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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.06.2003
Aktenzeichen: 11 Sa 1464/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 615 Satz 3 n. F.
1. Mit dem Risiko des Arbeitsausfalls in § 615 Satz 3 BGB i. d. F. von Art. 1 Nr. 36 a des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) ist, wie die amtliche Überschrift zeigt, das Betriebsrisiko gemeint.

2. Im Rahmen der Abgrenzung gegenüber denjenigen Umständen, die nicht im betrieblichen Bereich liegen und damit nicht gemäß § 615 Satz 3 BGB zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts führen, kann auf die bisherige Rechtsprechung zur Betriebsrisikolehre zurückgegriffen werden.

3. Danach werden von § 615 Satz 3 BGB alle betriebsinternen Störungen erfasst, die auf ein Versagen der sachlichen oder persönlichen Mittel des Betriebes zurückzuführen sind, aber auch von außen auf die Betriebsmittel einwirkende Umstände, die sich für den Arbeitgeber als Fälle höherer Gewalt darstellen, sowie die Einstellung des Betriebes im Anschluss an eine behördliche Anordnung. Hierzu gehört nicht der Beschluss des Sportausschusses einer Stadt, die Sportplätze in der Zeit vom 24.12. bis zum 01.01. des Folgejahres zu schließen mit der Konsequenz, dass die Arbeitsleistung der dort beschäftigten Platzwarte unmöglich wird.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 Sa 1464/02

Verkündet am: 05.06.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12.03.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Corell und den ehrenamtlichen Richter van Beeck

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen - 4 (3) Ca 2245/02 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.04.1979 beschäftigt und wird seit dem 01.07.1979 als Platzwart auf der Bezirkssportanlage V. eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet, wie zwischen ihnen nach dem Schriftsatz des Klägers vom 02.09.2002 unstreitig geworden ist, der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter in der Fassung für Gemeinden (BMT-G) sowie der Tarifvertrag für die Platz- und/oder Hallenwarte beim Sport- und Bäderamt der Stadt F. (künftig: TV Platzwarte) vom 07.02.1996, gültig ab 01.07.1995, Anwendung.

In § 6 "Entschädigung für Mehrbelastungen außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit" TV Platzwarte heißt es u. a.:

(2) Für die Benutzung der Sportanlagen außerhalb der festgesetzten regelmäßigen Arbeitszeiten der Beschäftigten wird eine besondere Vergütung gezahlt.

Für die Ermittlung dieser Vergütungen werden die Sportanlagen unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Auslastungsgrades sowie des durchschnittlichen Anteils an Arbeitsleistungen und Arbeitsbereitschaft der Beschäftigten in Kategorien eingeteilt.

Dabei werden Sporthallen und Sportplätze mit Hallen wegen der längeren abendlichen Belegungszeiten jeweils besonderen Kategorien "a" zugeteilt.

(3) Die Einteilung richtet sich nach folgenden Maßstäben und beinhaltet folgende monatliche Vergütung:

Kategorie|Durchschnittliche Arbeitsbelastung außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit|Monatliche Vergütung in DM

Sportplätze

 115 v. H.604,--
220 v. H.805,--
325 v. H.1.006,--
430 v. H.1.207,--
535 v. H.1.409,--
640 v. H.1.610,--
745 v. H.1.811,--

Sondersportanlagen

8|55 v. H.|2.214,--

Sporthallen. Sportplätze mit Hallen

 010 v. H.402,--
1a15 v. H.1.006,--
2a20 v. H.1.207,--
3a25 v. H.1.409,--
4a30 v. H.1.610,--
5a35 v. H.1.811,--
6a40 v. H.2.012,--

(4) Die Zuordnung der einzelnen Sportanlagen zu den Kategorien ergibt sich aus der Anlage zu diesem Tarifvertrag.

(10) Die Entschädigung entfällt für die Zeiträume, in denen die Sportanlagen/Halle - z. B. wegen Baumaßnahmen, Ferien - geschlossen ist.

..."

Aufgrund der Regelung in § 6 Abs. 3 TV Platzwarte erhält der Kläger eine monatliche Mehrbelastungsvergütung von zurzeit 911,00 € brutto.

Gemäß dem Beschluss des Ausschusses für die Sport- und Bäderbetriebe der Beklagten vom 11.12.2001 blieben die Sportanlagen und Turnhallen grundsätzlich vom 24.12.2001 bis einschließlich 01.01.2002 geschlossen. Von dieser Schließung war auch die von dem Kläger betreute Bezirkssportanlage V. betroffen.

