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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.11.1999
Aktenzeichen: 11 Sa 1203/99
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 16
Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unter-nehmens im Rahmen der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG a. F. (= § 16 Abs. 1 BetrAVG n. F.) kommt es nur auf die seit dem letzten dreijährigen Anpassungszeitraum erzielten Beträge ohne Berücksichtigung etwaiger Verlustvorträge in der Vergangenheit an. Entscheidend ist die aktuelle Liquidität eines Unternehmens zu dem Zeitpunkt, ab dem die Anpassung vorzunehmen ist.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 Sa 1203/99

Verkündet am: 18.11.1999

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 18.11.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Märtin und den ehrenamtlichen Richter Schimmel für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 01.06.1999 ­ 3 Ca 1866/98 ­ teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 7.562,43 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag von DM 3.921,26 brutto seit dem 27.08.1998 sowie weitere 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag von DM 3.641,17 brutto seit dem 20.09.1999 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin beginnend mit dem 01.10.1999 eine Betriebsrente in Höhe von

monatlich DM 3.026,09 brutto zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Anpassung ihrer Hinterbliebenenrente an die gestiegenen Lebenshaltungskosten nach § 16 BetrAVG.

Die Beklagte produziert in ihrem Werk in M.ülheim/Ruh Gabelstapler und vertreibt diese im In- und Ausland, wobei der Vertrieb in F.rankrei und S.pani durch eigene Betriebsgesellschaften erfolgt. Seit dem Tod ihres Ehemannes, einem früheren leitenden Angestellten der Beklagten, erhielt die Klägerin von dieser eine Hinterbliebenenrente, die jeweils im 3-Jahres-Rhythmus bis einschließlich zum Stichtag 01.07.1991 in voller Höhe angepasst wurde. Zum Stichtag 01.07.1994 gewährte die Beklagte der Klägerin als Einzige aus dem Kreis aller Betriebsrentner eine Rentenanpassung in Höhe von 4 % auf DM 2.746,--. Der Anstieg der Lebenshaltungskosten belief sich im Zeitraum vom 01.07.1991 bis zum 30.06.1994 auf 9,6 % und vom 01.07.1994 bis zum 30.06.1997 auf weitere 4,6 %. Die zum Stichtag 01.07.1997 von der Klägerin begehrte Überprüfung bzw. Anpassung ihrer Hinterbliebenenrente wurde seitens der Beklagten mit Schreiben vom 27.10.1998 abgelehnt.

Die handelsrechtlichen Jahresabschlüsse der Beklagten wiesen in den Jahren 1991 bis 1994 Verluste (vor Steuern) auf. Seit 1995 wurden wieder Unternehmensgewinne vor Steuern erwirtschaftet. Wegen der konkreten Zahlen im Einzelnen wird auf die Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 09.09.1998 (Seite 3) Bezug genommen. Unter Einbeziehung der Verluste der Vorjahre betrugen die kumulierten Jahresfehlbeträge der Jahre 1991 bis 1997 DM 32,748 Mio. Bei einer Bereinigung dieser Beträge um die in diesem Zeitraum angefallenen außerordentlichen Ergebniseinflüsse errechnet sich ein kumulierter bereinigter Jahresfehlbetrag in Höhe von DM 51,240 Mio. Trotz der in dem Geschäftsjahr 1995 bis 1997 erwirtschafteten Gewinne ergibt sich damit in der Bilanz zum 31.12.1997 unter Berücksichtigung des Eigenkapitals von DM 37 Mio. nach wie vor ein Bilanzverlust in Höhe von DM 26,798 Mio.

