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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 26.03.2003
Aktenzeichen: 12 Sa 1314/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 2
§ 97 Abs. 2 ZPO gilt auch gegenüber dem obsiegenden Rechtsmittelbeklagten. Ihm sind die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen, wenn er nunmehr gerade und nur aufgrund von tatsächlichen Erklärungen, Beweismitteln und sonstigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln obsiegt, die er in erster Instanz unter Verletzung der Prozessförderungspflicht zurückgehalten hat.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 Sa 1314/02

Verkündet am: 26.03.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 26.03.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Plüm als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Battenstein und den ehrenamtlichen Richter Seile

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 12.08.2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger; hiervon ausgenommen sind die durch die Säumnis der Beklagten am 03.06.2002 entstandenen Kosten, die die Beklagte zu tragen hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung eines am 30.09.1997 aus der Firmenkasse entnommenen Betrages.

Der Kläger befasste sich in seinem Betrieb in F. mit der Planung und Durchführung von Dachbegrünungen. Die Beklagte ist die Tochter der früheren Lebensgefährtin des Klägers und wurde von ihm, nachdem er sich von seiner früheren Lebensgefährtin getrennt hatte, in seinem Betrieb als Bürokauffrau angestellt. Die Beklagte war dort ca. 5 Jahre lang tätig. Sie hatte Kontovollmacht. Zu ihren Aufgaben gehörte es, die Kasse zu verwalten und das Kassenbuch zu führen.

Am 16.09.1997 verunfallte der Kläger mit dem Motorrad. Nach dem Unfall lag er zunächst drei bis vier Wochen im Koma. Danach wurde er von der Düsseldorfer Klinik in die Reha-Klinik Krefeld und von dort nach kurzer Zeit in die Reha-Klinik Essen verlegt, wo er Ende März 1998 entlassen wurde. Die Beklagte führte nach dem Unfall des Klägers den Betrieb mit Hilfe seiner Schwester Frau U. Q., seiner leiblichen Tochter, der Zeugin S. l., sowie des Nachbarn H. C. zunächst weiter. Nach ca. einem Monat wurde gemeinsam beschlossen, den Betrieb stillzulegen. Damit endete auch das Arbeitsverhältnis der Parteien.

Dem Kläger fielen später Kassenbelege auf, die sich über "Privatentnahmen" aus der Zeit nach dem Motorradunfall verhielten. Im vorliegende Rechtsstreit geht es um den von der Beklagten erstellten Ausgabebeleg 65/9 vom 30.09.1997 über DM 5.100,00 (Bl. 45. d.A.) und den entsprechenden Eintrag der Beklagten im Kassenbuch "September 1997 Blatt 3" (Bl. 79 d.A.)

Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.04.2001 und vom 07.03.2002 verlangte er von der Beklagten Auskunft. Auf eine Strafanzeige des Klägers hin nahm die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 19.09.2001 Stellung zu den Vorwürfen, insbes. auch zu dem Betrag von DM 5100,00 und einem weiteren, am 28.10.1997 abgehobenen Betrag von DM 900,00. Sie machte geltend, beide Beträge mit Zustimmung der Zeugin l. abgehoben zu haben. Ihr sei es heute nicht mehr möglich, nachzuvollziehen, aus welchem Grund sie den Betrag von DM 5.100, 00 abgehoben habe; jedenfalls sei er definitiv für den Fortlauf des ordentlichen Geschäftsbetriebs eingesetzt worden.

Im April 2002 hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf Zahlungsklage über Euro 2.607,63 erhoben und am 03.06.2002 ein klagestattgebendes Teilversäumnisurteil erwirkt. Nach Einspruch der Beklagten (Bl. 82 d. A.) hat das Arbeitsgericht unter Aufhebung des Teilversäumnisurteils die Klage abgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter und hält an der Auffassung fest, dass entgegen der Behauptung der Beklagten weder das Kassenbuch noch weitere Belege Aufschluss über die Verwendung des Betrages von DM 5.100,00 gäben.

Die Beklagte hat das Urteil zunächst unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt. Mit Schriftsatz vom 03.02.2003 trägt sie vor, dass sie sich nach der Gerichtsverhandlung am 15.01.2003 mit Hilfe der Zeugin l. und von Frau Q. erinnert habe, dass sie den Betrag von DM 5.100,00 aus der Kasse genommen und der Zeugin gegeben habe, damit diese die laufenden Kosten für den Lebensunterhalt des Klägers (Telefonkosten, Ausgaben im Krankenhaus, Lebensmittel, Reiki-Behandlung usw.) habe bestreiten können.

