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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 03.03.2004
Aktenzeichen: 12 Sa 1765/03
Rechtsgebiete: BErzGG, TzBfG


Vorschriften:

BErzGG § 15
TzBfG § 8
Zu der Obliegenheit des Arbeitgebers, sein Organisationskonzept, im Außendienst nur Vollzeitkräfte zu beschäftigen, auf die (befristete) Einrichtung von Teilzeitstellen umzustellen und auf dem Arbeitsmarkt einen Arbeitnehmer für die Teilzeitstelle zu suchen, durch die der durch die Arbeitszeitverringerung entstehende Arbeitszeitausfall abgedeckt werden müsste.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 Sa 1765/03

Verkündet am 03. März 2004

In Sachen

hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 03.03.2004 durch den Vorsitzenden Richter b. Landesarbeitsgericht Dr. Plüm als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Claus und den ehrenamtlichen Richter Schulz

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Wesel vom 14.10.2003 wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt für die Dauer der in Anspruch genommenen Elternzeit die Beschäftigung zu einer auf 20 Wochenstunden verringerten Arbeitszeit. Die Beklagte wendet ein, dass die Außendiensttätigkeit des Klägers nur in Vollzeit und nicht in Teilzeit zu leisten sei, und beruft sich daher für ihre Ablehnung des Arbeitszeitverringerungsantrages auf "dringende betriebliche Gründe". Der Kläger stellt das Vorliegen solcher Gründe in Abrede.

Die Beklagte, ein in B./Ndrh. ansässiges Unternehmen mit 280 Beschäftigten, befasst sich bundesweit mit der Vermietung von Arbeitsbühnen. In ihrer Niederlassung (Mietstation) in G. b. N. sind zehn Mitarbeiter beschäftigt, davon zwei im Außendienst.

Gemäß Anstellungsvertrag vom 12.11.1996 und Stellenbeschreibung vom selben Tag ist der Kläger seit dem 01.01.1997 als "Account Manager/Kundenbetreuer im Außendienst" bei der Beklagten für deren Niederlassung G. tätig. Nach § 1 S. 3 des Vertrages kann der (in der Stellenbeschreibung dargestellte) Aufgabenbereich je nach den betrieblichen Erfordernissen geändert werden. Nach § 1 S. 4 sind im Bedarfsfalle auch vorübergehend auswärts anfallende Arbeiten zu verrichten. In § 4 des Vertrages ist bestimmt, dass sich "die Regelarbeitszeit nach den betrieblichen Verhältnissen richtet und zur Zeit 39 Wochenstunden beträgt". Der Kläger bezog zuletzt, vor der Elternzeit, ein monatliches Festgehalt von ca. Euro 4.500,00 brutto. Mit allen anderen Außendienstmitarbeitern hat die Beklagte eine Umstellung der Vergütung bzw. Anstellung auf Provisionsbasis vereinbart.

Die Beklagte beschäftigt die Außendienstmitarbeiter ausschließlich in Vollzeit. Ein Außendienstmitarbeiter muss die jeweiligen technischen Vorgaben unterschiedlicher Arbeitsbühnen beherrschen und den Kunden erläutern können. Er muss die Kunden beraten und ermitteln können, welche Arbeitsbühne den kundenspezifischen Anforderungen am ehesten gerecht wird. Daher gehört es auch zu den Aufgaben des Außendienstmitarbeiters, Ortstermine, um die Kunden über die Zentrale in B. oder durch direkte Kontaktaufnahme nachgesucht haben, kurzfristig zu vereinbaren und wahrzunehmen. Bei diesen Terminen geht es primär um die Klärung eines Arbeitsbühneneinsatzes zum Zwecke der Auftragserteilung. In welcher Häufigkeit Termine vor Ort anfallen, ist umstritten. Neu eingestellte Außendienstmitarbeiter werden zunächst vier Wochen lang geschult. Inwieweit danach und mit welchem Aufwand weitere Schulungen und Einarbeitungsmaßnahmen stattfinden, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte stellt grundsätzlich jedem Außendienstmitarbeiter einen Dienstwagen, einen PC und ein Handy zur Verfügung und erstattet insbesondere Fahrt- und Telefonkosten. Der Kläger benutzte bisher einen eigenen PC und sein eigenes Fahrzeug.