Mit ihrer der Beklagten am 27.08.1998 zugestellten Klage hat die Klägerin, die eine Anpassung ihrer Hinterbliebenenrente zum 01.07.1997 von DM 2.746,-- um DM 280,08 (= 10,2 %) auf DM 3.026,09 fordert, die Nachzahlung von DM 3.921,26 brutto für die Zeit vom 01.07.1997 bis zum 31.08.1998 sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten die erhöhte Rente monatlich ab dem 01.09.1998 zu zahlen, begehrt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten:

Die Beklagte sei auf Grund ihrer wirtschaftlichen Lage verpflichtet, die Betriebsrente zu erhöhen. Es sei nicht sachgerecht, im Hinblick auf die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation der Beklagten zum jetzigen Zeitpunkt Verlustvorträge aus der Vergangenheit zu berücksichtigen. In Ansehung der erzielten Beträge sei die verlangte Betriebsrentenanpassung auch unter Berücksichtigung einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung in Höhe von 5 % aus den Erträgen aufzubringen. Die Berücksichtigung eines Risikozuschlages würde zu keinem anderen Ergebnis führen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 3.921,26 nebst 4 % Zinsen seit 01.06.1999 zu zahlen;

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie beginnend mit dem 01.09.1998 eine Betriebsrente in Höhe von monatlich DM 3.026,06 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten:

Sie sei berechtigt, die Anpassung der Betriebsrente der Klägerin ebenso wie die nachholende Anpassung wegen weiterhin unzureichender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu verweigern. Die Rechtsprechung stelle darauf ab, ob das Unternehmen die Anpassungsbelastung bezahlen könne. Das Unternehmen müsse in der Lage sein, die Kosten einer Anpassung aus den Erträgen und dem Wertzuwachs zu finanzieren. Verluste könnten dagegen keine Wertzuwächse bewirken. Dabei müsse die Substanz des Unternehmens erhalten bleiben und eine angemessene Eigenkapitalverzinsung sei zu berücksichtigen. Zwar seien seit 1995 leichte Gewinne zu verzeichnen gewesen. Gegenüber den Vorjahren sei der Gewinn jedoch 1998 wieder zurückgegangen. Das vorläufige Ergebnis des Jahres 1998 weise zwar einen Gewinn von ca. DM 7,4 Mio. aus. Hierin sei jedoch ein Buchgewinn von DM 2,5 Mio. aus dem Verkauf von Anlagegütern enthalten. Der bereinigte Jahresüberschuss betrage etwas weniger als DM 5 Mio. Das Eigenkapital bleibe zum großen Teil aufgezehrt. Wende man die Grundsätze der Rechtsprechung an, so könne kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass selbstverständlich auch die Verluste der früheren Jahre Berücksichtigung finden müssten. Sei die Substanz des Unternehmens bereits zum (größten) Teil aufgezehrt, so stehe zunächst die Substanzerhaltung, in diesem Fall das Wiederauffüllen" der ursprünglichen Substanz des Unternehmens, im Vordergrund. Denn selbst wenn Gewinne erwirtschaftet würden, bedeute dies noch keinen Wertzuwachs für das Unternehmen, da die Unternehmenssubstanz noch nicht wiederhergestellt sei. Hinzukomme noch, dass eine angemessene Eigenkapitalverzinsung zu berücksichtigen sei.

