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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.02.2004
Aktenzeichen: 11 Sa 1749/03
Rechtsgebiete: Richtlinie 93/104/EG, ArbZG, ZPO, SR 2 r BAT


Vorschriften:

Richtlinie 93/104/EG vom 23.11.1993 (Arbeitszeit-Richtlinie) Art. 2 Nr. 1
Richtlinie 93/104/EG vom 23.11.1993 (Arbeitszeit-Richtlinie) Art. 6 Nr. 2
Richtlinie 93/104/EG vom 23.11.1993 (Arbeitszeit-Richtlinie) Art. 18
ArbZG a. F. § 3 Satz 1
ArbZG a. F. § 7 Abs. 1 Nr. 1 a
ArbZG a. F. § 25 Satz 1
ZPO § 256 Abs. 1
SR 2 r BAT Sonderregelungen für Angestellte als Hausmeister
1. Nr. 3 Abs. 1 SR 2 r BAT, wonach die regelmäßige Arbeitszeit durchschnittlich 50,5 Stunden wöchentlich beträgt, verstößt nicht gegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG a. F., auch wenn diese Vorschrift lediglich die Verlängerung der in § 3 Satz 1 ArbZG geregelten werktäglichen Arbeitszeit von acht Stunden vorsieht (so schon LAG Düsseldorf v. 26.06.2003 - 11 Sa 368/03 -).

2. Die arbeitszeitrechtlichen Ruhepausen nach § 4 Satz 1 ArbZG sind im Geltungsbereich des SR 2 r BAT nicht Teil der vergütungspflichtigen Arbeitszeit.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 12. Februar 2004

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12.02.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Faber und den ehrenamtlichen Richter Herrmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 23.10.2003 - 11 Ca 577/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist seit dem 06.02.1995 aufgrund eines am 08.02.1995 geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrages bei dem beklagten Land in der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf als Hausmeister beschäftigt. Nach § 1 dieses Arbeitsvertrages erfolgte die Einstellung "als vollbeschäftigter Angestellter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit gem. Nr. 3 der Sonderregelungen 2 r zum BAT (z. Zt. 50,5 Stunden)". Gemäß § 3 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden Tarifverträge Anwendung. Gemäß § 4 des Arbeitsvertrages ist der Kläger in der Vergütungsgruppe VII der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert (§ 22 Abs. 3 BAT). Sein Bruttomonatsverdienst betrug zuletzt 2.000,-- €.

Der Tarifvertrag über die Sonderregelungen für Angestellte als Hausmeister (künftig: SR 2 r BAT), gültig ab 01.04.1990 gemäß § 1 Abschn. IV Nr. 5 des 60. Änd-TV zum BAT vom 05.07.1988, sieht in Nr. 3 Abs. 1 abweichend von § 15 Abs. 1 Satz 1 BAT eine regelmäßige Arbeitszeit von durchschnittlich 50,5 Stunden wöchentlich vor. Auf diese Arbeitszeitregelung wies die Heinrich-Heine-Universität zu Beginn eines an ihre damals bei ihr beschäftigten Hausmeister gerichteten Rundschreibens vom 19.09.1991, in dem außerdem die tägliche Arbeitszeit bestimmt ist, ausdrücklich hin. Der Kläger leistet innerhalb seiner wöchentlich mit 50,5 Std. bemessenen Arbeitszeit regelmäßig in einem Umfang von ca. 20 bis 25 % Arbeitsbereitschaft.

Mit Schreiben vom 23.05.2001 machte der Kläger, wie andere seiner Kollegen auch, gegenüber dem beklagten Land geltend, es solle festgestellt werden, dass die von ihm zu leistende Bereitschaftsdienstzeit in vollem Umfang als Arbeitszeit anerkannt werde und dass die ihm aufgrund dieser Anerkennung auch für die Vergangenheit zustehenden Einkommensbestandteile ausgezahlt würden. Er bezog sich dabei auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 03.10.2000 - Rs. C 303/98 - (sog. Simap-Urteil).

Mit Schreiben vom 31.05.2001 berichtete der Kanzler der Heinrich-Heine-Universität dem Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen über das Begehren der fünf Hausmeister. Nachdem der Kanzler zuvor im Hinblick auf das sog. Simap-Urteil Zweifel an einer über 48 Stunden hinausgehenden durchschnittlichen Wochenarbeitszeit der Hausmeister geäußert hatte, heißt es am Ende seines Schreibens:

"Bis zu einer etwaigen gegenteiligen Weisung werde ich es daher zulassen, dass die hiesigen, unter die SR 2r BAT fallenden Hausmeister ihr Arbeitszeitverhalten abweichend von der bisherigen Regelung so gestalten, dass die Frühschicht die Arbeit täglich 5 Minuten früher beendet und die Spätschicht die Arbeit täglich 5 Minuten später aufnimmt. Die Angemessenheit dieser Regelung zur Beachtung EU-rechtlicher Vorgaben ergibt sich aus der Differenz der tarifvertraglich vereinbarten Arbeitszeit (50,5 Std. x 46 Wochen [52 - 6 Wochen Urlaub] = 2323 Jahresstunden) und der EU-rechtlich und nach § 3 Arbeitszeitgesetz zulässigen Jahresarbeitszeit (48 Std. x 48 Wochen [52 - 4 Wochen Urlaub] = 2304 Stunden). Die Differenz von 19 Stunden im Kalenderjahr bedeutet bei einer Verteilung auf 46 Wochen, dass die Arbeitszeit in jeder Woche um 24,78 = 25 Minuten zu kürzen ist."