Jedem der beiden Außendienstmitarbeiter der Niederlassung G. ist ein Gebiet zur Kundenbetreuung und Akquisition zugeteilt. Der Kläger hat als Gebiet einen Teil Hessens, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Sein gelisteter Kundenbestand liegt bei annähernd 2.200 Kunden. Hiervon sind nur ca. 140 Kunden "aktiv"; mit den 12 umsatzstärksten (Groß-)Kunden wird etwa 80 % des Gesamtumsatzes erzielt. Mit Ausnahme eines Kunden in Ludwigshafen/Mannheim und eines Kunden in Saarbrücken sind sämtliche Großkunden im Rhein-M..-Gebiet ansässig.

Am 08.10.2002 wurde der Sohn des Klägers geboren. Mit Schreiben vom 10.10.2002 gab der Kläger der Beklagten die Inanspruchnahme von Elternzeit für den Zeitraum vom 08.07.2003 bis zum 08.10.2005 (nach der neunmonatigen Elternzeit der Mutter) bekannt und äußerte seinen Wunsch nach Teilzeitarbeit. Unter dem 21.10.2002 lehnte die Beklagte eine Teilzeitbeschäftigung des Klägers während der Elternzeit mit der Begründung ab, dass Teilzeittätigkeit eines Außendienstlers wegen seiner wesentlichen Verantwortung für den wirtschaftlichen Erfolg der Mietstation G. und der langfristigen Kontinuität von persönlichen Kundenkontakten nicht möglich und eine qualifizierte Ersatzkraft auf Teilzeitbasis nicht zu bekommen sei. Danach äußerte der Kläger unter dem 01.11.2002 die Bereitschaft, während der Elternzeit 20 Stunden pro Woche zu arbeiten, und schlug vor, in der verringerten Arbeitszeit die 12 umsatzstärksten Kunden zu betreuen. Mit Antwortschreiben vom 02.12.2002 blieb die Beklagte bei ihrer Ablehnung. Nach kontroversem anwaltlichem Schriftwechsel hat der Kläger Anfang Februar 2003 vor dem Arbeitsgericht Wesel Klage erhoben.

Im Frühjahr 2003 kam es auf der Position des anderen Außendienstlers der Niederlassung zu einem Personalwechsel. Zum 01.08.2003 stellte die Beklagte als Nachfolger des Klägers einen Außendienstmitarbeiter in Vollzeit neu ein.

Anfang August 2003 gab die Beklagte - im Hinblick auf den Streit der Parteien, ob eine Teilzeit-Ersatzkraft zu finden wäre - beim Arbeitsamt G. einen Vermittlungsauftrag für die auf 24 Monate befristete Stelle eines Außendienstmitarbeiters als Teilzeitkraft (20 Wochenstunden) auf. In den folgenden Wochen gingen sieben Bewerbungen ein. Kein Bewerber verfügte über die notwendige Eignung für die Position.

Der Kläger hat im Prozess geltend gemacht, dass die Stellenausschreibung beim Arbeitsamt nicht ausgereicht und die Beklagte es versäumt habe, die Stelle rechtzeitig und zumindest auch in einer Tageszeitung auszuschreiben. Er bestreitet, dass der Beklagten durch die Aufspaltung der Vollzeitstelle in zwei Teilzeitstellen und die Einstellung einer zweiten Teilzeitkraft unverhältnismäßig hohe Kosten entstünden. Des weiteren hält er der Beklagten vor, keine Alternativvorschläge zur Umsetzung der Arbeitszeitverringerung (Einteilung der Kunden) gemacht zu haben, und behauptet, dass auch ein Teilzeitmitarbeiter zeitnah auf Kundenwünsche reagieren könne. Im übrigen sei es in der Vergangenheit nicht so gewesen, dass ein Außendienstmitarbeiter jederzeit und ganztägig verfügbar sein musste.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, einer Verringerung der Arbeitszeit von bislang 39 Wochenstunden auf 20 Wochenstunden für den Zeitraum der Elternzeit vom 08.07.2003 bis 08.10.2005 zuzustimmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat das Ergebnis der Stellenausschreibung als Bestätigung dafür gewertet, dass eine geeignete Ersatzkraft nicht zu finden sei. Sie hat erhebliche Umsatzverluste der Niederlassung G. in den letzten Geschäftsjahren behauptet und daraus die Notwendigkeit hergeleitet, beide Außendienstpositionen voll und dauerhaft zu besetzen. Nach den Rahmenverträgen, die mit den (Groß-)Kunden im Mobilfunkbereich bestünden, müsse sie auf Wunsch eine Beratung durch den Kundenberater vor Ort erbringen. Dies ergebe im Jahr durchschnittlich ca. 150 bis 200 Beratungen vor Ort pro Außendienstmitarbeiter. Die Beklagte hat die Kosten für die Einrichtung eines zusätzlichen Teilzeitarbeitsplatzes auf etwa 20.000,00 Euro und die Schulungskosten auf 15.000,00 Euro beziffert.

