Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 02.06.2005
Aktenzeichen: 11 Sa 218/05
Rechtsgebiete: ZPO, AÜG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 256 Abs. 1
AÜG Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1
BGB § 242
1. Ein Arbeitnehmer hat kein Feststellungsinteresse i. S. von § 256 Abs. 1 ZPO auf Klärung, dass die von ihm geltend gemachte Dauer des Bestands eines Arbeitsverhältnisses gemäß Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG als Betriebszugehörigkeit i. S. der betrieblichen Versorgungsbedingungen des Entleihers gilt, wenn dieser ausdrücklich zugesteht, dass nach seiner Versorgungsordnung die Zeit, für die der Bestand des Arbeitsverhältnisses rechtskräftig nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG festgestellt wird, auch als Dienstzeit für die Altersversorgung zählt (einschränkend gegenüber BAG 18.02.2003 - 3 AZR 160/02 - AP Nr. 5 zu § 13 AÜG).

2. Das Recht eines Arbeitnehmers, sich darauf zu berufen, zu ihm in einem Arbeitsverhältnis nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG zu stehen, kann wie jedes andere Recht verwirken (wie BAG 30.01.1991 - 7 AZR 239/90 - EzAÜG § 10 AÜG Fiktion Nr. 68; BAG 19.03.2003 - 7 AZR 267/02 - AP Nr. 4 zu § 13 AÜG; einschränkend BAG 18.02.2003 - 2 AZR 160/02 - AP Nr. 5 zu § 13 AÜG).


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 218/05

Verkündet am 02. Juni 2005

In Sachen

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 02.06.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Espendiller und die ehrenamtliche Richterin Balnis

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 17.12.2004 - 5 Ca 1834/04 - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Nebenintervention entstandenen Kosten.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in zweiter Instanz noch über die Frage, ob zwischen ihnen aufgrund Art. 1 § 10 Abs. 1 Nr. 1 AÜG seit dem 12.10.1972 bis zum 31.12.2001 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und ob eine etwaige Beschäftigungszeit für die Anwartschaft des Klägers auf betriebliche Versorgungsleistungen maßgeblich ist.

Der am 17.11.1943 geborene Kläger war seit dem 10.06.1964 aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages bei der M. GmbH, Rheinelektra GmbH bzw. Starkstromanlagengemeinschaft GmbH (T.) - den Rechtsvorgängerinnen der Nebenintervenientin - beschäftigt. Die T. verfügte seit dem zweiten Quartal 1986 über eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung.

Der Kläger war während seines mit den genannten Firmen bestehenden Arbeitsvertrages bei den Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, der S. AG und später S. Net AG, im Einsatz. Er wurde dort als Schlosser und Monteur für Arbeiten an Transformatoren eingesetzt und übte dort darüber hinaus seit 1974 zusätzlich auch andere Tätigkeiten aus.

In einem Aufgabenverteilungsplan wurden Mitarbeitern von S. sowie dem Kläger Zuständigkeiten für bestimmte Tätigkeiten zugewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das mit "Aufgabenverteilung-Zuständigkeiten" überschriebene Schriftstück, das der Kläger mit seiner Klage zur Akte gereicht hat, verwiesen.

Der Kläger erhielt unter dem 02.04.1980 von der S. Betriebsverwaltung S. eine sog. Verfügungserlaubnis im Transformatorenbereich. Er wurde in den Urlaubslisten der jeweiligen Rechtsvorgängerinnen der Beklagten gemeinsam mit deren Arbeitnehmern geführt.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Nebenintervenientin endete auf Veranlassung des Klägers zum 31.12.2001, da er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage war, die arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten auszuführen. Seit August 2004 bezieht der Kläger eine gesetzliche Altersrente.

Mit seiner am 26.01.2004 beim Arbeitsgericht Dortmund eingereichten Klage macht der Kläger im Wesentlichen das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten bis zum 31.12.2001 geltend. Das Arbeitsgericht Dortmund hat sich mit Beschluss vom 19.04.2004 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Essen verwiesen. Die Beklagte hat der jetzigen Nebenintervenientin mit einem am 02.07.2004 zugestellten Schriftsatz den Streit verkündet und diese aufgefordert, auf ihrer Seite dem Rechtsstreit beizutreten. Mit Schriftsatz vom 17.09.2004 hat die Nebenintervenientin dementsprechend ihren Beitritt erklärt.