Wegen der Einzelheit des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen.

1. Allerdings war die Klage nach der ursprünglichen Einlassung begründet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger der Behauptung der Beklagten, dass sich in den Unterlagen und im Kassenbuch Hinweise, Belege und Quittungen darauf finden müssten, wozu der Betrag von DM 5.100,00 verbraucht worden sei, durch substantiellen Vortrag hätte entgegen treten müssen, was jedoch nicht geschehen sei.

Abgesehen davon, dass dieses Argumentation auf unwahren Angaben der Beklagten - fehlende Erinnerung, Vorhandensein von Belegen bei den Geschäftsunterlagen, Verwendung des Betrages im Geschäftsbetrieb des Klägers - beruht, hätte der Beklagten nach Lage der Dinge oblegen, die geschäftliche Verwendung des Betrages darzulegen. Denn angesichts des gesundheitlichen Zu-standes des Klägers nach dem 16.09.1997 lag von vornherein auf der Hand, dass er die Ausgabe von DM 5.100,00 am 30.09.1997 nicht veranlasst hatte und dass diese Ausgabe entgegen der Deklarierung auch keine "Privatentnahme" (des Klägers) sein konnte. Wenn - wie die Beklagte zunächst hat suggerieren wollen - von dem Betrag geschäftliche Kosten bestritten werden sollten, ist der Vorgang, ihn als "Privatentnahme" zu verbuchen, schon im allgemeinen buchhalterisch abwegig. Nichts anderes gilt im Streitfall: Im Kassenbuch ist die Ausgabe aller, selbst kleinster Beträge verzeichnet. Danach gab es keine Veranlassung, hiervon Ende September 1997 abzuweichen. Nach der Höhe des Betrages, den Begleitumständen der Entnahme und seiner Deklarierung ist der streitgegenständliche Vorgang derart außergewöhnlich, dass sich die Beklagte hieran noch Jahre später hätte erinnern und nähere Auskunft hätte geben können und müssen. Die Kammer hat daher in der Verhandlung am 15.01.2003 zu erkennen gegeben, dass sie aufgrund erheblicher Zweifel an der bisherigen Version der Beklagten die Klage Erfolg haben könnte.

2. Die Klage ist indessen unbegründet, weil nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest steht, dass die Beklagte - wie sie im Schriftsatz vom 03.02.2003 vorgetragen hat - den Betrag von DM 5.100,00 der Tochter des Klägers, der Zeugin l., zu dem Zweck aushändigte, künftige Ausgaben, die für den Kläger erforderlich bzw. ihm nützlich sein würden, hiervon zu bestreiten.

Bezogen auf den vom Kläger erhobenen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung und dem Herausgabeanspruch aus § 667 BGB analog wertet die Kammer diesen Vorgang als berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag i. S. v. § 677 f. BGB mit der Konsequenz, dass der Beklagten jedenfalls ein aufrechenbarer und konkludent zur Aufrechnung gestellter Gegenanspruch nach § 683 BGB zusteht. Bezogen auf einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB fehlt es an einer ungerechtfertigten Bereicherung der Beklagten schon deshalb, weil sie den Geldbetrag nicht für sich vereinnahmte, sondern der Zeugin übergab.

a) Nach ihrer Aussage nahm die Zeugin l. am 30.09.1997 von der Beklagten den Betrag von DM 5.100,00 (in einem Briefumschlag) entgegen. Dies geschah in Abstimmung mit der Beklagten und ihrer Tante und zu dem Zweck, über einen Bargeldbetrag zu verfügen, von dem die zu erwartenden, im Hinblick auf die lange Rehabilitationsphase erheblichen Aufwendungen für den Kläger bestritten werden sollten. Die Zeugin verwahrte das Geld in der Folgezeit in ihrer Wohnung. Sie beglich hiervon Aufwendungen, die sie selbst für den Kläger tätigte oder die die Beklagte und ihre Tante auf deren Angabe tätigten, und händigte auch dem Kläger in der Reha-Klinik Geldbeträge aus. Den Restbetrag übergab sie später, etwa im April oder Mai 1998, dem Kläger.

