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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.10.2003
Aktenzeichen: 12 (9) Sa 1034/03
Rechtsgebiete: BGB, BErzGG, GG


Vorschriften:

BGB § 611
BErzGG § 15 Abs. 4
GG Art. 3
GG Art. 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In Sachen

hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 08.10.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Plüm als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Märtin und den ehrenamtlichen Richter Bunse

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Essen. vom 13.03.2003 wird die Zahlungsklage (Tenor zu 2) abgewiesen. Im Übrigen werden die Berufung der Klägerin einschließlich der in der Berufungsinstanz neu gestellten Anträge und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 6/7 und die Beklagten (als Gesamtschuldner) zu 1/7; die Kosten zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 11/12 und die Beklagten zu 1/12.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, einer Teilzeitbeschäftigung der Klägerin bei einem anderen Arbeitgeber während und nach der Elternzeit zuzustimmen, den Namen der Klägerin wieder auf den Briefbögen und auf dem Praxisschild der Kanzlei aufzunehmen und sie an vergangenen und künftigen Gehaltsanhebungen in der Kanzlei teilhaben zu lassen.

Die Klägerin ist seit 1996 als Rechtsanwältin bei den Beklagten angestellt, die als Sozietät aus inzwischen 7 Rechtsanwälten/Notaren mit 4 angestellten Rechtsanwälten eine Kanzlei in F. betreiben. Die Beklagten haben als Großmandanten Immobiliengesellschaften mit hohen Mietwohnungsbeständen im Ruhrgebiet, insbesondere auch in F.. Die Klägerin übte ihre anwaltliche Tätigkeit bis Mitte 2001 schwerpunktmäßig im Mietrecht aus und war damit befasst, die Korrespondenz mit den Großmandanten zu halten, für sie Schriftsätze zu fertigen und Gerichtstermine wahrzunehmen. Am 31.07.2001 kamen die Parteien überein, dass die Klägerin fortan nur noch vormittäglich Gerichtstermine wahrzunehmen habe, und vereinbarten hierfür eine ­ gemessen an der reduzierten Arbeitszeit erhöhte ­ Vergütung von DM 4.200,00 brutto. In Ziffer 7 der Vereinbarung vom 31.07.2001 bestimmten sie folgendes: "Eine Nebentätigkeit ­ auch juristische/anwaltliche Nebentätigkeit ­ ist Ihnen (scil. der Klägerin) gestattet, wenn diese mit ihrer Tätigkeit für uns nicht kollidiert. Sie werden uns solche Tätigkeit vorher anzeigen."

Im Oktober 2001 teilte die Klägerin den Beklagten mit, dass sie beim Mieterschutzverein Groß-E. e.V. einer stundenweisen Nebentätigkeit an zwei Nachmittagen in der Woche nachgehen könne. Die Beklagten hielten entgegen, dass eine solche Nebentätigkeit mit dem Anstellungsverhältnis kollidiere, und blieben auch nach einem Schreiben der Klägerin vom 23.10.2001 bei der Ablehnung der Nebentätigkeit.

Im Frühjahr 2002 nahm die Klägerin mit Billigung der Beklagten vorübergehend eine Nebentätigkeit in einer Düsseldorfer Anwaltskanzlei auf. Daraufhin teilten die Beklagten ihr Ende März mit, dass ihr Namen auf künftigen Briefbögen und auf dem Praxisschild nicht mehr erscheinen werde. Gleichzeitig wiesen sie unter Hinweis auf die von der Klägerin am 31.07.2001 "durchgesetzte Gehaltserhöhung von ca. 40 %" ein auf Gleichbehandlung mit anderen Mitarbeitern gestütztes Gehaltsanpassungsverlangen der Klägerin zurück.

Ende Mai 2002 zeigte die Klägerin den Beklagten ihre Schwangerschaft an. Im November 2002 korrespondierten die Parteien erneut miteinander über die von der Klägerin angestrebte Nebentätigkeit beim Mieterschutzverein Groß-E.. Die Beklagten widersprachen weiterhin dieser Nebentätigkeit. Nochmals lehnten sie es ab, den Namen der Klägerin auf den Briefbögen und auf dem Praxisschild wieder aufzunehmen.

Nach ihrer Niederkunft am 12.12.2002 nahm die Klägerin im Anschluss an die Mutterschutzfrist Elternzeit für drei Jahre in Anspruch.

