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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.07.2005
Aktenzeichen: 12 (10) Sa 598/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 233
1. Bei der Eingabe von Friständerungen ist zum einen sicher zu stellen, dass die Löschung (Streichung) der bisherigen Frist nur nach bzw. bei Erfassung der neuen Frist erfolgen kann. Zum anderen ist eine Endkontrolle des Eingabevorgangs, z. B. durch Erstellung eines Ausdrucks, vorzusehen.

2. Die EDV-mäßige Fristenverwaltung erübrigt nicht die Notierung von Fristabläufen auf der (Hand-)Akte des Prozessbevollmächtigten.

3. Dem Prozessbevollmächtigten ist eingegangene Post (i. c. der gerichtliche Beschluss über die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist) mit der Handakte dergestalt vorzulegen, dass er "mit einem Blick" anhand der Fristnotierung auf der Akte erkennen kann, dass der geänderte Fristablauf vom Büropersonal richtig erfasst und in den Fristenkalender eingegeben wurde.


Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird unter Aufrechterhaltung des Verwerfungsbeschlusses vom 13.04.2005 zurückgewiesen.

Die weiteren Kosten trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob ein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen bereits seit Juni 1973 kraft Fiktion nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Nr. 1 AÜG besteht oder ob es erst durch Arbeitsvertrag vom 29.01.1985 zum 01.03.1985 zustande gekommen ist. Der am 03.04.1951 geborene Kläger war seit 1966 als Elektroinstallateur bei der Fa. E., E., beschäftigt. Die Fa. E. war aufgrund von Werkverträgen u.a. für die Thyssengas GmbH, die Rechtsvorgängerin der Beklagten, tätig und setzte dort den Kläger in dem Zeitraum von 1973 bis 1985 ein. Hierbei wurde der Kläger - nach seiner Behauptung mit der Wartung der Haustechnik befasst, war dem Werkstattleiter T. von Thyssengas unterstellt, arbeitete mit Mitarbeitern von Thyssengas zusammen und war in den dortigen Arbeitsablauf eingegliedert. Nach Behauptung der Beklagten lag es in der Entscheidung der Fa. E., welche Arbeitnehmer bei welchen Auftraggebern eingesetzt wurden; die Gewährung von Urlaub oder Entgegennahme von Krankmeldungen habe sie weiterhin selbst vorgenommen, den Kläger habe sie bei Thyssengas bedarfsweise zur Erfüllung ihrer werkvertraglichen Aufgaben eingesetzt. Mit Arbeitsvertrag vom 29.01.1985 (Bl. 140 ff. Gerichtsakte) stellte Thyssengas den Kläger zum 01.03.1985 als Elektriker ein und erteilte ihm eine Zusage auf betriebliche Altersvorsorge nach ihrer Pensionsordnung. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Problematik des drittbezogenen Personaleinsatzes im Hinblick auf (unzulässige) Arbeitnehmerüberlassung im Unternehmen bereits allgemein bekannt. Durch Statusmitteilung über den Stand der Werkspension zum 31.12.2002 (Bl. 148 f.) setzte Thyssengas den Kläger über die Höhe seiner voraussichtlichen Werkspension in Kenntnis; in der Statusmitteilung ist als pensionsfähiges Eintrittsdatum der 01.03.1985 angegeben. Am 19.12.2003 schlossen der Kläger und Thyssengas einen Aufhebungsvertrag (Vorruhestandsvertrag) zum 30.06.2004 gemäß der 51er Regelung der TG (Bl. 145 ff.). In dem Vertrag ist bestimmt: Mit Erfüllung dieses Vertrages sind sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dem Anlass seiner Beendigung abgegolten. Zum 01.02.2004 trat die Beklagte als Betriebserwerberin gemäß § 613 a BGB in die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses ein. Mit gewerkschaftlichem Schreiben vom 05.02.2004 reklamierte der Kläger erstmals und unter Hinweis auf die BAG-Entscheidung vom 18.02.2003 (3 AZR 160/02, AP Nr. 5 zu § 13 AÜG) die Anerkennung der Beschäftigungszeiten von 1973 bis 1985 und deren Berücksichtigung bei der Berechnung der betrieblichen Altersversorgung. Mit der im Mai 2004 vor dem Arbeitsgericht Duisburg erhobenen und an das Arbeitsgerichts Essen verwiesenen Klage hat der Kläger beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Thyssengas GmbH bereits seit Juni 1973 bestanden habe. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Durch Urteil vom 28.10.2004 hat das Arbeitsgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Tatsachenvortrag des Klägers für die Feststellung einer (unzulässigen) Arbeitnehmerüberlassung nicht genüge und zudem der Kläger das Recht verwirkt habe, sich auf ein nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Nr. 1 AÜG fingiertes Arbeitsverhältnis für den Zeitraum von Juni 1973 bis Februar 1985 zu berufen.