Die neue Arbeitszeitregelung teilte der Kanzler der Heinrich-Heine-Universität mit Schreiben vom 06.06.2001 allen unter die SR 2 r BAT fallenden Hausmeistern unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 31.05.2001 mit. Mit seinem an die Heinrich-Heine-Universität gerichteten Schreiben vom 07.02.2002 bat das Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen das geltende Tarifrecht, nämlich die Bestimmungen der SR 2 r BAT anzuwenden und die von der Universität vorgenommene Arbeitszeitreduzierung wieder aufzuheben. Der Kanzler der Heinrich-Heine-Universität widerrief daraufhin gegenüber allen Hausmeistern schriftlich am 20.02.2002 die in seinem Schreiben vom 06.06.2001 angeordnete Arbeitszeitregelung.

Mit seiner beim Arbeitsgericht Düsseldorf am 15.01.2003 eingereichten und dem beklagten Land am 22.01.2003 zugestellten Klage hat der Kläger u. a. die Feststellung der Unwirksamkeit der Anordnung des beklagten Landes vom 19.09.1991, durchschnittlich 50,5 Stunden pro Woche zu arbeiten, sowie die Bezahlung für die über 38,5 Stunden wöchentlich hinaus geleisteten 12 Arbeitsstunden als Überstunden für den Zeitraum vom 01.11.2000 bis zum 31.12.2002 in Höhe von insgesamt 18.659,52 € begehrt. Nach einer in seinem Schriftsatz vom 25.02.2003 enthaltenen Klageerweiterung hat der Kläger mit seinem dem beklagten Land an einem aus der Gerichtsakte nicht ersichtlichen Tag zugestellten Schriftsatz vom 24.03.2003 sein Begehren nochmals abgeändert.

Er hat u. a., wie schon in seinem Schriftsatz vom 25.02.2002, für die Zeit vom 01.11.2000 bis zum 31.12.2002 nur noch insgesamt 17.246,62 € als Überstundenvergütung verlangt. Gleichzeitig hat er hilfsweise für den Fall, dass seine Wochenarbeitszeit 48 Stunden betragen haben sollte, wie schon in seinem Schriftsatz vom 25.02.2003, für die Zeit vom 01.11.2000 bis zum 31.12.2002 eine Überstundenvergütung in Höhe von insgesamt 3.731,43 € verlangt. Wegen der Einzelheiten der Berechnungen wird ausdrücklich auf den Schriftsatz des Klägers vom 25.02.2003 verwiesen.

Der Kläger hat im Wesentlichen geltend gemacht:

§ 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG (in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung) sei keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für eine Abweichung von der europarechtlich höchstzulässigen regelmäßigen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden. Die Anordnung des beklagten Landes vom 19.09.1991 sei deshalb ebenso unwirksam, wie die entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag und die Nr. 3 Abs. 1 SR 2 r BAT. Es gelte somit eine regelmäßige Arbeitszeit von durchschnittlich 38,5 Wochenstunden gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BAT. Die darüber hinaus in der Vergangenheit seit dem 01.11.2000 bis zum 31.05.2002 von ihm geleisteten Arbeitsstunden seien vergütungspflichtige Mehrarbeit.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass er verpflichtet ist, lediglich eine regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Überstunden und Mehrarbeit von 38,5 Stunden pro Woche einzuhalten,

2. hilfsweise hierzu festzustellen, dass er verpflichtet ist, lediglich eine regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Überstunden und Mehrarbeit von 48,0 Stunden pro Woche einzuhalten,

3. das beklagte Land zu verurteilen, an ihn Überstundenvergütung in Höhe von 17.246,62 Euro für den Zeitraum vom 01. November 2000 bis zum 31. Dezember 2002 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

4. hilfsweise das beklagte Land zu verurteilen, an ihn Vergütung für Mehrarbeit in Höhe von 3.731,43 Euro für den Zeitraum vom 11. November 2000 bis zum 31. Dezember 2002 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

5. für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. festzustellen, dass die gemäß dem Klageantrag zu 1. zu leistende regelmäßige wöchentliche durchschnittliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden für die Parteien keine vergütungsrechtlichen Auswirkungen hat sowie

6. für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 2. festzustellen, dass die gemäß Klageantrag zu 2. zu leistende regelmäßige wöchentliche durchschnittliche Arbeitszeit von 48 Stunden für die Parteien keine vergütungsrechtlichen Auswirkungen hat.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat im Wesentlichen ausgeführt:

Nach dem sog. Simap-Urteil stehe eine individuelle Vereinbarung zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber über das Überschreiten der täglichen Arbeitszeit von 10 Stunden hinaus in Einklang mit der Richtlinie des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (93/104 EG) vom 23.11.1993 (ABl. EG Nr. L 307 vom 13.12.1993, S. 18) - künftig: Arbeitszeit-Richtlinie -.

Aus dem Arbeitsvertrag des Klägers vom 30.10.2000 ergebe sich eindeutig, dass zwischen den Parteien die für Hausmeistertätigkeiten typische Arbeitszeitregelung von 50,5 Wochenstunden vereinbart worden sei. Diese Arbeitszeit ergebe sich im Übrigen auch aus Nr. 3 Abs. 1 SR 2 r mit der Folge, dass nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbZG die werktägliche Arbeitszeit über 10 Stunden verlängert werden könne.

Mit seinem am 23.10.2003 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage hinsichtlich des hilfsweise gestellten Feststellungsantrags zu 2) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat sich das Gericht die Entscheidungsgründe des den Parteien bekannten Urteils des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.06.2003 - 11 Sa 368/03 - zu Eigen gemacht.

Gegen das ihm am 17.11.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem beim Landesarbeitsgericht am 21.11.2003 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem bei Gericht am 15.12.2003 eingereichten Schriftsatz begründet.