Mit seinem am 01.06.1999 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die entscheidungserhebliche Frage laute, ob es zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens ausreiche, nur auf die zuletzt erzielten Erträge abzustellen oder ob insoweit auch Verlustvorträge aus der Vergangenheit zu berücksichtigen seien. Letzteres sei nach Auffassung der Kammer zu bejahen. Würde man die isolierte Betrachtung der in einer bestimmten Periode, z. B. in einem 3-Jahres-Zeitraum, erzielten Beträge zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und zur Erstellung einer entsprechenden Zukunftsprognose ausreichend sein lassen, gleichviel, wie schwer ein Unternehmen (noch) an eventuellen Verlusten der Vergangenheit zu tragen habe und ungeachtet davon, wie dünn gegebenenfalls seine Kapitaldecke bzw. wie hoch ein eingetretener Substanzverlust gewesen sei, liefe dies auf den Grundsatz hinaus, dass ein Unternehmen immer schon dann zur Anpassung verpflichtet wäre, wenn in den einzelnen Jahren (unter Abzug einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung) wieder so viel verdient werde, dass zumindest der Anpassungsbedarf gedeckt werden könne, d. h. die Unternehmensgesundung, die Wiederherstellung einer ertragsfähigen Kapitaldecke bzw. der verlorenen Unternehmenssubstanz hätten in diesem Falle zurückzutreten. Letzteres werde vom Bundesarbeitsgericht jedoch nicht vertreten. Vielmehr habe es stets betont, dass die Anpassung eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens nicht verhindern dürfe, so dass auch der am Anpassungsstichtag absehbare Investitionsbedarf zu berücksichtigen sei. Was für einen vernünftigen Investitionsbedarf gelte, müsse erst recht für einen in der Vergangenheit bereits realisierten Investitionsbedarf gelten. Hätten derartige Erneuerungs- und Rationalisierungsinvestitionen in der Vergangenheit zu Verlusten geführt, von denen sich das Unternehmen am Anpassungsstichtag noch nicht wieder erholt habe, weil es diese Verluste durch entsprechende Gewinne noch nicht wieder wettgemacht" habe, müsse dieser Umstand dann genauso in die Betrachtung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens einbezogen werden, wie es im Falle erst künftig zu erwartender Innovation mit entsprechenden Vermögensopfern bzw. ­einbußen der Fall wäre. Nach alle dem sei von dem von der Beklagten angegebenen kumulierten bereinigten Jahresfehlbetrag in Höhe von DM 51,241 Mio. auszugehen, so dass per 31.12.1997 ein für die Anpassungsentscheidung berücksichtigungsfähiger Bilanzverlust in Höhe von DM 26,789 Mio. zugrunde zu legen sei. Damit ergäbe sich bei einer hier im besten Falle zu erwartenden Entwicklung von (weiterhin) DM 7 Mio. Gewinn pro Jahr, dass die Beklagte bis zur nächsten Anpassungsentscheidung den Verlustvortrag noch nicht wieder ausgeglichen haben werde. Bei einer derartigen Sachlage müsse eine Verpflichtung zur Rentenanpassung verneint werden.

Gegen das ihr am 19.07.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem beim Landesarbeitsgericht am 18.08.1999 eingereichten Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem bei Gericht am 17.09.1999 eingegangenen und der Beklagten drei Tage später zugestellten Schriftsatz, in dem sie ihr Nachzahlungsverlangen um DM 3.641,17 brutto für die Zeit vom 01.08.1998 bis zum 30.09.1999 erweitert hat, begründet.

Die Klägerin macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Es sei eine Prognoseentscheidung zu treffen, die sich an der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens zu orientieren habe. Der Bewertung der wirtschaftlichen Lage durch die Vorinstanz liege eine ausschließlich rückschauende Betrachtung zugrunde. Diese führe im Ergebnis dazu, dass bei gleichbleibenden Erträgen auf der Basis der Jahre 1996 und 1997 und unter Vorwegabzug einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung von 8,4 % bis 9,4 % eine Rentenanpassung erst wieder in 40 Jahren erfolgen könne. Darüber hinaus würde die Auffassung des Erstgerichts zu dem Ergebnis führen, dass die Lasten der Umstrukturierung auf die Betriebsrentner abgewälzt würden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 7.562,43 nebst 4 % Zinsen aus DM 3.921,26 und weitere 4 % Zinsen aus DM 3.641,17 seit Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen; festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie, beginnend mit dem 01.10.1999 eine Betriebsrente in Höhe von monatlich DM 3.026,09 zu zahlen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 01.06.1999 ­ Az. 3 Ca 1866/98 ­ zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:

Der Bilanzverlust per 31.12.1997 in Höhe von DM 26,798 Mio. führe dazu, dass die Substanz des Unternehmens angegriffen sei und die in dem 3-Jahres-Zeitraum nach dem 01.07.1997 erwirtschafteten Gewinne und damit Erträge des Unternehmens zu keinem solchen Wertzuwachs des Unternehmens führen würden, dass das Anpassungsvolumen in Höhe von jährlich DM 400.000,-- aus den Erträgen des Unternehmens und seinem Wertzuwachs erbracht werden könnten. Ein Wertzuwachs sei nicht vorhanden, da der Substanzverlust der Vergangenheit noch nicht ausgeglichen sei. Sie habe ihren Personalbestand von 1991 bis 1997 um etwa die Hälfte reduziert. Diesem Umstand sei es im Wesentlichen zu verdanken, dass heute wieder Gewinne erwirtschaftet würden, da der hohe Personalaufwand wesentlich zu dem Negativergebnis beigetragen habe.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitgegenstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Klägerin, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist in der Hauptsache begründet. Nach Auffassung der erkennenden Kammer hat das Arbeitsgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen.