Durch Urteil vom 14.10.2003 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift die Beklagte das Urteil, auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, mit tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen an.

Sie beantragt,

auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 14.10.2003 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 14.10.2003 zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist unbegründet.

1. § 8 TzBfG scheidet als Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Arbeitszeitverringerung schon deshalb aus, weil der Kläger die Dauer der Teilzeitbeschäftigung auf die Elternzeit befristet wissen will. Diese Befristungsmöglichkeit wird nicht durch § 8 TzBfG, sondern nur durch § 15 BErzGG eröffnet (Kammerurteil vom 05.03.2003, 12 Sa 1523/02, n. v.)

2. Der Kläger hat, nachdem die Beklagte die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit ablehnte, richtigerweise gemäß § 15 Abs. 7, Unterabs. 2 Satz 3 BErzGG auf Abgabe einer Willenserklärung des Arbeitgebers, nämlich auf Zustimmung der Beklagten zur Arbeitszeitverringerung auf 20 Wochenstunden geklagt. Allerdings kann, weil nach § 894 ZPO erst die rechtskräftige Verurteilung der Beklagten die Vertragsänderung herbeiführt, die Verurteilung sich nicht auf den Abschluss eines Teilzeitvertrages richten, der in die Vergangenheit zurückreicht. So ist nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 28.06.2000, 7 AZR 904/98, AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung) der auf den rückwirkenden Abschluss eines Teilzeitvertrages gerichtete Klageantrag schon deshalb unbegründet, weil der Arbeitgeber nicht zum Abschluss eines Vertrags verurteilt werden kann, der in der Vergangenheit liegt. Ein solcher Vertrag wäre auf eine unmögliche Leistung gerichtet (§ 306 BGB a. F.). Der Arbeitnehmer kann für die Vergangenheit keine arbeitsvertraglichen Dienste mehr erbringen. Im übrigen widerspricht unabhängig von der Frage, ob ein rückwirkender Vertrag auf eine unmögliche Leistung ginge und welche Konsequenzen aus einer etwaigen Unmöglichkeit zu ziehen wären, die rückwirkende Begründung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses der gesetzlichen Grundkonstruktion in § 8 TzBfG und § 15 BErzGG (Kammerurteil vom 02.07.2003, LAGE Nr. 12 zu § 8 TzBfG).

Nach beiden Gesetzesregelungen bleibt der Arbeitsvertrag in seiner bisherigen Pflichtenstruktur bis zur Rechtskraft des Urteils (§ 894 ZPO) unverändert.

Der Klageantrag ist, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erklärt hat, hilfsweise dahin zu verstehen, dass die Beklagte zumindest zum Abschluss eines Teilzeitarbeitsvertrags für die Zukunft verurteilt werden soll. Damit ist die Klage insoweit auf eine mögliche Leistung gerichtet.

3. Auch soweit das Arbeitsgericht das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 12 Abs. 7 Unterabs. 1 Nr. 1 und 2 BErzGG bejaht hat, gibt es an dem erstinstanzlichen Urteil nichts zu erinnern. Der Kläger machte mit seinem Antrag von der anteiligen Inanspruchnahme der Elternzeit gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 BErzGG Gebrauch.