Der Kläger macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend geltend:

Entgegen der Auffassung des beklagten Landes erfülle die SR 2 r BAT die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ArbZG (i. d. F. bis zum 31.12.2003) nicht. Zum einen sei in ihr keine werktägliche, sondern nur eine wöchentliche Arbeitszeitverlängerung vorgesehen. Zum anderen verlange die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ArbZG a. F. Arbeitsbereitschaft mindestens in einem Umfang von 30 %. Dies entspreche dem Erlass des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport des Landes Nordrhein- Westfalen vom 18. Mai 1999 215-8435 zur "Durchführung des Arbeitszeitgesetzes". Dort sei unter Ziff. 7.2 geregelt, dass Arbeitsbereitschaft in erheblichem Umfang gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG (a. F.) dann vorliege, wenn der Anteil der Arbeitsbereitschaft mindestens 30 % der Arbeitszeit betrage. Der Berufungsantrag zu 2. sei teilweise neu formuliert und erweitert worden. Denn die in Art. 6 Nr. 2 der Arbeitsrichtlinie geregelte höchstzulässige Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche enthalte die Überstunden. Soweit man davon ausgehe, dass ein Gericht einseitig festlegen könne, dass eine Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche einzuhalten sei, habe diese Arbeitszeit unter Berücksichtigung der vorgetragenen Arbeitsbereitschaft die Pausen ebenfalls mitzuenthalten. Diese Klageerweiterung sei zulässig, da sie zur endgültigen Klärung der streitbefangenen Arbeitszeitfragen beitrage. Effektiv habe sich nämlich seine - des Klägers - werktägliche Arbeitszeit pro Tag um 10 Minuten verringert. Das Land habe sich auf den Standpunkt gestellt, dass eine Pause von einer halben Stunde und eine weitere Pause von einer viertel Stunde in die werktägliche Arbeitszeit mit einzubeziehen sei. Bei der Vereinbarung der Nr. 3 der SR 2 r BAT seien die Tarifvertragsparteien, wie dem zur Gerichtsakte gereichten Schreiben der ötv-Hauptverwaltung vom 07.04.1998 zu entnehmen sei, davon ausgegangen, dass aufgrund von besonderen Gegebenheiten in der Hausmeistertätigkeit ein erheblicher Anteil von Arbeitsbereitschaft in der regelmäßigen Arbeitszeit enthalten sei und als besondere Gegebenheiten von den Tarifvertragsparteien u. a. die nicht dienstplanmäßig zu erfassenden Arbeitsleistungen sowie die nicht zu bestimmenden Ruhepausen etc. gewertet worden seien. Der Berufungsantrag zu 3., der dem erstinstanzlichen Klageantrag zu 3. entspreche, sei entgegen der Meinung des Arbeitsgerichts begründet. Für ihn gelte die regelmäßige Arbeitszeit nach § 15 Abs. 1 BAT mit 38,5 Stunden wöchentlich. Da das beklagte Land nicht berechtigt sei, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 48 oder 50,5 Stunden zu verlängern, jedoch wirksam Überstunden anordnen könne, seien diese Überstunden auch zusätzlich zu vergüten. Eine derartige Anordnung sei spätestens durch das Schreiben des Kanzlers der Heinrich-Heine-Universität vom 20.02.2002 geschehen. Erst recht müsse dies gelten, soweit der Kanzler ihm die Einzelweisung erteilt habe, nunmehr wöchentlich durchschnittlich 48 Stunden pro Woche zu arbeiten. Der Berufungsantrag zu 4), der dem erstinstanzlichen Zahlungsantrag zu 4) entspreche, greife, soweit das Landesarbeitsgericht der Auffassung sein sollte, dass die in Nr. 3 Abs. 1 der SR 2 r BAT enthaltene Arbeitszeitregelung mit deutschem Arbeitsrecht vereinbar sein sollte und deshalb die europarechtlichen Arbeitszeitschutzvorschriften, wonach eine wöchentliche durchschnittliche Arbeitszeit von höchstens 48 Stunden zulässig sei, zur Anwendung kämen. In diesem Fall sei die über 48 Stunden hinaus geleistete Mehrarbeit zu vergüten. Sofern das Berufungsgericht der Auffassung der Vorinstanz folge, wonach die geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht beständen, könne die Herabsetzung seiner wöchentlichen Arbeitszeit von 50,5 Stunden auf 38,5 bzw. 48 Stunden keine negativen vergütungsrechtlichen Konsequenzen haben (Berufungsanträge zu 5 und 6). So habe z.B. auch die vom Kanzler der Heinrich-Heine-Universität Anfang des Jahres 2003 erteilte Weisung, nunmehr nur noch 48 Stunden pro Woche zu arbeiten, nicht zu vergütungsrechtlichen Nachteilen geführt.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. festzustellen, dass er verpflichtet ist, lediglich eine regelm äßige durchschnittliche Arbeitszeit ausschließlich der Überstunden und Mehrarbeit von 38,5 Wochenstunden einzuhalten;

2. hilfsweise hierzu festzustellen, dass er verpflichtet ist, lediglich eine durchschnittliche Arbeitszeit einschließlich der Überstunden und Mehrarbeit von 48,0 Wochenstunden einzuhalten.