Die Aussage ist glaubhaft. Die Zeugin hat lebensnah, in sich widerspruchsfrei und plausibel die Geschehnisse geschildert. Die Tatsache, dass sie einzelne Vorgänge nicht mehr im Detail hat wiedergeben können, erklärt sich aus dem Zeitablauf und der verblassenden Erinnerung. Für die Glaubhaftigkeit der Aussage spricht daher weiter, dass sich die Zeugin auf das beschränkt hat, was ihr noch in sicherer Erinnerung geblieben ist. Die Kammer ist von der Aussageehrlichkeit der Zeugin überzeugt. Die Zeugin mag den vom Kläger geäußerten Zweifeln, dass die Beklagte ihr den Betrag von DM 5.100,00 zu dem Zweck, hiervon für ihn, den Kläger, getätigte Auslagen zu bestreiten, Unverständnis entgegen bringen und - was sie freimütig eingeräumt hat - ein getrübtes Verhältnis zum Kläger haben. Das genügt jedoch nicht für die Annahme, dass sie -unbewusst oder gar bewusst - sich dazu hat verleiten lassen, zu Gunsten der Beklagten auszusagen. Die Kammer hält es weiter für realistisch, dass die Zeugin über die Entgegennahme des Betrages, die Rückgabe des Restbetrages sowie über die einzelnen Ausgaben kein Buch führte und auch keine Belege sammelte. Dazu hatte sie zur damaligen Zeit keinen Anlass, denn zum einen ging es darum, dem Kläger persönlich in seiner Lage zu helfen und die schwierige familiäre (und auch geschäftliche) Situation zu bewältigen; zum anderen war das Verhältnis der Zeugin zu dem Kläger damals nicht so gewesen, dass sie mit seinem Misstrauen rechnen und prophylaktisch Buch über die von dem Betrag getätigten Ausgaben führen musste. Die Aussage ist schließlich nicht deshalb unglaubwürdig, weil sie den neuen Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 03.02.2003 bestätigt und die Beklagte zuvor eine andere Darstellung gegeben hat. Vielmehr hat die Beklagte lediglich die unzutreffende, im Übrigen auch pauschal und nebulös gebliebene frühere Darstellung ausgeräumt. Dabei kann dahin stehen, was die Beklagte dazu bewogen hat zu behaupten, das Geld für den Fortlauf des ordentlichen Geschäftsbetriebs eingesetzt bzw. es auf jeden Fall nur zu Gunsten des Klägers ausgegeben zu haben, sich aber nicht näher erinnern zu können und mangels Unterlagen keine Beweismöglichkeiten zu haben. Möglicherweise wollte die Beklagte die Zeugin sowie die Schwester des Klägers nicht in die Auseinandersetzung um den Betrag von DM 5.100,00 hineinziehen und nahm an, schon mit einer allgemein gehaltenen Schilderung, die die Verwendung des Betrages für geschäftliche Ausgaben nahe legen sollte (z.B. Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 15.05.2002), die Verdächtigung des Klägers entkräften zu können.

b) Gemäß § 683 BGB kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter (§ 670 BGB) Ersatz für seine Aufwendungen verlangen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Die §§ 677 ff. BGB können auch in anderen Fällen, in denen der Geschäftsführer sich gegenüber dem Geschäftsherrn zur Geschäftsführung für verpflichtet hält, es aber in Wahrheit nicht ist, Anwendung finden (BGH, Urteil vom 17.02.2000, WM 2000, 973). Voraussetzung für einen Anspruch der Beklagten ist freilich, dass sie mit dem Willen gehandelt hat, ein Geschäft des Klägers zu führen, und dass die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Klägers entsprach.

(11) Die Beklagte ist für den Kläger und nicht etwa für sich oder für die Zeugin l. tätig geworden. Die Entnahme des Betrages von DM 5.100,00 aus der Kasse und seine Übergabe an die Zeugin war für die Beklagte ein objektiv fremdes Geschäft, da dieses in den Aufgabenbereich des Klägers fiel. Bei der Vornahme objektiv fremder Geschäfte besteht eine Vermutung für Bewusstsein und Willen der Fremdgeschäftsführung. Im Streitfall kommt hinzu, dass die Zeugin als Tochter des Klägers dessen nächste Angehörige war und, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, sie den Geldbetrag zu dem Zweck, ihn für Aufwendungen zu Gunsten des Klägers zu verwenden, aufbewahrte.