I.

Zunächst kann die Klägerin auf der monatlichen Basis von DM 280,09 brutto für die Zeit vom 01.07.1997 bis zum 31.08.1998 (= 14 Monate) DM 3.921,26 brutto und nach gemäß § 264 Nr. 2 ZPO i. V. m. § 523 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG zulässiger Umwandlung des Feststellungsantrags in einen Zahlungsantrag (vgl. nur BGH v. 08.06.1994 - VIII ZR 178/93 - NJW 1994, 2896, 2897) für die Zeit vom 01.09.1998 bis zum 30.09.1999 (= 13 Monate) weitere DM 3.641,17 brutto gemäß § 16 BetrAVG verlangen.

1. Nach § 16 BetrAVG a. F. und § 16 Abs. 1 BetrAVG n. F. (vgl. Art. 8 Nr. 17 lit. a des RRG 1999 vom 16.12.1997, BGBl. I S. 2998, in Kraft seit 01.01.1999) hat der Arbeitgeber alle drei Jahre die Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und darüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Er hat bei seiner Entscheidung die Belange der Versorgungsempfänger und seine eigene wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Damit legt das Gesetz den 3-Jahres-Turnus für den Prüfungstermin fest, trifft aber keine eindeutige Aussage über den Prüfungszeitraum. Allerdings soll es auf die Belange" des Versorgungsempfängers ankommen". Da das Gesetz eine Auszehrung der Renten vermeiden will, werden die Belange des Versorgungsempfängers nur dann voll berücksichtigt, wenn der volle, fortbestehende Anpassungsbedarf und nicht nur derjenige auf Grund einer Teuerung in den letzten drei Jahren ermittelt wird. Daraus folgt, dass beim Anpassungsbedarf die volle Teuerung seit Rentenbeginn zu berücksichtigen ist, soweit diese nicht bereits durch vorhergehende Anpassung ausgeglichen wurde (BAG v. 28.04.1992 ­ 3 AZR 142/91 ­ EzA § 16 BetrAVG Nr. 22; BAG v. 17.04.1996 - 3 AZR 56/95 - EzA § 16 BetrAVG Nr. 30). Da der Kaufkraftverlust vom 01.07.1991 bis zum 30.06.1994 9,6 % betrug, die Beklagte die Rente der Klägerin aber nur in Höhe von 4 % zum 01.07.1994 angepasst hat, besteht noch ein nachholender Anpassungsbedarf von 5,6 %.

2. Im Streitfall kann die Beklagte die nachholende Anpassung nicht wegen unzureichender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit verweigern. Die volle Anpassung der Betriebsrente der Klägerin zum 01.07.1997 belastet die Beklagte nicht übermäßig.

a) Bei der Anpassungsprüfung darf der Arbeitgeber seine wirtschaftliche Lage berücksichtigen (§ 16 2. Halbsatz BetrAVG a. F. = § 16 Abs. 1 2. Halbs. BetrAVG n. F.).

