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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.06.2002
Aktenzeichen: 11 Sa 378/02
Rechtsgebiete: BUrlG, BGB


Vorschriften:

BUrlG § 7 Abs. 1 Satz 1
BGB § 315 Abs. 1
1. Auch wenn die Urlaubserteilung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG gegenüber einem einzelnen Arbeitnehmer nicht im Ermessen des Arbeitgebers gemäß § 315 Abs. 1 BGB steht (seit BAG 18.12.1986 - 8 AZR 502/84 - AP Nr. 10 zu § 7 BUrlG), kann der Arbeitgeber in einem betriebsratslosen Betrieb Betriebsferien kraft des ihm obliegenden Direktionsrechts einführen (früher schon BAG 12.10.1961 - 5 AZR 423/60 - AP Nr. 84 zu § 611 BGB Urlaubsrecht).

2. Danach rechtswirksam eingeführte Betriebsferien begründen dringende betriebliche Belange i. S. von § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG, hinter denen die individuellen Urlaubswünsche der Arbeitnehmer - von Härtefällen abgesehen - zurückstehen müssen (im Anschluss an BAG 28.07.1981 - 1 ABR 79/79 - AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Urlaub.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 11 Sa 378/02

Verkündet am: 20.06.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 20.06.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Gutzmann und die ehrenamtliche Richterin Zachau

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.01.2002 6 Ca 6692/01 teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst.:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 70,35 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG vom 09.06.1998 seit dem 22.10.2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 12/13 und die Beklagte zu 1/13.

Die Revision wird für die Klägerin, soweit die Klage in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen worden ist, zugelassen.

Die Revision für die Beklagte wird unter keinem Gesichtspunkt zugelassen.

Tatbestand:

Die am 05.02.1945 geborene Klägerin ist seit dem 14.11.1966 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Verkaufsassistentin beschäftigt. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt vier Tage. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 28.12.1966 nebst Ergänzung vom 28.05.1973.

Die Beklagte vertreibt in der Bundesrepublik über sog. Depositäre- = Fach- Einzelhandel = Parfümerien hochwertige Kosmetikprodukte des französischen Herstellers O.-. Die Beklagte beschäftigt in der Bundesrepublik Deutschland neben der Klägerin acht weitere Verkaufsassistentinnen sowie acht sog. Repräsentanten (angestellte Reisende).

Die Tätigkeit der von der Beklagten beschäftigten Verkaufsassistentinnen und damit der Klägerin besteht in der O.-Produktschulung der bei den Depositären beschäftigten Mitarbeiter sowie in Verkaufseinsätzen in den von den Depositären betriebenen Parfümerien während der üblichen Ladenöffnungszeiten.

Die Beklagte teilt der Klägerin in der Regel Anfang eines jeden Jahres die für sie maßgeblichen und mit den Depositären als Einsatztage abgesprochenen Wochentage und die Einsatzorte (Filialen) mit, verbunden mit der Maßgabe, die Einsatztage mit den dafür am Einsatzort zuständigen Mitarbeitern der Depositäre im Voraus noch im Einzelnen abzustimmen, um so z.B. den Depositären die Möglichkeit zu geben, die Klägerin in ihre Personalplanung miteinzubeziehen, aber auch, um dem von der Beklagten und in der Regel auch vom Depositär nicht gewünschten gleichzeitigen Einsatz von Verkaufsassistentinnen anderer Kosmetikmarken am Einsatzort vorzubeugen. Die Klägerin wurde jedenfalls im Jahre 2001 in Köln, Aachen, Neuss und Leverkusen in unterschiedlichen Filialen der Parfümerie-Ketten D.- und G.- eingesetzt.

Nach Behauptung der Beklagten unterrichtete sie ihre Repräsentanten und Verkaufsassistentinnen einschließlich der Klägerin mit folgendem Schreiben vom 23.11.2000 über Betriebsferien im Sommer 2001:

Sehr geehrte Damen und Herren, im Sommer 2001 werden das Büro in Paris und das Lager in Orleans drei Wochen schließen. In dieser Zeit können keine Aufträge bearbeitet werden. Der letzte Bestelltermin ist der 25. Juli 2001, der erste Auslieferungstermin wird der 21. August 2001 sein. Aus diesem Grund werden auch wir in der Zeit vom 30. Juli 2001 bis 10. August 2001 Betriebsferien haben. Bitte merken Sie die angegebenen zwei Wochen in Ihrer Urlaubsplanung für das Jahr 2001 vor.

