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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.12.2003
Aktenzeichen: 13 Sa 1280/03
Rechtsgebiete: BBG


Vorschriften:

BBG § 10 Abs. 3
Das im Rahmen einer "Insichbeurlaubung" nach dem PostPersRG mit dem beurlaubten Beamten geschlossene Arbeitsverhältnis endet auch ohne ausdrückliche Befristung mit der Beendigung der Beurlaubung nach der der Beamte verpflichtet ist, seine Dienstpflichten als aktiver Beamter wieder auszuführen. Ein aktives Nebeneinander beider Rechtsverhältnisse hat der Gesetzgeber entsprechend dem Rechtsgedanken des § 10 Abs. 3 BBG nicht gewollt.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 Sa 1280/03

Verkündet am 18. Dezember 2003

In dem Rechtsstreit

hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 18.12.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Funke als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Smoch und den ehrenamtlichen Richter Sendke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 25.08.2003 - 5 Ca 1599/03 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision des Klägers wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist "in-sich-beurlaubter" Beamter auf Lebenszeit. Die Parteien streiten um den Bestand des zwischen ihnen am 30.06.2000 begründeten unbefristeten Arbeitsvertrages (Bl. 6 - 14 d. A.).

Im Rahmen der Privatisierung der Bundespost wurde dem Kläger auf seinen Antrag hin nach Maßgabe der Art. 143 b Abs. 3 GG, §§ 4 Abs. 3 PostPersRG, 13 SonderurlaubsVO Sonderurlaub durch den Dienstherrn gewährt. Dieser Sonderurlaub war befristet bis zum 31.07.2003. Der Kläger war seit Beginn der Beurlaubung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses für die Beklagte tätig. Eine Verlängerung der In-Sich-Beurlaubung über den 31.07.2003 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.03.2003 ab. Nach der Zurückweisung des hiergegen gerichteten Widerspruchs des Klägers ist zwischen den Parteien eine verwaltungsgerichtliche Klage anhängig.

Mit Schreiben vom 30.04.2003 (Bl. 21 d. A.) hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass wegen des Ablaufs der In-Sich-Beurlaubung per 31.07.2003 das Arbeitsverhältnis mit diesem Termin ende und der Kläger danach verpflichtet sei, seine Dienstpflichten als aktiver Beamter auszuführen.

Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis über den 31.07.2003 hinaus fortbestehe. Des Weiteren hat er die Zahlung des Differenzbetrages zwischen der ihm nach dem Arbeitsvertrag für den Monat August 2003 zustehenden Vergütung und dem für diesen Zeitraum gezahlten Beamtengehalt geltend gemacht.

Der Kläger will zwar auf Dauer nicht auf seine Position als Beamter verzichten, sieht aber in dem Ende des befristeten Sonderurlaubs keinen Beendigungstatbestand für das Arbeitsverhältnis. Er hat die Auffassung vertreten, die Verweigerung der Verlängerung der Beurlaubung stelle eine nach § 162 BGB treuwidrige Behinderung des Bedingungseintritts dar. Auch fehle es an der erforderlichen Beteiligung des Personalrats.

Demgegenüber hat die Beklagte geltend gemacht, das Arbeitsverhältnis des Klägers habe aufgrund der Beendigung der In-Sich-Beurlaubung am 31.07.2003 durch einen Beendigungstatbestand sui generis automatisch sein Ende gefunden.

Ein aktives Nebeneinander beider Rechtsverhältnisse habe der Gesetzgeber entsprechend dem Rechtsgedanken des § 10 Abs. 3 BGB nicht gewollt. Hierdurch erfolge auch keine Umgehung kündigungsrechtlicher Vorschriften. Der Kläger brauche den arbeitsrechtlichen Schutz angesichts des fortbestehenden unkündbaren Beamtenverhältnisses nicht.

§ 162 BGB greife nicht ein. Denn sie habe ermessensfehlerfrei den Antrag des Klägers auf Verlängerung der In-Sich-Beurlaubung abgelehnt, da aufgrund marktwirtschaftlich erforderlicher Umstrukturierung die vom Kläger als Arbeitnehmer aufgeführte Tätigkeit entfallen sein.

Das Arbeitsgericht Krefeld hat durch Urteil vom 25.08.2003 die Klage abgewiesen. Gegen seine Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen Rechtsstandpunkt aufrechterhält. Die Berufung macht geltend, die Beklagte, die sich entschlossen habe, durch Statuswechsel ein Arbeitsverhältnis zu begründen, sei an diese Entscheidung gebunden und könne dieses Arbeitsverhältnis nur nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften beenden. Keiner dieser Beendigungstatbestände sei gegeben. Die einseitig nach freiem Ermessen des Arbeitgebers entschiedene Nichtverlängerung des gewährten Status als Arbeitnehmer sei kein Beendigungstatbestand im Rechtssinne. Selbst wenn das Arbeitsverhältnis unter der auflösenden Bedingung des Fortbestandes der In-Sich-Beurlaubung gestanden habe, könne sich die Beklagte auf den Eintritt dieser Bedingung nicht berufen, denn sie habe diese Bedingung einseitig nach freiem Ermessen selbst herbeigeführt.

Das Urteil leide somit unter wesentlichen Fehlern. Auch sei gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verstoßen worden. Der Statuswechsel vom Angestellten zum Beamten durch Nichtverlängerung der In-Sich-Beurlaubung stehe einer Änderungskündigung gleich und unterliege analog § 102 BetrVG dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Die In-Sich-Beurlaubung stelle betriebsverfassungsrechtlich eine mitbestimmungspflichtige Umgruppierung dar.