Mit der vor dem Arbeitsgericht Essen erhobenen Klage will die Klägerin festgestellt wissen, dass der Teilzeitarbeit beim Mieterschutzverein Groß-E. e.V. keine "dringenden betrieblichen Interessen" i.S.v. § 15 Abs. 4 BErzGG entgegen stehen und die Beklagten auch nach der Elternzeit einer solchen Nebentätigkeit, soweit keine Interessen gegen Mandanten wahrgenommen werden, nicht widersprechen dürfen. Hilfsweise beantragt sie die Verurteilung der Beklagten, ihren Namen wieder auf Briefbögen und Praxisschild aufzunehmen. Des weiteren macht die Klägerin im Wege der Zahlungsklage eine für den Zeitraum vom 01.02.2002 bis 03.11.2002 auf Euro 650,82 brutto bezifferte Gehaltserhöhung von 3 % geltend und begehrt insoweit zum einen die Feststellung, dass die Beklagten den Anteil am Mutterschaftsgeld ab 04.11.2002 entsprechend anzupassen haben und zum anderen die Verurteilung der Beklagten, sie, die Klägerin, auch künftig an den regelmäßigen Gehaltsanpassungen in der Kanzlei teilnehmen zu lassen und ihr nach der Elternzeit ein entsprechend angepasstes Monatsgehalt zu zahlen.

Durch Urteil vom 13.03.2003 hat das Arbeitsgericht dem Hilfsantrag der Klägerin (Namensangabe im Briefkopf und auf dem Praxisschild) sowie ihrem Zahlungsantrag (Euro 650,82 nebst Zinsen) stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Mit den form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen greifen beide Parteien im Umfang ihres Unterliegens das Urteil an. Die Klägerin begehrt darüber hinaus die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz des Schadens aus der verweigerten Zustimmung zur Teilzeitarbeit beim Mieterschutzverein verpflichtet seien. Außerdem beantragt sie hilfsweise die Verurteilung der Beklagten, der Teilzeitarbeit beim Mieterschutzverein zuzustimmen. Die Beklagten beantragen die Abweisung auch der erweiterten Klage.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass eine Nebentätigkeit beim Mieterschutzverein Groß-E. nicht den Geschäftsinteressen der Beklagten zuwider laufe. So fielen Streitigkeiten zwischen Mitgliedern des Mieterschutzvereins einerseits und den von den Beklagten betreuten Großmandanten nur sehr selten an. In diesen Fällen könnte und würde sie, die Klägerin, im Mieterverein eine Beratung von Mitgliedern ablehnen. Die Klägerin macht weiter geltend, dass im Hinblick auf die notwendige Betreuung des Kindes ihr während der Elternzeit nur eine stundenweise Berufstätigkeit möglich sei und eine solche Tätigkeit nur der Mieterschutzverein in E. biete. Zum Verlangen nach Gehaltsanhebung trägt die Klägerin vor, dass in der Kanzlei der Beklagten üblicherweise die Gehälter jährlich um (mindestens) 3 % angehoben würde. Die Beklagten könnten sie ­ so meint die Klägerin ­ nicht wegen der Gehaltsvereinbarung im Änderungsvertrag vom 31.07.2001 ausnehmen, weil der Vertrag von ihnen veranlasst gewesen sei und die Beklagten vermeiden wollten, bei einer Personalreduzierung nach Sozialauswahlgesichtspunkten einen anderen Anwalt entlassen zu müssen.

Die Beklagten halten entgegen, dass der Mieterschutzverein der geborene Gegner ihrer Großmandanten im Mietbereich sei, und befürchten den Verlust dieser Mandanten und damit gravierende Einbrüche für ihre Praxis, wenn die Klägerin Mitglieder des Mieterschutzvereins insbesondere bei Streitigkeiten mit Großmandanten anwaltlich berate und außergerichtlich vertrete und der Mieterschutzverein, wenn er etwa im Internet für seine Rechtsberatung werbe, namentlich auch die Klägerin aufführe.