3. das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 15.631,12 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4. hilfsweise hierzu das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 3.450,60 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

5. hilfsweise festzustellen, dass die gemäß Berufungsantrag zu 1) zu leistende regelmäßige durchschnittliche Arbeitszeit seinen Vergütungsanspruch gegen das beklagte Land, wie er der Höhe nach zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage bestand, nicht vermindert;

6. hilfsweise hierzu festzustellen, dass die gemäß Berufungsantrag zu 2) zu leistende regelmäßige wöchentliche durchschnittliche Arbeitszeit seinen Vergütungsanspruch gegen das beklagte Land, wie er der Höhe nach zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage bestand, nicht vermindert.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen;

Das beklagte Land macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Die Ansicht des Klägers, dass die Nr. 3 SR 2r BAT gegen §§ 3, 7 ArbZG verstoße, sei unzutreffend. Zum einen sei, wie aus § 25 ArbZG (i. d. F. bis zum 31.12.2003) folge, die in Nr. 3 Abs. 1 der SR 2 r BAT enthaltene Wochenarbeitszeitregelung nicht am Arbeitszeitgesetz zu messen. Zum anderen lägen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ArbZG (a. F.) vor.

Einerseits sei zwar in § 3 Satz 1 ArbZG, wie auch in § 7 Abs. 1 Nr. 1 lit. Satz 1 ArbZG (a. F. und n. F.), nur von einer werktäglichen Arbeitszeit die Rede. Die damit gemeinte wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden lasse sich jedoch ohne weiteres dadurch berechnen, dass eine Woche sechs Werktage habe. Andererseits würden in die Arbeitszeit des Klägers regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft von bis zu 25 % anfallen. Die Ausdehnung der Arbeitszeit auf 50,5 Stunden in der Woche verstoße auch nicht gegen die Arbeitszeit-Richtlinie. Diese Richtlinie finde nämlich vorliegend auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis keine unmittelbare Anwendung.

Würde die Arbeitszeit-Richtlinie den öffentlichen Arbeitgeber in Abweichung der Regelungen des Tarifvertrages gegenüber dem Arbeitnehmer verpflichten, würde gleichzeitig in das Verhältnis der Tarifvertragsparteien und unzulässigerweise in die verfassungsmäßig garantierte Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG eingegriffen. Im Übrigen sehe Art. 18 Abs. 1 lit. b (i) der Arbeitszeit- Richtlinie ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass ein Arbeitnehmer mehr als 48 Stunden innerhalb eines Sieben-Tage-Zeitraums arbeiten könne, sofern er sich, wie der Kläger in seinem Arbeitsvertrag, hierzu bereit erklärt habe. Darauf habe der Europäische Gerichtshof in seinem sog. Simap-Urteil noch einmal ausdrücklich hingewiesen. Soweit der Kläger zweitinstanzlich seine Klage dahingehend erweitert habe, dass er nunmehr auch die Feststellung begehre, in der höchstzulässigen Wochenarbeitszeit seien auch Pausen enthalten, werde in die Klageerweiterung nicht eingewilligt. Selbst wenn man sie jedoch für sachdienlich erachte, sei sie unbegründet, da Ruhepausen grundsätzlich nicht zur Arbeitszeit gehören würden. Die Berufungsanträge zu 3) und 4) seien u. a. deshalb unbegründet, weil es weder eine Anordnung noch Billigung noch Duldung von Mehrarbeit von seiner - des beklagten Landes - Seite aus gebe.

Auch die Berufungsanträge zu 5) und 6) seien unbegründet. Eine Reduktion der Wochenstunden des Klägers müsse zwangsläufig auch zu einer Kürzung der Vergütung, d. h. einer Herabstufung, führen.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung des Klägers, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist unbegründet. Diese Feststellung betrifft zunächst den erst- und zweitinstanzlich hauptsächlich gestellten Feststellungsantrag zu 1.

I. Der erst- und zweitinstanzliche hauptsächlich gestellte Feststellungsantrag zu 1. ist allerdings gemäß § 256 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässig.

1. Ein Rechtsverhältnis ist dann gegeben, wenn zwischen mehreren Personen oder zwischen Personen und Sachen rechtliche Beziehungen bestehen (BAG 16.04.1997 - 4 AZR 270/96 - AP Nr. 1 zu § 22 MTAng-LV; BAG 24.06.1999 - 6 AZR 605/97 - EzA § 611 BGB Nebentätigkeit Nr. 2). Gegenstand einer Feststellungsklage können dagegen nicht bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses sein (BAG 25.10.2001 - 6 AZR 718/00 - EzA § 256 ZPO Nr. 62; vgl. auch BGH 03.05.1977 - VI ZR 36/74 - BGHZ 68, 331, 332).

Eine Feststellungsklage muss sich jedoch nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis im ganzen erstrecken. Sie kann sich vielmehr beschränken auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht (BAG 25.10.2001 - 6 AZR 718/00 - a. a. O.; BAG 21.11.2002 - 6 AZR 34/01 - EzA § 256 ZPO 2002 Nr. 1). Gemessen an diesen Anforderungen, die an ein Rechtsverhältnis i. S. von § 256 Abs. 1 ZPO zu stellen sind, kann der Kläger sein vorrangiges Prozessziel, nämlich die Klärung des Umfangs seiner wöchentlichen Arbeitspflicht, mit dem Feststellungsantrag zu 1. erreichen.

2. Es besteht auch ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Feststellung i.S. von § 256 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der vom Kläger wöchentlich zu leistenden durchschnittlichen regelmäßigen Höchstarbeitszeit. Denn die Parteien haben eine unterschiedliche Auffassung über die höchstzulässige durchschnittliche regelmäßige Wochenarbeitszeit. Das vom Kläger erstrebte Feststellungsurteil ist geeignet, diese Unsicherheit zu beseitigen (vgl. BAG 19.10.1993 - 9 AZR 478/91 - EzA § 256 ZPO Nr. 39).

