Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.11.2000
Aktenzeichen: 11 (6) Sa 831/00
Rechtsgebiete: BAT


Vorschriften:

BAT § 24 Abs. 2
1. Ein sachlicher Grund für eine vertretungsweise Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 BAT besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz für einen vorübergehend abwesenden oder besser qualifizierten Arbeitnehmer, der in absehbarer Zeit zur Verfügung steht, freihalten will oder aus sonstigen berechtigten Interessen den Arbeitsplatz vorläufig nicht mit dem betreffenden Arbeitnehmer endgültig besetzen will (wie BAG 16.01.1991 - 4 AZR 301/90 - AP Nr. 3 zu § 24 MTA).

2. Bei einer derartigen vertretungsweisen Übertragung höherwertiger Tätigkeit muss im Zeitpunkt der Zuweisung der höherwertigen Tätigkeiten die Person namentlich, für die der Arbeitsplatz mit derartigen Tätigkeiten freigehalten werden soll, feststehen.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 (6) Sa 831/00

Verkündet am: 30.11.2000

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 14.09.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Jacobs und den ehrenamtlichen Richter Böhm für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 17.04.2000 - 5 Ca 369/00 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.

Tatbestand:

Die 24-jährige Klägerin, ohne Unterhaltspflichten, ist bei dem beklagten Land, Versorgungsamt D.uisbu, seit dem 01.08.1991 zunächst als Auszubildende und anschließend als Angestellte beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich u. a. nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für das beklagte Land geltenden Fassung.

Nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten am 06.07.1994 wurde die Klägerin ab dem Folgetag zunächst mit einer Tätigkeit als Angestellte im Bürodienst mit schwieriger Tätigkeit nach VergGr. VIII Fallgr. 1 a betraut. Ab dem 10.04.1995 bis zum 11.02.1996 wurde der Klägerin eine Tätigkeit als Zuarbeiterin nach der VergGr. VII Fall 1 a BAT übertragen.

Mit Schreiben vom 12.02.1996 übertrug das Versorgungsamt D.uisbu der Klägerin im Zusammenhang mit der mit Wirkung vom 05.02.1996 durchgeführten Trennung der Gesetzesbereiche Schwerbehindertengesetz und Soziales Entschädigungsrecht vertretungsweise die Tätigkeit eines Sachbearbeiters mittlerer Dienst in der Schwerbehindertengruppe 4 nach § 24 Abs. 2 BAT. Mit weiterem Schreiben vom 29.03.1996 wandelte das Versorgungsamt D.uisbu die vorgenannte Übertragung in Absprache mit ihrer Abteilungsleiterin in eine vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 Abs. 1 BAT um.

Der Personalrat wurde mit folgendem, von dem beklagten Land in Kopie vorgelegten Schreiben vom 20.03.1996 beteiligt:

"Betr.: Vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gem. § 24

Abs. 1 BAT

hier: Gewährung einer persönlichen Zulage an die Verwaltungsfachangestellten Frau K.ais und Frau L.üde

Bezug: § 72 Abs. 1 Nr. 4 LPVG

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit der mit Wirkung vom 05.02.1996 durchgeführten Trennung der Gesetzesbereiche Schwerbehindertengesetz und Soziales Entschädigungsrecht habe ich

Frau N.ico K. .....a.iser.

Zum gleichen Zeitpunkt wurde Frau S.and L.üde vertretungsweise die Tätigkeit einer Sachbearbeiterin mittlerer Dienst in der SchwbG-Gruppe 3 übertragen. Geplant war der vertretungsweise Einsatz des in 7/97 zugehenden Anwärters S.koe (s. Anlage A 5 der Ihnen vorliegenden Aufstellung Stand 02.02.1996). Da die Angestellte B.roggia bereits eine Zulage nach § 24 Abs. 2 BAT für ihren vertretungsweisen Einsatz für Frau RHS'in v. d. S.anerhält und ihr dies auch schriftlich mitgeteilt war, wurde insofern eine Änderung vorgenommen. Die seit dem 02.02.1996 vorgenommenen Änderungen bitte ich den neu erstellten Anlagen A3, A4, A5 und A6 zu entnehmen, die als Anlage dieser Zuschrift beigefügt sind. Auch Frau L.üde hat nach Feststellung der Abteilungsleiterin die höherwertigen Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit erledigt, so dass ich beabsichtige, auch ihr die Zulage nach § 24 Abs. 1 BAT zu gewähren. Zu diesen beiden Maßnahmen bitte ich um Ihre Zustimmung."