Die Beklagten meinen, dass die Klägerin während der Elternzeit, in der ihr Arbeitsverhältnis ruhe, nicht im Briefkopf und auf dem Praxisschild aufgeführt werden dürfe; damit würde die Klägerin auch keiner weiteren Außenhaftung ausgesetzt. Sie bestreiten, dass eine lineare Gehaltsanhebung von mindestens 3 % bei ihnen üblich sei. Vielmehr würde individuell und unterschiedlich über Gehaltsanhebungen entschieden. Von der Anhebung des Gehalts der Klägerin sei im Frühjahr 2002 wegen der im Zusammenhang mit der Vertragsänderung am 31.07.2001 vereinbarten Gehaltssteigerung abgesehen worden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der hierzu überreichten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Beklagten verurteilt, die Klägerin namentlich wieder auf den Briefbögen und dem Praxisschild erscheinen zu lassen. Die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil hat insoweit keinen Erfolg. Im Übrigen ist die Klage unbegründet und, soweit nicht schon vom Arbeitsgericht abgewiesen, auch mit den im Berufungsverfahren zusätzlich gestellten Anträgen abzuweisen. 1. Anwaltliche Nebentätigkeit beim Mieterschutzverein Groß-E. e.V.

a) Die Feststellungsklage ist unzulässig.

Nach § 15 Abs. 4 BErzGG setzt die Aufnahme einer Teilzeittätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber zunächst voraus, dass der Arbeitnehmer einen ordnungsgemäßen Antrag stellt, in dem er angibt, in welchem zeitlichen Umfang er bei welchem Arbeitgeber welche Tätigkeit aufnehmen will. Nur ein solcher Antrag löst die 4-Wochen-Frist für die vom Arbeitgeber zu erklärende Zustimmungsverweigerung aus. Hat der Arbeitnehmer keinen ordnungsgemäßen Antrag gestellt, entsteht kein Anspruch auf Zustimmung des Arbeitgebers und auf Ausübung der Teilzeitarbeit. Hat der Arbeitnehmer ordnungsgemäß die Zustimmung beantragt und hat der Arbeitgeber den Antrag nicht frist- oder formgerecht oder ohne hinreichende Begründung abgelehnt hat, besteht ebenfalls kein Zustimmungsanspruch des Arbeitnehmers, denn er bedarf nicht mehr der Zustimmungserklärung des Arbeitgebers, sondern darf die Teilzeittätigkeit aufnehmen (BAG, Urteil vom 26.06.1997, 8 AZR 506/95, AP Nr. 22 zu § 15 BErzGG). Liegen sowohl ein ordnungsgemäßer Antrag des Arbeitnehmers als auch eine ordnungsgemäße Ablehnung des Arbeitgebers vor, erreicht der Arbeitnehmer die benötigte Zustimmung nur mit einer Leistungsklage, die auf Abgabe einer Willenserklärung des Arbeitgebers (§ 894 ZPO) gerichtet ist (BAG vom 26.06.1997, a.a.O., vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 02.07.1999, NZA-RR 2000, 232, LAG Bremen, Urteil vom 27.03.2002, 12 Sa 124/01, n.v.). Die Feststellungsklage reicht nicht aus. Weil sie lediglich eine rechtliche Vorfrage betrifft bzw. auf die gutachterliche Klärung einer Rechtsfrage durch das Gericht abzielt, fehlt es am Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO). So liegen die Dinge im Streitfall. Nach der bereits im Oktober 2001 geführten und im Schreiben der Klägerin vom 23.10.2001 dokumentierten Zwistigkeit hat die Klägerin unter dem 18.11.2002 die Zustimmung der Beklagten zu ihrer Teilzeitarbeit beim Mieterschutzverein Groß-E. beantragt; die Beklagten haben unter dem 27.11.2002 ihre Ablehnung erneuert. Die Klägerin benötigt die Zustimmung der Beklagten. Die Feststellungsklage führt sie nicht zum Ziel.

