Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 02.07.2003
Aktenzeichen: 12 Sa 407/03
Rechtsgebiete: BGB, TzBfG, BErzGG, ZPO, BAT


Vorschriften:

BGB § 615
BGB § 280
BGB § 286
BGB § 311
TzBfG § 8
BErzGG § 15
ZPO § 894
BAT § 15 b
Die Ablehnung eines Arbeitszeitverringerungswunsches erfolgt aus "betrieblichen Gründen", wenn der auf die Refinanzierung seiner Betriebskosten durch die öffentliche Hand angewiesene gemeinnützige Betreiber einer Kindertagesstätte für die Einrichtung der Teilzeitstelle die Genehmigung durch den Kostenträger benötigt und die Genehmigung weder vorliegt noch ihre Erteilung (entsprechend dem mit dem Arbeitnehmer abgestimmten Antrag) zu erwarten ist.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 12 Sa 407/03

Verkündet am: 02.07.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündlicche Verhandlung vom 02.07.200 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Plüm als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Drewes und den ehrenamtlichen Richter Schilp

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 06.02.2003 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt Vergütung aus den Gesichtspunkten des Annahmeverzugs und des Schadensersatzes.

Gemäß Dienstvertrag vom 20.09.1991 trat die Klägerin zum 15.11.1991 in ein Vollzeitarbeitsverhältnis zum Beklagten, der in X. zwei Tageseinrichtungen für Kinder betreibt, nämlich die "W. D." und das "St.haus". In beiden Einrichtungen sind jeweils 7 Arbeitnehmer tätig. Außerdem beschäftigt der Beklagte 5 Familienhelfer und eine Verwaltungskraft.

Der Beklagte betreibt die Kindertagesstätten gemäß Erlaubnis nach § 45 KJHG (§ 45 SGB VIII) des Landschaftsverbandes Rheinland, Landesjugendamt (nachfolgend: LVR). Die Betriebserlaubnis gibt in einem "Stellenplan" die quantitative und qualitative Personalausstattung der Tagesstätten vor und ist insoweit Grundlage für die Refinanzierung der Personalkosten. Zur Bestreitung der Betriebskosten erhält der Beklagte monatlich von der Stadt Wesel (Jugendamt) eine Pauschale, die jährlich mit der Stadt Wesel spitz abgerechnet wird. Die Stadt Wesel, die die Kindergartenbeiträge der Eltern vereinnahmt, rechnet ihrerseits die dem Beklagten erstatteten Betriebskosten gegenüber dem LVR ab.

Gemäß der Betriebserlaubnis werden in der "W. D." von insgesamt 7 Angestellten in zwei Gruppen jeweils ca. 20 Kinder betreut, in der ersten Gruppe 20 drei- bis sechsjährige Kinder, in der zweiten Gruppe 10 Ganztags- und 10 Hortkinder. Neben der Leiterin der Kindertagesstätte (Vollzeit) werden beschäftigt: in der ersten Gruppe eine Gruppenleiterin (Vollzeit), eine Ergänzungskraft (Vollzeit), eine angeordnete Fachkraft (25 Wochenstunden), in der zweiten Gruppe eine Gruppenleiterin, eine zusätzliche Fachkraft und eine angeordnete Fachkraft, alle in Vollzeit. Die Klägerin war in der zweiten Gruppe zunächst als Gruppenzweitkraft und dann - gemäß Vertragsergänzung vom 30.08.1996 - als Gruppenleiterin eingesetzt.

In der Tageseinrichtung "St.haus" beschäftigt der Beklagte entsprechend der Erlaubnis des LVR ausschließlich Vollzeitkräfte.

Nach ihrer Niederkunft am 09.01.2000 nahm die Klägerin auf ihren Antrag vom 7.03.2000 Erziehungsurlaub (Elternzeit) für zwei Jahre bis zum 09.03.2002 in Anspruch.