Unter dem 05.06.2001 teilte die Beklagte der Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt von den ihr für das Kalenderjahr 2001 zustehenden insgesamt 24 Arbeitstagen bereits 10 Urlaubstage genommen hatte, folgendes mit:

Ihren Urlaubsantrag für die Zeit vom 3. September bis 20. September 2001 (12 Tage) können wir genehmigen.

Ihr Resturlaub für 2001 beträgt 2 Tage. (Hier haben wir bereits acht Tage für die Betriebsferien vom 30.07.2001 bis 10.08.2001 abgezogen).

Mit Schreiben vom 09.06.2001 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie nicht damit einverstanden sei, dass ihr acht Tage von ihrem Urlaubsanspruch für die Betriebsferien vom 30.07. bis 10.08.2001 abgezogen würden. Unter dem 28.06.2001 erwiderte die Beklagte, sie könne bei der Klägerin keine Ausnahme von den Betriebsferien machen. Nachdem die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 13.07.2001 u.a. darauf hingewiesen hatte, dass es sich bei dem Zeitraum vom 30.07. bis 10.08.2001 um einen ihrer Mandantin für die Inanspruchnahme von Urlaub nicht genehmen Zeitraum handele, der auch insbesondere mit ihren abweichenden Vorstellungen hinsichtlich der weiteren Planung des Urlaubsjahres nicht korrespondiere, forderten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter dem 23.07.2001 die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigten auf, in der vorgenannten Zeit ihren Urlaub im Rahmen der Betriebsferien anzutreten. Gleichzeitig wiesen sie daraufhin, dass die Zeit der Betriebsferien selbstverständlich auf den Urlaubsanspruch der Klägerin angerechnet würde.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25.07.2001 übersandte die Klägerin der Beklagten ihr Urlaubsgesuch für die Zeit vom 24.12.2001 bis 03.01.2002. Einen Tag später teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Rechtsvertretern der Beklagten nochmals mit, dass ihre Mandantin nicht bereit sei, in der Zeit vom 30.07. bis 10.08.2001 Urlaub im Rahmen der Betriebsferien anzutreten, sie vielmehr ihre Arbeitskraft uneingeschränkt anbiete. Unter dem 30.07.2001 schrieben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten an ihre gegnerischen Kollegen, dass sich die Klägerin bei Nichtantritt des Urlaubs in dem vorgenannten Zeitraum einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung schuldig machen und sie deshalb gegebenenfalls abgemahnt würde. Daraufhin teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ihrerseits den gegnerischen Prozessbevollmächtigten unter dem 01.08.2001 mit, dass ihre Mandantin, die in der Zeit vom 30.07. bis 01.08.2001 tatsächlich gearbeitet hatte, im Hinblick auf die mit Schreiben vom 30.07.2001 angedrohte Abmahnung für den Fall der weiteren Arbeitsleistung bis zum 10.08.2001 ihre Arbeitsleistung weisungsgemäß einstellen würde. Zugleich wiesen sie daraufhin, dass ihre Rechtsauffassung, wonach eine Anrechnung der arbeitsfreien Tage auf den Jahresurlaubsanspruch ihrer Mandantin nicht erfolgen könne, weiter aufrechterhalten bleibe. Mit Schreiben vom 14.08.2001 lehnte die Beklagte den Urlaubsantrag der Klägerin für die Zeit vom 24.12.2001 bis zum 03.01.2002 ab.

Für ihre Tätigkeiten am 30. und 31.07.2001 benutzte die Klägerin für Fahrten in Köln und nach Neuss ihren Privatwagen. Am 01.08.2001 fuhr sie mit der Deutschen Bahn AG zu ihrem Einsatzort nach Aachen. Der Klägerin sind diesbezüglich Kosten in Höhe von 70,35 entstanden. Die Beklagte verweigert die ansonsten vorgenommene Kostenerstattung.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Düsseldorf anhängig gemachten Klage vom 17.09.2001 hat die Klägerin zunächst die Gewährung weiterer acht Arbeitstage Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2001 begehrt. Später hat sie auch noch mit Schriftsatz vom 12.10.2001 Fahrtkostenauslagen für den 30. und 31.07. sowie 01.08.2001 in Höhe von 70,35 begehrt.