Die Feststellungsklage ist auch insoweit unzulässig, als die Klägerin festgestellt wissen will, dass die Beklagten nach der Elternzeit nicht berechtigt seien, der Aufnahme und Fortführung einer Nebentätigkeit beim Mieterschutzverein GroßE. e.V. zu widersprechen, soweit sie, die Klägerin, keine Interessen gegen Mandanten der Beklagten wahrnehme. Zum einen ist der Antrag wegen der ambiguenten "Interessenkonformität" von Nebentätigkeitssituationen zu unbestimmt. Zum anderen besteht kein Interesse an einer "alsbaldigen" Feststellung (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.2001, NJW-RR 2001, 957). Die Elternzeit wird Anfang 1996 enden. Wie sich die Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf das Anstellungsverhältnis der Parteien und auf eine Nebentätigkeit der Klägerin beim Mieterschutzverein Groß-E. e.V. darstellen, ist derzeit kaum absehbar.

b) Der (zulässige) Hilfsantrag, die Beklagten zu verurteilen, der Teilzeitarbeit beim Mieterschutzverein während der Elternzeit zuzustimmen, ist in der Sache unbegründet.

Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 BErzGG kann der Arbeitgeber die Teilzeitarbeit "aus dringenden betrieblichen Gründen" ablehnen. Dieser Ablehnungstatbestand umfasst nach einhelliger und richtiger Rechtsauffassung (LAG Düsseldorf vom 02.07.1999, a.a.O., Gröninger/Thomas, MuSchG, § 15 BErzGG n.F. Rz. 65, Buchner/Becker, 7. Aufl., § 15 BErzGG Rz. 37, Zmarzlik/Zipperer/Viethen, 8. Aufl., § 15 BErzGG Rz. 45, Küttner/Reinecke, Personalbuch 2003, "Elternzeit", Rz. 22, ErfK/Dörner, 3. Aufl., § 15 BErzGG Rz. 30; vgl. BAG, Urteil vom 21.09.1999, 9 AZR 759/98, AP Nr. 6 zu § 611 BGB Nebentätigkeit = DB 2000, 1336, Urteil vom 16.08.1990, 2 AZR 113/90, AP Nr. 10 zu § 611 BGB Treuepflicht = DB 1991, 1682) das Recht des Arbeitgebers, seine Zustimmung zu einer vom Arbeitnehmer während der Elternzeit gewünschten Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber zu verweigern, wenn hierdurch berechtigte betriebliche Interessen signifikant beeinträchtigt werden. Dazu zählen Fälle von Interessenkollisionen, die auftreten können, wenn etwa der Arbeitnehmer für ein Konkurrenzunternehmen tätig werden möchte, wenn im Aufgabenbereich der Teilzeitarbeit Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers berührt werden und bei diesem gewonnene Insider-Kenntnisse verwertbar sind oder wenn sein Geschäftsziel und das des anderen Arbeitgebers sich dermaßen widersprechen, dass sich die Nebentätigkeit negativ auf die Wahrnehmung der Geschäftspartner oder der Öffentlichkeit auswirkt (vgl. BAG, Urteil vom 28.02.2002, 6 AZR 357/01, DB 2002, 1560 ­ Nebentätigkeit eines Krankenpflegers als Leichenbestatter, Singer, Anm. zu AP Nr. 8 zu § 611 BGB Nebentätigkeit). Allerdings muss, damit der Arbeitnehmer nicht unverhältnismäßig in seinem Recht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) beeinträchtigt wird, die Betroffenheit der Arbeitgeberinteressen signifikant sein. Dies kann der Fall sein, wenn das Bekanntwerden der Nebentätigkeit Ansehen und Ruf des Arbeitgebers im Geschäftsleben und dessen unternehmerische Betätigungen gefährdet werden oder wenn der Arbeitgeber aus anderen wirtschaftlichen Gründen ein erhebliches Interesse daran hat, dass der Arbeitnehmer die inkriminierte Nebentätigkeit unterlässt. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, inwieweit es dem Arbeitnehmer durch die Untersagung der Nebentätigkeit versperrt wird, seine Arbeitskraft anderweitig einzusetzen und Nebenbeschäftigungen nachzugehen, die nicht im Widerspruch zu den Interessen des Arbeitgebers stehen.