4. Allerdings beantragte der Kläger vor der Klageerhebung nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 12 Abs. 7 Unterabs. 1 Nr. 3, Unterabs. 2 Satz 1 BErzGG die Arbeitszeitverringerung.

a) Gegen den Antrag des Klägers bestehen keine Bedenken, soweit er neben dem Wunsch nach Arbeitszeitverringerung zum Ausdruck gebracht hat, im Falle der Ablehnung Elternzeit mit der Arbeitszeit "Null" zu nehmen. Denn der Kläger hat die Rangfolge seiner Ansprüche eindeutig klargestellt (Düwell, AuA 2002, 58, Küttner/Reineke, Personalbuch 2003, "Elternzeit", Rz. 25, vgl. ErfK/Dörner, 4. Aufl., § 15 BErzGG, Rz. 22).

b) Das Schreiben des Klägers vom 10.10.2002 enthält keine Angaben zum Umfang der beanspruchten Verringerung. Im Schreiben vom 01.11.2002 erklärt er - als "Vorschlag" eines "für beide Seiten befriedigenden Konsenses" - seine Bereitschaft, an 20 Wochenstunden für die Beklagte tätig zu werden und in dieser Arbeitszeit die 12 umsatzstärksten Kunden zu betreuen. Damit bildete dieses Schreiben wie auch sein allgemein gehaltenes anwaltliches Schreiben vom 13.12.2002 lediglich einen Einigungsversuch im Sinne von § 15 Abs. 5 S. 1, Abs. 6 BErzGG, hingegen nicht die Beanspruchung der Arbeitszeitverringerung unter definitiver Angabe ihres Umfangs.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Vorschlag des Klägers, sich in der reduzierten Arbeitszeit (20 Wochenstunden) im wesentlichen auf die Betreuung der 12 umsatzstärksten Kunden zu beschränken, auch deshalb nicht ohne weiteres als Arbeitszeitverringerungsantrag gewertet werden kann, weil nach § 12 Abs. 5 bis 7 ArbGG die Verteilung der verringerten Arbeitszeit dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 15 Abs. 7 Unterabs. 2 Satz 2 BErzGG) und es also nicht dem Arbeitnehmer zufällt, selbst den Arbeitsinhalt der begehrten Teilzeitbeschäftigung nach einem (ihm genehmen) Teilbereich der bisherigen Aufgaben und danach den Umfang der Teilzeit zu definieren. Mit seinem Arbeitszeitverringerungsantrag verband der Kläger erkennbar die Vorstellung, "sich nicht auf eine bestimmte Verteilung der Wochenarbeitszeit festzulegen oder festlegen zu lassen" und auch in Teilzeit "seine Arbeitszeit entsprechend den Bedürfnissen des Alltags, d. h. entsprechend den Bedürfnissen der Kunden unter Berücksichtigung der Machbarkeit" einzuteilen (Seite 8 f. der Berufungserwiderung). Diese Vorstellung mag zwar, soweit es um die Erfassung der geleisteten Wochenarbeitszeit geht, durch Erstellung von Wochenberichten realisierbar sein. Sie übergeht jedoch, dass im Streitfall die Vollzeittätigkeit des Außendienstmitarbeiters sich nicht in zwei, nur "mengenmäßig" (20 bzw. 19 Wochenstunden) und nicht auch nach täglichem Arbeitsbeginn und Arbeitsende festgelegte Teilzeitarbeitsverhältnisse zerlegen lässt.

Während es nämlich hinsichtlich des Vollzeit-Außendienstlers keiner starren Festlegung der Lage der Arbeitszeit bedarf, weil dieser ohnehin ständig (vollzeitig/ganztägig) arbeitsverfügbar ist (und deshalb in seiner Arbeitszeit ebenso kurzfristige Ortstermine wahrnehmen wie zeitaufwändige Fahrten im weiten Kundenkreis zu Akquisitions- und Betreuungszwecken unternehmen kann), macht es die Sicherstellung dieser Arbeitsverfügbarkeit (Ersetzbarkeit) erforderlich, dass bei zwei Außendienstmitarbeitern, die jeweils durch ihre Teilzeit ganztägig anfallenden Aufgaben abdecken sollen, die Lage ihrer Arbeitszeit entsprechend festgelegt werden muss. Machen aber die vorgerichtlichen Schreiben des Klägers nicht erkennbar, dass er hinsichtlich der Verteilung (Lage) der verringerten Arbeitszeit das Weisungsrecht der Beklagten akzeptierte, fehlt es an einem ordnungsgemäß erhobenen Verringerungsanspruch. Der Antrag läuft somit auf die Beschäftigung mit einem verringerten Arbeitsvolumen hinaus, für die nach Vorstellung des Klägers eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden mit den entsprechenden Vergütungsfolgen anzunehmen ist. Hingegen zielt er nicht auf eine Verringerung der Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden unter Festlegung ihrer Lage (Verteilung) durch die Beklagte.

c) Indem kein im Sinne von § 12 Abs. 7 Unterabs. 1 Nr. 3, Unterabs. 2 Satz 1 BErzGG ordnungemäßer Verringerungsantrag gestellt worden ist, ist - ungeachtet der Ablehnung des Antrags durch die Beklagte - die Klage vorfristig erhoben worden.

