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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 15.11.2001
Aktenzeichen: 11 TaBV 48/01
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 26 Abs. 3 Satz 1
BetrVG § 40 Abs. 1
BetrVG § 99 Abs. 3
1. Ein Betriebsratsmitglied ist im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bei einer Eingruppierung "in eigener Sache" nicht nur an der Beschlussfassung und an der ihr vorangehenden Beratung "verhindert" i. S. von § 26 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Vielmehr bezieht sich diese Verhinderung auch auf die schriftliche Mitteilung von der verweigerten Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

2. Demzufolge tritt die in § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG geregelte Zustimmungsfiktion ein, wenn bei einer derartigen Verhinderung des Betriebsratsvorsitzenden nicht sein Stellvertreter die Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unterschreibt.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 11 TaBV 48/01

Verkündet am: 15.11.2001

In dem Beschlussverfahren

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Anhörung vom 15.11.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Corell und die ehrenamtliche Richterin Zachau

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 13.08.2001 8 BV 12/01 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird für den Betriebsrat zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten in der Beschwerdeinstanz noch darüber, ob der Betriebsrat von der Arbeitgeberin auch die Freistellung von den in dem vor dem Arbeitsgericht Wuppertal anhängig gewesenen Verfahren gleichen Rubrums - 5 BV 70/99 - entstandenen Rechtsanwaltskosten verlangen kann.

In dem vorerwähnten Beschlussverfahren stritten die Beteiligten um die Zustimmung zur Höhergruppierung des Betriebsratsvorsitzenden K.. Dieser - bis dahin in Lohngruppe 7 eingestuft - war auf die Stelle eines Gruppenleiters versetzt worden und sollte nach Vorstellung der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) nunmehr in Lohngruppe 8 eingruppiert werden. Die mit Schreiben vom 23.09.1999 begehrte Zustimmung verweigerte der Betriebsrat (Beteiligte zu 1) unter dem 30.09.1999 schriftlich mit der Begründung, Herr K. gehöre in die Lohngruppe 10. Das Schreiben trug die Unterschrift des Herrn K., der ausweislich der Gründe des angefochtenen Beschlusses zuvor an Beratung oder Beschlussfassung nicht teilgenommen hatte.

Nachdem die Arbeitgeberin Herrn K. in der Folge nach Lohngruppe 8 vergütet hatte, begehrte der Betriebsrat mit seinem am 24.11.1999 beim Arbeitsgericht Wuppertal eingereichten Antrag, der Arbeitgeberin aufzugeben, das Verfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zur Ersetzung seiner verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung des Mitarbeiters M.K. in die Tarifgruppe 8 binnen einer Frist von vier Wochen ab Rechtskraft einzuleiten. Mit Beschluss vom 19.01.2000 wies das Arbeitsgericht Wuppertal - 5 BV 70/99 - dieses Begehren mit der Begründung zurück, wegen der Unterzeichnung des Widerspruchsschreibens durch den Betriebsratsvorsitzenden in eigener Sache sei dieses als nicht unterschrieben zu behandeln. Gleichzeitig fehle es damit an einer formwirksamen Zustimmungsverweigerung. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist rechtskräftig.

Für ihre anwaltliche Tätigkeit in dem vorerwähnten Beschlussverfahren - 5 BV 70/99 - stellten die Verfahrensbevollmächtigten dem Betriebsrat unter dem 04.08.2000 DM 1.248,62 einschließlich 16 % MWSt. in Rechnung. Die Arbeitgeberin lehnte es ab, die Kosten zu begleichen.

Mit seinem beim Arbeitsgericht Wuppertal am 09.02.2001 eingereichten Antrag verlangt der Betriebsrat, soweit für diese Instanz noch von Interesse, von der Arbeitgeberin die Freistellung von den Anwaltsgebühren gemäß Rechnung vom 10.03.2000 in Höhe von DM 1.248,62.