II. Der hauptsächlich in erster und zweiter Instanz gestellte Feststellungsantrag zu 1) ist aber unbegründet.

1. Dem Feststellungsantrag zu 1. hätte auf der Basis der bis zum 31.12.2003 geltenden Gesetzeslage nur stattgegeben werden können, wenn die Regelung in Nr. 3 Abs. 1 SR 2 r BAT, wonach die regelmäßige Arbeitszeit durchschnittlich 50,5 Stunden wöchentlich beträgt, gegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG a. F. verstoßen hätte und damit gemäß § 134 BGB nichtig wäre. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG a. F. kann in einem Tarifvertrag abweichend von § 3 Satz 1 ArbZG die Verlängerung der Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich auch ohne Ausgleich zugelassen werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt. Nr. 3 Abs. 1 SR 2 r BAT verstößt nicht gegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG a. F.

a) Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus der zeitlich nicht beschränkten Übergangsvorschrift des § 25 Satz 1 ArbZG in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung. Danach bleiben die tarifvertraglichen Regelungen u.a. unberührt, wenn ein bei Inkrafttreten des Arbeitszeitgesetzes bestehender Tarifvertrag abweichende Regelungen nach § 7 Abs. 1 ArbZG a. F., die den dort genannten festgelegten Höchstrahmen überschreiten, enthält. Zwar sind die SR 2 r BAT zuletzt mit Wirkung zum 01.04.1990 aufgrund § 1 Abschn. IV Nr. 5 des 60. Änd.-TV zum BAT vom 05.07.1988 und damit vor Inkrafttreten des Arbeitszeitgesetzes am 01.07.1994 (vgl. Art. 21 Satz 1 des Arbeitszeitrechtsgesetz - ArbZRG - vom 06.06.1994, BGBl. I S. 1170) geändert worden. Nach der Übergangsregelung in § 25 Satz 1 ArbZG a. F. sind jedoch nicht Tarifverträge mit allen möglichen, vom Arbeitszeitgesetz abweichenden Regelungen in ihrem Bestand geschützt, sondern nur solche tarifvertragliche Regelungen, die den u.a. in § 7 Abs. 1 ArbZG a. F. festgelegten Höchstrahmen überschreiten (Schliemann, ArbZG, Stand: Juni 2002, § 25 Rdz. 4). Da die höchstzulässige durchschnittliche regelmäßige Wochenarbeitszeit von 50,5 Stunden gemäß Nr. 3 Abs. 1 der SR 2 r BAT die in § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG a. F. genannte Höchstgrenze nicht überschreitet, wird sie von § 25 Satz 1 ArbZG a. F. nicht erfasst.

b) Die Regelung in Nr. 3 Abs. 1 der SR 2 r BAT verstößt deshalb nicht gegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG a. F., weil sie dessen Voraussetzungen für eine Abweichung von § 3 Satz 1 ArbZG erfüllt.

aa) Nach § 3 Satz 1 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Da zu den Werktagen auch die Samstage zählen und damit eine Woche aus sechs Werktagen besteht, ist durch die Regelung in § 3 Satz 1 ArbZG zugleich die höchstzulässige wöchentliche Arbeitszeit auf 48 Stunden begrenzt (vgl. BAG 18.02.2003 - 1 ABR 2/02 - EzA § 7 ArbZG Nr. 4; BAG 05.06.2003 - 6 AZR 114/02 - DB 2004, 138; Baeck/Deutsch, ArbZG, 1. Aufl. 1999, § 3 Rz. 20; Schliemann, ArbZG, Stand: Juni 2002, § 3 Rz. 19). Daraus folgt zugleich, dass entgegen der Auffassung der Vorinstanz § 7 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ArbZG a. F. den Tarifvertragsparteien erlaubt, die höchstzulässige Wochenarbeitszeit des § 3 Satz 1 ArbZG zu überschreiten.

bb) In die Arbeitszeit des Klägers fällt auch regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft.

(1.) Arbeitsbereitschaft i. S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG a. F. und n. F. ist die "wache Achtsamkeit im Zustand der Entspannung" (BAG 29.10.2002 - 1 AZR 603/01 - EzA § 4 ArbZG Nr. 1; BAG 18.02.2003 - 1 ABR 2/02 - a. a. O.) oder jedenfalls die Anwesenheit am Arbeitsplatz im Zustand der Entspannung (BAG 14.04.1966 - 2 AZR 503/63 - AP Nr. 2 zu § 13 AZO; BAG 18.02.2003 - 1 ABR 2/02 - a. a. O.). Arbeitsbereitschaft stellt eine gegenüber der (Voll-) Arbeit mindere Leistung dar, die sich auf die sofortige Bereitschaft zur Aufnahme der Arbeit ohne Fremdaufforderung beschränkt (BAG 30.01.1985 - 7 AZR 446/82 - AP Nr. 2 zu § 35 BAT; BAG 18.02.2003 - 1 ABR 2/02 - a. a. O.; zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG n. F. ebenso Bermig, BB 2004, 101, 103).

(2.) In die Arbeitszeit des Klägers fällt auch regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft. Die Regelmäßigkeit folgt daraus, dass die Tarifvertragsparteien in Nr. 3 Abs. 2 SR 2 r BAT durch die Regelung, wonach § 15 Abs. 2 BAT keine Anwendung findet, zum Ausdruck gebracht haben, bei der Arbeitszeit von 50,5 Stunden sei in ihr enthaltene Arbeitsbereitschaft bereits berücksichtigt (vgl. BAG 28.06.2001 - 6 AZR 134/00 - ZTR 2002, 227, 228).