5. Die Kammer hält dafür, dass die Mangelhaftigkeit eines Antrags jedenfalls dann prozessual geheilt wird, wenn - wie im Streitfall - der Arbeitgeber sich in der Sache auf den Arbeitszeitverringerungsanspruch des Arbeitnehmers einlässt. Danach erledigen sich auch die in § 12 Abs. 7 Unterabs. 1 Nr. 5, Unterabs. 2 BErzGG statuierten Fristen, die auf das vorgerichtliche Verfahren der Geltendmachung und Ablehnung zugeschnitten sind und nicht auf das Gerichtsverfahren, das eigenen, prozessualen Regeln folgt.

6. Die Klage ist unbegründet, denn dem Anspruch des Klägers stehen dringende betriebliche Gründe im Sinne von § 12 Abs. 7 Unterabs. 1 Nr. 4 BErzGG entgegen.

a) Allein das Organisationskonzept, im gesamten Betrieb, in Teilbereichen oder auf bestimmten Arbeitsplätzen nur in Vollzeit tätige Arbeitnehmer zu beschäftigen, gibt dem Arbeitgeber keinen dringenden betrieblichen Grund, sich einer vom Arbeitnehmer während der Elternzeit beanspruchten Arbeitszeitverringerung zu widersetzen. Ebenso wenig ist die mit der Verringerung der Arbeitszeit und Einstellung einer komplementären Teilzeitkraft verbundene Kostenbelastung des Arbeitgebers erheblich, es sei denn, dass die Kostenbelastung unverhältnismäßig hoch ausfällt (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2002, 9 (12) Sa 11/02, EzA-SD 2002, Nr. 6, 9 - 11).

Ob das wegen seiner "Servicefreundlichkeit" nachvollziehbare Konzept des Arbeitgebers, den Kunden einen festen und ganztätig erreichbaren Ansprechpartner zu bieten, und die Erreichbarkeit dieses Ziels durch die Vollzeitbeschäftigung des Arbeitnehmers als dringender betrieblicher Grund im Sinne von § 12 Abs. 7 Unterabs. 1 Nr. 4 BErzGG ausreicht, bedarf im Streitfall keiner Klärung (vgl. BAG, Urteil vom 30.11.2003, 9AZR 665/02, Pressemitteilung Nr. 65/03). Jedenfalls scheidet die Umstellung des Organisationskonzepts von einer Vollzeitstelle auf zwei Teilzeitstellen aus, wenn betriebstechnische, wirtschaftliche oder sonstige berechtigte betriebliche Bedürfnisse die Beschäftigung einer ganztags tätigen Vollzeitkraft erfordern und die Aufteilung des Aufgabenbereichs auf zwei Teilzeitkräfte, falls praktisch überhaupt realisierbar, als betriebswirtschaftlich nicht vernünftig erscheint. Im übrigen ist dem Arbeitgeber die Umstellung auf zwei Teilzeitkräfte statt einer Vollzeitkraft nur zuzumuten, wenn er den Arbeitszeitausfall, der infolge der dem in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmer zugestandenen Arbeitszeitverringerung entsteht, durch Einstellung einer geeigneten, in komplementärer Teilzeit tätigen Ersatzkraft ausgleichen kann. Dabei ist ihm grundsätzlich nicht abzuverlangen, den Arbeitsausfall durch Einstellung einer in Vollzeit oder einer überproportional tätigen Ersatzkraft abzudecken (vgl. BAG, Urteil vom 09.12.2003, 9AZR 16/03, Pressemitteilung Nr. 80/03).