Der Kläger hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Er habe ein Feststellungsinteresse für die Klage, da sich aus dem mittlerweile beendeten Arbeitsverhältnis noch Rechtsfolgen für ihn ergäben. Zum einen falle er als Mitarbeiter der Beklagten unter deren Altersversorgungswerk, zum anderen könnten sich noch Ansprüche auf Jubiläumsleistungen ergeben. Sein Feststellungsbegehren sei auch begründet. Es habe vom 10.06.1964 bis zum 31.12.2001 ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bestanden. Für die Zeit seit Inkrafttreten des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) am 12.10.1972 ergäbe sich dies daraus, dass es sich um eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung gehandelt habe.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass er in der Zeit vom 10.06.1964 bis zum 31.12.2001 bei der Beklagten beschäftigt war und als betriebszugehörig im Sinne der betrieblichen Versorgungsbedingungen der Beklagten gilt.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin haben im Wesentlichen geltend gemacht:

Jedenfalls für den auf die Altersversorgung bezogenen Antrag bestehe kein Feststellungsinteresse, da sie - die Beklagte - für den Fall, dass das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses festgestellt werde, dies für die Altersversorgungsansprüche entsprechend anerkennen werde. Der Kläger sei nicht ausschließlich bei ihren - der Beklagten - Rechtsvorgängern eingesetzt worden. Jedenfalls sei der Einsatz nur im Rahmen von Werkverträgen erfolgt. Die T. habe jeweils ein konkretes Angebot für bestimmte zu erledigende Arbeiten erstellt, worauf jeweils eine Auftragserteilung durch S. erfolgt sei. Es sei davon auszugehen, dass die Werkverträge auch entsprechend umgesetzt worden seien. Unterlagen aus früheren Zeiten könnten aber wegen des Ablaufs der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen nicht mehr vorgelegt werden. Arbeitsvertragliche Weisungen hätten dem Kläger jedenfalls allein die Vorgesetzten bei T., N. und später T., erteilt. Im Übrigen könne sich der Kläger auch wegen Verwirkung nicht mehr auf ein mit ihr - der Beklagten - gemäß Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG zustande gekommenes Arbeitsverhältnis berufen. Das erforderliche Umstandsmoment sei zum einen darin zu sehen, dass der Kläger mehrfach ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages mit S. abgelehnt habe, weil er dann auf die großzügige Auslösung der T. hätte verzichten müssen, zum anderen darin, dass der Kläger seine Eigenkündigung nicht ihr - der Beklagten - gegenüber erklärt habe.

Mit seinem am 17.12.2004 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht dem Feststellungsbegehren des Klägers für die Zeit vom 12.10.1972 bis zum 31.12.2001 stattgegeben und es im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht, soweit es die Stattgabe der Klage betrifft, im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe ein Feststellungsinteresse i. S. von § 256 Abs. 1 ZPO, auch wenn es sich vorliegend um die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses handele. Aus Klarstellungsgründen bestehe auch ein Feststellungsinteresse bezüglich des zweiten Teils des Feststellungsantrages. Das Feststellungsbegehren sei auch überwiegend begründet, da zwischen dem Kläger und der Beklagten in der Zeit vom 12.10.1972 bis zum 31.12.2001 gemäß Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Denn der Kläger sei in dem gesamten vorgenannten Zeitraum für die Beklagte nicht auf der Grundlage eines Werkvertrages, sondern im Wege der Arbeitnehmerüberlassung eingesetzt worden. Das Feststellungsbegehren des Klägers sei nicht etwa gemäß § 242 BGB verwirkt. Im Streitfall fehle es bereits an dem notwendigen Zeitmoment. Zwischen der Beendigung der Tätigkeit des Klägers und dem Eingang der Klage würden gerade knapp zwei Jahre liegen. Selbst die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch geltende kurze Verjährungsfrist des § 196 BGB a. F. sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen gewesen. Zudem seien Altersversorgungsansprüche des Klägers erstmalig im August 2004 - also erst nach Klageerhebung - fällig geworden. Zudem fehle es an dem erforderlichen Umstandsmoment. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Beklagten den Eindruck erweckt, er werde nicht noch das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG geltend machen. Im Übrigen könnten diejenigen Altersversorgungsansprüche, die auf einer Betriebsvereinbarung beruhen würden, ohnehin nicht gemäß § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG verwirken.