Infolge Kürzung der monatlichen Mehrbelastungsvergütung um den 24., 25., 26. und 31.12.2001 sowie um den 01.01.2002 erhielt der Kläger für Dezember 2001 eine Mehrbelastungsvergütung in Höhe von 793,44 € brutto und für Januar 2002 in Höhe von 881,61 € brutto. Von der Kürzung nahm die Beklagte den 27., 28. und 29.12.2001 aus, weil dem Kläger für diese Tage Erholungsurlaub bewilligt worden war. Auch nahm sie den 30.12.2001 (Sonntag) von der Kürzung der Mehrbelastungsvergütung aufgrund einer betriebsinternen Entscheidung, wonach die Kürzung der Mehrbelastungspauschale für das in den Kürzungszeitraum fallende Wochenende verzichtet wird, aus.

Nachdem der Kläger vergeblich außergerichtlich den Kürzungsbetrag in Höhe von insgesamt 146,95 € brutto verlangt hatte, verfolgt er mit seiner am 31.05.2002 beim Arbeitsgericht Essen eingereichten Klage sein Begehren weiter.

Der Kläger hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Soweit die Mehrbelastungsvergütung um die gesetzlichen Feiertage 25.12. und 26.12.2001 sowie 01.01.2002 verkürzt worden sei, verstoße dies gegen das in § 2 Abs. 1 EFZG normierte Entgeltausfallprinzip. Für die Vorfesttage (24. und 31.12.2001) hätte die Beklagte die Mehrbelastungsvergütung nicht kürzen dürfen, da § 15 Abs. 4 BMT-G als fortzuzahlenden Lohn den Monatsgrundlohn sowie anfallenden ständigen pauschalierten Lohnbestandteile umfasse.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 146,95 € brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf den sich aus dem Bruttobetrag in Höhe von 117,56 € ergebenden Nettobetrag seit dem 15.12.2001 sowie den sich aus dem Bruttobetrag in Höhe von 29,39 € ergebenden Nettobetrag seit dem 15.01.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten:

Die Kürzung der Mehrbelastungsvergütung um die gesetzlichen Feiertage (25. und 26.12.2001 sowie 01.01.2002) verstoße nicht gegen § 2 Abs. 1 EFZG, da diese Feiertage aufgrund der gleichzeitigen Schließung der Sportanlage nicht der alleinige Grund für den Arbeitsausfall an diesen Tagen gewesen sei. Die Kürzung um die Vorfesttage (24. und 31.12.2001) sei rechtens, da als fortzuzahlender Lohn i. S. von § 15 Abs. 4 BMT-G nur der Monatsgrundlohn und etwaige dem Kläger für den Kalendermonat zustehende ständigen Lohnzuschläge in Betracht kämen. Die Mehrbelastungsvergütung sei aber nicht als Zuschlag i. S. der vorgenannten Vorschrift zu sehen.

Das Arbeitsgericht hat durch sein am 02.10.2002 verkündetes Urteil die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Da die streitbefangenen Tage nicht innerhalb eines Urlaubszeitraums gelegen hätten, könnten die Zeiten der Arbeitsbefreiung und die Feiertage nicht in vergütungsmäßiger Hinsicht den Urlaubstagen in der Weise zugerechnet werden, dass die Vergütung für diese Tage hätte ebenso ermittelt werden müssen wie dies bei Erholungsurlaub der Fall wäre. Im Unterschied zu dem dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 31.05.1988 - 1 AZR 200/97 - zugrunde liegenden Sachverhalt würden die hier streitigen Tage nicht innerhalb eines Urlaubszeitraums liegen. § 6 Abs. 10 TV Platzwarte bestimme als Spezialvorschrift gegenüber § 15 Abs. 4 BMT-G ausdrücklich, dass die Mehrbelastungsvergütung für Zeiträume entfalle, in denen die Sportanlage geschlossen sei. Die Mehrbelastungsvergütung für die Weihnachtsfeiertage und den Neujahrstag könne der Kläger deshalb nicht nach § 2 Abs. 1 EFZG verlangen, weil die Feiertage nicht, wie von der genannten Vorschrift gefordert, die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall an diesen Tagen gewesen sei.