Der Betriebsrat hat diesbezüglich geltend gemacht:

Auch wenn er in dem Beschlussverfahren 5 BV 70/99 nicht obsiegt habe, sei die Durchführung der Rechtsstreitigkeit doch nicht offensichtlich aussichtslos oder gar mutwillig gewesen. Es sei in diesem Verfahren um eine höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfrage gegangen. § 126 BGB gelte nur für Willenserklärungen, nicht aber für rechtsgeschäftsähnliche Handlungen, wozu die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gehöre. Überdies habe die Arbeitgeberin zumindest die wegen der Durchführung des Anhörungstermins entstandene Verhandlungsgebühr verursacht, in dem sie es versäumt habe, auf die Problematik der Unterzeichnung des Schreibens vom 30.09.1999 hinzuweisen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihn von den Anwaltsgebühren gemäß Rechnungen seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 10.03.2000 in Höhe von 426,88, vom 04.08.2000 in Höhe von DM 1.248,62 und vom 31.08.2000 in Höhe restlicher DM 148,19 freizustellen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten:

Die Rechtsverfolgung durch den Betriebsrat u. a. in dem Beschlussverfahren 5 BV 70/99 sei aussichtslos und mutwillig gewesen. Die Unwirksamkeit der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats sei offensichtlich gewesen, weil sein Vorsitzender niemals in eigenen Angelegenheiten wirksam handeln könne. Hierauf müsse sie den Betriebsrat nicht erst hinweisen.

Das Arbeitsgericht Wuppertal hat den Antrag des Betriebsrats hinsichtlich der Anwaltsgebühren gemäß Rechnung vom 04.08.2000 über DM 1.248,62 durch Beschluss vom 13.08.2001 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

In dem Beschlussverfahren 5 BV 70/99 sei ein Obsiegen des Betriebsrats von vornherein ausgeschlossen gewesen, da dessen Zustimmung zur Umgruppierung seines Vorsitzenden K. in Lohngruppe 8 gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG mangels schriftlicher, formwirksamer Verweigerung fingiert gewesen sei. Ein vom Betriebsratsvorsitzenden in eigener Sache- unterzeichneter Betriebsratsbeschluss genüge der Schriftform selbst dann nicht, wenn dieser an der Beratung und der Beschlussfassung nicht beteiligt gewesen sei. Die Zustimmungsverweigerung hätte handschriftlich unterzeichnet werden müssen. Dies hätte nach § 26 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nur durch den Stellvertreter des Herrn K. geschehen können. Herr K. sei, da es um seine eigene Eingruppierung gegangen sei, in der Angelegenheit verhindert gewesen. Die Verhinderung habe sich auf den gesamten Vorgang des Zustimmungsverfahrens, nicht nur auf Beratung und Beschlussfassung, sondern auch auf die Abgabe der abschließenden Erklärung gegenüber der Arbeitgeberin bezogen. Eine Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin resultiere im Übrigen auch nicht daraus, dass ihr Verfahrensbevollmächtigter erst anlässlich des Anhörungstermins vom 19.01.2000 auf das oben diskutierte Problem mit einem süffisanten Lächeln- hingewiesen habe.

Gegen den ihm am 17.08.2001 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat der Betriebsrat mit einem am 05.09.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Betriebsrat macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Die vom Arbeitsgericht vertretene Rechtsauffassung, die Zustimmungsverweigerung erfordere nach § 126 Abs. 1 BGB, dass die Urkunde von dem Aussteller unterzeichnet wird-, werde Sinn und Zweck der Regelung in § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht gerecht. Der Gesetzgeber verlange nur, dass der Arbeitgeber die Äußerung des Betriebsrats auch schriftlich vorliegen habe. Dies bedeute aber keineswegs, dass damit den Anforderungen des § 126 BGB genügt werden müsse. Der Inhalt der Erklärung des Betriebsrats sei schriftlich abgedeckt durch seine Beschlussfassung. Es bestehe deshalb kein Erfordernis, dass auch noch die Mitteilung als solche der Schriftform genügen müsse.

Der Betriebsrat beantragt,

den angefochtenen Beschluss teilweise abzuändern und die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihn auch von den Anwaltsgebühren gemäß Rechnung seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 04.08.2000 in Höhe von DM 1.248,62 freizustellen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin verteidigt in erster Linie den angefochtenen Beschluss und führt unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:

Jedenfalls sei der Betriebsratsvorsitzende K. gehindert gewesen, eine Erklärung betreffend seiner eigenen Eingruppierung für den Betriebsrat nach außen abzugeben. Genau dies habe er aber mit der Unterzeichnung der Zustimmungsverweigerung getan. Eine von dem insofern zuständigen stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden unterzeichnete Zustimmungsverweigerung sei aber binnen der Wochenfrist nicht zugegangen. Deshalb sei die Verweigerung vom 30.09.1999 unwirksam.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist unbegründet. Dem Betriebsrat steht ein weitergehender als der vom Arbeitsgericht zuerkannte Freistellungsanspruch nicht zu.

1. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Hierunter fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch solche Kosten, die im Zusammenhang mit der gerichtlichen Inanspruchnahme von Rechten des Betriebsrats anfallen (vgl. z. B. BAG 16.10.1986 - 6 ABR 2/85 - AP Nr. 31 zu § 40 BetrVG 1972). Dazu gehören auch die Einleitung und Durchführung arbeitsgerichtlicher Beschlussverfahren, die geeignet sind, das vom Betriebsrat geltend gemachte Recht durchzusetzen oder eine nicht auf andere Weise zu klärende Streitigkeit betriebsverfassungsrechtlichen Inhalts zu beseitigen. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für die dem Betriebsrat entstehenden Auslagen entfällt, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich aussichtslos war (BAG 03.10.1978 - 6 ABR 102/76 - EzA § 40 BetrVG 1972 Nr. 37; BAG 20.10.1999 - 7 ABR 25/98 - EzA § 40 BetrVG 1972 Nr. 89).

2. Der Betriebsrat hat grundsätzlich die Möglichkeit zu wählen, ob er seine Interessen in dem Beschlussverfahren selbst vertreten oder sich dazu eines Rechtsanwalts oder eines Vertreters einer Gewerkschaft bedienen will. Auch insoweit bedarf es allerdings jeweils der pflichtgemäßen Abwägung aller Umstände durch den Betriebsrat (BAG 03.10.1978 - 6 ABR 102/76 - a. a. O.). Der Arbeitgeber ist daher nur dann zur Tragung der durch die Heranziehung seines Rechtsanwalts entstehenden Kosten verpflichtet, wenn der Betriebsrat diese bei pflichtgemäßer Würdigung aller Umstände für erforderlich erachten konnte (BAG 04.12.1979 - 6 ABR 37/76 - EzA § 40 BetrVG 1972 Nr. 47).

3. Die Frage der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat nicht allein nach seinen subjektiven Bedürfnissen zu beantworten. Vielmehr hat er die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits gegeneinander abzuwägen (vgl. BAG 14.02.1996 - 7 ABR 25/95 - EzA § 40 BetrVG 1972 Nr. 76). Dabei hat er auch die Kostenbelange des Arbeitgebers zu berücksichtigen (BAG 14.02.1996 - 7 ABR 25/95 - a. a. O.; BAG 09.06.1999 - 7 ABR 66/97 - EzA § 40 BetrVG 1972 Nr. 86).

4. Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts und einer mit diesem geschlossenen Honorarvereinbarung unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist wie in den sonstigen Fällen des § 40 Abs. 1 BetrVG auf die Prüfung beschränkt, ob die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts sowie eine etwa erteile Honorarzusage unter den konkreten Umständen der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrats diente und der Betriebsrat nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern bei seiner Entscheidung auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers, insbesondere auch dem an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht, Rechnung getragen hat (BAG 09.06.1999 - 7 ABR 66/97 - a. a. O.; BAG 20.10.1999 - 7 ABR 25/98 - a. a. O.).

5. Im Streitfall war die mit seinem Antrag vom 24.11.1999 in dem Beschlussverfahren gleichen Rubrums - 5 BV 70/99 - bezweckte Rechtsverfolgung offensichtlich aussichtslos. Der Betriebsrat hat bei der Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten zur Durchführung dieses Beschlussverfahrens nicht den berechtigten Interessen der Arbeitgeberin an der Begrenzung deren Kostentragungspflicht (§ 40 Abs. 1 BetrVG) Rechnung getragen.

a) Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass vorliegend gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrats zu der Eingruppierung des Betriebsratsvorsitzenden Karbach in die Tarifgruppe 8 bereits fingiert war, als der Betriebsrat das Beschlussverfahren gleichen Rubrums - 5 BV 70/99 - vor dem Arbeitsgericht Wuppertal mit einem dort am 24.11.1999 eingereichten Schriftsatz eingeleitet hat. Die vom Betriebsrat mit Schreiben vom 30.09.1999 mitgeteilte Verweigerung seiner Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung von Herrn K. in die Tarifgruppe 8 war nicht formgerecht. Sie ist nämlich von dem Betriebsratsvorsitzenden persönlich unterschrieben worden, obwohl dieser hierzu gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gar nicht befugt war. Wegen einer Verhinderung i. S. der vorgenannten Vorschrift hätte der Stellvertreter von Herrn K. das Schreiben vom 30.09.1999 unterschreiben müssen.