Der Personalrat stimmte den beabsichtigten Maßnahmen zu.

Seit dem 29.03.1996 ist die Klägerin gegen Zahlung der persönlichen Zulage, die derzeit einen Betrag von monatlich DM 336,-- ausmacht, in dieser Funktion tätig.

Mit Schreiben vom 28.12.1999 wurde der Klägerin mitgeteilt, wegen des bevorstehenden Wegfalls von 6,5 Dienstposten des gehobenen und des mittleren Dienstes und des Zuganges von Beamtenanwärtern zum 01.08.2000 könne sie ab 01.08.2000 nicht mehr höherwertig eingesetzt werden.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Duisburg am 07.02.2000 eingereichten Klage hat die Klägerin zuletzt die Feststellung begehrt, dass das beklagte Land verpflichtet sei, an sie ab 01.01.1998 eine Vergütung nach Vergütungsgruppe V c BAT zu zahlen und diese im Arbeitsvertrag festzuschreiben.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten:

Sie sei fest nach VergGr. V c BAT zu vergüten. Sachliche Gründe für die nur vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit seien nicht gegeben. Bezogen auf die maßgeblichen Übertragungen zum 05.02.1996, 12.02.1996 und 29.03.1996 habe das beklagte Land keine Prognose über den künftigen Beschäftigungsbedarf angestellt. Der jetzige Vortrag im Rahmen des Klageverfahrens sei rein retrospektiv und ohne genaue zeitliche Zuordnung. Im Ergebnis versuche das beklagte Land, durch den rechtsmissbräuchlichen Einsatz des Gestaltungsmittels der vorübergehenden Zuweisung höherwertiger Tätigkeiten trotz Vorliegens der Voraussetzungen eine dauerhafte Eingruppierung zu verhindern.

Darüber hinaus hat die Klägerin die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrates bestritten und in diesem Zusammenhang insbesondere geltend gemacht, im Hinblick auf die Zuweisung vom 29.03.1996 fehle es an jeglichem Vortrag, was dem Personalrat mitgeteilt worden sei.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie ab 01.01.1998 eine Vergütung nach VergGr. V c BAT zu zahlen und diese im Arbeitsvertrag festzuschreiben.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat geltend gemacht:

Die von 1996 bis 2002 bestehende Vakanz an Dienstposten im gehobenen und mittleren Dienst des Versorgungsamtes D.uisburerkläre sich als Folge einer Umstrukturierung der Organisation in der Versorgungsverwaltung. Wegen der Einzelheiten werde Bezug genommen auf den Klageerwiderungsschriftsatz vom 03.03.2000. Zunächst sei der Einsatz der Klägerin als Vertretung für den noch in der Ausbildung befindlichen Regierungsassistentenanwärter Herrn S.koe geplant gewesen, beim Abgleich der damaligen Dienstpostenbesetzungsliste habe sich jedoch ergeben, dass dieser Dienstposten bereits für Herrn H.emp genutzt werde, weshalb nur die Möglichkeit geblieben sei, einen Dienstposten zu nutzen, für den damals noch kein Dienstposteninhaber festgestanden habe. Dieses sei der Dienstposten gewesen, der ab 1998 für einen der Beamtenanwärter reserviert worden sei. Der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden, wie aus dem Schreiben an den Personalrat vom 20.03.1996 folge. Seine Zustimmung zum Einsatz der Klägerin liege vor. Im weiteren Verlauf sei die Beteiligung des Personalrates mündlich erfolgt.