Gegen das ihm am 11.11.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem beim Landesarbeitsgericht am 10.12.2002 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 24.01.2003 mit einem an diesem Tag eingereichten Schriftsatz begründet.

Der Kläger macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Mit Rücksicht auf die Regelung in § 615 Satz 3 BGB entfalle eine Kürzungsmöglichkeit für den 24. und 31.12.2001. Vorliegend müsse entgegen der Auffassung der Vorinstanz davon ausgegangen werden, dass der Feiertag die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall am 25. und 26.12.2001 sowie am 01.01.2002 gewesen sei. Denn die unternehmerische Entscheidung der Schließung der Sportanlagen sei ausschließlich Sache der Beklagten gewesen mit der Folge, dass dadurch kein eigenständiger Grund für den Arbeitsausfall geliefert worden sei. Das Betriebsrisiko der Schließung der Anlagen sei nicht neben die alleinige Ursache des Feiertages getreten, die den Feiertagsentgeltanspruch begründet habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 02.10.2002 - 4 (3) Ca 2245/02 - abzuändern und nach dem Schlussantrag des ersten Rechtszuges zu erkennen. Die Beklagte beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Entgegen der Auffassung des Klägers stehe § 615 Satz 3 BGB der vorgenommenen Kürzung der Mehrbelastungsvergütung nicht entgegen. Im Streitfall sei der Arbeitsausfall nicht aufgrund eines Umstandes, der in ihre Sphäre gefallen sei, eingetreten. Aus § 2 Abs. 1 EFZG ergebe sich, was die Feiertage betreffe, kein anderes Ergebnis. Ursache des Arbeitsausfalls an diesen Tagen sei die Schließung der Einrichtungen gewesen, weil keine Sportveranstaltungen stattgefunden hätten.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung des Klägers, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist unbegründet. Denn zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

I. Zunächst kann der Kläger den gekürzten Anteil an der ihm an sich nach § 6 Abs. 2 1. Unterabs. TV Platzwarte zustehenden Mehrbelastungsentschädigung für die zwei Weihnachtsfeiertage (25. und 26.12.2001) sowie für den Neujahrstag (01.01.2002) mangels einer Anspruchsgrundlage nicht verlangen.

1. Zutreffend hat die Vorinstanz erkannt, dass § 2 Abs. 1 EFZG als Anspruchsgrundlage ausscheidet.

a) Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, das Entgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Feiertagsbezahlung besteht hiernach nur dann, wenn der Feiertag die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall gewesen ist. Für die Feststellung, ob ein feiertagsbedingter Arbeitsausfall vorliegt, kommt es allein darauf an, welche Arbeitszeit für den Arbeitnehmer gegolten hätte, wäre der betreffende Tag kein Feiertag gewesen (st. Rspr., z. B. BAG 24.10.2001 - 5 AZR 245/00 - EzA § 2 EFZG Nr. 3 m. w. N.).

b) Vorliegend fehlt es an der feiertagsbedingten Alleinursächlichkeit für den Arbeitsausfall am 25. und 26.12.2001 sowie am 01.01.2002. Wären die vorgenannten Kalendertage keine gesetzlichen Feiertage gewesen, hätte der Kläger aufgrund des Beschlusses des Ausschusses für die Sport- und Bäderbetriebe F. vom 11.12.2001 keine Arbeiten verrichtet. Denn aufgrund dieses Beschlusses waren die Sportanlagen, wozu auch die vom Kläger betreute Bezirkssportanlage V. gehörte, in der Zeit vom 24.12.2001 bis zum 01.01.2002 geschlossen. Der vom Kläger erst am 27.12.2001 begonnene und bereits am 29.12.2001 wieder beendete Erholungsurlaub spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, da in diesen Urlaub kein gesetzlicher Feiertag fiel (so aber in BAG 31.05.1988 -1 AZR 200/87 -AP Nr. 58 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG).