Die Klägerin hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Die Beklagte habe rechtswidrig Betriebsferien im Zeitraum vom 30.07. bis 10.08.2001 angeordnet, sodass ihr für das Kalenderjahr 2001 acht zusätzliche Urlaubstage zustehen würden. Sie habe erstmals am 05.06.2001 von den Betriebsferien erfahren, sodass eine angemessene Urlaubsplanung nicht mehr möglich gewesen sei. Darüber hinaus habe sie ihre Arbeitsleistung und den jeweiligen Einsatz vor Ort zu Jahresbeginn geplant und hierbei auch den streitgegenständlichen Zeitraum berücksichtigt, ohne dass die Beklagte dieser Planung widersprochen habe. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte keine absoluten Betriebsferien durchgeführt habe, da auch die Assistentinnen Raudis und Kannengießer eingesetzt worden seien. Da auch sie lediglich als Verkaufsassistentin in den Filialen vor Ort tätig sei, hätte sie unproblematisch auch während der Betriebsferien eine Assistenz und Betreuung vornehmen können.

Die Klägerin hat beantragt,

1. ihr für das Urlaubsjahr 2001 weitere acht Tage Erholungsurlaub zu gewähren;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 70,35 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG vom 09.06.1998 ab dem 22.10.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen:

Die Entscheidung über die im Streit befindlichen Betriebsferien sei bereits im Jahre 2000 gefallen, da ihre Muttergesellschaft in Frankreich für den Zeitraum vom 30.07. bis 17.08.2001 Betriebsferien angeordnet habe. Da während dieser Betriebsferien eine Weiterleitung von Bestellungen nicht möglich gewesen sei, wäre eine Aufrechterhaltung ihres Geschäftsbetriebes wenig sinnvoll gewesen. Über Ihre Betriebsferien seien ihre Kunden ordnungsgemäß informiert worden und zumindest die Filiale D. sei mit Schreiben vom 11.06.2001 auf die anstehenden Betriebsferien hingewiesen worden. Man habe lediglich bei Frau M.l, geb. R. und Frau K. Ausnahmen gemacht. Frau M.sei erst mit Wirkung vom 01.05.2001 unter der Bedingung eingestellt worden, dass sie ihren bereits gebuchten Urlaub nehmen und während der Betriebsferien arbeiten könne. Bei Frau K. handele es sich um eine freiberufliche Mitarbeiterin, d.h. sie sei bei ihr nicht angestellt, sondern nehme für verschiedene Unternehmen der Kosmetikbranche Aufträge wahr und könne über ihre Arbeitszeit frei verfügen. Zum Reisekostenersatz sei sie nicht verpflichtet, da sie zuvor eindeutig eine Arbeitsleistung der Klägerin während der Betriebsferien abgelehnt habe.

Mit seinem am 15.01.2002 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Unter Berücksichtigung der Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG habe die Beklagte keine hinreichenden betrieblichen Gründe für eine einseitige Festlegung der Urlaubstage durch die Anordnung von Betriebsferien entgegen den Urlaubswünschen der Klägerin vorgetragen. Es sei nicht erkennbar, warum der Klägerin eine Tätigkeit als Verkaufsassistentin während der zwei Sommerwochen nur aus dem Grunde nicht möglich und für die Beklagte nicht sinnvoll gewesen sein sollte, weil die Muttergesellschaft in Frankreich im Zeitraum vom 30.07. bis 17.08.2001 Betriebsferien durchgeführt habe. Soweit die Beklagte auf die fehlende Möglichkeit der Weiterleitung von Bestellungen hingewiesen habe, sei unverständlich geblieben, warum solche Bestellungen nicht zeitversetzt nach Ablauf der Betriebsferien hätten durchgeführt und weitergeleitet werden können. Auch die Tätigkeiten der Mitarbeiterinnen R. und K.würden zeigen, dass die Beklagte sehr wohl in der Lage gewesen sei, auch innerhalb der Betriebsferien Arbeitsleistungen entgegenzunehmen. Im Übrigen sei die Klägerin nachweisbar erstmals mit Schreiben vom 05.06.2001 über die Anordnung von Betriebsferien informiert worden. Der verbleibende Zeitraum und die durch die Klägerin bereits vorgenommene Urlaubsplanung für das Kalenderjahr 2001 würden ein Interesse der Beklagten an der einheitlichen Durchführung der Betriebsferien nicht als gerechtfertigt erscheinen lassen. Schließlich habe die Klägerin Anspruch auf Reisekostenersatz in Höhe von 70,35 gemäß § 670 BGB. Der seitens der Beklagten geäußerte entgegenstehende Wille zur Entgegennahme der Arbeitsleistung sei im Hinblick auf die zu Unrecht erfolgte Freistellung der Klägerin von der Arbeit im Zeitraum vom 30.07. bis 10.08.2001 unbeachtlich Da die Klägerin ihre Arbeitsleistung in der Zeit vom 30.07. bis 01.08.2001 erbracht habe und die Beklagte im Übrigen diese Arbeitsleistung durch Abwicklung der Bestellungen auch nachträglich genehmigt habe, sei sie zum Ersatz der im vorgenannten Zeitraum entstandenen notwendigen Reisekosten verpflichtet.