aa) Der Arbeitgeber kann die Anpassung von Betriebsrenten an die Kaufkraftentwicklung ganz oder teilweise ablehnen, wenn und soweit das Unternehmen übermäßig belastet würde. Übermäßig ist die Belastung dann, wenn es dem Unternehmen mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus dem Wertzuwachs des Unternehmens und dessen Erträgen in der Zeit nach dem Anpassungsstichtag aufzubringen (BAG v. 23.04.1985 ­ 3 AZR 156/83 ­ EzA § 16 BetrAVG Nr. 16; BAG v. 28.04.1992 ­ 3 AZR 142/91 ­ a. a. O.; BAG v. 17.04.1996 - 3 AZR 56/95 - a. a. O.). Sind Einbußen in der Unternehmenssubstanz zu befürchten, steht die gebotene Rücksichtnahme auf die Belange des Arbeitgebers und der aktiven Arbeitnehmer einer Anpassung entgegen (BAG v. 04.10.1994 - 3 AZR 910/93 - EzA § 16 BetrAVG Nr. 28; BAG v. 17.04.1996 - 3 AZR 56/95 - EzA § 16 BetrAVG Nr. 30).

bb) Diese Grundsätze gelten auch, wenn in der Vergangenheit z. B. mangels wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, kein voller Geldwertausgleich gewährt wurde. In diesem Fall ist aber besonders sorgfältig zu prüfen, ob die volle nachholende Anpassung eine übermäßige Belastung verursachen würde. Ein Anpassungsstau kann einen wirtschaftlich wieder gestärkten Arbeitgeber überfordern. Im Einzelfall kann dies dazuführen, dass einem Arbeitgeber, der seine Leistungsfähigkeit nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten zurückgewonnen hat, zwar eine beschränkte Anpassung, nicht aber eine volle nachholende Anpassung zumutbar ist.

b) Im Streitfall ist der Beklagten ab 01.07.1997 eine volle nachholende Anpassung der Betriebsrente der Klägerin ab der zum 30.06.1994 ausgelaufenen letzten vollen Anpassung zum 01.07.1994 zumutbar.

aa) Die Beklagte konnte die nachholende Anpassung der Betriebsrente der Klägerin zum 01.07.1997 bei den erwirtschafteten Erträgen erbringen. Sie erreichte in den Jahren 1995, 1996 und 1997 erhebliche Jahresüberschüsse. Diese betrugen jeweils vor Steuern im Jahre 1995 DM 3.518.000,--, im Jahre 1996 DM 7.049.000,-- und im Jahre 1997 DM 7.842.000,--. Stellt man diesen Erträgen und Wertzuwächsen die von der Beklagten selbst genannten Mehrbelastungen einer vollen nachholenden Anpassung gegenüber (jährlich DM 400.000,--), ergibt sich daraus die uneingeschränkte Leistungsfähigkeit der Beklagten zum 01.07.1997. Hieran ändert nichts der Umstand, dass die Beklagte bis zum Jahre 1994 Verluste erlitten hat. Sie hat deshalb jedenfalls die Rente der Klägerin in der Vergangenheit nicht vollangepasst und muss nunmehr einen dadurch entstandenen höheren Anpassungsbedarf ausgleichen. In den Jahren 1995 bis 1997 hat die Beklagte sich jedoch wirtschaftlich nachhaltig erholt und erhebliche Gewinne erwirtschaftet, so dass ihre wirtschaftliche Lage heute den vollen Ausgleich nicht hindert.

bb) Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte bis 1994 einschließlich Verluste in Millionenhöhe erlitten hat. Denn seit 1995 hat eine Besserung dieser wirtschaftlichen Lage bestanden und ist auch für die Zukunft, wenn auch im Jahr 1999 nach der Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten im Termin vom 25.11.1999 nicht mehr in dem Maße der Vorjahre, zu prognostizieren. Auf Grund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung der Beklagten seit 1995 steht fest, dass sie für einen überschaubaren Zeitraum in der Lage sein wird, Wertzuwächse zu erreichen oder Erträge zu erwirtschaften, mit denen es gelingen kann, den Teuerungsausgleich ohne Verlust an weiterer Unternehmenssubstanz zu erbringen.