Danach ist festzustellen, ob auf dem Arbeitsmarkt ein zu entsprechender Teilzeitarbeit bereiter und fachlich geeigneter Arbeitnehmer zu finden ist (vgl. BAG, Urteil vom 14.10.2003, 9 AZR 636/02, Pressemitteilung Nr. 67/03). Die Aussichten, eine solche Ersatzkraft einstellen zu können, sind außerdem danach zu beurteilen, dass sich regelmäßig die Ersatzkraft auf eine zeitlich begrenzte Anstellung (vgl. § 21 Abs. 1 BErzGG) einlassen muss. Ob eine Ersatzkraft zu finden ist, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Geht es um Tätigkeiten, die typischerweise in Teilzeit und/oder als Nebentätigkeit geleistet werden, liegt die Annahme nahe, dass ein ernsthafter Versuch des Arbeitgebers, hierfür eine Arbeitskraft zu finden, erfolgreich gewesen wäre (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 12.09.2003, 16 Sa 138/03 [BAG 9 AZR 626/03], Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 10. Aufl., § 102 Rz. 178). Andererseits obliegt es dem Arbeitgeber nicht, sich dem Aufwand für die Suche zu unterziehen, wenn nach der Lebenserfahrung zu erwarten ist, dass es auf dem Arbeitsmarkt keine passende Ersatzkraft gibt.

b) Dem Außendienst der Beklagten, namentlich dem Kläger als einer der beiden Außendienstmitarbeiter der Niederlassung G., ist die Aufgabe gestellt, in einem räumlich großen Gebiet Kunden zu akquirieren und zu betreuen. Die ordnungsgemäße Erledigung dieser Arbeitsaufgabe bedingt grundsätzlich eine ganztägig zur Verfügung stehende Arbeitskraft. Anders ist im Hinblick auf die Fahrtzeiten und Fahrtkosten die Akquisition und Betreuung von Kunden insbesondere an entfernten Orten nicht zu leisten. Hinzu kommt die vom Außendienstmitarbeiter zu erwartende zeitliche Flexibilität, wenn es etwa darum geht, nach Möglichkeit auf Terminwünsche von Kunden einzugehen und kurzfristige Ortstermine zu vereinbaren und dann auch selbst beim Kunden wahrzunehmen. Das Prinzip, dass ein Gebiet von einem ganztägig tätigen Außendienstmitarbeiter betreut wird, wird nicht dadurch aufgegeben oder obsolet, dass während Urlaubs-, Krankheits- oder sonstigen Ausfallzeiten das Gebiet verwaist ist. Insoweit handelt es sich um Ausnahmesituationen. Dass solche Situationen eintreten, ändert nichts an der organisatorischen Vorgabe und betrieblich-wirtschaftlichen Notwendigkeit, grundsätzlich das Gebiet ständig durch einen ganztägig tätigen Außendienstler zu besetzen. Daraus resultiert, wie bereits ausgeführt, die weitere Notwendigkeit, die auf 20 Wochenstunden verringerte Arbeitszeit des Klägers auf einzelne Wochentage zu verteilen und - abhängig vom jeweiligen Beginn und Ende der so gelegten Arbeitszeit - für die übrige Arbeitszeit (insgesamt 19 Wochenstunden) einen zweiten Außendienstmitarbeiter im Gebiet des Klägers einzusetzen.

Die Kammer ist, welche Lage der verringerten Arbeitszeit des Klägers sie auch immer annimmt, der Überzeugung (§ 286 Abs. 1 ZPO), dass es praktisch ausgeschlossen war und ist, einen geeigneten Außendienstmitarbeiter in ergänzender Teilzeit zu finden. So wird zunächst eine besondere fachliche und persönliche Qualifikation gefordert, dann die Bereitschaft, vom Rhein-M..-Gebiet aus einer Außendiensttätigkeit nachzugehen. Wären dem Kläger wunschgemäß die näher zu seinem Wohnort gelegenen, umsatzstärksten Kunden zugewiesen worden, würde für einen auf Provisionsbasis tätigen Außendienstmitarbeiter die Teilzeitstelle wegen der übermäßigen langen und unproduktiven Fahrtzeiten zu einer Kundschaft, bei der keine oder geringe Umsätze und Provisionen zu generieren waren, uninteressant. Schließlich hätte - was den Kreis geeigneter Bewerber weiter einengt - einer Ersatzkraft nur eine auf die Elternzeit des Klägers befristete Teilzeittätigkeit im Gebiet des Klägers in Aussicht gestellt werden können.