Gegen das ihnen am 18.01.2005 (Beklagte) bzw. am 20.01.2005 (Nebenintervenientin) zugestellte Urteil haben die Beklagte und die Nebenintervenientin jeweils mit einem am 18.02.2005 bei Gericht eingereichten Schriftsatz Berufung eingelegt und diese jeweils - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18.04.2005 - mit einem am 18.04.2005 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin machen unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Ein Feststellungsinteresse des Klägers hinsichtlich des zweiten Teils des Feststellungsbegehrens hätte jedenfalls im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung am 17.12.2004 nicht mehr vorgelegen, nachdem sie - die Beklagte - in ihrem Schriftsatz vom 29.07.2004 ausdrücklich eingestanden habe, dass nach ihrer Versorgungsordnung die Zeit, für die das Bestehen des Arbeitsverhältnisses festgestellt werde, automatisch auch als Dienstzeit für die Altersversorgung gezählt werde. Das Arbeitsgericht sei unter Verkennung der Darlegungs- und Beweislast zu der Auffassung gelangt, der Einsatz des Klägers sei im gesamten Zeitraum nicht aufgrund eines Werkvertrages, sondern in Form der Arbeitnehmerüberlassung erfolgt. Selbst wenn man dem Arbeitsgericht insoweit folgen würde, wäre jedenfalls der Kläger nach den Grundsätzen der Verwirkung gemäß § 242 BGB daran gehindert, sich auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG zu berufen. Das Arbeitsgericht habe lediglich geprüft, ob das Recht des Klägers verwirkt gewesen sei, sich auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG zu berufen. Im Streitfall sei jedoch bereits sein Recht zur Klageerhebung verwirkt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Essen - 5 Ca 1834/04 - vom 17.12.2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Nebenintervenientin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom 17.12.2004 - 5 Ca 1834/04 - die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Der Kläger vertritt die Ansicht:

Das erstinstanzliche Urteil sei voll umfänglich aufrechtzuerhalten. Das Arbeitsgericht habe weder die Darlegungs- und Beweislast verkannt, noch Sachverhalte unzutreffend gewürdigt oder die Frage der Verwirkung unzutreffend entschieden.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufungen der Beklagten und der Nebenintervenientin, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, sind begründet.

I. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist die Feststellungsklage des Klägers nur insoweit begründet, als er die Feststellung einer Beschäftigung bei der Beklagten und damit in Auslegung seines Klagebegehrens (§§ 133, 157 BGB analog) die Feststellung eines zu ihr bestehenden Arbeitsverhältnisses begehrt.

1. Der Antrag des Klägers umfasst zwei Streitgegenstände. Es geht ihm in zweiter Instanz zunächst um die allgemeine Feststellung, dass er aufgrund von Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG seit dem 02.10.1972 bis zum 31.12.2001 Arbeitnehmer der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin war. Daneben strebt er die gerichtliche Feststellung an, dass er als betriebszugehörig i. S. der betrieblichen Versorgungsbedingungen der Beklagten gilt.

2. Der so verstandene Antrag des Klägers ist nur hinsichtlich seines ersten Teils, mit dem er in zweiter Instanz noch die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und der Beklagten in der Zeit vom 02.10.1972 bis zum 31.12.2001 begehrt, gemäß § 256 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässig.

a) Ein Rechtsverhältnis ist dann gegeben, wenn zwischen mehreren Personen oder zwischen Personen und Sachen rechtliche Beziehungen bestehen (BAG 11.09.1991 - 4 AZR 71/91 - AP Nr. 29 zu Internt. Privatrecht, Arbeitsrecht; 03.06.2003 - 1 AZR 349/02 - AP Nr. 19 zu § 77 BetrVG 1972 Tarifvorbehalt).