Durch Urteil vom 17.04.2000 hat das Arbeitsgericht Duisburg der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin habe gegen das beklagte Land zumindest ab dem 01.01.1998 einen individualrechtlichen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. V c BAT. Ihr seien seit Anfang 1996 Sachbearbeitertätigkeiten übertragen worden, die die tariflichen Voraussetzungen für eine Vergütung nach der VergGr. V c BAT erfüllen würden. Diese Übertragungen seien zwar nur vorübergehend erfolgt, aber als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren. So sei dem Schreiben des Versorgungsamtes an den Personalrat vom 20.03.1996 kein tragfähiger sachlicher Grund zu entnehmen. Wenn doch die Rede davon sei, dass auch die Klägerin "nach Feststellung der Abteilungsleiterin die höherwertigen Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit erledigt" habe, so dass beabsichtigt sei, "auch ihr die Zulage nach § 24 Abs. 1 BAT zu gewähren", so könne dies Anlass für die Vermutung geben, das Versorgungsamt erblicke unter völliger Verkennung des wahren Zwecks der Regelung in § 24 Abs. 1 BAT eine Art Gestaltungsmittel zur Gewährung von Zulagen an bewährte Kräfte. Eine Bewährung sei in § 24 BAT aber mit keinem Wort erwähnt, erst Recht liege hierin kein Aspekt, der den vorübergehenden Charakter der Zuweisung der höherwertigen Tätigkeit hätte rechtfertigen können. Soweit in dem Schreiben anklinge, dass ein Einsatz der Klägerin vertretungsweise für den im Juli 1997 zugehenden Herrn S.koe geplant gewesen sei, dass insofern aber eine Änderung vorgenommen worden sei, weil die Angestellte B.roggia bereits eine Zulage nach § 24 Abs. 2 BAT für ihren vertretungsweisen Einsatz für Frau RHS'in v.ad. S.anerhalte, finde sich hierin ebenfalls kein Anhaltspunkt für die hier umstrittene vorübergehende Zuweisung. Abgesehen davon, dass diese gerade nicht aus Vertretungsgründen gem. § 24 Abs. 2 BAT habe erfolgen, sondern auf § 24 Abs. 1 BAT habe beruhen sollen, seien der Kammer die Erläuterungen im Hinblick auf die konkreten Verhältnisse der Klägerin unverständlich. Dem Schreiben würden sich weder konkrete Gründe dafür entnehmen lassen, warum die Klägerin nur vorübergehend hätte eingesetzt werden sollen, noch mit welcher zeitlichen Perspektive dies habe erfolgen sollen, obwohl sich nach dem Inhalt des Schreibens eine nähere Erläuterung der zeitlichen Aspekte der "vorgenommenen Änderungen" geradezu aufgedrängt habe. Denn danach sei der Einsatz der Klägerin ursprünglich nur bis zum Zugang des Anwärters S.koe im Juli 1997 geplant gewesen. Diese bis dahin recht exakte Terminierung der vorübergehenden Zuweisung sei ganz offenkundig hinfällig. Welche - ggf. auch noch so vage - Prognose aus welchen Gründen an ihre Stelle habe treten sollen, werde trotzdem mit keinem Wort erwähnt. Für Aufklärung sorge insoweit auch nicht das weitere Vorbringen im Klageerwiderungsschriftsatz vom 03.03.2000, wonach zwar zunächst der Einsatz der Klägerin als Vertretung für den noch in der Ausbildung befindlichen Regierungsassistentenanwärter Herrn S.koecgeplant gewesen sei, sich beim Abgleich der damaligen Dienstpostenbesetzungsliste jedoch ergeben habe, dass dieser Dienstposten bereits für Herrn H.empegenutzt werde, weshalb nur die Möglichkeit geblieben sei, einen Dienstposten zu nutzen, für den damals noch kein Dienstposteninhaber festgestanden habe. Dieses sei der Dienstposten gewesen, der ab 1998 für einen der Beamtenanwärter reserviert worden sei. Letztlich komme es aber für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die über den Inhalt des Schreibens an den Personalrat vom 20.03.1996 hinausgehenden - in der Tat retrospektiv klingenden - Darlegungen des beklagten Landes, wie sie sich insbesondere aus dem Klageerwiderungsschriftsatz vom 03.03.2000 ergeben würden, nicht einmal an, weil sie im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden könnten. Denn bei der Entscheidung des Rechtsstreits könnten nur solche Tatsachen Berücksichtigung finden, von denen nach unstreitigem Sachverhalt oder aufgrund bewiesenem Sachvortrags zur Überzeugung der Kammer feststehe, dass sie auch dem Personalrat im Rahmen seiner Beteiligung gem. § 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 LPVG NW mitgeteilt worden seien. Vorliegend könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem Personalrat über den Inhalt des Schreibens vom 20.03.1996 hinaus weitere Informationen konkret zu der die Klägerin betreffenden vorübergehenden Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit bekannt gegeben worden seien. Dies gelte insbesondere für die Darlegungen aus dem Klageerwiderungsschriftsatz vom 03.03.2000. Stelle sich somit die Zuweisung vom 29.03.1996 als rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam dar, sei die Klägerin so zustellen, als ob die Zuweisung der Tätigkeit dauerhaft erfolgt und sie dementsprechend antragsgemäß für die Zeit ab dem 01.01.1998 in die VergGr. V c BAT einzugruppieren sei. Damit habe die Klägerin zugleich Anspruch darauf, dass die VergGr. V c BAT im Arbeitsvertrag festgeschrieben werde.