cc) Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, dass auch unter Berücksichtigung der seit 1995 erzielten Gewinne die Unternehmenssubstanz zum Anpassungsstichtag 01.07.1997 und auch in den drei folgenden Jahren noch angegriffen sei, da die Verluste der Vorjahre nicht wieder ausgeglichen seien. Dieser auch von der Vorinstanz vertretenen Auffassung folgt die erkennende Kammer nicht. Wie sich aus dem dreijährigen Anpassungsrhythmus nach § 16 BetrAVG a. F. (= § 16 Abs. 1 BetrAVG n. F.) ergibt, kommt es für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens hinsichtlich der Anpassungsprüfung nur auf die seit dem letzten dreijährigen Anpassungszeitraum erzielten Erträge ohne Berücksichtigung etwaiger Verlustvorträge in der Vergangenheit an. Entscheidend ist die aktuelle Liquidität eines Unternehmens zu dem Zeitpunkt, ab dem die Anpassung vorzunehmen ist. Auf diesen Zeitraum muss es auch deshalb ankommen, weil eine Anpassung von Betriebsrenten nach § 16 2. Halbs. BetrAVG a. F. (= § 16 Abs. 1 2. Halbs. BetrAVG n. F.), wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, auch die Belange der aktiven Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind. Diese nehmen aber, zumindest solange nicht die Illiquidität ihres Arbeitgebers droht, an der, oftmals auch durch Tarifgebundenheit vorgegebene Entgeltentwicklung teil. So war es, folgt man der protokollierten Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten im Termin vom 18.11.1999 bei der Beklagten in den Jahren von 1995 bis 1997 - von den leitenden Angestellten abgesehen, die erstmals wieder 1998 eine Gehaltserhöhung bekommen haben sollen - nicht anders.

3. Die Klägerin kann nach den vorstehenden Ausführungen ab dem 01.07.1997 eine Hinterbliebenenrente von DM 3.026,09 brutto von der Beklagten verlangen. In der Zeit vom 01.07.1991 bis zum 30.06.1994 erhöhte sich der Index für die Lebenshaltung von 4-Personen-Arbeitnehmer-Haushalten mit mittlerem Einkommen um 9,6 %. Bezogen auf die von der Beklagten per 01.07.1994 gewährte Rentenanpassung um 4 % auf DM 2.746,-- brutto monatlich bestand ein Nachholungsbedarf in Höhe von 5,6 %. Ab dem Zeitpunkt der von der Klägerin verlangten Anpassung (01.07.1997) ist noch die Steigerung des Lebenshaltungskostenindexes für die Lebenshaltung von 4-Personen- Arbeitnehmer-Haushalten mit mittleren Einkommen in der Zeit vom 01.07.1994 bis zum 30.06.1997 in Höhe von 4,6 % zu berücksichtigen. Demnach ist die seit dem 01.07.1994 an die Klägerin gezahlte Hinterbliebenenrente von DM 2.746,-- brutto monatlich zum Ausgleich der Teuerung um 10,2 %, d. h. um DM 280,09 brutto monatlich ab dem 01.07.1997 zu erhöhen. Das ergibt für insgesamt 27 Monate (01.07.1997 bis zum 30.09.1999) einen Gesamtnachzahlungsbetrag in Höhe von DM 7.562,43 brutto.

II.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. §§ 284 Abs. 2 Satz 1, 614 Satz 2 BGB. Allerdings können Zinsen nach bisheriger Rechtsprechung des BAG nur von dem dem zugesprochenen Bruttobetrag entsprechenden Nettobetrag verlangt werden (vgl. näher BAG v. 20.04.1983 - 4 AZR 497/80 - AP Nr. 2 zu § 21 TV AL II; BAG v. 22.05.1986 - 2 AZR 392/85 - AP Nr. 23 zu § 622 BGB).

III.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich ohne weiteres, dass die Beklagte nach § 16 BetrAVG a. F. (bis zum 31.12.1998) und gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG n. F. (seit dem 01.01.1999) verpflichtet ist, der Klägerin mit Wirkung vom 01.10.1999 eine um DM 280,09 brutto erhöhte Hinterbliebenenrente pro Monat zu zahlen. Dies ergibt, ausgehend von dem bisher gezahlten Monatsbetrag von DM 2.746,-- brutto, ab 01.10.1999 einen Betrag von DM 3.026,29 brutto monatlich.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für die Beklagte zugelassen.

Ende der Entscheidung

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