Für die Kammer steht daher fest, dass zu keiner Zeit zu erwarten war, dass unter den genannten Bedingungen ein für die Außendiensttätigkeit geeigneter Mitarbeiter zu finden war. Qualifizierte Kräfte, die entweder im Rhein-M..-Gebiet wohnen oder zum Umzug in dieses Gebiet bereit sind, werden eine Vollzeitbeschäftigung schon als Grundlage für die Erzielung eines ausreichenden Arbeitsverdienstes voraussetzen. Noch weniger stand zu erwarten, dass passend für die Dauer der Elternzeit des Klägers die Anstellung einer adäquaten Ersatzkraft möglich sein würde. Der Umstand, dass einem Arbeitnehmer im Gebiet des Klägers eine nur zeitlich begrenzte Beschäftigung geboten werden konnte, schließt zusätzlich ein Interesse qualifizierter Bewerber an einer solchen Tätigkeit aus. Das Ergebnis der im August 2003 erfolgten Teilzeitstellenausschreibung (7 Bewerbungen von ungeeigneten Personen) bestätigt den Befund, dass auf dem Arbeitsmarkt keine geeignete Ersatzkraft für eine vorübergehend zu besetzende Teilzeitstelle zu finden war.

Es kann dahin stehen, ob der Arbeitgeber sich im allgemeinen bei der Suche nach einer Ersatzkraft mit der Vermittlung durch das Arbeitsamt begnügen darf oder ob ihm weitere Schritte, etwa die Aufgabe von Zeitungsinseraten oder die Ausschreibung im Internet, in einer überregionalen Tageszeitung zuzumuten sind. Es braucht vorliegend auch nicht geklärt zu werden, ob eine Stellenausschreibung vor der Ablehnung des Arbeitszeitverringerungswunsches, u. U. lange Zeit vor dem Einstellungstermin, oder in angemessener Zeitnähe zu dem Einstellungstermin oder zu einem anderen Zeitpunkt, z. B. - im Hinblick auf die erst mit der Rechtskraft des Urteils eintretende Arbeitszeitverringerung - vor der letzten mündlichen Verhandlung über die Arbeitszeitverringerungsklage, stattzufinden hätte. Eine unterlassene Stellenausschreibung kann jedenfalls im Prozess dem Arbeitgeber nur dann angelastet werden, wenn eine hypothetische Betrachtung nahe legt, dass sich auf das Stellenangebot geeignete Bewerber gemeldet hätten. Nach Lage der Dinge spricht vorliegend nichts dafür, dass z. B. auf die in einer überregionalen Tageszeitung aufgegebene Annonce eine akzeptable Bewerbung eingegangen wäre.

Vielmehr ist es nach den Anforderungen und spezifischen Arbeitsbedingungen, die für die zweite Teilzeitstelle gelten, praktisch ausgeschlossen, dass sich für die Stelle ein qualifizierter Bewerber finden ließe.

c) Die Kammer braucht danach nicht mehr zu entscheiden, ob die Kosten, die für die Einrichtung einer zweiten Teilzeitstelle und die Schulung einer Ersatzkraft anfallen, unverhältnismäßig hoch sind und daher einen "dringenden betrieblichen Grund" im Sinne von § 12 Abs. 7 Unterabs. 1 Nr. 4 BErzGG abgeben. Sie kann des weiteren offen lassen, inwieweit die Besetzung einer Außendienstposition der streitgegenständlichen Art durch zwei Teilzeitkräfte realistisch ist oder ob berechtigte betriebliche Bedürfnisse die Beschäftigung einer ganztägig tätigen Vollzeitkraft erfordern. Immerhin drängt sich auf, dass die Beklagte aufgrund des scharfen Wettbewerbs und zur Vermeidung von Umsatzverlusten gehalten ist, möglichst schnell und flexibel auf Wünsche von Kunden, insbesondere von Großkunden aus dem Mobilfunksektor, zu reagieren und nach deren Terminvorstellungen einen "Kundenberater", eben auch den Außendienstmitarbeiter, für die kurzfristige Vereinbarung und Wahrnehmung von Ortsterminen zur Verfügung zu haben. Dies kann regelmäßig mittels einer Ganztagskraft effizienter dargestellt werden als durch den ggf. wechselnden Einsatz der einen oder anderen Teilzeitkraft. Auch für den Kunden stellt es meistens einen Vorteil dar, einen festen Ansprechpartner zu haben, von dem er jeweils beraten und betreut wird und der selbst die vereinbarten Ortstermine wahrnimmt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat nach § 91 ZPO der Kläger zu tragen.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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