(22) Die Entnahme des Geldbetrages aus der Kasse und seine Übergabe an die Zeugin entsprach dem Interesse des Klägers.

Ob die Geschäftsführung i.S.v. § 683 BGB dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht, ist anhand der konkreten Sachlage im Einzelfall nach der objektiven Nützlichkeit, subjektiv bezogen auf das Verhalten des Geschäftsherrn, festzustellen. Maßgebend ist die Sachlage im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.01.1995, NJW-RR 1996, 1337, Palandt/Sprau, BGB, 62. Aufl., § 683 Rz. 4).

Am 30.09.1997 stellte sich die Sachlage so dar, dass der Kläger noch im Koma lag. Es war daher nicht auszuschließen, dass er den schweren Motorradunfall nicht überleben würde, was wiederum zur Folge gehabt hätte, dass im Falle seines Ablebens einerseits die Sperrung der Konten anstand, andererseits auf die Hinterbliebenen finanzielle Aufwendungen, z. B. Krankenhaus-, Beerdigungskosten und weitere Kosten, zukommen konnten. Schon unter diesem Aspekt war es daher geboten, einen ausreichenden Barbetrag vorzuhalten. Ansonsten ging, wie die Zeugin ausgesagt hat, die Einschätzung der Ärzte dahin, das jedenfalls mit einer langwierigen Rehabilitation zu rechnen war. Dies bedeutete für die Angehörigen des Klägers eine monatelange aufwändige Betreuung und Unterstützung des Klägers, was wiederum den Bedarf an verfügbaren Barmitteln auslöste. Die Beklagte kann nicht im Nachhinein darauf verwiesen werden, dass sie die im Einzelnen benötigten Geldbeträge jeweils der Firmenkasse hätte entnehmen oder vom Firmenkonto hätte abheben können. Diese Verfahrensweise wäre schon äußerst umständlich gewesen, zumal es jeweils um kleine Beträge ging. Des weiteren war zu befürchten, dass der Kläger alsbald unter Vormundschaft gestellt und der Betrieb geschlossen wurde, so dass keine Möglichkeit mehr bestanden hätte, Ausgaben über Konto und Kasse der Firma sich vorschießen oder erstatten zu lassen. Schließlich ging es um "Privatausgaben", so das sich aufdrängte, diese nicht im einzelnen über die Firmenkasse abzurechnen, sondern - entsprechend den Entnahmen in den Vormonaten, insbes. Ende August - sie über die Entnahme eines Betrages von DM 5.100,00 abzuwickeln.

Dieser Betrag war der Höhe nach angemessen und erforderlich. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Zeugin das Geld an sich nahm und verwaltete.

(33) Die Übernahme und Durchführung der Geschäftsführung stand nicht in Widerspruch mit dem Willen des Klägers. Da der Kläger im Koma lag, konnte er keinen Willen bilden und äußern. Er hat - wovon mangels anderer Anhaltspunkte auszugehen ist - auch vor dem Unfall nicht geäußert, wie die Beklagte verfahren sollte, wenn ihm etwas in der Art des Geschehenen zustößt.

Damit kommt es nach § 683 BGB auf den mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn an. Dieser wird durch das Interesse indiziert (BGH, Urteil vom 07.03.1989, NJW-RR 1989, 970, Palandt/Sprau, § 683 Rz. 7). Insoweit kann auf die bereits getroffenen Feststellungen zum Interesse des Klägers an der Geschäftsführung verwiesen werden.

Die Kammer verkennt nicht, dass im nachhinein dem Geschäftsherrn die Übernahme und Durchführung der Geschäftsführung nicht gefallen und er an der Korrektheit des Verhaltens des Geschäftsführers zweifeln mag. Es kommt jedoch maßgeblich auf die Sachlage im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung und insoweit darauf an, dass der Geschäftsführer die Aufwendungen für erforderlich halten durfte. Will der Geschäftsherr für den Fall seiner Handlungsunfähigkeit die Übernahme und Durchführung der Geschäftsführung steuern, muss er vorher, z.B. in einer Vorsorgevollmacht oder durch andere Vorkehrungen, seinen Willen äußern, der auch dann zu beachten ist, wenn er unvernünftig oder interessewidrig ist. Versäumt er dies, muss er die Geschäftsführung, wenn sie sich an seinem objektiven Interesse und mutmaßlichen Willen orientiert, hinnehmen.