Gegen das ihr am 20.03.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem beim Landesarbeitsgericht am 05.04.2002 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 06.05.2002 eingereichten Schriftsatz begründet.

Die Beklagte macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Sie habe vor ca. zwei Jahren ihr Lager in Deutschland aufgelöst, d. h., seit dieser Zeit beziehe sie ihre Ware direkt aus dem Lager der Muttergesellschaft in Frankreich. Dementsprechend würden Bestellungen der Parfümerien direkt nach Frankreich weitergeleitet, die dort bearbeitet und fakturiert würden. Die Auslieferung der Produkte an die Kunden erfolge ebenfalls von Frankreich aus. Sie sei seit Januar 2000 an die EDV der Muttergesellschaft O. S.A. in Paris angeschlossen. Während der Betriebsferien ihrer Muttergesellschaft würde deren EDV heruntergefahren, weshalb sie während dieser Zeit u.a. keine Bestellungen weiterleiten, keine Rechnungen erstellen und keine Daten, wie z.B. Daten über Lagerbestände, Umsätze offene Rechnungen, Kunden, abfragen könne. Zwar könnten die Verkaufsassistentinnen ihre Einsätze bei Depositären wahrnehmen, sie hätten jedoch nicht die Möglichkeit, Bestellungen einzugeben bzw. weiterzuleiten und Produktanfragen der Kunden hinsichtlich der Lieferbarkeit und der Erhältlichkeit zu bearbeiten. Die Klägerin sei die einzige Mitarbeiterin, die sich nicht telefonisch melde. Sie schicke Krankmeldungen über Telefax oder per Einschreiben. Anfragen würde sie ausschließlich schriftlich an sie richten. Ferner könnten die Verkaufsassistentinnen für den Fall, dass die Betriebsferien lediglich für den Innendienst und die Repräsentanten angeordnet werden würden, keine Urlaubsanträge stellen und auch keine Krank- und Unfallmeldungen im Betrieb in Düsseldorf oder sonstige Erklärungen ihr gegenüber abgeben. Sie hätte auch keine Möglichkeit, die Verkaufsassistentinnen bei ihren Einsätzen zu kontrollieren und zu überwachen, und im Bedarfsfall die Vertretung ausfallender Verkaufsassistentinnen zu organisieren. Der von der Klägerin begehrte Aufwendungsersatz sei nach § 670 BGB ausgeschlossen, da sie die ihr entstandenen Aufwendungen im Hinblick auf die rechtswirksam angeordneten Betriebsferien nicht habe für erforderlich halten dürfen.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.01.2000, Az.: 6 Ca 6692/01, aufzuheben;

2. die Klage vom 17.09.2001 und 12.10.2001 abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und führt unter teilweiser Widerholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:

Im Hinblick auf den fehlenden Zugang des Schreibens der Beklagten vom 23.11.2000 vor dem 05.06.2001 habe die Beklagte ihr gegenüber allenfalls mit Schreiben vom 05.06.2001 Betriebsferien für die Zeit vom 30.07. bis 10.08.2001 anordnen können. Diese Anordnung sei jedoch nicht rechtmäßig ihr gegenüber gewesen, weil eine derartig kurzfristige einseitige Disposition der Beklagten über einen ihrer der Beklagten Dispositionsbefugnis gerade nicht unterliegenden Urlaubsanspruch nicht möglich gewesen sei. Am 05.06.2001 habe sie über ihren restlichen verbleibenden Jahresurlaub 2001 bereits vollständig anderweitig disponiert. Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung ausführlich zu den von ihr behaupteten und angeblich hier vorliegenden dringenden betrieblichen Belangen- i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG vortrage, verkenne sie, dass derartige Belange Berücksichtigung nur im Zusammenhang mit dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers, d.h. bei der Frage der Erteilung oder Nichterteilung von Urlaub aufgrund der vorangegangenen Geltendmachung des Urlaubsanspruchs finden könnten. Eine Betriebsunterbrechung in Folge von Betriebsferien bei einem ausländischen Produzenten vermöge weder Anlass noch Begründung für dringende betriebliche Belange- i.S. von § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG sein.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Es sind keinerlei rechtliche Bedenken ersichtlich, die gegen ihre Zulässigkeit sprechen könnten.