Der Versagung der Zustimmung zur Teilzeitarbeit wegen Interessenkollision kann der Arbeitnehmer im allgemein nicht entgegen setzen, dass Kollisionsfälle selten zu erwarten seien und er dann in der Lage sei, seine Tätigkeit auf andere Aufgaben ohne Konfliktlage zu verlegen. Zwar genügt im Einzelfall für die Zustimmungsverweigerung nach § 15 Abs. 4 BErzGG nicht die sehr entfernt liegende Möglichkeit einer Interessenkollision; vielmehr muss die Gefahr, dass ein Kollisionsfall eintritt, plausibel sein. Jedoch soll durch das Erfordernis der Zustimmung gemäß § 15 Abs. 4 BErzGG bereits im vorhinein der Gefahr vorgebeugt werden, dass der Arbeitnehmer durch eine Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber die seinem bisherigen Arbeitgeber gegenüber auch während der Elternzeit fortgeltenden Nebenpflichten verletzt. Es muss nicht dazu kommen, dass eine konkrete Nebenpflichtverletzung des Arbeitnehmers nachweisbar eintritt (BAG, Urteil vom 21.09.1999, a.a.O., LAG Düsseldorf vom 02.07.1999, a.a.O.).

c) Gemessen an diesen Grundsätzen haben die Beklagten zu Recht die Zustimmung zu einer Teilzeitarbeit der Klägerin beim Mieterschutzverein GroßE. versagt.

Die drei Großmandanten der Beklagten verfügen über einen Wohnungsbestand von insgesamt ca. 200.000 Einheiten; ca. 20.000 Einheiten liegen im Raum F.. Damit liegt die Gefahr nahe, dass es zwischen den ­ von den Beklagten betreuten ­ Mandanten als Vermieter und den vom Mieterschutzverein vertretenen Mitgliedern als Mieter zu mietrechtlichen Differenzen kommen und im Mieterschutzverein eine von Klägerin zu leistende anwaltliche Beratungsund Betreuungstätigkeit auslösen kann. Dabei ist nicht von der Hand zu weisen, dass die von den Beklagten betreuten Vermieter bei der Klägerin Kenntnisse über mandantenspezifische Probleme bei Nebenkostenabrechnungen, Mieterhöhungsverlangen oder Wärme-Contracting und deren Verwertung auf der Gegenseite befürchten. Jedenfalls ist damit zu rechnen, dass die Betätigung der Klägerin beim Mieterschutzverein bekannt wird. Dann aber sind Irritationen bei den Großmandanten und für die Beklagten nachteilige Reaktionen nicht auszuschließen. Die Beklagten sind zu einem erheblichen Teil ihrer Notariats- und Anwaltstätigkeit auf den Fortbestand der Geschäftsbeziehungen zu den Großmandanten und ihrer störungsfreien und vertrauensvollen Durchführung angewiesen. Sie haben daher ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran, dass die Klägerin sich nicht auf der "Gegenseite", bei einem Mieterschutzverein, betätigt. Dieses Interesse rechtfertigt die Zustimmungsverweigerung. Es mag für die Klägerin derzeit auf dem Arbeitsmarkt keine andere örtlich nahgelegene und gleichzeitig stundenweise ausübbare sowie angemessen vergütete Anwaltstätigkeit im mietrechtlichen Bereich geben. Indessen bleibt die Untersagung der Nebentätigkeit bei einem Mieterschutzverein in der Region angesichts der überwiegenden Interessen der Beklagten gerechtfertigt. Der Klägerin ist es nicht verwehrt, ihre Arbeitskraft anderweitig einzusetzen und einer Teilzeitarbeit als Anwältin nachzugehen, die nicht den Interessen der Beklagten zuwider läuft. Anzumerken ist, dass § 15 Abs. 4 BErzGG keinen Rechtsanspruch auf Zustimmung des Arbeitgebers zur Teilzeitbeschäftigung zu bestimmten, an der Hauptbeschäftigung oder an den persönlichen Lebensverhältnisse orientierten Mindestkonditionen gibt. Vielmehr mutet das Gesetz dem Arbeitnehmer auch zu, entweder im Einzelfall eine zwar ungünstigere, aber kollisionsfreie Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber zu suchen oder auf eine Teilzeitarbeit zu verzichten oder das bisherige Arbeitsverhältnis zu lösen, wenn er einer neuen, den Interessen des Arbeitgebers entgegen laufenden Tätigkeit nachgehen will.

d) Haben die Beklagten zu Recht die Zustimmung zur Teilzeitarbeit beim Mieterschutzverein Groß-E. verweigert, muss die Klägerin auch mit der beantragten Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten (Antrag zu 6 aus dem Schriftsatz vom 12.08.2003) erfolglos bleiben.