Die Feststellungsklage muss sich nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis im ganzen erstrecken. Sie kann auch einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis betreffen, wie bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder den Umfang der Leistungspflicht (BAG 18.02.2003 - 3 AZR 46/02 - AP Nr. 39 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk m. w. N.). Nach § 256 Abs. 1 ZPO muss eine Feststellungsklage auf das gegenwärtige Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein (BAG 19.10.1993 - 9 AZR 478/91 - AP Nr. 23 zu § 256 ZPO 1977). Wird die Klage auf Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, ist sie nur dann zulässig, wenn sich gerade aus dieser Feststellung noch Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben (BAG 21.06.2000 - 5 AZR 782/98 - AP Nr. 60 zu § 256 ZPO 1977 m. w. N.). Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Feststellung besteht, wenn dem Recht des Feststellungsklägers eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BAG 19.10.1993 - 9 AZR 478/91 - a. a. O.).

b) Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO ist die vom Kläger erhobene Klage nur hinsichtlich ihres ersten Teils zulässig.

aa) Da es um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses geht, kann der Arbeitnehmer das Bestehen sowie den Beginn und das Ende eines Arbeitsverhältnisses zu einem Entleiher auf der Grundlage des Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG mit der allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO verfolgen (st. Rspr., z. B. BAG 18.02.2003 - 3 AZR 160/02 - AP Nr. 5 zu § 13 AÜG m. w. N.). Dies gilt im Streitfall auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das mit den Rechtsvorgängern der Nebenintervenientin bestehende Leiharbeitsverhältnis seit dem 31.12.2001 beendet ist. Denn es können sich aus der von dem Kläger begehrten Feststellung, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, noch Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft, wie insbesondere ein Anspruch des Klägers auf betriebliche Altersversorgung, gegen die Beklagte ergeben.

bb) Dagegen hat der Kläger entgegen der Auffassung der Vorinstanz kein rechtlich geschütztes Interesse auch hinsichtlich der Feststellung, dass die von ihm geltend gemachte Dauer des Bestandes eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten als Betriebszugehörigkeit i. S. deren betrieblicher Versorgungsbedingungen gilt. Denn die Beklagte hat - anders als die Beklagte in dem vom BAG am 18.02.2003 (- 3 AZR 160/02 - a. a. O.) entschiedenen Revisionsverfahren - in ihrem Schriftsatz vom 29.07.2004 ausdrücklich zugestanden, dass nach ihrer hier etwa einschlägigen Versorgungsordnung die Zeit, für die das Bestehen des Arbeitsverhältnisses festgestellt werde, automatisch auch als Dienstzeit für die Altersversorgung gezählt werde. Damit droht dem bei festgestelltem Arbeitsverhältnis der Parteien etwa dem Kläger zustehende Anspruch auf betriebliche Altersversorgung gegen die Beklagte gerade keine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit, die durch die erstrebte Feststellung beseitigt werden könnte.

II. Es kann dahinstehen, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis gemäß Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG i. V. m. Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG in dem Zeitraum vom 12.10.1972 bis zum 31.12.2001 zustande gekommen ist. Jedenfalls hat der Kläger sein Recht, sich hierauf zu berufen, verwirkt.

1. Das Rechtsinstitut der Verwirkung gemäß § 242 BGB ist auch bei der Geltendmachung von Arbeitsverhältnissen zu beachten. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z. B. BAG 25.05.1988 - 2 AZR 711/87 - AP Nr. 5 zu § 242 BGB Prozessverwirkung; BAG 12.08.1999 - 2 AZR 632/98 - AP Nr. 41 zu § 242 BGB Unzulässige Rechtsausübung - Verwirkung). Dies gilt auch für das Recht eines Arbeitnehmers, sich darauf zu berufen, dass zwischen ihm und demjenigen, in dessen Betrieb er tätig war gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG i. V. m. § 9 Nr. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen gilt (BAG 30.01.1991 - 7 AZR 239/90 - EzAÜG § 10 AÜG Fiktion Nr. 68; BAG 19.03.2003 - 7 AZR 269/02 - AP Nr. 4 zu § 13 AÜG; LAG Köln 03.06.2003 - 13 (3) Sa 2/03 - EzAÜG § 9 AÜG Nr. 13; a. A. LAG Düsseldorf 18.03.2004 - 13 (3) Sa 1431/02 - unveröffentlicht; offengelassen von BAG 18.02.2003 - 3 AZR 160/02 - a. a. O.).