B.

Die Berufung ist auch überwiegend begründet. Denn entgegen der Vorinstanz sind der Klägerin für das Urlaubsjahr 2001 keine weiteren acht Arbeitstage Erholungsurlaub gemäß § 1 BUrlG seitens der Beklagten zu gewähren, weshalb die Klage insoweit abzuweisen war.

I. Zunächst ist klarzustellen, dass die Klage nicht schon deshalb abweisungsreif ist, weil der Anspruch der Klägerin auf acht Arbeitstage Resturlaub für 2001 am 31.03.2002 erloschen ist. Zwar ist an sich der der Klägerin für das Vorjahr zustehende Urlaubsanspruch nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG spätestens am 31.03.2002 untergegangen (st. Rspr., vgl. nur BAG 22.02.2000 - 9 AZR 107/99 - EzA § 11 BUrlG Nr. 46). Ein Verfall ist jedoch im Streitfall deshalb nicht eingetreten, weil die Parteien eine besondere Übertragungsregelung vereinbart haben. Da diese Regelung die Klägerin begünstigt, ist sie nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG rechtswirksam. Denn nach dieser Vorschrift ist es den Arbeitsvertragsparteien nur untersagt, von den Bestimmungen des BUrlG zu Ungunsten des Arbeitnehmers abzuweichen.

II. Zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub nach § 1 BUrlG hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen (BAG 20.06.2000 - 9 AZR 405/99 EzA § 1 BUrlG Nr. 23). Die Erfüllungshandlung besteht also darin, dass der Arbeitgeber eine Freistellungserklärung abgibt (BAG 09.08.1994 - 9 AZR 384/92 - AP Nr. 19 zu § 7 BUrlG), während der Erfolg eintritt, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub antritt-, also seine Arbeitsleistung nicht erbringt. Im Streitfall hat die Beklagte die Klägerin für die Zeit vom 30.07. bis 10.08.2001 durch die Anordnung von Betriebsferien in dem vorgenannten Zeitraum von der Arbeit freigestellt.

1. § 7 Abs. 1 und 2 BUrlG regeln die Art und Weise der Erfüllung des Urlaubsanspruchs abschließend. Die Urlaubserteilung steht daher nicht im Ermessen des Arbeitgebers gemäß § 315 BGB. Der Arbeitgeber erfüllt den Urlaubsanspruch nur, wenn er bei der Erteilung den Wünschen des Arbeitnehmers nachkommt, es sei denn, er habe ein Leistungsverweigerungsrecht aus den in § 7 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 BUrlG genannten Gründen (BAG 18.12.1986 8 AZR 502/84 - AP Nr. 10 zu § 7 BUrlG). Im Streitfall hatte die Klägerin für den fraglichen Zeitraum vor der zu ihren Gunsten angenommenen spätesten Anordnung der Betriebsferien am 05.06.2001 keinen Urlaubswunsch geäußert.

2. Hat der Arbeitnehmer keinen Urlaubswunsch geäußert, darf der Arbeitgeber den Urlaubszeitraum von sich aus bestimmen. Die Erklärung stellt im Grundsatz eine ordnungsgemäße Erfüllung der Schuld dar. Eine vorherige Meldung des Arbeitgebers, eine Inanspruchnahme- des Urlaubs, setzt das Gesetz nicht voraus (BAG 22.09.1992 9 AZR 483/91 - AP Nr. 13 zu § 7 BUrlG). Akzeptiert der Arbeitnehmer die Leistungshandlung des Arbeitgebers und geht er daraufhin in Urlaub, ist der Anspruch nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllt (ErfK/Dörner, 2. Aufl. 2001, § 7 BUrlG Rdn. 16).