Mit Schreiben vom 19.11.2001, das dem Beklagten am 27.11.2001 zuging, bat sie um Verringerung der Arbeitszeit auf 19,25 Wochenstunden unter Verteilung auf 7 Stunden an zwei Tagen und 5,25 Stunden an einem dritten Tage und kündigte an, im Falle der Ablehnung den Erziehungsurlaub um zehn Monate zu verlängern, weil es ihr nicht möglich sei, ihre Stelle in Vollzeit zu besetzen. Mit Schreiben vom 17.12.2001 antwortete der Beklagte, dass eine Teilzeitbeschäftigung "aus pädagogischen Gründen" nicht möglich sei. Unter dem 11.01.2002 widersprach die Klägerin dem vom Beklagten angegebenen Ablehnungsgrund. Nach einem Gespräch der Parteien am 20.02.2002 bot der Beklagte mit Schreiben vom 13.03.2002 der Klägerin zwei Arbeitszeitmodelle mit einer Wochenarbeitszeit von 19,25 Stunden und einer Vergütung nach VI b BAT zur Auswahl an und erbat ihre Entscheidung für ein Modell, um es dann dem LVR zur Genehmigung vorzulegen. Die Klägerin erklärte unter dem 22.03.2002, dass sie sich für das erste Modell entscheide und dass sie als angeordnete Fachkraft nach VergGr. V c BAT eingestuft werden möchte. Daraufhin leitete der Beklagte der Klägerin mit Anschreiben vom 22.04.2002 einen auf den 08.03.2002 datierten "Nachtrag zum Dienstvertrag" zu. Im Anschreiben heißt es:

"Teilzeitbeschäftigung als angeordnete Fachkraft

Sehr geehrte Frau L.,

nach Rücksprache mit dem Jugendamt ist eine Beantragung auf Teilung der Stelle als angeordnete Fachkraft für Sie nur möglich, wenn Ihr Dienstvertrag für diese Stelle vorliegt.

Aus diesem Grunde haben wir in der Anlage einen Nachtrag zum Dienstvertrag beigefügt und bitten Sie, einen unterschriebenen Vertrag umgehend an uns zurückzusenden.

Das Genehmigungsverfahren beim Landesjugendamt werden wir bei Vorlage des Vertrages einleiten."

Der - von der Klägerin unterzeichnete und an den Beklagte zurückgeleitete Nachtrag lautet wie folgt:

"Nachtrag zum Dienstvertrag von Frau T. L.

Gemäß Nr. 14 des am 20.09.1991 abgeschlossenen und am 30.08.1996 geänderten Dienstvertrages wird in Abänderung des o.a. Vertrages folgendes vereinbart:

1. Ab dem 09.03.02 wird Frau T. L. als angeordnete Fachkraft in der Tageseinrichtung für Kinder I.ring 14 des E.L. OVX. eingesetzt.

2. Die Tätigkeit wird nach BAT Vc Gemeinde, vorbehaltlich der Festsetzung durch das zuständige Jugendamt, vergütet.

3. Alle weiteren Bestimmungen des Dienstvertrages bleiben unverändert gültig."

Mit Schreiben vom 27.05.2002 beantragte der Beklagte beim LVR die Teilung der Vollzeitstelle der Klägerin zur Beschäftigung von zwei Fachkräften in Teilzeit. Unter dem 31.07.2002 forderte der LVR den Beklagten auf, zunächst einen Belegungsbogen auszufüllen. Der Beklagte kam der Aufforderung unter dem 31.8./10.09.2002 nach. Mit Schreiben vom 13.09.2002 teilte der LVR dem Beklagten mit, dass er zwar vom Grundsatz her die Möglichkeit sehe, die Vollzeitstelle zu teilen, jedoch aus pädagogischen Gründen zu einer Arbeitszeitgestaltung rate, die eine Regelmäßigkeit des Einsatzes beider Teilzeitkräfte in der Hauptbetreuungszeit, z.B. durch Einsatz der einen Kraft am Vormittag und der anderen Kraft am Nachmittag, gewährleiste.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.08.2002 hatte die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Untätigkeit in ihrer Angelegenheit moniert und - ausgehend von in Vollzeit zuletzt bezogenen Monatsgehalt von Euro 1.900,00 brutto (VergGr. V c BAT) - Vergütung ab März 2002 in Höhe von monatlich Euro 1.125,00 brutto verlangt. Am 11.09.2002 beantragte sie beim Arbeitsgericht Wesel (Geschäftsnr. 2 Ga 24/02), dem Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, sie, die Klägerin, am Montag von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr, am Mittwoch von 8.00 Uhr bis 12.38 Uhr, am Donnerstag von 11.22 Uhr bis 16.00 Uhr und am Freitag von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr zu beschäftigen. Nach der Verhandlung im Verfügungsverfahren erklärte die Klägerin die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2002. Damit endete das Arbeitsverhältnis der Parteien. Seit Oktober 2002 geht die Klägerin einer Teilzeitbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber nach.