2. Angabe des Namens der Klägerin auf den Briefbögen und dem Praxisschild

Die Beklagten haben arbeitsvertragswidrig den Namen der Klägerin aus der Namensliste im Briefkopf und vom Praxisschild der Kanzlei verbannt. Das Arbeitsgericht hat daher zu Recht der Klage stattgegeben.

a) Indem die Arbeitgeber-Kanzlei die Namen von angestellten Anwälten im Briefkopf und auf dem Praxisschild mit aufführt, beschränkt sie sich nicht auf einen bloßen Organisationsakt und die Konkretisierung der Arbeitspflicht, die es umfasst, dass der Arbeitgeber das Erscheinungsbild seines Unternehmens gegenüber Außenstehenden in Briefen oder anderen Kommunikationsmitteln gestaltet und dabei Mitarbeiter als "Ansprechperson" für den Geschäftsverkehr namentlich angibt (vgl. BAG, Beschluss vom 08.06.1999, 1 ABR 67/98, AP Nr. 31 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes = DB 1999, 2218). Vielmehr wird mit der namentlichen Angabe von Rechtsanwälten im Briefkopf und auf dem Kanzleischild auch deren Außenhaftung begründet (BGH, Urteil vom 24.01.1978, NJW 1978, 284 = DB 1978, 1173, Urteil vom 24.01.1991, NJW 1991, 1225, Urteil vom 12.10.2000, NJW 2001, 165 = DB 2001, 381). Daneben hat der Vorgang werbenden Charakter sowohl für die Kanzlei (BGH, Urteil vom 12.06.1997, NJW 1997, 3238, Urteil vom 17.04.1997, NJW 1997, 3236 = DB 1997, 2219, AnwGH Hamburg v. 19.04.2001, NJW 2001, 2553) als auch für den Rechtsanwalt (BGH, Urteil vom 19.11.2001, NJW 2002, 1419). Schon wegen der Begründung der Außenhaftung ist der Arbeitsvertrag in seinem Kerngehalt betroffen. Daher unterliegt die Namensangabe auf Briefbögen und Praxisschild nicht dem einseitigen Bestimmungsrecht des Arbeitgebers, sondern erfordert eine Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Die Vereinbarung kann auch konkludent zustande kommen (§ 151 Satz 1 BGB), was durchweg der Fall sein wird, wenn dem angestellten Rechtsanwalt die Angabe seines Namens im Briefkopf und auf dem Praxisschild bekannt wird und er sie wegen der damit verbundenen Ansehenssteigerung widerspruchslos hinnimmt. Liegt der Namensangabe eine Vereinbarung der Parteien zugrunde, so kann die Arbeitgeber-Kanzlei die Eliminierung des Namens des angestellten Anwalts grundsätzlich nur einvernehmlich oder im Wege der Änderungskündigung erreichen. Die Namensangabe des angestellten Anwalts im Briefbogen und auf dem Praxisschild der Kanzlei steht unter dem Vorbehalt der rechtlichen, insbesondere wettbewerbsrechtlichen sowie berufs- und standesrechtlichen Zulässigkeit. Insoweit ist, zumal bei richtlinienkonformer Anwendung (vgl. Art. 3 Abs. 1 c der Richtlinie 76/207/EWG i.d.F. v. Art. 1 Nr.3 der Richtlinie 2002/73/EG) der BRAO, unter keinem Aspekt bedenklich, dass die Arbeitgeber-Kanzlei die weiterhin bei ihm angestellte im Erziehungsurlaub befindliche Anwältin in der Namensleiste aufführt. Eine angestellte Rechtsanwältin ist nur vorübergehend durch die in Anspruch genommene Elternzeit an der Berufsausübung verhindert. Sie verletzt die Kanzleiführungspflicht nicht, wenn ­ wie bei den Beklagten - dem rechtssuchenden Publikum vor Ort eine Kanzlei zur Verfügung steht, in der zumindest ein Mitglied der Sozietät anwesend ist. b) Indem der Name der Klägerin ­ mit ihrer wissentlichen Duldung ­ im Jahr 1997 neben den Namen der Sozien und angestellter Anwälte in der Namensleiste des Briefbogens der Beklagten und auf dem Praxisschild aufgenommen wurde, war eine entsprechende Vereinbarung der Parteien zustande gekommen, von der sich die Beklagten nicht einseitig lösen konnten. Soweit die Klägerin der Eliminierung ihres Namens anlässlich der zeitweisen Nebentätigkeit für eine Düsseldorfer Kanzlei nicht widersprach, würde sich ein etwaiger, konkludent geschlossener Änderungsvertrag (vgl. BAG, Urteil vom 01.08.2001, 4 AZR 129/00, AP Nr. 20 zu § 157 BGB = DB 2001, 2557) nur auf dieses Intermezzo beziehen. Anderes lässt sich nach dem Schreiben der Beklagten von Ende März 2002 und dem Umstand, dass der Klägerin erkennbar nicht an der dauerhaften Eliminierung ihres Namens wegen des damit verbundenen Werbe- und Ansehensverlustes gelegen sein konnte, nicht annehmen. In der Folgezeit machte die Klägerin geltend, wieder auf Briefbögen und Praxisschild genannt zu werden. Danach hat die Vereinbarung der Parteien, wonach die Klägerin im Briefkopf und auf dem Praxisschild namentlich mit aufzuführen ist, Bestand und begründet den Klageanspruch. Der Anspruch entfällt ­ wie dargelegt ­ nicht wegen des Umstandes, dass die Klägerin Elternzeit in Anspruch genommen hat. Ob die Arbeitgeber-Kanzlei ihre Zustimmung gem. § 15 Abs. 4 BErzGG im Einzelfall davon abhängig machen könnte, dass die angestellte Anwältin für Dauer einer anwaltlichen Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber auf ihre Benennung im Briefkopf und auf dem Praxisschild verzichtet, kann offen bleiben. Die Klägerin hat nicht die Zustimmung zu einer zulässigen Teilzeitarbeit beantragt und ist auch nicht anderweitig tätig.