3. Der Arbeitnehmer ist aber nicht gehalten, die Bestimmung des Urlaubszeitraums hinzunehmen. Er kann auch jetzt noch seine Wünsche äußern und die Urlaubserteilung für den ihm nicht genehmen Zeitpunkt ablehnen. Zwar hat der Arbeitgeber mit seiner Freistellungserklärung seine Schuld konkretisiert. Doch da der Arbeitnehmer nicht nach seinen Wünschen gefragt worden ist, wie es § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG verlangt, kann der Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäße Konkretisierung rügen und ein Annahmeverweigerungsrecht geltend machen, auch wenn diese Befugnis im Gesetz nicht unmittelbar geregelt ist (ErfK/Dörner, § 7 BUrlG Rdn. 17; vgl. auch (ErfK/Dörner, § 7 BUrlG Rdn. 17; vgl. auch Leinemann/Linck, BUrlG, 2. Aufl. 2001, § 7 Rdn. 34).

4. Im Streitfall hat die Klägerin dieses Annahmeverweigerungsrecht für den Zeitraum vom 30.07. bis 10.08.2001 nicht rechtswirksam geltend gemacht.

a) Wie schon bei der Urlaubserteilung auf vorherigen Wunsch des Arbeitnehmers, steht bei der Berücksichtigung des Urlaubswunsches des Arbeitnehmers noch nach einseitiger Urlaubserteilung durch den Arbeitgeber die Aufnahmeverweigerung unter dem Vorbehalt der Berücksichtigung dringender betrieblicher Belange (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG).

b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hält die erkennende Kammer die Einführung von Betriebsferien nicht nur dann für zulässig, wenn dringende betriebliche Belange i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG der Berücksichtigung der individuellen Urlaubswünsche der Arbeitnehmer entgegenstehen. Dringende betriebliche Belange i.S. dieser Vorschrift sind solche Umstände, die in der betrieblichen Organisation, im technischen Arbeitsablauf, der Auftragslage und ähnlichen Umständen ihren Grund haben (BAG 28.07.1981 1 ABR 79/79 EzA § 87 BetrVG 1972 Urlaub Nr. 4). Diese Umstände zu gestalten, ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei. Entschließt er sich, aus betriebstechnischen, betriebswirtschaftlichen oder sonstigen Gründen, den Betrieb für eine gewisse Zeit stillzulegen und den Arbeitnehmern des Betriebes während dieser Zeit Urlaub zu gewähren, bedarf es zu einer solchen Maßnahme, sofern ein Betriebsrat vorhanden ist, dessen Zustimmung. Handelt es sich um einen betriebsratslosen Betrieb, kann der Arbeitgeber die Betriebsferien kraft des ihm obliegenden Direktionsrechts einführen (BAG 12.10.1961 5 AZR 423/60 AP Nr. 84 zu § 611 BGB Urlaubsrechts). In dieser Maßnahme liegen dann aber die dringenden betrieblichen Belange begründet, die der Berücksichtigung anderweitiger Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer entgegenstehen. Die Einführung von Betriebsferien ist daher nicht nur dann zulässig, wenn dafür dringende betriebliche Belange sprechen. Vielmehr begründen rechtswirksam eingeführte Betriebsferien solche Belange, hinter denen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG die individuellen Urlaubswünsche der Arbeitnehmer zurückstehen müssen (BAG 28.07.1981 1 ABR 79/79 a.a.O.; Leinemann/Linck, BUrlG, § 7 Rdn. 71).

c) Im Streitfall hat die Beklagte, in deren D. Betrieb kein Betriebsrat besteht, durch Ausübung ihres Direktionsrechts rechtswirksam Betriebsferien in der Zeit vom 30.07.2001 bis 10.08.2001 angeordnet.

aa) Das Direktionsrecht ermöglicht dem Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht im Einzelnen nach Zeit, Art und Ort zu bestimmen. Es gehört zum Wesentlichen Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers kann durch Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag eingeschränkt sein. Auch soweit es danach besteht, darf es nur nach billigem Ermessen i. S. des § 315 Abs. 3 BGB ausgeübt werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 07.12.2000 - 6 AZR 444/99 - EzA § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 23 m. w. N.).