Gegen das ihm am 11.05.2000 zugestellte Urteil hat das beklagte Land mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 08.06.2000 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren bei Gericht am 10.07.2000 (Montag) eingereichten Schriftsatz begründet.

Das beklagte Land hat unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend gemacht:

Die Vorinstanz habe zu Unrecht die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien bestehe kein Streit darüber, dass der Klägerin Tätigkeiten der VergGr. V c BAT übertragen worden seien. Selbst wenn man aber von einer Übertragung höherwertiger Tätigkeiten ausginge, wäre die nur vorübergehende Übertragung nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Aufgrund Organisationserlasses hätten der Abteilung 3 (Schwerbehindertenrecht) des Versorgungsamtes D.uisbu fünf sog. Schwerbehindertengruppen mit jeweils einem Gruppenleiter (Beamter des gehobenen Dienstes), zwei Sachbearbeitern (Beamte des gehobenen Dienstes = Inspektor bis Amtsinspektor), fünf Bearbeitern/Sachbearbeitern (Beamter des mittleren Dienstes = Sekretär bis Hauptsekretär) sowie jeweils drei bis vier "Assistenzkräfte" (Aushilfen), die auch in der "Migration" (Übertragung der Akten auf PC) eingesetzt worden seien, zur Verfügung gestanden. Die Zuteilung der Arbeit auf die einzelnen Schwerbehindertengruppen sei durch die Abteilungsleiterin jeweils nach Bedarf und Belastung erfolgt. Anlässlich der "vertretungsweisen" Übertragung der Tätigkeit eines "Sachbearbeiters mittlerer Dienst" ("Bearbeiter") - die Klägerin sei statt, wie zunächst vorgesehen, in der Schwerbehindertengruppe 4 tatsächlich in der Schwerbehindertengruppe 3 eingesetzt worden - am 12.02.1996 sei vorgesehen gewesen, die Klägerin auf der freien Planstelle des im Juli 1997 zugehenden Beamtenanwärters des mittleren Dienstes, S.koe, vertretungsweise einzusetzen. Herr S.koe sei Regierungsassistentenanwärter und habe im Juni/Juli 1997 seine Anstellungsprüfung abgelegt. Bei einem erneuten Abgleich der Listen in der vorgenannten "Runde" habe sich herausgestellt, dass die für Herrn S.koe freigehaltene Planstelle aufgrund eines Fehlers in der Listenführung bereits für den ebenfalls im Rahmen des § 24 BAT höherwertig eingesetzten, ebenfalls als Assistenzkraft beschäftigten Herrn H.emp "belegt" gewesen sei, so dass die Beauftragung der Klägerin habe zurückgenommen werden müssen. Eine weitere höherwertige Beauftragung gem. § 24 Abs. 2 BAT sei für die Assistenzkraft, Frau B.roggia, erfolgt, die die gem. § 85 a LBG beurlaubte Regierungshauptsekretärin v. d. S.a vertreten habe. Da jedoch in der Abteilung 3 u.a. fünf Planstellen für Beamtenanwärter des mittleren Dienstes, von denen drei im Jahre 1997 und zwei im Jahre 1999 ihre Ausbildung beendet hätten, vorübergehend zur Verfügung