aa) Eine Verhinderung des Betriebsratsmitglieds wegen persönlicher Betroffenheit liegt vor, wenn es in seiner Stellung als Arbeitnehmer individuell und unmittelbar betroffen ist (BAG 03.08.1999 - 1 ABR 30/98 - EzA § 33 BetrVG 1972 Nr. 1; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 20. Aufl. 2000, § 25 Rz. 17; GK-Wiese, BetrVG, 6. Aufl. 1997, § 33 Rz. 23). Gerade dann besteht die Gefahr, dass die von dem Organmitglied zu wahrenden kollektiven Interessen von eigenen Interessen überlagert werden. Eine solche Konfliktsituation besteht z. B. bei personellen Einzelmaßnahmen i. S. des § 99 BetrVG, also bei Versetzungen, Ein- und Umgruppierungen (vgl. BAG 03.08.1999 - 1 ABR 30/98 - a. a. O.).

bb) Um eine solche personelle Einzelmaßnahme geht es hier. Der Betriebsratsvorsitzende K. sollte in die Tarifgruppe 8 eingruppiert werden. Gegen die Annahme einer Interessenkollision spricht nicht etwa der besondere Inhalt des Mitbestimmungsrechts bei Ein- und Umgruppierungen. Zwar ist das Mitbestimmungsrecht bei Eingruppierungen und Umgruppierungen kein Mitgestaltungsrecht, sondern lediglich ein Mitbeurteilungsrecht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Interessenkonflikt nicht entstehen könnte. Ziel der Maßnahme ist eine personenbezogene Einstufung, nicht eine abstrakte Arbeitsplatzbewertung (BAG 12.12.1995 - 1 ABR 31/95 - AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung). Die Entscheidung des Betriebsrats über die Ein- oder Umgruppierung ist nicht ohne rechtliche Relevanz für das betroffene Betriebsratsmitglied. Dies gilt bereits für die tatsächliche Bedeutung eines zustimmenden oder ablehnenden Beschlusses. Der Arbeitgeber wird möglicherweise bei einer Verweigerung der Zustimmung von der beabsichtigten Umgruppierung ganz absehen, weil er den Konflikt scheut. Will er an der Umgruppierung festhalten, ist er im Falle einer Verweigerung gezwungen, ein Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen. Auch insoweit sind die persönlichen Interessen des betroffenen Betriebsratsmitglieds berührt. Es erhält eine Möglichkeit, die Richtigkeit seiner Eingruppierung überprüfen zu lassen, ohne selbst einen Prozess führen zu müssen. Wird die Zustimmung des Betriebsrats nicht ersetzt, kann sich der Arbeitnehmer unter Umständen hierauf berufen (vgl. näher BAG 03.05.1994 - 1 ABR 58/93 - EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 122). Er ist andererseits nicht gehindert, gegenüber dem Arbeitgeber eine günstigere als die im Beschlussverfahren angenommene Eingruppierung geltend zu machen (BAG 03.08.1999 - 1 ABR 30/98 - a. a. O.).

b) Danach wäre die mit der Einleitung des Beschlussverfahrens gleichen Rubrums - 5 BV 70/99 - bezweckte Rechtsverfolgung von vornherein offensichtlich aussichtslos gewesen, wenn der Vorsitzende des Betriebsrats entweder an dem im Schreiben vom 30.09.1999 erwähnten Beschluss oder zumindest an der ihm vorangegangenen Beratung teilgenommen hätte. Ob dies der Fall war, ist nach der unter I wiedergegebenen Formulierung in den Gründen des angefochtenen Beschlusses unklar und sogar ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 19.01.2000 in dem vorangegangenen Beschlussverfahren - 5 BV 70/99 - zwischen den Beteiligten streitig.