Gegen das ihm am 17.01.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.02.2005 Berufung eingelegt. Am 10.03.2005 hat er mit Schriftsatz vom selben Tag wegen Urlaubs seines Prozessbevollmächtigten vom 14.03. bis 18.03.2005 die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.04.2005 beantragt. Mit Beschluss vom 11.03.2005 hat das Gericht unter Zurückweisung des Verlängerungsantrags im übrigen die Begründungsfrist bis zum 31.03.2005 verlängert. Nachdem keine Berufungsbegründungsschrift eingegangen ist, hat das Gericht mit Beschluss vom 13.04.2004, am Folgetag zugestellt, die Berufung als unzulässig verworfen. Daraufhin hat der Kläger am 28.04.2005 wegen Versäumung der Begründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und gleichzeitig die Berufung unter Weiterverfolgung seines Klageantrags begründet. Der Kläger trägt für sein Wiedereinsetzungsgesuch vor: Im Betrieb seiner gewerkschaftlichen Prozessbevollmächtigten werde das Rechtsanwaltsprogramm Phantasy verwendet, das sämtliche Fristabläufe nach Art des Fristablaufs, Aktenzeichnung und Parteibezeichnung erfasse. Neben dem elektronischen Fristenkalender werde kein Fristenkalender in Papierform geführt. Im Falle eines Fristverlängerungsantrags bleibe die ursprünglich notierte Frist bestehen. Die beantragte Frist werde wegen der Ungewissheit der gerichtlichen Entscheidung aus Vorsichtsgründen auch nicht vorsorglich eingetragen. Vornehmlich an Tagen mit vielen Fristabläufen würden die in den Fristenkalender von Phantasy eingegebenen Daten ausgedruckt und dem Sachbearbeiter vorgelegt. Die Postbearbeitung mit der Eingabe der sich daraus ergebenden Fristabläufe obliege der Angestellten B. Im Rahmen der EDV-mäßigen Bearbeitung eines fristwahrenden Schriftstücks erhalte die zugehörige Fristeintragung einen Abvermerk und nach Postausgang einen den Farbwechsel des Eintrags von rot auf grün auslösenden - Erledigungsvermerk. Allein anhand der Farbnotierung sei erkennbar, welche Fristen für einen bestimmten Tag erledigt seien und welche nicht. Bei der Aktenanlage werde ein Fristenkontrollblatt mit dem Datum des Fristablaufs erstellt; anhand der dann vorgelegten Handakte könne der Sachbearbeiter die Fristberechnung kontrollieren. Eingegangene Post werde ohne Handakte dem zuständigen Sachbearbeiter oder bei Abwesenheit einem seiner Vertreter vorgelegt. Die zuständige Büroangestellte B. habe nach Eingang des gerichtlichen Beschlusses vom 11.03.2005 die ursprüngliche Begründungsfrist gelöscht, indessen möglicherweise wegen unvorhergesehener Telefonate vergessen, nach Löschung der alten Frist die neue, auf den 31.03.2005 verlängerte Frist einzugeben. Die Beklagte widerspricht dem Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers und beantragt auch in der Sache die Zurückweisung der Berufung. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen. Entscheidungsgründe: I. Die Berufung des Klägers ist wegen Versäumung der Begründungsfrist unzulässig, § 66 Abs. 1 Satz 3 u. 5 ArbGG, § 522 Abs. 1 ZPO. Sein Wiedereinsetzungsantrag vom 28.04.2005 ist unbegründet. Der Verwerfungsbeschluss der Kammer vom 13.04.2004 hat daher Bestand. 1. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt nach § 233 ZPO voraus, dass die Partei ohne ihr Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beruht auf einem Organisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten des Klägers, welches er sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Bevollmächtigte im Sinne dieser Vorschrift sind Rechtsanwälte ebenso wie Verbandsvertreter nach § 11 ArbGG (vgl. BAG, Beschluss vom 02.05. 1995, 4 AZB 8/95, AP Nr. 40 zu § 233 ZPO 1977, Vossen, GK-ArbGG, § 66 Rz. 42). 