gestanden hätten, seit März 1996 nach entsprechender Zustimmung des Personalrates die zunächst "vertretungsweise" gem. § 24 Abs. 2 BAT erfolgte in eine "vorübergehende" höherwertige Übertragung gem. § 24 Abs. 1 BAT umgewandelt worden. Das BAG habe als sachlichen Grund für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit auch die Notwendigkeit der Wahrnehmung der Aufgaben einer freigewordenen ausgeschriebenen Beamtenstelle bis zu deren endgültiger Besetzung mit einem Beamten angesehen. Da die genannten Beamtenanwärter je nach Dauer ihrer Ausbildung jeweils im Juli eines Jahres "einmünden" würden, sei anlässlich der Übertragung eine konkrete Prognose der Zeit nach noch nicht möglich gewesen, so dass die Übertragung sozusagen "auf Widerruf" erfolgt sei. Während also bei einigen der Beamtenanwärter bereits festgestanden habe, welcher konkrete Dienstposten ihnen zugewiesen würde, habe dies bei anderen, die allerdings der Zahl nach festgestanden hätten, noch nicht konkret gesagt werden können, so dass von der "vertretungsweisen" auf die "vorübergehende" Übertragung kraft Tarifvertrages hätte gewechselt werden müssen. Auch die Auffassung der Vorinstanz, der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden, sei, wie in der Berufungsbegründung näher ausgeführt, unrichtig.

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 17.04.2000 - 5 Ca 369/00 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:

Das beklagte Land könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die ihr übertragenen Tätigkeiten nicht die Merkmale der VergGr. V c BAT erfüllt hätten. Es sei zwischen den Parteien ausschließlich streitig gewesen, ob ihr diese Tätigkeiten rechtsmissbräuchlich lediglich vorübergehend und damit auf Dauer übertragen worden seien. Jedenfalls müsse das beklagte Land darlegen und unter Beweis stellen, dass die ihr übertragenen Tätigkeiten nicht die Voraussetzungen der VergGr. V c BAT erfüllt hätten. In der Berufungsbegründung habe das beklagte Land selbst eingeräumt, dass im Zeitpunkt der Übertragung der höherwertigen Tätigkeiten an die Klägerin eine konkrete Prognose der Zeit nach noch nicht möglich gewesen sei, so dass die Übertragung sozusagen "auf Widerruf" erfolgt sei. Damit sei aber davon auszugehen, dass die ihr übertragene Stelle auf unabsehbare Zeit "frei" gewesen sei und ihr deshalb ohne Weiteres auf Dauer hätte zugewiesen werden können.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG) sowie in gesetzlicher Form (§ 518 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG) und Frist (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) eingelegt und innerhalb der Frist (§ 519 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. ZPO, § 222 Abs. 2, 523 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) begründet worden.