c) Aber selbst dann, wenn der Vorsitzende des Betriebsrats weder am dem vorerwähnten Beschluss noch an der diesem vorangegangenen Beratung teilgenommen hätte, bliebe es bei der Feststellung, wonach die mit der Einleitung des Beschlussverfahrens gleichen Rubrums - 5 BV 70/99 - bezweckte Rechtsverfolgung offensichtlich aussichtslos war. Denn die in § 99 Abs. 3 Satz 2 geregelte Fiktion ist in jedem Fall eingetreten. Ein Betriebsratsmitglied ist bei einer Eingruppierung in eigener Sache- nicht nur an der betreffenden Beschlussfassung des Betriebsrats und an der ihr vorangehenden Beratung verhindert- i. S. von § 26 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Vielmehr bezieht sich diese Verhinderung, wie die Vorinstanz bereits zu Recht angenommen hat, auch auf die schriftliche Mitteilung von der verweigerten Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

aa) Der Vorsitzende vertritt den Betriebsrat nur im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse (§ 26 Abs. 3 Satz 1 BetrVG). Er hat diese auszuführen und sie nach Außen zum Ausdruck zu bringen. Er ist daher nicht Vertreter des Betriebsrats im Willen, sondern nur Vertreter in der Erklärung (BAG 26.09.1963 - 2 AZR 220/63 - - AP Nr. 2 zu § 70 PersVG Kündigung; BAG 17.02.1981 - 1 AZR 290/78 - EzA § 112 BetrVG 1972 Nr. 21; Fitting, Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, § 26 Rz. 33; DKK/Wedde, BetrVG, 7. Aufl. 2000, § 26 Rnr. 31; GK-BetrVG/ Wiese, § 26 Rnr. 53; Richardi, BetrVG, 7. Aufl. 1998, § 26 Rnr. 46). Dies setzt aber voraus, dass der Vorsitzende des Betriebsrats an dem dem Arbeitgeber mitgeteilten Beschluss mitgewirkt hat. Anderenfalls übermittelt er eine fremde Erklärung und tritt damit als Bote auf.

bb) Ein Weiteres kommt hinzu: Wenn der Vorsitzende des Betriebsrats für diesen eine Erklärung abgibt, spricht eine - allerdings jederzeit widerlegbare - Vermutung dafür, dass der Betriebsrat einen entsprechenden Beschluss gefasst hat (vgl. BAG 17.02.1981 - 1 AZR 290/78 - a. a. O.; LAG Düsseldorf 13.10.1994 - 12 (15) Sa 1024/94 - LAGE § 87 BetrVG 1972 Nr. 9; Fitting/ Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, § 26 Rz. 37; DKK/Wedde, BetrVG, § 26 Rnr. 37; GK-BetrVG/ Wiese, § 26 Rz. 64). Betrifft die Beschlussfassung die Eigeninteressen des Vorsitzenden des Betriebsrats so stark, dass er, wie im Streitfall, weder an der Beschlussfassung des Betriebsrats noch an der ihr vorangehenden Beratung teilnehmen darf, kann die vorstehende Vermutung nicht gelten. Denn Grundlage dieser Vermutung ist die Tatsache, dass der Vorsitzende des Betriebsrats zumindest an der Beschlussfassung mitgewirkt hat und deshalb aus eigenem Wissen mit seiner Unterschrift bestätigen kann, dass der Beschluss des Betriebsrats ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Dies kann er aber gerade nicht, wenn er an der Beschlussfassung gar nicht mitgewirkt hat. Dann kann er dem Arbeitgeber gegenüber lediglich eine Erklärung abgeben, die er vom Hörensagen- kennt.

cc) Die vorstehend wiedergegebene Verhinderung des Vorsitzenden des Betriebsrats bei der Stellungnahme vom 30.09.1999 an die Arbeitgeberin hält die erkennende Kammer zumindest für einen rechtskundigen Verfahrensbevollmächtigten für so auf der Hand liegend-, dass er im Hinblick auf die in § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG normierte gesetzliche Fiktion die mit der Einleitung des Beschlussverfahrens gleichen Rubrums - 5 BV 70/99 - beabsichtigte Rechtsverfolgung hätte für offensichtlich aussichtslos halten und den Betriebsrat zumindest von einer anwaltlichen Vertretung auch zur Begrenzung der Kostenpflicht der Arbeitgeberin nach § 40 Abs. 1 BetrVG, abraten müssen.

III.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzlich Bedeutung zugemessen und die Rechtsbeschwerde deshalb für den Betriebsrat zugelassen (vgl. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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