Diese Arbeitsbereitschaft fällt auch regelmäßig und in einem erheblichen Umfang an. Dies ist anzunehmen, weil zwischen den Parteien Einigkeit besteht, dass ca. 20 bis 25 % der Gesamtarbeitszeit Arbeitsbereitschaft ist. Dieser Anteil genügt den gesetzlichen Anforderungen. Denn in der Literatur wird jedenfalls z.T. ein Anteil von 25 % Arbeitsbereitschaft an der Gesamtarbeitszeit als erheblich i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG a. F. angesehen (Roggendorff, ArbZG, 1994, § 7 Rn. 36; vgl. auch MünchArbR/Anzinger, 2. Aufl. 2000, 218 Rz. 107; Schliemann, ArbZG, Stand: Juni 2002, § 7 Rz. 44). Dem steht nicht die in Ziff. 7.2 des Erlasses des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport des beklagten Landes vom 18.05.1999, Az. 215-8435 zur "Durchführung des Arbeitzeitgesetzes. enthaltene Regelung entgegen, wonach Arbeitsbereitschaft in erheblichem Umfang gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ArbZG a. F. erst vorliegt, wenn der Anteil der Arbeitsbereitschaft mindestens 30 % der Arbeitszeit beträgt. Erlasse eines öffentlichen Arbeitgebers sind lediglich interne Verwaltungsanweisungen (vgl. z. B. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 10. Aufl. 2002, § 3 Rz. 11 m. w. N. in Fn. 16) und können somit nicht zur Auslegung eines Gesetzes herangezogen werden. Dies gilt erst recht, wenn es um einen landesrechtlichen Erlass geht, der ein Bundesgesetz, wie das Arbeitszeitgesetz, betrifft.

2. Ob die Regelung in Nr. 3 Abs. 1 SR 2 r BAT ab dem 01.01.2004 auch noch mit dem an diesem Tag in Kraft getretenen § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG i. d. F. von Art. 4 b Nr. 2 a) bb) aaa) des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 3002) in Einklang steht, kann dahinstehen. Sollte dies nicht der Fall sein, gilt diese tarifvertragliche Regelung gemäß § 25 Satz 1 ArbZG i. d. F. von Art. 4 b Nr. 8 des v. g. Gesetzes (vgl. hierzu Bermig, BB 2004, 101, 105) jedenfalls bis zum 31.12.2005 weiter.

B.

Die Berufung des Klägers ist weiterhin unbegründet, soweit er mit ihr eine weitergehende Feststellung erreichen will, als sie erstinstanzlich zu seinen Gunsten erkannt worden ist.

I. Zunächst ist festzustellen, dass der in zweiter Instanz hilfsweise gestellte Feststellungsantrag zu 2) nur teilweise zulässig ist. Denn die Klageänderung ist nach §§ 263, 525 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG nur insoweit zulässig, als der Kläger nunmehr festgestellt wissen will, dass auch Ruhepausen in die höchstzulässige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden fallen.

1. Für die Zulässigkeit der Klageänderung in zweiter Instanz kommt es allein auf die Sachdienlichkeit i. S. von § 263 ZPO an, nachdem das beklagte Land der Klageänderung widersprochen hat. Von Sachdienlichkeit ist auszugehen, wenn mit der geänderten Klage die noch zwischen den Parteien bestehenden Streitpunkte miterledigt werden können und dadurch ein neuer Prozess vermieden wird. Zugleich darf nicht mit dem neuen Anspruch ein völlig neuer Streitstoff eingeführt werden, bei dessen Beurteilung die bisherigen Prozessergebnisse nicht verwertet werden können (BGH 10.01.1985 - III ZR 93/83 - NJW 1985, 1841, 1842; BGH - 30.11.1999 - VI ZR 219/98 - NJW 2000, 800, 803). Diese Voraussetzungen sind für die Frage, ob Ruhepausen in die höchstzulässige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit fallen, gegeben.

Zum einen wird diese zwischen den Parteien zweitinstanzlich aufgetretene Streitfrage endgültig geklärt. Zum anderen wird das bisherige Parteivorbringen durch die Klageänderung hinsichtlich der Frage der Einbeziehung von Ruhepausen in die wöchentliche Arbeitszeit nicht wertlos. Im Übrigen entspricht der insoweit geänderte hilfsweise gestellte Feststellungsantrag zu 2) den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG. Auf die Ausführungen unter A. I. kann verwiesen werden.

2. An der Sachdienlichkeit i. S. von § 263 ZPO fehlt es dagegen, soweit der Kläger in die ihm erstinstanzlich zuerkannte Feststellung der höchstzulässigen durchschnittlichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden auch die Überstunden und Mehrarbeit einbeziehen will. Diese Änderung seines Feststellungsbegehrens zu 2) ist unzulässig, da ihm das erforderliche Feststellungsinteresse i. S. von § 256 Abs. 1 ZPO fehlt. Das beklagte Land hat nämlich zu keinem Zeitpunkt bestritten, dass in die erstinstanzlich ausgeurteilte höchstzulässige durchschnittliche regelmäßige Wochenarbeitszeit entgegen Art. 6 Nr. 2 der Arbeitszeit-Richtlinie die Überstunden nicht einzubeziehen seien. Der Übergang zu einem unzulässigen Klageantrag kann aber nicht als sachdienlich angesehen werden, da er eine Sachentscheidung verhindert (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 263 Rz. 13; MünchKom-ZPO/Lüke, 2. Aufl. 2000, § 263 Rz. 36; vgl. auch BGH 08.02.1980 - I ZR 32/78 - ZZP 95 (1982), 66 f.; BGH 01.03.2002 - RiZ (R) 1/01 - NJW-RR 2002, 929, 930).

II. Soweit die Änderung des dem Kläger in erster Instanz zuerkannten hilfsweise gestellten Feststellungsantrag zu 2) nach § 263 ZPO i. V. m. § 525 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG zulässig ist, ist er unbegründet. Denn die in einer Woche zugunsten des Klägers anfallenden Ruhepausen gehören nicht zu seiner in diesem Zeitraum zu erfüllenden Arbeitszeit.