B.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

I. Die Feststellungsklage der Klägerin ist nach § 256 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässig. Es ist davon auszugehen, dass das beklagte Land ein Feststellungsurteil als für sich verbindlich ansehen wird, auch wenn kein vollstreckbarer Titel vorliegt. Daher ist auch von einer Feststellungsklage eine prozesswirtschaftlich sinnvolle Entscheidung zu erwarten, ohne dass die Klägerin eine Leistungsklage auf Zahlung des fälligen Entgelts erheben müsste (vgl. nur BAG 16.07.1998 - 6 AZR 672/96 - AP Nr. 27 zu § 4 TVG Rationalisierungsschutz; BAG 30.09.1998 - 5 AZR 18/98 - AP Nr. 70 zu § 2 BeschFG 1985; GK-ArbGG/Dörner § 46 Rz 79 m. w. N.).

II. Die Klage ist auch begründet.

1. Jedenfalls im Ergebnis hat die Vorinstanz zu Recht angenommen, dass der Klägerin seit dem 01.08.1998 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c zusteht.

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Bezugnahme der BAT Anwendung. Danach ist der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht (§ 22 Abs. 2 BAT).

aa) Zwischen den Parteien war in erster Instanz nicht umstritten, dass der Klägerin Tätigkeiten einer Sachbearbeiterin mittlerer Dienst in der Zeit vom 12.02.1996 bis zum 31.12.1999 übertragen worden waren, die den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe V c entsprachen. Dies ist erstmals in zweiter Instanz von dem beklagten Land bestritten worden, was jedoch für die Entscheidung dieses Rechtsstreits unerheblich ist. Zwar ist im Eingruppierungsprozess der eine höhere Vergütung einklagende Mitarbeiter darlegungs- und beweispflichtig. Dies führt aber nicht dazu, dass der öffentliche Arbeitgeber durch einfaches Bestreiten seinem bisherigen Verhalten die Grundlage entziehen kann. Von der Schlüssigkeit der auf Eingruppierung gerichteten Klage ist auszugehen, wenn der Angestellte auf seine bisherige Stellenbewertung verweist und der Arbeitgeber eine irrtümlich zu hohe Bewertung in der Vergangenheit nicht substantiiert darlegt. Auch wenn der Angestellte nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen der angestrebten Eingruppierung hat (vgl. nur BAG 08.10.1997 - 4 AZR 167/96 - ZTR 1998, 31), muss sich der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes an die dem Arbeitnehmer mitgeteilte Wertigkeit seiner Stelle so lange festhalten lassen, wie er diesem nicht schlüssig darlegt, dass er ihn irrtümlich fehlerhaft eingestuft hat oder dass sich die Wertigkeit der Tätigkeit im Laufe der Zeit oder durch Tarifänderung vermindert hat (vgl. LAG Hamm, EzBAT § 23 a BAT Bewährungsaufstieg Nr. 33; Hamer Bundes- Angestelltentarifvertrag, 2. Aufl. 1999, § 22 Rdn. 16). Der Arbeitgeber muss entweder einen Rechtsirrtum darlegen oder substantiiert die Tatsachen vortragen, die eine fehlerhafte Eingruppierung des Arbeitnehmers begründen. Ein bloßer Hinweis auf die erfolgte Überprüfung der Stellenbewertung genügt nicht (vgl. die bei Hamer a. a. O. zitierte Rechtsprechung des BAG). Soweit der Vortrag des Angestellten schlüssig ist, ist es dem Arbeitgeber verwehrt, substantiierte Tatsachenschilderungen des Arbeitnehmers einfach zu bestreiten, da er die auszuübende Tätigkeit übertragen hat (vgl. § 138 Abs. 4 ZPO).