2. Für die Berechnung, Notierung und Kontrolle von Fristen bei Fristverlängerungsanträgen gelten vom Ansatz her dieselben Voraussetzungen, wie sie für die unmittelbare Fristenwahrung bei Berufung und Berufungsbegründung selbst bestehen. Dabei kann der Prozessbevollmächtigte die Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen. Er hat freilich durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Die organisatorischen Maßnahmen müssen so beschaffen sein, dass bei unerwarteten und erst recht bei üblichen Störungen des Betriebsablaufs die Fixierung und Einhaltung der anstehenden Frist gewährleistet ist (BGH, Beschluss vom 05.02.2003, NJW 2003, 181, vgl. BGH, Beschluss vom 14.07.1999, NJW-RR 1999, 1663). Insoweit sind eindeutige Anweisungen an das Büropersonal, die Festlegung klarer Zuständigkeiten und die mindestens stichprobenartige Kontrolle des Personals unverzichtbar. 3. Die Fixierung der Fristen hat in erster Linie mittels eines elektronisch oder in Papierform geführten Fristenkalenders sowie mittels Notierung der Fristen auf den Handakten des Anwalts zu erfolgen (BGH, Beschluss vom 05.02.2003,a.a.O., Musielak/Grandel, ZPO, 4. Aufl., § 233 Rz. 18). a) Wird ein computerisierter Fristenkalender geführt, bedarf es nicht zusätzlich eines herkömmlichen Fristenkalenders in Papierform (BGH, Beschluss vom 10.10.1996 AP Nr. 50 zu § 233 ZPO 1977, Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 233 Rz. 23). Allerdings muss die Fristenführung neben der Funktionsfähigkeit, Geeignetheit und Bewährung des EDV-Programms hinsichtlich Eingabe, Überprüfung und Sicherung der Fristen den Anforderungen an manuelle Fristenverwaltung entsprechen. Daher sind mit der Eingabe Vorkehrungen gegen Fehlerhaftigkeit und Unvollständigkeit, sei es durch individuelle Bedienungsfehler oder durch technische Fehler (Stromausfall, Systemabsturz), vorzusehen. Zu diesen Vorkehrungen gehört, dass vermerkte (eingegebene) Fristen erst dann als erledigt gekennzeichnet oder gestrichen (gelöscht) werden, wenn die fristwahrende Maßnahme zuverlässig in die Wege geleitet oder durchgeführt ist. Indem die Eingabe einer geänderten (verlängerten) Frist einen aus Löschung des bisherigen Fristablaufs und Eintrag des neuen Fristablaufs bestehenden einheitlichen Vorgang darstellt, ist zu gewährleisten, dass der Vorgang nicht auseinander gerissen wird und dass erst nach der Berechnung, Notierung und/oder Eintragung der neuen Frist die alte Frist gelöscht bzw. als letzter Schritt der Erledigungsvermerk vorgenommen werden darf. Des weiteren ist, wenn der Prozessbevollmächtigte eine Fristverlängerung beantragt, das hypothetische Ende der beantragten Fristverlängerung im Fristenkalender einzutragen und nach Eingang der gerichtlichen Mitteilung zu überprüfen, damit das wirkliche Ende der Frist festgestellt wird. Mit seinem Einwand, dass hierdurch allenfalls eine zusätzliche Fehlerquelle geschaffen werde, verkennt der Kläger die Rechtsprechung (BHG, Beschluss vom 22.11.2001, NJW-RR 2002, 712, Beschluss vom 13.12.2001, BGHReport 2002, 246, OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.07.2000, MDR 2001, 120 Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 22 Rz. 16 d), die an den Risiken, die sich aus dem Nichteintrag des hypothetischen Fristablaufs ergeben, orientiert ist. b) Des weiteren ist ein Verfahren vorzusehen, dass dem Büropersonal oder Prozessbevollmächtigten die (End-)Kontrolle ermöglicht, ob und wie die eingegebenen Fristen im System erfasst sind. Insoweit wird in der Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 12.10.1998, NJW 1999, 582, BFH, Beschluss vom 06.08.2001, BFH/NV 2002, 44) verlangt, dass zum Abschluss des Eingabevorgangs bzw. bei der notwendigen abendlichen Kontrolle ein Ausdruck über die abgespeicherten Eingaben erstellt wird und anhand dieses Ausdrucks die zu vermerkende mit der tatsächlich eingegebenen Frist abgeglichen werden kann. Jedenfalls genügt die elektronische Kalenderführung nicht den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Büroorganisation, wenn hierbei die versehentliche Kennzeichnung einer Frist als erledigt dazu führt, dass die Sache am Tage des Fristablaufs im Fristenkalender gar nicht mehr auftaucht, so dass bei einer Endkontrolle die versehentliche Löschung nicht erkannt werden kann (BGH, Beschluss vom 11.10.2000, AP Nr. 72 zu § 233 ZPO 1977, Beschluss vom 02.03.2000, AP Nr. 68 zu § 233 ZPO 1977). c) Soll der Erledigungsvermerk über den Fristablauf bzw. die Fristverlängerung