c) Der Streitfall erfordert keine Klärung, ob die Klägerin beanspruchen kann, eine bestimmte Position in der Abfolge der im Briefbogen und auf dem Kanzleischild aufgeführten Rechtsanwälte einzunehmen. Das erstinstanzliche Urteil hat antragsgemäß die Namensangabe "unmittelbar hinter dem Beklagten zu 10)" zugesprochen. Die Berufung der Beklagten greift in diesem Punkt das Urteil nicht an.

3. Gehaltserhöhung zum 01.02.2002 und für die Folgejahre

a) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gehaltsanhebung für das Jahr 2002.

Der Anspruch ergibt sich nicht aus betrieblicher Übung. Mangels anderer Anhaltspunkte ist nämlich davon auszugehen, dass, wenn die Beklagten in früheren Jahren die Gehälter anhoben, dies freiwillig und im Hinblick auf die allgemeine Gehaltsentwicklung, den Kaufkraftverlust und die wirtschaftliche Lage der Kanzlei geschah. Auf die Beibehaltung der "Tradition" können die Arbeitnehmer nicht vertrauen (vgl. BAG, Urteil vom 16.01.2002, 5 AZR 715/00, AP Nr. 56 zu § 242 BGB Betriebliche Übung = DB 2002, 1327, Urteil vom 13.03.2002, 5 AZR 755/00, EzA Nr. 1 zu § 259 ZPO).

Der Anspruch ergibt sich ebensowenig nach dem arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung. Dieser Grundsatz verwehrt es dem Arbeitgeber, in seinem Betrieb einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen und schlechterzustellen. Das gilt auch im Bereich der Vergütung, wenn Arbeitsentgelte durch eine betrieblich einheitliche Regelung nach einem generalisierenden Ordnungsprinzip angehoben werden (BAG, Urteil vom 21.05.2003, 10 AZR 524/02, AP Nr. 251 zu § 611 BGB Gratifikation, Urteil vom 13.02.2002, 5 AZR 713/00, AP Nr. 184 zu § 242 BGB Gleichbehandlung = DB 2002, 1381, Urteil vom 10.08.1998, 1 AZR 509/97, AP Nr. 202 zu § 611 BGB Gratifikation = DB 1998, 2372). Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet es nicht, dass der Arbeitgeber nach sachlichen Kriterien Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern bildet und sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen Arbeitnehmergruppe Leistungen vorzuenthalten, die der anderen Gruppe eingeräumt werden.