Mit der am 18.11.2002 vor dem Arbeitsgericht Wesel erhobenen Klage verlangt die Klägerin den Betrag von Euro 7.125,00 (Vergütung vom 09.03. bis 30.09.2002) nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung.

Das Arbeitsgericht Wesel hat durch Urteil vom 06.02.2003 die Klage abgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift die Klägerin das Urteil an. Sie macht geltend: Ihr Angebot, mit einer Wochenarbeitszeit von 19,25 Stunden die Tätigkeit wiederaufzunehmen, habe der Beklagte mit dem Schreiben vom 17.12.2001 unberechtigt ohne Vorliegen von betrieblichen Gründen abgelehnt. Die Ausübung der beantragten Teilzeittätigkeit hätte sie - im Gegensatz zur (bisherigen) Vollzeittätigkeit - mit der Notwendigkeit, als Alleinstehende ihr kleines Kind zu betreuen, vereinbaren können.

Der Beklagte hat zur Begründung der Ablehnung vom 17.11.2001 im Prozess vorgetragen, dass für die von der Klägerin beantragte Teilzeitbeschäftigung eine Refinanzierungszusage des LVR gefehlt habe. Im Frühjahr habe man nach der Möglichkeit gesucht, die Klägerin als Erzieherin in Teilzeit weiterzubeschäftigen. Allerdings habe es sich in der Folgezeit als langwierig herausgestellt, eine Stellungnahme bzw. Genehmigung der Stellenteilung durch den LVR zu erhalten.

In der Verhandlung vor der Kammer hat der Beklagte zu dem im Schreiben vom 17.12.2001 angegebenen Ablehnungsgrund ("aus pädagogischen Gründen") erklärt, dass er die Aufteilung der Vollzeitstelle der Klägerin in zwei Teilzeitstellen aus pädagogischen Gründen nicht gewollt habe: Die Kinder sollten eine Ganztagskraft als Kontaktperson behalten. Einer Umwandlung der Vollzeitstelle in zwei Teilzeitstellen durch den LVR hätte er sich allerdings gefügt. Der Umstand, dass in der anderen Kindergruppe seit jeher eine Teilzeitkraft mit 25 Wochenstunden beschäftigt werde, beruhe darauf, dass der LVR nur in diesem Umfang die Stelle bewilligt habe.

Die Klägerin hat in der Verhandlung dem Beklagten vorgehalten, ihren Arbeitszeitverringerungsantrag nur zögerlich bearbeitet und an den LVR weitergeleitet zu haben. Er habe es außerdem unterlassen, beim LVR auf die zügige und positive Bescheidung des Antrags auf Stellenteilung hinzuwirken.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht der verlangte Betrag, der - bei gebotener Auslegung des Klageantrages - als Vergütung "brutto" gezahlt werden soll, nicht zu. Die Beklagte schuldet den Betrag auch nicht im Wege des Schadensersatzes.

I. Der Vergütungsanspruch nach § 615 Satz 1 BGB setzt neben dem Bestand eines Arbeitsverhältnisses und der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers dessen Leistungsbereitschaft voraus. Die Leistungsbereitschaft manifestiert sich in der angebotenen Arbeitsleistung. Dazu hat der Schuldner dem Gläubiger die Leistung so, wie sie nach dem Arbeitsvertrag zu bewirken ist, tatsächlich anzubieten, d. h. in eigener Person, zur rechten Zeit, am rechten Ort und in der rechten Weise. Das tatsächliche wie für das wörtliche Arbeitsangebot setzen mithin die Bereitschaft des Arbeitnehmers voraus, die Arbeitsleistung so zu erbringen, wie sie vertraglich geschuldet ist. War der Arbeitnehmer z.B. wegen Krankheit oder - wie die Klägerin - wegen Elternzeit abwesend war, hat er grundsätzlich seine Arbeitskraft tatsächlich anzubieten, also sich zur Arbeitsaufnahme zurückzumelden. Das wörtliche Angebot genügt dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber erklärt oder sonst durch sein Verhalten zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde (BAG, Urteil vom 29.10.1992, 2 AZR 250/92, EzA Nr. 77 zu § 615 BGB).

