Schreiben vom 03.01.2000 der Einsatz in höherwertigen Tätigkeiten zum 31.03.2000 widerrufen und ihr zugleich der Wegfall der bis dahin zu zahlenden persönlichen Zulage angekündigt wurde.

3. Der zweite Feststellungsantrag der Klägerin ist auch begründet. Zwar kann die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit widerrufen werden. Dies kann jedoch nur aus sachlichen Gründen geschehen (vgl. BAG 13.01.1981 - 6 AZR 678/78 - AP Nr. 2 zu § 46 BPersVG). Hierfür hat das beklagte Land weder substantiiert vorgetragen noch Beweis angetreten. Dem Vorbringen des beklagten Landes ist insbesondere nicht zu entnehmen, wieso aufgrund der in der vorgelegten Schwerbehindertenstatistik für die Jahre 1995 bis 1999 aufgeführten Abnahme der Antragszahlen ausgerechnet für fünf Mitarbeiterinnen kein Bedarf an Beschäftigung mit höherwertiger Tätigkeit mehr besteht. Dies zu verdeutlichen hätte das beklagte Land erst Recht Anlass gehabt, nachdem das Versorgungsamt E.ss der Klägerin mit Schreiben vom 30.03.2000 eingeräumt hat, im laufenden Rechtsstreit, damals noch vor dem Arbeitsgericht Essen, bis auf weiteres über den 31.03.2000 hinaus mit den bisherigen Sachbearbeitertätigkeiten weiterhin beschäftigt zu werden.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die Kammer hat der Rechtssache im Hinblick auf den dem Feststellungsantrag der Klägerin zu 1) zugrunde liegenden Streitgegenstand eine grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb insoweit die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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