(44) Die Geschäftsführung ohne Auftrag wird im Streitfall nicht durch § 685 BGB ausgeschlossen. (45) Nach dieser Vorschrift entsteht kein Anspruch auf Aufwendungsersatz, wenn der Geschäftsführer nicht die Absicht hatte, von dem Geschäftsherrn Ersatz zu verlangen. Dass diese Absicht fehlt, muss freilich, wie die Fassung des Abs. 1 des § 685 BGB ergibt, festgestellt werden, wenn der Ersatzanspruch verneint werden soll. Einen Anhalt dafür, einen Ersatzanspruch mit Rücksicht auf das nahe Verwandtschaftsverhältnis zu verneinen, gibt Abs. 2 (vgl. auch § 1620 BGB). Keineswegs ist jedoch in allen Fällen, in denen Kinder ihren Eltern oder diese jenen Hilfe leisten, das Fehlen der Absicht, Ersatz zu fordern, zu vermuten. Die Fälle der Hilfeleistung auch unter nahen Verwandten können mannigfaltig und verschieden sein. Je nach der Art der Gefährdung des unterstützten Angehörigen, nach der Größe der dem Helfer selbst drohenden Gefahr, nach dem Umfang der von ihm erlittenen Schäden, je nachdem, wie nahe sich auch innerlich der Helfer und sein Angehöriger stehen, und überhaupt nach den besonderen Umständen des Einzelfalles kann die Frage, ob eine Absicht besteht, Ersatz zu verlangen, verschieden zu beantworten sein (BGH, Urteil vom 06.12.1962, NJW 1963, 483).

Im vorliegenden Falle fehlt - wie ausgeführt - jeder Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte nicht die Absicht hatte, vom Kläger Aufwendungsersatz zu verlangen. Der Umstand, dass das Geld aus der Firmenkasse genommen und der Zeugin l. zur Verwaltung übergeben wurde, lässt keinen anderen Schluss zu, als dass die Beklagte die späteren Auslagen zu Gunsten des Klägers gerade nicht aus eigenen Mitteln bestreiten wollte.

3. Die Klageforderung lässt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen herleiten. Der Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 858 BGB geht auf Ersatz des Besitzentziehungs- bzw. Nutzungsausfallschadens. Für den Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB fehlt es an dem Verstoß gegen ein Schutzgesetz, insbes. an einem deliktischen Tun der Beklagten. Im übrigen stünde einer Ersatzpflicht der Beklagten ihr Gegenanspruch nach § 683 BGB entgegen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach § 91 Abs. 1 ZPO der Kläger. Hiervon ausgenommen sind die Kosten des Berufungsverfahrens, die nach § 97 Abs. 2 ZPO der Beklagten aufzuerlegen sind. Die Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO ist nur dann ausgeschlossen, wenn das Zurückhalten des neuen erfolgreichen Vorbringens der Partei nach den Grundsätzen einer sorgfältigen, auf Förderung des Verfahrens und seiner beschleunigten Erledigung bedachten Prozessführung nicht zum Vorwurf gemacht werden kann (OLG Hamm, Urteil vom 02.05.1984, MDR 1984, 1032, vgl. BGH, Urteil vom 04.12.1996, NJW 1997, 1007, Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl., § 97 Rz. 12, Zöller/Herget, ZPO, 14. Aufl., § 97 Rz. 14, MüKo/Belz, ZPO, 2. Aufl., § 97 Rz. 17). Die Beklagte hat allein aufgrund des neuen Vorbringens, das sie in erster Instanz geltend zu machen imstande war, obsiegt. Ihr erstinstanzlicher Einwand ist unwahr gewesen und hat die Berufung des Klägers veranlasst.

Weiterhin hat die Beklagte nach § 344 ZPO die durch ihre Versäumnis in erster Instanz veranlassten Kosten zu tragen.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Ein gesetzlicher Grund für die Revisionszulassung i. S. v. § 72 Abs. 2 BGB ist nicht ersichtlich. Wegen Einzelheiten der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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