1. Nach dem Dienstvertrag vom 20.09.1991 schuldete die Klägerin eine Vollzeittätigkeit. In dem streitbefangenen Zeitraum war sie indessen nicht bereit, einer Vollzeittätigkeit nachzugehen. Dies brachte sie im Schreiben vom 19.11.2001 und durch ihr Erklärungsverhalten in der Folgezeit eindeutig zum Ausdruck. Sie bot am 11.03.2003 ihre Arbeitskraft dem Beklagten auch nicht tatsächlich an. Mit ihrer Äußerung, zu einer Teilzeittätigkeit mit 19,25 Wochenstunden bereit zu sein, hat sie nicht die dienstvertraglich in Vollzeit geschuldete Arbeitsleistung, sondern nur eine Teilleistung angeboten. Das Angebot der Teilleistung ist zur Begründung des Annahmeverzugs unzureichend.

2. Die Bereitschaft der Klägerin, 19,25 Wochenstunden zu arbeiten, hätte allerdings genügt, wenn zwischen den Parteien eine Vereinbarung über die entsprechende Verringerung der Arbeitszeit zustande gekommen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall gewesen.

a) Zwar enthält - bei isolierter Betrachtung der Vertragsurkunde - der "Nachtrag vom 08.03.2002 zum Dienstvertrag" in Ziffer 1 die Einigung der Parteien über eine Beschäftigung der Klägerin als angeordnete Fachkraft in Teilzeit. Indessen führt die Berücksichtigung der Begleitumstände zu dem Befund, dass die Parteien allein mit dem "Nachtrag" noch kein Teilzeitarbeitsverhältnis begründen wollten.

Indem der "Nachtrag" erst mit Anschreiben vom 22.04.2002 übersandt wurde, bedeutete er den auf den zum 09.03.2002 rückwirkenden Abschluss eines Teilzeitvertrages. Dabei hatte zum 09.03.2002 keine Einigung der Parteien vorgelegen. Vielmehr reagierte die Klägerin im Schreiben vom 22.03.2002 auf die vom Beklagten unter dem 13.03.2002 aufgezeigten Arbeitszeitmodelle mit einer Modifikation (vgl. § 150 Abs. 2 BGB) und bot - mangels Vertrages - ihre Arbeitskraft auch nicht tatsächlich an. Weder vor noch nach dem "Nachtrag" kam es zu einer tatsächlichen Erbringung von Arbeits- und Vergütungsleistungen. Dieses Geschehen indiziert bereits, dass der "Nachtrag" eine künftige Teilzeitbeschäftigung der Klägerin erst vorbereiten und nicht schon die schriftliche Grundlage für die bereits vollzogene Beschäftigung nachliefern sollte. Vor allem aber bedurfte es, wie aus den Schreiben des Beklagten vom 13.03.2002 und vom 22.04.2002 hervorgeht, für den Antrag des Beklagten auf Teilung der Stelle als angeordnete Fachkraft der Vorlage des "Nachtrages" beim LVR (vgl. auch Ziffer 2 des "Nachtrags"). Da die Genehmigung des Antrages Voraussetzung für die Refinanzierung der Teilzeitstelle und damit - nach dem der Klägerin erkennbaren und von ihr gebilligten Willen des Beklagten - für ihre Teilzeitbeschäftigung war, wurde der "Nachtrag" unter der aufschiebenden Bedingung der Genehmigung des LVR geschlossen (§ 158 Abs. 1, § 159 BGB). Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte den Bedingungseintritt vereitelt hat (§ 162 BGB). Es mag sein, dass er den Antrag auf Stellenteilung früher beim LVR hätte stellen können, zumal - wie das Gespräch am 20.02.2002, die zügige Beantwortung der Schreiben des Beklagten und Unterzeichnung des "Nachtrags" belegen - die Klägerin bereit war, ihrerseits zu einer zügigen Bearbeitung und Antragstellung beizutragen. Es spricht indessen angesichts der Bearbeitungsweise und -dauer des LVR und seiner Stellungnahme vom 13.09.2002 nichts dafür, dass überhaupt und gar bis zum 30.09.2002 die Genehmigung des Antrages zu erreichen war. Vielmehr war nach der Stellungnahme des LVR vom 13.09.2002 die Ablehnung des Antrages in der gestellten Form, d.h. mit der von der Klägerin gewünschten Lage der Arbeitszeit, zu erwarten. Zwar hielt der LVR eine Stellenteilung im Falle "regelmäßiger" Einsatzzeiten der Teilzeitkräfte (z.B. eine Vormittags- und eine Nachmittagskraft) für möglich. Diese Arbeitszeitgestaltung entsprach jedoch nicht dem, was die Klägerin mit dem Beklagten wollte bzw. was sie mit der Betreuung ihres Kindes vereinbaren konnte. Die Klägerin hat im Prozess auch nicht behauptet, zu einer Teilzeittätigkeit gemäß der vom LVR erwähnten Lage der Arbeitszeit bereit gewesen zu sein.