2. Soweit der Kläger mit seiner Berufung geltend macht, er könne von der Beklagten den anteilig für den 25. und 26.12.2001 sowie für den 01.01.2002 gekürzten Anteil an der Mehrbelastungsentschädigung gemäß § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 1, Satz 3 BGB verlangen, kann ihm nicht gefolgt werden.

a) Nach § 615 Satz 3 BGB i. d. F. von Art. 1 Nr. 36 a des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138), in Kraft getreten am 01.01.2002, gelten § 615 Satz 1 und Satz 2 BGB entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. In § 615 Satz 3 BGB hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung für den Fall getroffen, dass der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. Der Gesetzgeber wollte damit an die bisherige Rechtsprechung anknüpfen und es dieser ermöglichen, dem Arbeitgeber wie bisher in bestimmten Fällen, abweichend von den §§ 275, 326 Abs. 1, 615 Satz 1 und 2 BGB das Risiko des Arbeitsausfalls aufzuerlegen (BT-Drucks. 14/6857 S. 48; BT-Drucks. 14/7052, S. 204).

b) Der Kläger hat jedoch übersehen, dass auf sein Arbeitsverhältnis § 615 Satz 3 BGB keine Anwendung findet. Nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB i. d. F. von Art. 2 Nr. 2 lit b des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) ist das Bürgerliche Gesetzbuch auf Schuldverhältnisse, die vor dem 01.01.2002 entstanden sind, in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand aber schon vor dem 01.01.2002.

c) Aber selbst dann, wenn § 615 Satz 3 BGB auf das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits Anwendung gefunden hätte, schiede § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 1 und Satz 3 BGB als Anspruchsgrundlage für die vom Kläger für den 25. und 26.12.2001 sowie für den 01.01.2002 anteilig begehrte Mehrbelastungsentschädigung aus.

aa) Mit dem Risiko des Arbeitsausfalls ist, wie die amtliche Überschrift zeigt, das Betriebsrisiko gemeint. Dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers wird man alle diejenigen Umstände zuordnen können, welche die Arbeitsleistung und die Entgegennahme derselben durch den Arbeitgeber aus Gründen unmöglich machen, die im betrieblichen Bereich liegen (BAG 09.03.1983 - 4 AZR 301/80 - AP Nr. 31 zu § 615 BGB; BAG 23.06.1994 - 6 AZR 853/93 - AP Nr. 56 zu § 615 BGB). Dies wird man nicht auf vom Arbeitgeber nicht zu vertretende Umstände begrenzen können (MünchArbR/Blomeyer, 2. Aufl. 2000, § 57 Rnr. 21; Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform, 2. Aufl. 2003, Rnr. 135). Maßgeblich ist vielmehr die Abgrenzung gegenüber denjenigen Umständen, die nicht im betrieblichen Bereich liegen und damit nicht gemäß § 615 Satz 3 BGB zur Fortzahlung des Entgelts führen. Insoweit wird man jedoch auf die bisherige Rechtsprechung, die der Gesetzgeber nicht ändern wollte (BT-Drucks. 14/6857, S. 48), zurückgreifen können. In der Sache hat sich an der Risikoverteilung deshalb nichts geändert. Erfasst sind betriebsinterne Störungen, die auf ein Versagen der sachlichen oder persönlichen Mittel des Betriebes zurückzuführen sind, aber auch von außen auf die Betriebsmittel einwirkende Umstände, die sich für den Arbeitgeber als Fälle höherer Gewalt darstellen, sowie die Einstellung des Betriebes im Anschluss an eine behördliche Anordnung (Gotthardt, a. a. O., Rnr. 135).

bb) Im Streitfall liegt kein Sachverhalt vor, der sich unter den so verstandenen Begriff des Betriebsrisikos subsumieren ließe. Denn es ist keinerlei betriebsinterne Störung im dargestellten Sinne, wie z. B. Stromausfall, und es sind auch keine von außen auf die Betriebsmittel der Beklagten einwirkende Umstände, wie z. B. witterungsbedingte Einflüsse, ersichtlich, aufgrund deren die Arbeit des Klägers als Platzwart am 25. und 26.12.2001 sowie am 01.01.2002 ausgefallen ist. Vielmehr hat die Beklagte den Arbeitsausfall an den genannten Tagen bewusst herbeigeführt. Denn ihr Ausschuss für die Sport- und Bäderbetriebe F. hatte am 11.12.2001 beschlossen, u. a. die Sportanlage, auf der der Kläger tätig ist, in der Zeit vom 24.12.2001 bis zum 01.01.2002 zu schließen. Auf Fallgestaltungen, in denen der Arbeitgeber bewusst die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers verursacht hat, sind schon vor Inkrafttreten des § 615 Satz 3 BGB am 01.01.2002 die Grundsätze, die die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Frage der Tragung des Betriebsrisikos entwickelt hat, nicht anwendbar gewesen (vgl. BAG 03.03.1964 -1 AZR 209/63 - AP Nr. 1 zu § 324 BGB).