bb) Die Klägerin behauptet selbst nicht, dass ihr Tätigkeiten mit Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe V c BAT nicht nur vorübergehend, d. h. auf Dauer übertragen worden sind. Im Übrigen ist den Schreiben des Versorgungsamtes D.uisbu vom 12.02.1996 und 29.03.1996 deutlich zu entnehmen, dass die der Klägerin ab dem 01.02.1996 zugewiesenen, vom beklagten Land den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe V c BAT zugeordneten Tätigkeiten wegen der jeweiligen zeitlichen Befristung nur vorübergehend übertragen werden sollten. Demgemäß kann sie eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe V c BAT nur dann erreichen, wenn die bloß vorübergehende Übertragung von Tätigkeiten der Vergütungsgruppe V c BAT auf sie durch das beklagte Land rechtsmissbräuchlich war (BAG v. 19.06.1985 - 4 AZR 540/83 - AP Nr. 9 zu § 24 BAT).

b) Rechtsmissbräuchlich ist die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit dann, wenn für sie und ihre Dauer kein sachlicher Grund vorliegt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass § 24 BAT für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit keine zeitliche Begrenzung vorsieht und daher allein aus der Dauer der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nicht auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitgebers geschlossen werden kann (BAG v. 15.02.1984 - 4 AZR 595/82 - AP Nr. 8 zu § 24 BAT; BAG v. 19.06.1985 - 4 AZR 540/83 - AP Nr. 9 zu § 24 BAT).

c) Jedenfalls für die Zeit ab dem 01.01.1998 erfolgte, wie die Vorinstanz zu Recht erkannt hat, die vorübergehende Übertragung von Tätigkeiten einer Sachbearbeiterin mittlerer Dienst auf die Klägerin nicht mit sachlichem Grund.

aa) Als sachlicher Grund für eine nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 BAT ist stets die Vertretung eines anderen Mitarbeiters anzusehen, da nach Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters auf seinen Arbeitsplatz kein Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Vertreters auf diesem Arbeitsplatz besteht (BAG 19.06.1985 - 4 AZR 540/83 - AP Nr. 9 zu § 24 BAT). Ein sachlicher Grund für eine nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz für einen vorübergehend abwesenden oder besser qualifizierten Arbeitnehmer, der in absehbarer Zeit zur Verfügung steht, freihalten will oder aus sonstigen berechtigten Interessen den Arbeitsplatz vorläufig nicht mit dem betreffenden Arbeitnehmer endgültig besetzen will, z. B. weil dieser noch nicht ausreichend qualifiziert ist oder zunächst eine Ausschreibung vorgenommen werden soll. Nur unter diesen Voraussetzungen wird ein verständiger und sozial denkender Arbeitgeber eine Tätigkeit nur vorübergehend übertragen (BAG 16.01.1991 - 4 AZR 301/90 - AP Nr. 3 zu § 24 MTA). Dabei muss nach Überzeugung der Kammer im Zeitpunkt der Zuweisung der höherwertigen Tätigkeiten der Name desjenigen, für den der Arbeitsplatz mit derartigen Tätigkeiten freigehalten werden soll, feststehen. Anderenfalls kann nämlich nicht festgestellt werden, ob tatsächlich ein Vertretungsbedarf besteht, der lediglich die Zulagengewährung nach § 24 Abs. 2 BAT rechtfertigt.

bb) Als Sachgrund für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit auf die Klägerin hat das beklagte Land bereits erstinstanzlich den bis etwa 1999/2000 erfolgten Zugang von Beamtenanwärtern und zwei umgeschulten medizinisch-technischen Assistenzkräften aus der ehemaligen Röntgenabteilung - dem früheren Aufgabengebiet III - angegeben. Das beklagte Land hat jedoch nicht diese Personen namentlich benannt und auch nicht für jede Person angegeben, wann konkret mit ihrem Zugang zu rechnen sei. Aus diesem Grund war es der Kammer nicht möglich, zu überprüfen, ob tatsächlich für die Klägerin nur ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf bestand.

2. Hat demnach die Klägerin Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe V c, kann sie zugleich gemäß § 24 Abs. 3 BAT die Festschreibung dieser Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag verlangen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

Zurück