b) Ein Teilzeitarbeitsverhältnis ist nicht kraft einer gesetzlichen Fiktion gemäß § 15 b BAT, § 15 Abs. 7 BErzGG oder § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG zustande gekommen.

(11) § 15 b BAT findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Es fehlt sowohl an beiderseitiger Tarifgebundenheit als auch an der vertraglichen Inbezugnahme. Im übrigen sieht die Tarifbestimmung nicht vor, dass eine verzögerte oder unbegründete Ablehnung des Teilzeitbegehrens des Arbeitnehmers zum Zustandekommen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses führt.

(22) § 15 Abs. 7 BErzGG normiert zwar für die Ablehnung eine Frist (" innerhalb von vier Wochen") sowie eine schriftliche Begründung (Satz 2). Er enthält jedoch keine Sanktionen, sondern verweist den Arbeitnehmer darauf, Klage vor den Gerichten für Arbeitssachen zu erheben, soweit der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit nicht oder nicht rechtzeitig zustimmt (Satz 3). Indem das Gesetz die Klage (auf Abgabe einer Willenserklärung des Arbeitgebers) vorschreibt und also auf § 894 ZPO einbezieht, knüpft es an die unbegründete oder verspätete Ablehnung keine Zustimmungsfiktion (Küttner/Reinecke, Personalbuch 2003, "Elternzeit" Rz. 26 f.; vgl. auch BAG, Urteil vom 15.03.2000, 5 AZR 622/98, AP Nr. 10 zu § 14 BBiG). Vorliegend kommt hinzu, dass eine Arbeitszeitverringerung aus dem BErzGG nicht zu begründen ist, weil die Klägerin keine Teilzeittätigkeit "während der Elternzeit" (§ 15 Abs. 4 Satz 1 BErzGG), sondern nach der Elternzeit beantragte. Dies folgt aus der Ankündigung der Klägerin im Schreiben vom 19.11.2001, bei Ablehnung ihres Antrags den Erziehungsurlaub um 10 Monate zu verlängern, sowie aus der fehlenden Befristung des Teilzeitverlangens auf die Elternzeit. Das Schreiben der Klägerin ist insoweit nicht auslegungsfähig: Weil das BErzGG für die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ausgestaltung eigene Voraussetzungen und Bedingungen aufstellt und mit einem Verfahren, das die Parteien zu beachten haben und in dem sie das Vorliegen der Voraussetzungen prüfen sollen, verbindet, gebieten es Gründe der Rechtssicherheit und Bestimmtheit, dass der Arbeitnehmer in seinem Antrag unmissverständlich klar stellt, dass er seine Beschäftigung zu verringerter Arbeitszeit (gerade und nur) während der Elternzeit begehrt.

(33) § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG fingiert die Zustimmung des Arbeitgebers zur Arbeitszeitverringerung in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang, wenn der Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung nicht spätestens einen Monat vor ihrem gewünschtem Beginn schriftlich abgelehnt hat. Im Streitfall hatte die Klägerin die Arbeitszeitverringerung ordnungsgemäß und fristgerecht am 27.11.2001 beantragt. Der Beklagte lehnte rechtzeitig mit Schreiben vom 17.12.2001 die Verringerung ab, die zum 11.03.2002 hätte beginnen sollen.