1. Der Begriff der Ruhepause ist gesetzlich nicht definiert. In § 4 ArbZG wird er vorausgesetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, sind Ruhepausen i. S. des Arbeitszeitrechts Unterbrechungen der Arbeitszeit von bestimmter Dauer, die der Erholung dienen (BAG 28.09.1972 - 5 AZR 198/72 - EzA § 12 AZO Nr. 1; BAG 29.10.2002 - 1 AZR 603/01 - EzA § 4 ArbZG Nr. 1; BAG 22.07.2003 - 1 ABR 28/02 - EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr. 4). Es muss sich um im Voraus festliegende Unterbrechungen der Arbeitszeit handeln, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereit zu halten hat. Er muss frei darüber entscheiden können, wo und wie er diese Zeit verbringen will. Entscheidendes Merkmal der Ruhepause ist, dass der Arbeitnehmer von jeder Arbeitsverpflichtung und auch von der Verpflichtung, sich zur Arbeit bereit zu halten, freigestellt ist (BAG 27.02.1992 - 6 AZR 478/90 - EzA § 12 AZO Nr. 5; BAG 29.10.2002 - 1 AZR 603/01 - a. a. O.; BAG 22.07.2003 - 1 ABR 28/02 - a. a. O.).

2. Eine diesen Anforderungen genügende Unterbrechung der Arbeitszeit gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 ArbZG gehört nicht zur Arbeitszeit i. S. dieses Gesetzes. Die arbeitszeitrechtliche Ruhepause ist aber auch schuldrechtlich nicht Teil der vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Etwas anderes gilt nur, wenn es vertraglich vereinbart oder tariflich festgelegt ist. Das ist hier entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Fall. Die SR 2 r BAT enthalten im Unterschied zu dem dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.07.2003 (- 6 AZR 309/02 - ZTR 2004, 84 ff.) zugrunde liegenden Tarifvertrag keine Bestimmung, der zufolge Pausenzeiten zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehören würden.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf das von ihm in zweiter Instanz vorgelegte Schreiben der ötv vom 07.04.1998 verweist, ergibt sich nichts anderes. Aus diesem Schreiben geht überhaupt nicht hervor, dass die Parteien der SR 2 r BAT auch Pausenzeiten zur höchstzulässigen wöchentlichen Arbeitszeit nach Nr. 3 Abs. 1 SR 2 r BAT zählen wollten. Aber selbst wenn man dies anders sähe, würde es dabei bleiben, dass aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der SR 2 r BAT die vom Kläger gewünschte Feststellung nicht hervorginge, diese tarifliche Regelung somit keiner Auslegung in dem vom Kläger gewünschten Sinne zugänglich wäre.

C.

Auch die Berufung des Klägers, was die Zahlungsanträge zu 3) und 4) betrifft, ist unbegründet.

I. Der Kläger hat keinen hauptsächlich geltend gemachten Anspruch auf Überstundenvergütung in Höhe von 15.631,12 € (Berufungsantrag zu 3), selbst wenn sich hierfür eine Rechtsgrundlage fände. Der Kläger beansprucht diese Zahlung von für von ihm so bezeichnete Überstunden, die er über die von ihm angenommene durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden geleistet haben will. Wie aber bereits erstinstanzlich festgestellt, betrug die durchschnittliche wöchentliche höchstzulässige Arbeitszeit des Klägers in dem Zeitraum vom 01.11.2000 bis zum 31.05.2002 48 Stunden.

II. Der Kläger kann jedoch auch nicht wenigstens 3.450,60 € (Berufungsantrag zu 4) als Vergütung für geleistete Mehrarbeit in dem vorgenannten Zeitraum verlangen. Zwar basiert diese Berechnung auf dem Umstand, dass für den Kläger in dem streitbefangenen Zeitraum nicht, wie in Nr. 3 Abs. 1 SR 2 r BAT vorgesehen, eine durchschnittliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit von 50,5 Stunden, sondern nach Art. 6 Nr. 2 der Arbeitszeit-Richtlinie nur von 48 Stunden zulässig war. Eine Anspruchsgrundlage für die begehrte Überstundenvergütung hierfür ist nicht ersichtlich.

1. Maßgebend für die Feststellung, dass der Kläger eine regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden in dem streitbefangenen Zeitraum zu leisten hatte, war der Umstand, dass Nr. 3 Abs. 1 der SR 2 r BAT nicht in Einklang mit Art. 6 Nr. 2 der Arbeitszeit-Richtlinie stand. Diese Richtlinie betrifft allein den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutz (vgl. Art. 1 Abs. 1 der Arbeitszeit-Richtlinie). Zur Vergütung von Arbeitszeit enthält sie keine Regelungen (BAG 05.06.2003 - 6 AZR 114/02 - DB 2004, 138, 140; ebenso LAG Köln 14.10.2002 - 2 Sa 690/02 - NZA-RR 2003, 292, 293).

2. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Mehrarbeit ergibt sich auch nicht aus dem Arbeitszeitgesetz. Zum einen steht die von ihm in dem streitbefangenen Zeitraum geleistete regelmäßige Arbeitszeit von durchschnittlich 50,5 Stunden wöchentlich, wie bereits zum Berufungsantrag zu 1) ausgeführt, in Einklang mit diesem Gesetz. Zum anderen ist Ziel auch des Arbeitszeitgesetzes, dass der Arbeitnehmer vor Überforderung seiner Gesundheit geschützt werden soll (vgl. § 1 Nr. 1 ArbZG). Nicht Regelungsinhalt ist es aber, für alle Arbeitnehmer eines Arbeitgebers einheitliche Arbeitszeitvolumina festzulegen, oder in das tarifvertraglich oder einzelvertraglich festgelegte Verhältnis von geschuldeter Arbeitsleistung zu geschuldeter Gesamtvergütung einzugreifen (LAG Köln 14.10.2002 - 2 Sa 690/02 - NZA-RR 2003, 292, 293).

3. Des Weiteren ergibt sich der Anspruch auf Überstundenvergütung in Höhe von wenigstens 3.450,60 € nicht aus § 17 Abs. 1 BAT.

a) Danach sind Überstunden die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1 bis 4 BAT und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen. Diese Voraussetzung erfüllen die vom Kläger über die durchschnittlich höchstzulässige regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden bis zu 50,5 Stunden geleisteten Arbeitsstunden nicht. Denn sie halten sich im Rahmen der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Regelung in Nr. 3 Abs. 1 der SR 2 r BAT, wonach die regelmäßige Arbeitszeit durchschnittlich 50,5 Stunden pro Woche beträgt.

b) Dem kann der Kläger nicht entgegen halten, diese Tarifbestimmung sei wegen des bereits dargestellten Verstoßes gegen Art. 6 Nr. 2 der Arbeitszeit- Richtlinie unanwendbar. Solange der Tarifvertrag, aus dem sich ein Anspruch auf Überstundenvergütung ergibt, auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, ist es Sache der Tarifvertragsparteien, im Rahmen von Tarifverhandlungen für eine Ausgewogenheit zwischen geschuldeter Arbeitsleistung und geschuldeter Vergütung zu sorgen (LAG Köln 14.10.2002 - 2 Sa 690/92 - NZA-RR 2003, 292, 293). Vorliegend ist aber auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nach wie vor § 17 Abs. 1 BAT anwendbar, da ein Verstoß dieser Tarifnorm gegen die Arbeitszeit-Richtlinie nicht festgestellt werden kann.

4. Eine individualrechtliche Zusage, wonach das beklagte Land ihm versprochen hätte, die Stunden, die er über die regelmäßige Arbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden bis zu 50,5 Stunden wöchentlich in dem streitbefangenen Zeitraum geleistet hat, zu vergüten, ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht behauptet worden.

D.

Die Berufung des Klägers ist weiterhin hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 5) unbegründet.

I. Das mit dem Antrag zu 5) hauptsächlich geltend gemachte Feststellungsbegehren ist zwar nach § 256 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässig, wenn man es nach §§ 133, 157 BGB analog dahin auslegt, dass der Kläger mit ihm die Feststellung begehrt, das beklagte Land sei verpflichtet, bei einer zu leistenden regelmäßigen wöchentlichen durchschnittlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden ihm die Arbeitsvergütung zu bezahlen, wie sie der Höhe nach zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit seines Feststellungsbegehrens bestand. Zum einen wurde bereits weiter oben festgestellt, dass sich die Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis im ganzen erstrecken muss, vielmehr auch einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, wie bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen, betroffen sein können, somit auch die Verpflichtung des beklagten Landes zur Zahlung einer bestimmten Arbeitsvergütung. Zum anderen hat der Kläger ein Interesse an der gewünschten Feststellung. Denn das beklagte Land hat durch das Schreiben des Kanzlers der Heinrich-Heine-Universität vom 17.03.2003 den Prozessbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, dieser müsse zu Unrecht erhaltene Vergütung zurückerstatten, falls rechtskräftig entschieden würde, dass seine regelmäßige Arbeitszeit zu reduzieren sei, z. B. auf nur 38,5 Stunden wöchentlich.

2. Das Feststellungsbegehren des Klägers ist jedoch unbegründet. Wie bereits dargestellt, beträgt seine regelmäßige Arbeitszeit durchschnittlich 48 und nicht, wie von ihm geltend gemacht, 38, 5 Stunden in der Woche.

E.

Die Berufung des Klägers ist schließlich auch hinsichtlich des hilfsweise mit dem Antrag zu 6) geltend gemachten Feststellungsbegehren unbegründet.

I. Zunächst ist dieses Begehren nach § 256 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG auch zulässig, soweit man es entsprechend dem Berufungsantrag zu 5) auslegt. Auf die Begründung für die Zulässigkeit des Berufungsantrages zu 5), kann verwiesen werden.

II. Das mit dem Berufungsantrag zu 6) verfolgte Feststellungsbegehren ist jedoch unbegründet. Zwar hat die erkennende Kammer Bedenken, ob das beklagte Land einseitig die dem Kläger zustehende Grundvergütung nebst Ortszuschlag, durch die nach § 26 BAT die regelmäßige Arbeitszeit - zu dieser gehört auch die nach Nr. 3 Abs. 1 der SR 2 r BAT verlängerte Arbeitszeit (vgl. BAG 26.03.1998 - 6 AZR 537/96 - NZA 1998, 1177, 1178; vgl. auch BAG 28.06.2001 - 6 AZR 134/00 - ZTR 2002, 227, 228) - abgegolten wird, an die nach Art. 6 Nr. 2 der Arbeitszeit-Richtlinie maßgebliche höchstzulässige Arbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich anpassen kann. Dies kann hier jedoch dahinstehen. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die hierzu aufgerufenen Parteien des BAT (vgl. oben unter C II 3 b) jederzeit in Abänderung der Nr. 3 Abs. 1 SR 2 r BAT die Vergütung des Klägers an die nach Art. 6 Nr. 2 der Arbeitszeit-Richtlinie um 2,5 Stunden wöchentlich geringere durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit anpassen und dann das beklagte Land eben nicht mehr verpflichtet ist, dem Kläger nach § 26 BAT die Grundvergütung nebst Ortszuschlag in der bisherigen Höhe zu zahlen.

F.

Als unterlegene Partei hat der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG zu tragen.

Das Gericht hat der Rechtssache insgesamt grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision für den Kläger nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.



Ende der Entscheidung

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