dem Prozessbevollmächtigten, dem die (Hand-)Akten mit dem Schriftstück vorgelegt werden, eine wirksame Fristenkontrolle ermöglichen, muss er durch einen Blick auf oder in die Akten zuverlässig erkennen können, wann die Frist abläuft, dass sie in dem herkömmlichen oder computerisierter Fristenkalender eingetragen ist und dass das Büropersonal seinerseits die Frist jedenfalls durch Überprüfung des (korrekt geführten) Fristenkalenders im Auge behalten wird, sobald die Akten wieder in seinen Verantwortungsbereich gelangt sind. Indem die im Fristenkalender eingetragenen bzw. eingegebenen Fristen auf den Handakten des Prozessbevollmächtigten ausgewiesen werden, ist die Kontrolle möglich. Von dieser Kontrollpflicht wird der Prozessbevollmächtigte nicht durch die Verwendung des elektronischen Fristenkalenders in einem Computer-Programm für Rechtsanwälte entbunden. Denn das Programm schließt nicht die Eingabe falscher Daten oder andere Bedienungsfehler aus (BGH, Beschluss vom 20.02.1995, NJW 1995, 1499, Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 233 Rz. 83). Die dem Büropersonal erteilte Anweisung, die Handakten regelmäßig auf notierte Vorfristen und Fristen durchzusehen, ist ein weiteres Hilfsmittel, um zu vermeiden, dass im Fristenkalender versehentlich vorgenommene Fehleintragungen oder Löschungen zu Fristversäumungen führen. 2. Gemessen an diesen Anforderungen hat der Kläger die Berufungsbegründungsfrist nicht aufgrund des individuellen Versagens einer ansonsten als zuverlässig bekannten Angestellten seiner Prozessbevollmächtigten versäumt. Vielmehr war ein Organisationsverschulden seiner Prozessbevollmächtigten selbst für die Fristversäumnis entscheidend gewesen. a) Es kann dahinstehen, inwieweit das von einer Fachfirma entwickelte Phantasy-Programm zur elektronischen Fristenverwaltung geeignet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 02.05.2000, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 72) und ein auf Anwaltskanzleien zugeschnittenes Programm die Geschäfts- und Arbeitsabläufe in einer gewerkschaftlichen Rechtsschutzorganisation zuverlässig einfängt oder Anpassungen und ergänzende Anweisungen und Kontrollen erfordert. Jedenfalls ist im Falle von Friständerungen, namentlich Fristverlängerungen, für den Eingabevorgang sicherzustellen, dass die Löschung der (bisherigen) Rechtsmittelbegründungsfrist erst nach der Eingabe des neuen Fristablaufs erfolgt. Gerade angesichts von im Arbeitsalltag unvermeidbaren Unterbrechungen und Störungen des Vorgangs der Fristnotierung bestehen erhebliche Risiken, wenn in einer laufenden Rechtsmittelsache eine Frist gestrichen bzw. gelöscht wird, ohne dass die Eintragung des neuen Fristablaufs gesichert ist. Vorliegend wurde in der Büroorganisation der Prozessbevollmächtigten des Klägers weder durch das EDV-Programm noch durch andere technische Vorgaben oder Handlungsanweisungen im Fall von Friständerungen gewährleistet, dass die Löschung (Streichung) der bisherigen Frist nur nach bzw. bei Erfassung der neuen Frist erfolgen konnte. Damit wurde schuldhaft versäumt, möglichen Störungen bei dem Eingabevorgang, insbesondere der ersatzlosen Löschung des bisherigen Fristablaufs, zu begegnen. Darüberhinaus fehlt es in der Organisation der Prozessbevollmächtigten des Klägers an einer Endkontrolle. Dass generell oder im Streitfall ein Ausdruck nach dem einzelnen Eingabevorgang oder am Ende des Tages zum Zwecke der Kontrolle erstellt wird, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht behauptet. Überdies führt bei der EDV-gestützten Fristenverwaltung der Prozessbevollmächtigten die versehentliche Kennzeichnung einer Frist als erledigt (Streichung/Löschung) dazu, dass die Sache weder am Tage des ursprünglichen noch des (gemäß dem Verlängerungsantrag) hypothetischen Fristablaufs im Fristenkalender auftaucht und daher die versehentliche Löschung nicht erkannt werden kann. Dass zu Beginn jedes Arbeitstages ein Ausdruck über sämtliche Fristabläufe erstellt und in diesem Ausdruck auch die gestrichenen Fristabläufe erscheinen, ist keine Sicherung vor