Die Ablehnung ist nicht deshalb unbeachtlich, weil der Beklagte für sie im Schreiben vom 17.12.2001 pauschal "pädagogische Gründe" geltend machte, die er erst in der letzten mündlichen Verhandlung wieder aufgegriffen hat, wohingegen nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen im Prozess die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin keinem irgendwie gearteten pädagogischen Konzept zuwider lief, sondern von der Genehmigung der Stelle und ihrer Refinanzierung durch den Kostenträger abhing. § 8 TzBfG verlangt vom Arbeitgeber nur die rechtzeitige schriftliche Ablehnung und nicht auch die Angabe einer Begründung. Daraus folgert die überwiegende Rechtsauffassung (Boewer, TzBfG, § 8 Rz. 263, 282, Sievers, TzBfG, § 8 Rz. 79/87 ff., Rolfs, TzBfG, § 8 Rz. 30, Annuß/Thüsing/Mengel, TzBfG, § 8 Rz. 202 f.) zutreffend, dass der Arbeitgeber im Prozess weder an mitgeteilte Gründe gebunden noch gehindert ist, jedenfalls solche Gründe, die im Zeitpunkt der Ablehnung objektiv vorlagen, neu vorzutragen. Hatte danach der Beklagte den Teilzeitantrag form- und fristgerecht abgelehnt, musste die Klägerin vor dem Arbeitsgericht auf Annahme ihres Antrages klagen. Gemäß § 894 ZPO hätte erst die rechtskräftige Verurteilung des Beklagten die Vertragsänderung herbeigeführt. Dabei kann die Verurteilung sich nicht auf den Abschluss eines Teilzeitvertrages richten, der in die Vergangenheit zurückreicht (vgl. BAG, Urteil vom 28.06.2000, 7 AZR 904/98, AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung). Unabhängig von der Frage, ob ein solcher, rückwirkender Vertrag auf eine unmögliche Leistung ginge und welche Konsequenzen aus einer etwaigen Unmöglichkeit zu ziehen wären, widerspricht die rückwirkende Begründung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses der gesetzlichen Grundkonstruktion in § 8 TzBfG. Danach bleibt der Arbeitsvertrag in seiner bisherigen Pflichtenstruktur bis zur Rechtskraft des Urteils (§ 894 ZPO) unverändert (MünchArbR/Schüren, Ergänzungsband, § 162 Rz. 76, Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 10. Aufl., § 44 Rz. 28, Sievers, § 8, Rz. 83).

Ohne Erfolg beanstandet die Klägerin, dass der Beklagte ohne Verhandlungen mit Schreiben vom 17.12.2001 den Verringerungswunsch abgelehnt habe. Die Verletzung der Verhandlungspflicht führt nicht dazu, dass die Zustimmung des Arbeitgebers als erteilt gilt (BAG, Urteil vom 18.02.2003, 9 AZR 356/02, z.V.v., Sievers, § 8 Rz. 42).

II. Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch zu.

1. Es kann dahinstehen, ob sich ein Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB a.F. (itzo § 280 Abs. 3 BGB i.V.m. § 283 BGB), § 286 BGB a.F. (§ 280 BGB i.V.m. § 286 BGB), § 325 BGB a.F., aus positiver Forderungsverletzung (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 281 BGB) oder einem c.i.c.-ähnlichem gesetzlichen Schuldverhältnis (§ 311 BGB i.V.m. § 280 BGB) ergeben kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. 01.1989, NJW 1990, 1233 f.; zu § 280 BGB a.F.: BAG, Urteil vom 19.10.2000, 8 AZR 20/00, AP Nr. 11 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitgebers, Urteil vom 18.03.1999, 8 AZR 344/98, ZTR 1999, 516, Urteil vom 25.10.1994, 3 AZR 987/93, ArbuR 2001, 146 ff., Urteil vom 28. August 1987, 7 AZR 249/86, ZTR 1988, 101 f., LAG Niedersachsen, Urteil vom 13.11.1998, 3 Sa 2237/97, n.v., vgl. BAG, Urteil vom 18.03.1999, 8 AZR 344/98, ZTR 1999, 516; zu § 286 BGB a.F.: BAG, Urteil vom 12.11.1997, 7 AZR 422/96, AP Nr. 2 zu § 611 BGB Übernahme ins Arbeitsverhältnis, Urteil vom 14.12.1999, 3 AZR 713/98, AP Nr. 54 zu § 1 BetrAVG, LAG Berlin, Urteil vom 25. 06.1999, 6 Sa 638/99, n.v.; zu §§ 286, 280 BGB a.F.: BAG, Urteil vom 28.06.2000, a.a.O., LAG Hamm, Urteil vom 31.05.1999, 16 Sa 2357/97, n.v.; zu pFV: Hanau, NZA 2001, 1172; zu einem c.i.c-ähnlichem gesetzlichen Schuldverhältnis: BGH, Urteil vom 18.04.1974, NJW 1974, 1903 f., MüKo/Kramer, BGB, 4. Aufl., vor § 145 Rz. 12, Staudinger/Bork (1996), vor §§ 145 ff., Rz. 31; zu § 615 BGB: LAG Bremen, Urteil vom 23. 11.2000, LAGE Nr. 5 zu § 15 BErzGG).