3. Schließlich scheidet auch § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 1 BGB als Anspruchsgrundlage für das Verlangen des Klägers auf Nachzahlung des Anteils an der Mehrbelastungsentschädigung aus, die ihm bisher für die zwei Weihnachtsfeiertage und den Neujahrstag vorenthalten worden sind.

Dahinstehen kann, ob die Beklagte an den drei genannten Tagen in Annahmeverzug nach §§ 293 ff. BGB durch die Schließung der Sportanlagen geraten war. Die Bestimmung des § 615 Satz 1 BGB ist nämlich abänderbar, was sich bereits aus § 619 BGB ergibt (BAG 06.02.1964 - 5 AZR 93/63 - EzA § 615 BGB Nr. 6; BAG 18.05.1999 - 9 AZR 13/98 - EzA § 615 BGB Nr. 94). § 6 Abs. 101. Unterabs. TV Platzwarte enthält eine nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend für die beiderseits tarifgebundenen Parteien dieses Rechtsstreits geltende Regelung, durch die das Annahmeverzugsrisiko auf den Kläger verlagert wird. Nach dieser Vorschrift entfällt die Mehrbelastungsentschädigung nach § 6 Abs. 2 1. Unterabs. TV Platzwarte für die Zeiträume, in denen die Sportanlage, z. B. wegen Baumaßnahmen, Ferien, geschlossen ist. Dies ist vorliegend der Fall, da die Schließung der Sportanlagen der Beklagten in dem Zeitraum vom 24.12.2001 bis zum 05.01.2002 in die Schulferien des Landes Nordrhein-Westfalen (Schuljahr 2001/2002) fiel.

II. Der Kläger kann aber auch nicht für die Vorfesttage am 24.12. und 31.12.2001 die ihm anteilig für diese Tage gekürzte Mehrarbeitsentschädigung nach § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 15 Abs. 4 Satz 1 BMT-G verlangen. Hierbei handelt es sich um die einzig denkbare Anspruchsgrundlage, nachdem, wie bereits weiter oben näher dargelegt worden ist, § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 3 BGB bzw. § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. § 615 Satz 1 BGB als Anspruchsgrundlage ausscheidet.

1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 BMT-G wird, soweit es die Verhältnisse der Verwaltung oder des Betriebes zulassen, an dem Tag vor dem ersten Weihnachtsfeiertag und vor Neujahr jeweils ganztägig sowie an dem Tag vor Ostersonntag und vor Pfingstsonntag jeweils ab 12.00 Uhr Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Lohnes gewährt. Dahinstehen kann, ob unter "Fortzahlung des Lohnes" nur der Monatsgrundlohn und etwaige für den Kalendermonat dem Arbeitnehmer zustehende ständige Lohnzuschläge in Betracht kommen mit der Folge, dass die Mehrbelastungsvergütung an den Vorfesttagen, nämlich am 24.12. und 31.12.2001, nicht fortzuzahlen wären. Der TV Platzwarte, der die Rechtsgrundlage für die Zahlung der Mehrbelastungsentschädigung regelt (§ 6 Abs. 2 1. Unterabs.) schränkt diesen Anspruch in § 6 Abs. 101. Unterabs. dahin ein, dass er in den Zeiträumen entfällt, in denen eine Sportanlage wegen Ferien geschlossen ist. Dies war in den Weihnachtsferien des Schuljahres 2001/2002 an den hier in Rede stehenden Vorfesttagen der Fall.

2. Ein Verstoß gegen die Regelung in § 15 Abs. 4 Satz 1 BMT-G kann hierin nicht gesehen werden, da der TV Platzwarte ein sog. Haustarifvertrag ist, während der BMT-G als sog. Verbandstarifvertrag anzusehen ist. Ein Haustarifvertrag geht aber als spezieller Tarifvertrag einem Verbandstarifvertrag vor (BAG 20.03.1991 - 4 AZR 455/90 - AP Nr. 20 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; Buchner, in: Festschrift für Schaub, 1998, S. 75, 84; Wank, in: Wiedemann, 6. Aufl. 1999, § 4 TVG Rnr. 290 m. w. N. in Fn. 49).

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und somit die Revision an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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