Während die Umgruppierung zum Arbeitnehmer mit Zustimmung des Beamten erfolge und für den Betroffenen im Einzelfall stets günstiger als die vorhergehende Eingruppierung als Beamter sei, so dass die personelle Einzelmaßnahme nicht dem Mitbestimmungsrecht unterliege, sei die ohne Zustimmung des Arbeitnehmers erfolgende Rückgruppierung in den Status des Beamten einer Änderungskündigung gleichstehende personelle Einzelmaßnahme, an welcher der Betriebsrat zu beteiligen sei.

Schließlich sei auf europarechtliche Gesichtspunkte hinzuweisen, nämlich den Umstand, dass die Zuweisung erweiterter arbeitsrechtlicher Befugnisse an die Beklagte und die arbeitsrechtliche Besserstellung der Beklagten gegenüber ihren privaten Mitbewerbern eine verbotene und neu eingeführte Beihilfe darstelle.

Der Kläger beantragt nunmehr,

1. unter Aufhebung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Beklagten nicht am 31.07.2003 geendet hat, sondern fortbesteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.327,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 25.08.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Rechtsauffassung des Klägers für verfehlt. Sie sei gem. § 1 Abs. 1 PostPersRG ermächtigt, gegenüber dem Kläger in seiner Eigenschaft als Beamter die dem Dienstherrn bunt obliegenden Rechte und Pflichten wahrzunehmen.

In dieser Eigenschaft habe sie den Antrag des Klägers auf Verlängerung der In-Sich-Beurlaubung ablehnen und seinen hiergegen gerichteten Widerspruch zurückweisen können. Aufgrund des Hinweises, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem 30.04.2003 ende und einer entsprechenden Mitteilung, sei der Kläger verpflichtet, als aktiver Beamter seiner Dienstpflicht an einem noch näher zu bezeichnenden Dienstposten nachzukommen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und resümiert, Grundlage der Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers als Arbeitnehmer sei seine Freistellung von den Dienstpflichten als Beamter. Mit dem Ende dieser Freistellung sei er verpflichtet, wieder als Beamter tätig zu werden und ab diesem Zeitpunkt sei er rechtlich gehindert, weiter als Arbeitnehmer für seinen Dienstherrn tätig zu sein.

Diese rechtliche Bewertung verstoße nicht gegen zwingende arbeitsrechtliche Schutznormen. Als Folge der automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.07.2003 scheide auch ein Verstoß gegen kollektivrechtliche Mitbestimmungsrechte aus.

Wegen der weiteren Ausführungen der Beklagten wird auf die Berufungsbegr ündung, wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen auf den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze und des Weiteren auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen (§ 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 25.08.2003 ist zulässig.

Die Berufung ist an sich statthaft, nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und innerhalb der Frist begründet worden.

In der Sache hatte die Berufung keinen Erfolg.

Die Kammer folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung und nimmt auf diese unter Verzicht auf wiederholende Ausführungen Bezug (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Über die von der Vorinstanz erörterten rechtlichen Gesichtspunkte hinaus hat die Berufung keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt.

Die Kammer nimmt - wie das Arbeitsgericht - eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses an, aufgrund derer ein Verstoß gegen kollektivrechtliche arbeitsrechtliche Mitbestimmungsrechte ausscheidet.

Das Arbeitsgericht hat bereits auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 10.12.2002 (1 ABR 27/01) hingewiesen, aus dem abzuleiten sei, dass für den Wechsel zurück zur Tätigkeit eines Beamten ebenso wenig Mitbestimmungsrechte zu beachten seien, wie sie bei der In-Sich-Beurlaubung eines Beamten und dessen Weiterbeschäftigung im selben Betrieb in Betracht kämen. Bedenken ergeben sich für die Kammer allenfalls daraus, dass die durch das Postpersonalrechtsgesetz geschaffene "In-Sich-Beurlaubung" zur Wahrnehmung privatrechtlicher Dienste beim selben Dienstherrn eine dem geltenden Rechtssystem völlig fremde Konstruktion ist. Der Arbeitsvertrag des Klägers hätte unschwer durch eine Befristung oder auflösende Bedingung mit der befristeten Beurlaubung in Übereinstimmung gebracht werden können. Insofern ist dem Kläger zuzustimmen, dass ein regulärer Beendigungstatbestand im arbeitsrechtlichen Sinne nicht gegeben ist. Die Kammer hält es auch nicht für eine rechtlich relevante Argumentation, wenn die Beklagte ausführt, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergebe sich automatisch, weil der Kläger andernfalls nicht in der Lage sei, seinen Dienstpflichten als Beamter wieder nachzukommen.

Die Merkmale einer treuwidrigen Verhinderung des Bedingungseintritts für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 162 BGB sieht die Kammer nicht als dargelegt. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger es einstweilen für vorteilhafter hält, die materiell günstigeren Bedingungen des Arbeitsverhältnisses ohne Verzicht auf den ruhenden Beamtenstatus zu nutzen.

Angesichts der beiden Parteien von vornherein bekannten Gesamtumstände, geht die Kammer davon aus, dass die Beendigung der In-Sich-Beurlaubung eine auflösende Bedingung für das bestehende Arbeitsverhältnis war, auf die die Beklagte sich angesichts des von ihr angenommenen Wegfalls des Beschäftigungsbereichs für die privatrechtliche Tätigkeit ohne Verstoß gegen rechtliche Grundsätze berufen konnte. Insofern ist aus § 3 des Arbeitsvertrages, der als Beendigungstatbestand die ordentliche Kündigung vorsieht, kein entgegenstehender rechtlicher Gesichtspunkt abzuleiten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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