Nach Auffassung von Hanau (a.a.O.) werden nach dem Ziel (Schutzzweck) des § 8 TzBfG materielle Interessen nicht berücksichtigt, so dass der Arbeitgeber nicht zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er einen Verringerungswunsch des Arbeitnehmers rechtswidrig ablehnt. Der Auffassung begegnen erhebliche Bedenken. Sie lässt nicht nur die grundlose Ablehnung beantragter Arbeitszeitverringerung sanktionslos, sondern berücksichtigt nach Dafürhalten der Kammer zu wenig, dass das Gesetz dem Arbeitnehmer, der aus familiären und persönlichen Gründen die Vollzeittätigkeit aufgeben muss, die weitere Arbeitstätigkeit in Form der Teilzeittätigkeit ermöglichen will und damit seinem materiellen Interesse dient, das Arbeitsverhältnis als Erwerbsgrundlage zu erhalten. Dieser Gesichtspunkt trifft gleichermaßen auf § 15 b BAT zu (Kammer-Urteil vom 05.03.2003, 12 Sa 1523/02, n.v.). Allerdings ist nicht zu verkennen, dass der Gesetzeskonstruktion des § 8 TzBfG immanent ist, dass die grundlos rechtswidrige Ablehnung regelmäßig keinen Schaden verursacht, weil der Arbeitnehmer (zunächst) zu der höheren Arbeitszeit weiterarbeiten wird und er wegen des daraus erzielten höheren Verdienstes keine Vermögenseinbuße erleidet. Der Arbeitnehmer erleidet nur dann einen Schaden, wenn er entweder selbst vertragsbrüchig wird und eigenmächtig der Arbeit fernbleibt oder, was die Kausalität der grundlosen Ablehnung berührt, sich mit dem Arbeitgeber auf eine unbezahlte Freistellung von der Arbeit verständigt. Die Kammer braucht im Streitfall diese Problematik nicht zu klären, weil der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Arbeitszeitverringerung zu Recht ablehnte.

2. Der Arbeitszeitverringerung standen "betriebliche Gründe" i. S. d. § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG entgegen.