bb) Dahinstehen kann, ob die von der Beklagten angegebenen Gründe für die Anordnung von Betriebsferien in dem streitbefangenen Zeitraum, nämlich die Betriebsferien ihrer französischen Muttergesellschaft in der Zeit vom 30.07. bis 17.08.2001 und die dadurch bei ihr selbst angeblich entstandenen organisatorischen Schwierigkeiten, zutreffen. Denn die Abwicklung zumindest eines Teils des Jahresurlaubs der Betriebsangehörigen in einem einheitlichen Zeitraum liegt vor allem im betrieblichen Interesse, Störungen im Betriebsablauf, wie sie ein wechselndes Fehlen der Betriebsangehörigen in der Regel mit sich bringt, von vornherein auszuschließen (vgl. LAG Niedersachsen 20.08.1980 - 5 Sa 38/80 - DB 1980, 2325, 2326).

cc) Allerdings bedeutet die grundsätzliche, in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit fallende Anordnung von Betriebsferien nicht, dass die Belange der Arbeitnehmer hinsichtlich des von ihnen gewünschten Urlaubszeitpunktes unberücksichtigt bleiben müssten (vgl. auch Birk, SAE 1984, 117, 121). Das verbietet bereits die Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG, wonach an sich die Urlaubswünsche der einzelnen Arbeitnehmer vorrangig zu berücksichtigen sind.

Allerdings erleidet dieser Grundsatz dann eine Einschränkung, wenn dringende betriebliche Belange den Vorzug verdienen. Da zu diesen, wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, die rechtswirksame Anordnung von Betriebsferien gehört, kann sich die Berücksichtigung der Interessen der einzelnen Arbeitnehmer an der Urlaubserteilung ungeachtet der Anordnung von Betriebsferien lediglich auf Härtefälle beschränken (vgl. auch BAG 28.07.1981 - 1 ABR 79/79 - a. a. O.). Für einen solchen Härtefall sind vorliegend keinerlei Anhaltspunkte gegeben, zumal die Klägerin in dem Zeitpunkt, in dem sie nach ihrem Vortrag frühestens von den Betriebsferien im Jahre 2001 erfahren haben will, nämlich mit Zugang des Schreibens der Beklagten am 05.06.2001, noch keinen den Betriebsferien entgegenstehenden Urlaubswunsch geäußert hatte. Dies geschah erst mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25.07.2001, zu einem Zeitpunkt, als ihr bewusst geworden war, dass die Beklagte auf der Durchführung der in Rede stehenden Betriebsferien bestehen würde.

dd) Da es für die Frage, ob die Beschäftigung eines Arbeitnehmers trotz wirksam vom Arbeitgeber angeordneter Betriebsferien auf einen Härtefall und nicht, wie die Klägerin unter Hinweis auf Frau M. und Frau K. meint, auf die Möglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung eines Arbeitnehmers während der Betriebsferien ankommt, brauchte vorliegend nicht näher darauf eingegangen zu werden, ob die Beklagte beide oder zumindest eine von beiden Damen zu Recht von der Arbeitsbefreiung während der Betriebsferien ausgenommen hat.

C.

Dagegen ist die Berufung unbegründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung von 70,35 nebst Zinsen richtet.

I. Selbst wenn man der vorrangigen Argumentation der Vorinstanz folgt, wonach die Urlaubserteilung gegenüber der Klägerin in der Zeit vom 30.07. bis 10.08.2001 wegen nicht rechtswirksam angeordneter Betriebsferien rechtlich ohne Relevanz war und deshalb die zur Entstehung der Fahrtkosten in Höhe von 70,35 führende Tätigkeit der Klägerin am 30. und 31.07.2001 nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprach, was den Auslagenersatzanspruch nach § 683 Satz 1 BGB an sich ausschloss, ist dieser dennoch gegeben. Die Beklagte hat nämlich, wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, die Arbeitsleistung der Klägerin am 30. und 31.07.2001 durch Abwicklung der Bestellungen nachträglich genehmigt, weshalb dieser der begehrte Fahrtkostenersatz nach § 683 Satz 1 BGB i. V. m. § 684 Satz 2 BGB zusteht.

II. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 Satz 1 1. Halbs. BGB i. V. m. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F.

D.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die Kammer hat der Rechtssache, was die rechtswirksame Anordnung der Betriebsferien in einem Betrieb ohne Betriebsrat und die daraus für die Arbeitnehmer hinsichtlich ihres Erholungsurlaubs resultierenden Folgen betrifft, grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb die Revision an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Im Übrigen hat die Kammer die Revision nicht zugelassen, weil hierfür die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ArbGG nicht gegeben sind. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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