Die Beklagten haben erstinstanzlich (Seite 5 des Schriftsatzes vom 11.03.2003) und in der Berufungsbegründung vom 18.08.2003 (Seite 4) vorgetragen, jene Mitarbeiter, die außerplanmäßig eine Gehaltserhöhung erfahren haben, von der anschließenden jährlichen Gehaltsanpassung auszunehmen. Die Klägerin bestreitet dies nicht, leitet aber aus dem besonderen Anlass des Änderungsvertrages vom 31.07.2001 und der damaligen Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses ab, dass sie nicht von allgemeinen Gehaltserhöhungen ausgenommen werden dürfe (Seite 6 f. des Schriftsatzes vom 10.09.2003). Die Auffassung der Klägerin geht im Ergebnis fehl. Der Umstand, dass die Parteien am 31.07.2001 die arbeitsvertragliche Pflichtenstruktur umgestalteten, ändert nichts an dem Befund, dass der Klägerin eine Gehaltserhöhung von ca. 35 % (bezogen auf die vertragliche Arbeitszeit) zugestanden wurde. Nach dem Zweck von turnusmäßigen Gehaltserhöhungen, sicherzustellen, dass die Vergütungen im Betrieb der allgemeinen Gehaltsentwicklung folgen und eingetretene Kaufkraftverluste ausgeglichen werden, ist es sachlich gerechtfertigt, Mitarbeiter auszunehmen, deren Gehalt bereits im Laufe des zurückliegenden Jahres individuell angehoben wurde. Die "Gruppenbildung" braucht nicht weiter danach ausdifferenziert zu werden, welchen konkreten Anlass und welchen weiteren Zusammenhang die individuelle Gehaltsanhebung hatte. Jedenfalls muss es die Klägerin angesichts der Höhe der zum 01.08.2001 erfolgten Gehaltssteigerung von 35 % hinnehmen, dass zum 01.02.2002 ihr Gehalt nicht um 3 % erhöht wurde. Da sie ab dem Jahr 2003 wieder an den allgemeinen Gehaltsanpassungen teilnimmt, führt ihr Ausschluss auch zu keinem unbilligen Ergebnis.

b) Der Feststellungsantrag ("entsprechende Anpassung des Arbeitgeberanteils zum Mutterschaftsgeld ab 04.11.2002") ist unzulässig. Der Antrag ist nicht nur unbestimmt. Es fehlt auch das Feststellungsinteresse, weil die Klägerin den Streit im Wege einer Zahlungsklage beheben kann und muss.

c) Dem Leistungsantrag (Zahlung eines unter Berücksichtigung der regelmäßigen Gehaltsanpassungen der Kanzlei ermitteltes Monatsgehalt ab Ende der Elternzeit) mangelt es an der nach § 259, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO präsumierten Bestimmtheit. Des weiteren setzt die Klage nach § 259 ZPO voraus, dass entweder die Verpflichtung des Schuldners zur Erbringung der zukünftigen Leistung in ihrem Bestande gewiss ist und die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des erhöhten Gehalts nach Ende der Elternzeit für alle denkbaren Fallgestaltungen zu bejahen ist (BAG, Urteil vom 14.05.1997, 7 AZR 471/96, n.v.) oder in den Klageantrag die für den Vergütungsanspruch maßgeblichen Bedingungen aufgenommen werden, wobei einzubeziehen ist, dass künftige Vergütungsansprüche entfallen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird, die geschuldete Arbeitsleistung ausbleibt oder die Vergütung wie z. B. bei längerer Krankheit nicht fortzuzahlen ist (BAG, Urteil vom 13.03.2002, a.a.O.) Danach kann dahinstehen, ob die nach § 259 ZPO als Prozessvoraussetzung für ein der Klage stattgebendes Urteil erforderliche Besorgnis, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde, vorliegend gerechtfertigt wäre. Immerhin bestreiten die Beklagten weder den vertraglichen Gehaltsanspruch der Klägerin, wenn diese nach der Elternzeit ihre Arbeit wieder aufnimmt, noch negieren sie die Gehaltsanpassung nach den ab 2003 vorgenommenen allgemeinen Gehaltsanhebungen in der Kanzlei.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 ZPO.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Ein gesetzlicher Grund für die Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG (Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder Divergenz) ist nicht ersichtlich. Wegen der Einzelheiten der Nichtzulassungsbeschwerde werden die Parteien auf § 72 a ArbGG hingewiesen.



Ende der Entscheidung

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