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und mit dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens verwandt. Sie soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Es ist aber nicht der Zweck der Verwirkung, Schuldner, denen gegenüber der Gläubiger längere Zeit ihre Rechte nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen. Um den Tatbestand der Verwirkung auszufüllen, muss neben das Zeitmoment das Umstandsmoment treten. Es müssen also besondere Umstände sowie im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzukommen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (st. Rspr., z. B. BAG 25.03.2004 - 295/03 - EzA § 9 MuSchG n. F. Nr. 40; BAG 22.07.2004 - 8 AZR 350/03 - EzA § 613 a BGB 2002 Nr. 27).

b) Die Verwirkung des Rechts, sich auf das Bestehen eines kraft Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fingierten Arbeitsverhältnisses zu berufen, setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer den Eintritt der gesetzlichen Fiktionswirkung kennt. Die Kenntnis seines Rechts ist in Fällen der vorliegenden Art für den Eintritt der materiellen Wirkung ebenso wenig erforderlich wie in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer das Fortbestehen seines Arbeitsverhältnisses mit der Begründung geltend macht, dessen Befristung sei unwirksam. Auch in Fällen der Unwirksamkeit der Befristung eines Arbeitsverhältnisses kann das Recht des Arbeitnehmers, sich hierauf zu berufen, verwirken, ohne dass der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Befristung kennt. Vielmehr kommt es allein darauf an, ob das Zeitmoment und das Umstandsmoment vorliegen und die erforderliche Abwägung ergibt, dass dem Schuldner die gegenwärtige Erfüllung des Rechts oder Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG 27.11.1987 - 7 AZR 314/87 - RzK I 9 a Nr. 29 nur L.; vgl. auch BAG 25.10.1989 - 7 AZR 578/88 - unveröffentlicht).

c) Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Kläger sein Recht materiell verwirkt, sich gegenüber der Beklagten darauf zu berufen, zwischen ihnen bestehe kraft der Fiktion des Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

aa) Das Zeitmoment ist erfüllt. Der Kläger hat sich erst mehr als zwei Jahre nach völliger Einstellung seiner im Rahmen seines zwischen der Nebenintervenientin und ihren Rechtsvorgängerinnen bestehenden Arbeitsvertrages ausgeübten Tätigkeit bei der Beklagten dieser gegenüber berühmt, zu ihr infolge dieser vormaligen Tätigkeit kraft der Fiktion des Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, nämlich erstmals durch Zustellung der vorliegenden Klage am 05.02.2004. Seine Tätigkeit bei der Beklagten hatte er spätestens durch seine Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Nebenintervenientin zum 31.12.2001 beendet. Der Zeitraum von mehr als zwei Jahren genügt für das Zeitmoment der Verwirkung (vgl. drei Monate: BAG 30.01.1991 - 7 AZR 239/90 - EzAÜG § 10 AÜG Fiktion Nr. 68; ein Jahr: LAG Köln 03.06.2003 - 13 (3) Sa 2/03 - a. a. O.).

bb) Auch das Umstandsmoment liegt vor. Die Beklagte durfte sich darauf verlassen, der Kläger werde sie nicht als seine Arbeitgeberin in Anspruch nehmen. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten nicht nur bis zur Zustellung seiner Klage kein Arbeitsverhältnis zu ihr reklamiert, sondern er hat durch sein Verhalten auch gegenüber ihr zum Ausdruck gebracht, dass er sie nicht als seine Arbeitgeberin betrachte. Denn der Kläger hat allein aufgrund dessen seine Tätigkeit bei der Beklagten eingestellt, dass er sein mit der Nebenintervenientin bestehendes Arbeitsverhältnis zum 31.12.2001 gekündigt hat. Damit hat er einen Umstand gesetzt, auf den die Beklagte vertrauen durfte und vertraut hat, nämlich den, dass er selbst nicht sie, sondern die Nebenintervenientin als seine Arbeitgeberin angesehen hat (vgl. BAG 30.01.1991 - 7 AZR 239/90 - EzAÜG § 10 AÜG Fiktion Nr. 68).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Im Hinblick auf die Abweichung in der Verwirkungsfrage von dem Urteil der 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18.03.2004 - 13 (3) Sa 1431/02 - war die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG für den Kläger zuzulassen.

Ende der Entscheidung

Zurück