versehentlich erfolgten Streichungen, weil keine Überprüfung auf Richtigkeit vorgesehen oder anhand des Ausdrucks selbst möglich ist. Andere EDV-mäßigen oder manuellen Vorkehrungen gegen versehentliche Fristlöschungen sind ebenfalls nicht getroffen worden. b) Schließlich ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen, dass nach der im elektronischen Fristenkalender eingegebenen Frist(-verlängerung) der Fristablauf auf der Akte notiert werden sollte und wurde. Ebenso wenig wird erklärt, ob und weshalb der Prozessbevollmächtigte, dem das eingegangene Schriftstück (i.c. dem Gerichtsbeschluss über den Verlängerungsantrag) vorgelegt wird, von dem (korrekten) Fristeintrag im Fristenkalender ausgehen kann. Vielmehr ist es so, dass das Schriftstück ohne weiteren Vermerk und auch ohne Akte vorgelegt wird, so dass der Prozessbevollmächtigte selbst nicht erkennen kann, ob das Büropersonal den geänderten Fristablauf in den elektronischen Fristenkalender eingegeben hat. Richtigerweise hätte es der generellen Anordnung bedurft, eingegangene Schriftstücke mit der Handakte vorzulegen und durch entsprechenden Vermerk auf der Handakte dem sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten die Erledigung der neu eingetragenen und von ihm zu kontrollierenden Frist anzuzeigen (vgl. BAG, Beschluss vom 10.01.2003, 1 AZR 70/02, AP Nr. 80 zu § 233 ZPO 1977). II. Wäre die Berufung zulässig, hätte sie als unbegründet zurückgewiesen werden müssen. Zwar bestehen gegen die Zulässigkeit der Klage jedenfalls dann keine Bedenken, wenn man den Klageantrag im Hinblick auf das Klageziel auslegt, die nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fingierte Dienstzeit für die Berechnung der Werkspension berücksichtigt zu wissen (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 02.06.2005, 11 Sa 218/05). Die Klage ist jedoch aus den zutreffenden Gründen des erstinstanzlichen Urteils, die sich die Kammer gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zu eigen macht, unbegründet. Der Kläger hat es weder in erster noch in zweiter Instanz vermocht, in Abgrenzung zur Tätigkeit auf Grund eines Werk- oder Dienstvertrags die tatsächlichen Voraussetzungen der Arbeitnehmerüberlassung substantiiert darzustellen. Auch wenn man nach seinem Vortrag als richtig unterstellt, dass er weitgehend in den Betrieb der Thyssengas eingegliedert war, hebt dies nicht darüber hinweg, dass, wenn die Fa. E. den Einsatz der Elektriker eigenständig disponierte und Thyssengas insoweit weder rechtlich noch tatsächlich Änderungen vornehmen konnte, der drittbezogene Arbeitseinsatz keine Arbeitnehmerüberlassung bedeutete (vgl. BAG, Urteil vom 06.08.2003, 7 AZR 180/03, AP Nr. 6 zu § 9 AÜG). Der angebotene Zeugenbeweis läuft überdies auf einen zivilprozessual unzulässigen Ausforschungsbeweis hinaus (vgl. BAG, Urteil vom 15.12.1999, 5 AZR 566/98 AP Nr. 9 zu § 84 HGB): Indem die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, kommt eine Beweisaufnahme nicht in Betracht. Schließlich hat der Kläger das Recht verwirkt, sich auf das Bestehen eines kraft Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fingierten Arbeitsverhältnisses zu berufen. Mit der 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts (Urteil vom 02.06.2005, a.a.O.) und der herrschenden Rechtsmeinung (BAG, Urteil vom 19.03.2003, 7 AZR 269/02, n.v., LAG Köln, Urteil vom 28. 01.2002, NZA-RR 2002, 458; offen gelassen in BAG, Urteil vom 18.02.2003, 3 AZR 160/02, AP Nr. 5 zu § 13 AÜG) hält die Kammer dafür, dass die Berufung des Leiharbeitnehmers auf unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 242 BGB verwirken kann. Den zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil zur Erfüllung des Zeit- und Umstandsmomentes vermag die Berufung des Klägers nichts entgegenzusetzen. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG. Die Kammer hat dem vorliegenden Rechtsstreit eine grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher für den Kläger die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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