a) Nach herrschender Auffassung geben die wirtschaftlichen Nachteile, die mit der die Arbeitszeitverringerung und Arbeitsplatzteilung begleitenden Umorganisation des Arbeitsablaufs verbunden sind, nicht ohne weiteres einen Ablehnungsgrund ab. Solche Nachteile fallen typischerweise an und werden von dem Vollzugsbefehl des Gesetzgebers eingeschlossen (vgl. Küttner/Reinecke, "Teilzeitbeschäftigung" Rz. 25). Die Belastungen, die auf den Beklagten durch eine Teilzeitbeschäftigung der Klägerin zugekommen wären, erschöpften sich freilich nicht in dem zusätzlichen Aufwand für die Umorganisation der Arbeitsabläufe, sondern betrafen seine unternehmerische Konzeption, Arbeitnehmer nur einzustellen, wenn dies von der Betriebserlaubnis des LVR gedeckt und also die Refinanzierung der durch die Anstellung entstehenden Personalkosten gesichert ist (vgl. § 45, § 74 KJHG bzw. § 45, § 74 Abs. 3 SGB VIII, § 16 Abs. 2, §§ 23 ff. GTK NRW). Die Stadt Wesel bzw. der LVR stellten ihm nicht allgemein Finanzmittel für den Personalbedarf zur Verfügung, sondern griffen über die Betriebserlaubnis mit dem Personalschlüssel sowie weitere Genehmigungs- und Finanzierungsvorbehalte unmittelbar und regulativ in die personelle Planungskompetenz und wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Beklagten ein. Der Beklagte konnte sich, wenn er nicht unternehmerisch unverantwortlich handeln wollte, über diese Zwänge nicht hinwegsetzen. Damit hatte der Beklagte zumindest rationale, nachvollziehbare Gründe, wenn er wegen fehlender Personalforderung der Betriebserlaubnis des LVR den Verringerungswunsch der Klägerin ablehnte (vgl. ErfK/Preis, § 8 TzBfG, Rz. 24/28). Der Einwand der Klägerin, dass der Beklagte vorschnell ohne Verhandlungen und vor dem Versuch, eine Arbeitsplatzteilung beim LVR zu beantragen, mit Schreiben vom 17.12.2001 den Verringerungswunsch abgelehnt habe, führt in schadensersatzrechtlicher Hinsicht schon deshalb nicht weiter, weil eine Genehmigung des LVR zur Arbeitsplatzteilung mit der von der Klägerin gewünschten Lage der Arbeitszeit überhaupt nicht, erst recht nicht in der Zeitspanne zwischen Eingang des Verringerungsantrages und spätestmöglicher Ablehnung (§ 8 TzBfG) erreichbar war.

Danach kann dahin stehen, ob die pauschale Angabe von "pädagogischen Gründen" im Schreiben vom 17.12.2001, die der Beklagte in der letzten Verhandlung wieder aufgegriffen und dahingehend erläutert hat, dass ihm - vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des LVR - an der durch Vollzeittätigkeit gewährleisteten permanenten Anwesenheit der Erzieherinnen als Kontakt- bzw. Bezugspersonen der Kinder gelegen sei, für die Annahme ausreicht, dass "betriebliche Gründe" i.S.d. § 8 Abs. 4 TzBfG vorliegen (vgl. BAG, Urteil vom 18.03.2003, 9 AZR 126/02, z.V.v.).

b) Die "betrieblichen Gründe" bestanden objektiv im Zeitpunkt der Ablehnung des Verringerungsantrages. Daher begegnet ihre prozessuale Verwertung keinen Bedenken (Boewer, § 8 Rz. 221, Sievers, § 8 Rz. 88 ff.).

c) Die tatsächlichen Umstände, aus den sich die "betrieblichen Gründe" i.S.d. § 8 Abs. 4 TzBfG ergeben, sind unstreitig. Daher kommt es vorliegend nicht auf die Darlegungslast an. Nach überwiegender und richtiger Ansicht trifft die Darlegungslast den Arbeitgeber (Küttner/Reinecke, a.a.O., Rz 30, Boewer, § 8 Rz. 337).

3. Scheitert der Schadensersatzanspruch bereits an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung vom 17.12.2001, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, dass der Anspruch - im Unterschied zum Erfüllungsanspruch, Verschaffungsanspruch (dazu BAG, Urteil vom 07.03.1995, 3 AZR 282/94, AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung) oder Anspruch auf Vertragsschluss aufgrund Kontrahierungszwangs - Verschulden des Beklagten voraussetzt und daher die Prüfung veranlasst sein könnte, ob der Beklagte, falls er unberechtigt den Teilzeitantrag der Klägerin unberechtigt abgelehnt hätte, einem unverschuldeten Rechtsirrtum unterlag oder nicht (vgl. BAG, Urteil vom 14.12.1999, 3 AZR 713/98, AP Nr. 54 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen). Ebenso wenig braucht die Kammer dem Aspekt nachzugehen, dass die Klägerin an sich vertragswidrig ab dem 11.03.2002 ihre Vollzeittätigkeit (mit der Konsequenz des Lohnverlustes) nicht aufnahm und der Beklagte dies quasi als verlängerter Erziehungsurlaub hinnahm.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Klägerin zu tragen.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG beigemessen und daher für die Klägerin die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück