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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.08.2009
Aktenzeichen: 13 Sa 1673/08
Rechtsgebiete: TV-Ärzte/VKA, TVöD, BGB


Vorschriften:

TV-Ärzte/VKA
TVöD
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 611 Abs. 1
kurze Inhaltsangabe: Zur Frage, ob aus einem arbeitsvertraglichen Verweis auf den BAT folgt, dass die Vergütung nunmehr dem zwischen Marburger Bund und VKA abgeschlossenen TV-Ärzte/VKA zu entnehmen ist.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 14.08.2008 - 4 Ca 488/08 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit Juni 1991 angestellt. Die Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildet der Arbeitsvertrag vom 26. April 1991. In diesem heißt es:

"§ 8

Vergütung im dienstlichen Aufgabenbereich und Einräumung des Liquidationsrechtes

1. Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich eine Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe I BAT der Anlage 1a zum BAT (VKA), d. h. Grundvergütung nach § 27 BAT, Ortszuschlag nach Maßgabe des § 29 BAT sowie Zulage nach dem Zulagentarifvertrag für Angestellte, eine Zuwendung und ein Urlaubsgeld entsprechend der tariflichen Regelungen zum BAT in der jeweils gültigen Fassung, zahlbar jeweils am letzten eines Monats für den abgelaufenen Monat auf ein von dem Arzt eingerichtetes Bankkonto.

2. Der Arzt erhält ferner:

a) das Liquidationsrecht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen bei denjenigen Kranken, die diese Leistungen gewählt, mit dem Krankenhaus vereinbart und in Anspruch genommen haben;

b) das Liquidationsrecht für das Gutachterhonorar bei Aufnahmen zur Begutachtung, sowie die gesonderte Berechnung eines Gutachterhonorars neben dem Pflegesatz nach dem Pflegekostentarif des Krankenhauses in der jeweils gültigen Fassung.

..."

Auf den Inhalt des Vertrages im Übrigen wird verwiesen (Blatt 11 ff. der Akte).

Bis zum Jahr 1999 vereinbarte die Beklagte mit allen ihren Beschäftigten die entsprechende Anwendung des BAT. In den später abgeschlossenen Arbeitsverträgen werden hingegen die AVR in Bezug genommen.

Bis zum Jahr 2005 ließ der Marburger Bund sein Verhandlungsmandat durch die Deutsche Angestellten Gewerkschaft bzw. dann ver.di wahrnehmen. Am 10. September 2005 beschloss die 108. Hauptversammlung des Marburger Bundes, die Vertretung durch ver.di zu kündigen. Am 13. September 2005 unterzeichnete ver.di mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände mit Wirkung ab 1. Oktober 2005 den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA). In der Folge kam es zu Tarifauseinandersetzungen zwischen dem Marburger Bund und der Arbeitgeberseite, die am 17. August 2008 durch Vereinbarung eines Eckpunktpapiers und in der Umsetzung desselben durch Abschluss des TV-Ärzte/VKA und des TVÜ-Ärzte/VKA beigelegt wurden. Beide Tarifverträge traten mit Wirkung zum 1. August 2008 in Kraft.

Seit dem 1. Oktober 2005 vergütete die Beklagte den Kläger nach Maßgabe des TVöD/VKA, wobei sie die Entgeltgruppe 15 Ü zugrunde legte. Auch die anderen Ärzte, mit denen sie die Anwendung des BAT vereinbart hatte, leitete sie in den TVöD über. Erst- und zweitinstanzlich sind allerdings etwa sechs Klagen von Ärzten anhängig, die stattdessen Vergütung nach Maßgabe des TV-Ärzte/VKA verlangen.

Der Kläger meint, die Beklagte müsse seit dem 1. August 2006 die Gehaltszahlungen stattdessen nach dem TV-Ärzte/VKA bemessen. Insoweit habe sie sich an dessen Vergütungsgruppe IV zu orientieren und aufgrund des zu den Oberärzten einzuhaltenden Abstands einen Aufschlag von 15 % zu zahlen. Mit vorgerichtlichem Schreiben vom 28. Februar 2009, auf dessen Inhalt im Einzelnen verwiesen wird (Blatt 368 der Akte), wandte er sich insoweit vergeblich an die Beklagte.

Mit seiner Klage hat der Kläger Vergütungsdifferenzen auf der Basis eines monatlich an ihn zu zahlenden Gehalts von 7.475,- € brutto für den Zeitraum August 2006 bis Februar 2008 - jeweils unter Abzug der monatlich gezahlten Grundvergütung von 5.743,27 € brutto - verlangt.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass sich seine Vergütung als Leitender Arzt der Klinik für Kinderheilkunde des Ev. Krankenhauses Oberhausen (gemäß § 8 Abs. 1 des Dienstvertrages) ab dem 01.03.2008 nach der Entgeltgruppe IV, Stufe 1, des Tarifvertrages für die Ärztinnen und Ärzte an Kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigungen der Kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) in der jeweiligen Fassung, zzgl. 15 % berechnet;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 32.902,87 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der EZB aus

€ 1.731,73 seit dem 01.09.2006,

€ 1.731,73 seit dem 01.10.2006,

€ 1.731,73 seit dem 01.11.2006,

€ 1.731,73 seit dem 01.12.2006,

€ 1.731,73 seit dem 01.01.2007,

€ 1.731,73 seit dem 01.02.2007,

€ 1.731,73 seit dem 01.03.2007,

€ 1.731,73 seit dem 01.04.2007,

€ 1.731,73 seit dem 01.05.2007,

€ 1.731,73 seit dem 01.06.2007,

€ 1.731,73 seit dem 01.07.2007,

€ 1.731,73 seit dem 01.08.2007,

€ 1.731,73 seit dem 01.09.2007,

€ 1.731,73 seit dem 01.10.2007,

€ 1.731,73 seit dem 01.11.2007,

€ 1.731,73 seit dem 01.12.2007,

€ 1.731,73 seit dem 01.01.2008,

€ 1.731,73 seit dem 01.02.2008,

€ 1.731,73 seit dem 01.03.2008,

zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 14. August 2008, auf dessen Inhalt im Einzelnen verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht Oberhausen der Klage stattgegeben. Es hat angenommen, im Vertrag der Parteien sei durch das Auslaufen des BAT eine Regelungslücke entstanden, die durch Anwendung des TV-Ärzte/VKA zu schließen sei.

Gegen das ihr am 01. Dezember 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 08. Dezember 2008 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02. März 2009 - mit einem an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie beruft sich unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens darauf, entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts liege weder eine Regelungslücke vor noch könne eine solche durch Anwendung des TV-Ärzte/VKA geschlossen werden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Oberhausen die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere unter Beachtung der Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

B.

Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist abzuweisen.

I.

Allerdings ist die Klage auch im Feststellungsbegehren zulässig. Zwischen den Parteien ist im Streit, wonach die Vergütung des Klägers zu bemessen ist. Es handelt sich nicht um eine bloße Vorfrage, sondern um einen Teil des zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses. Die Feststellungsklage ist geeignet, diesen Streit mit Rechtskraftwirkung auch für die Zukunft zu klären. Eine Anpassung der Zahlungsanträge an den Zeitablauf war nicht erforderlich. Auch war der Kläger nicht auf eine Leistungsklage gerichtet auf künftige Zahlung zu verweisen (BAG 5. Oktober 2000 - 1 AZR 48/00 - NZA 2001, 849; vgl. zuletzt BAG 9. April 2008 - 4 AZR 104/07 - NZA-RR 2009, 79).

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Vergütung des Klägers richtet sich nicht nach dem TV-Ärzte/VKA.

1.

Der TV-Ärzte/VKA und damit auch dessen Vergütungsregelungen finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht bereits kraft Tarifbindung Anwendung. Die Beklagte ist nicht Mitglied der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Darüber hinaus ist der Kläger als Chefarzt vom Geltungsbereich des TV-Ärzte/VKA nicht erfasst. In dessen Vergütungssystem sind Ärzte lediglich bis hin zum Oberarzt, der ständiger Vertreter des leitenden Arztes ist, geregelt.

2.

Die Parteien haben die Regelungen des TV-Ärzte/VKA nicht einzelvertraglich in Bezug genommen.

a)

Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - zu B II 1 der Gründe, NZA 2007, 965). Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (vgl. BGH 13. Juni 2007 - IV ZR 330/05 - RN 27, NJW 2007, 2320). Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt (BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - zu B I 2 f cc der Gründe, NZA 2006, 791). Handelt es sich bei dem auszulegenden Vertrag um allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB, sind diese nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrundezulegen sind (BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - NZA 2009, 154).

b)

Wie sich bereits aus dem äußeren Erscheinungsbild ergibt, dürfte es sich beim Arbeitsvertrag der Parteien um allgemeine Geschäftsbedingungen handeln. Die Kammer brauchte dieser Frage nicht näher nachzugehen, weil sich insoweit kein unterschiedliches Auslegungsergebnis ergibt.

Der Vertrag der Parteien enthält zur Vergütung in § 8 Abs. 1 eine ausdrückliche Verweisung auf den BAT. Nach dem Wortlaut scheidet damit eine Anwendung des TV-Ärzte/VKA aus. Dies gilt auch, wenn die Kammer zugunsten des Klägers annimmt, dass sich die Wendung "in der jeweils gültigen Fassung" am Ende von § 8 Abs. 1 auch auf die entsprechende Anwendung von I BAT bezieht. Der TV-Ärzte/VKA ist nämlich keine Fassung des BAT, sondern ein diesen ersetzender Tarifvertrag, § 2 Abs. 1 TVÜ-Ärzte/VKA.

Auch eine den Sinn und Zweck der Vertragsregelung berücksichtigende Auslegung führt nicht zur Anwendung des TV-Ärzte/VKA.

Zugunsten des Klägers geht die Berufungskammer zwar davon aus, dass die Parteien in § 8 Abs. 1 ihres Vertrages eine dynamische Verweisung vereinbart haben. Dafür spricht nicht nur die Jeweiligkeitsklausel am Ende, sondern auch der Umstand, dass die Beklagte das Gehalt des Klägers bei den im Laufe des Arbeitsverhältnisses eingetretenen Tariferhöhungen stets angepasst hat. Das nachträgliche Verhalten der Parteien kann zwar den objektiven Vertragsinhalt nicht mehr beeinflussen, hat aber Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten (BGH 22. Juni 2005 - VIII ZR 214/04 - NJW-RR 2005, 1323). Nach Auffassung der Kammer haben die Parteien damit nicht nur vereinbart, dass stattgefundene Erhöhungen berücksichtigt werden. Aus der Vereinbarung lässt sich vielmehr ablesen, dass sie davon ausgegangen sind, das Gehalt des Klägers solle in regelmäßigen Abständen erhöht werden. Um sich entsprechende Gehaltsverhandlungen zu ersparen, haben sie die Form einer Verweisung auf ein Tarifwerk gewählt, bei welchem bei Vertragsschluss davon auszugehen war, dass dort regelmäßige Anpassungen erfolgen würden.

Aufgrund der Tatsache, dass der BAT/VKA nicht mehr fortgeführt wird, ermöglicht allein der Verweis auf den BAT die gewollte Dynamisierung nicht mehr. Eine Vereinbarung der Parteien, was in diesem Fall gelten soll, ist dem Arbeitsvertrag nicht zu entnehmen. Der TV-Ärzte/VKA ist auch keineswegs der "geborene Nachfolger" des BAT. Durch die Kündigung der Tarifgemeinschaft zwischen ver.di und dem Marburger Bund und die nachfolgenden getrennten Tarifabschlüsse existieren in der Nachfolge des BAT vielmehr zwei (unter Berücksichtigung des mit dem ver.di-Tarifvertrag gleichlautenden Tarifvertrags mit der dbb-Tarifunion sogar drei) unterschiedliche gleichrangige Tarifverträge. Der TV-Ärzte/VKA ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht der speziellere Tarifvertrag. Zwar gilt er anders als der TVöD ausschließlich für Ärzte. Der TVöD enthält jedoch nicht nur einen besonderen Teil für Krankenhäuser. Er stellt auch für Krankenhausärzte ein vollständiges Tarifwerk zur Verfügung. Ein bezogen auf den Geltungsbereich enger gefasster Tarifvertrag ist nicht spezieller als ein entsprechend breiter anwendbarer. Der TV-Ärzte/VKA hat den arbeitsvertraglich in Bezug genommenen BAT nur für einen kleinen Teil der Arbeitnehmer ersetzt. Der TVöD/VKA stellt hingegen eine für alle Berufsgruppen, also auch die Ärzte, ersetzende Tarifregelung dar. Auf den Organisationsgrad der bei ihr angestellten Ärzte bei ver.di bzw. dem Marburger Bund, zu welchem der Kläger weder für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch den des Entstehens der streitigen Fragestellung substantiiert vorgetragen hat, kommt es in diesem Zusammenhang bereits deshalb nicht an, weil die Beklagte nicht tarifgebunden ist. Es handelt sich deshalb bei der Verweisung auf den BAT nicht um eine sogenannte Gleichstellungsklausel. Eine solche kann auch deshalb nicht angenommen werden, weil Chefärzte wie der Kläger von der Anwendbarkeit des BAT ausgenommen waren (zutreffend LAG Hamm 17. Februar 2009 - 12 Sa 529/08 - juris; Revision unter - 4 AZR 384/09 -).

Der Umstand, dass lediglich der TVöD/VKA eine Überleitung der Vergütungsgruppe I BAT ermöglicht (nach § 19 Abs. 2 Satz 2 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts - TVÜ-VKA - vom 13. September 2005 in die Entgeltgruppe 15 Ü), während der Kläger meint, eine angemessene Regelung dem Entgeltsystem des TV-Ärzte/VKA nur entnehmen zu können, wenn er auf dessen höchste Gruppe einen prozentualen Zuschlag macht, spricht ebenfalls gegen die vom Kläger präferierte Anwendung des TV-Ärzte/VKA.

Der Vertrag ist auch nicht aufgrund der Unklarheitenregel, §§ 305 c Abs. 2, 310 Abs. 4 Satz 2 BGB, zu Lasten der Beklagten im vom Kläger begehrten Sinn auszulegen. Nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsregeln bleiben keine nicht behebbaren Unklarheiten bestehen (vgl. hierzu BAG 9. November 2005 - 5 AZR 145/05 -juris). Wie dargelegt handelt es sich weder beim TV-Ärzte/VKA noch beim TVöD um eine Fassung des BAT iSd. vertraglichen Vereinbarung.

Der arbeitsvertragliche Verweis auf den BAT kann damit nicht aus dem Vertrag heraus als Verweis auf den TV-Ärzte/VKA ausgelegt werden.

3.

Auch eine ergänzende Vertragsauslegung vermag der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Sie setzt zunächst voraus, dass der Vertrag eine Regelungslücke enthält. Dann ist zu fragen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lücke bekannt gewesen wäre, wobei nicht die subjektive Vorstellung einer Vertragspartei maßgeblich ist, sondern was die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten (BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140). Bei der ergänzenden Vertragsauslegung muss die Antwort auf diese Frage innerhalb des durch den Vertrag selbst gezogenen Rahmens gesucht werden. Das Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung darf nicht in Widerspruch zu dem im Vertrag ausgedrückten Parteiwillen stehen (BAG 13. November 2002 - 4 AZR 393/01 - BAGE 103, 364 mwN). Lassen sich nach diesen Kriterien hinreichende Anhaltspunkte für den hypothetischen Parteiwillen nicht finden, etwa weil mehrere gleichwertige Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung aus. Mit dem Grundsatz der Privatautonomie ist es unvereinbar, wenn die Regelungslücke auf verschiedene Weise geschlossen werden kann und keine Anhaltspunkte bestehen, für welche Alternative sich die Parteien entschieden hätten (BGH 17. April 2002 - VIII ZR 297/01 - DB 2002, 1436).

a)

Aufgrund der Tatsache, dass der BAT/VKA nicht mehr fortgeführt wird, ist hinsichtlich der beiderseits gewollten Dynamisierung eine Regelungslücke entstanden. Eine Vereinbarung der Parteien, was gelten soll, wenn der BAT eine Gehaltsentwicklung des Klägers nicht mehr ermöglicht, ist dem Arbeitsvertrag wie dargelegt nicht zu entnehmen.

b)

Hier kommt zur Schließung der Regelungslücke eine Mehrzahl von Möglichkeiten in Betracht, so dass eine richterliche Vertragsergänzung ausscheidet.

Neben den von den Parteien bevorzugten Lösungen (Anwendung des TV-Ärzte/VKA bzw. des TVöD/VKA) könnte die Vertragslücke auch dadurch geschlossen werden, dass die Vergütung nach I BAT per 30. September 2005 zum Ausgangspunkt genommen und sodann der Durchschnitt der Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst hinzugefügt bzw. der Mittelwert zwischen den Vergütungen nach dem TV-Ärzte/VKA und dem TVöD/VKA gebildet wird. Im Hinblick darauf, dass der Kläger in einem in kirchlicher Trägerschaft stehenden Krankenhaus tätig ist, wäre auch denkbar, dass die Parteien den BAT-KF zugrundegelegt hätten, wenn sie gewusst hätten, dass im Bereich der öffentlichen Hand kein einheitliches Tarifwerk mehr existieren würde.

Es ist nicht verwunderlich, dass sich beide Parteien nunmehr auf das für sie jeweils finanziell günstigere Tarifwerk berufen. Das ist allerdings nicht der Maßstab der Prüfung, da die Parteien bei Vertragsschluss - unterstellt, sie hätten das Auseinanderbrechen der Tarifgemeinschaft vorausgesehen - nicht wissen konnten, wie die Dotierung jeweils sein würde. Allerdings hatte die Beklagte die Anwendung des BAT nicht nur für ihre Ärzte, sondern auch für das übrige Personal vereinbart. Nicht nur aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, sondern auch im Hinblick auf die Ausgewogenheit der Vergütung der unterschiedlichen Berufsgruppen ist daher davon auszugehen, dass die Beklagte bei den Vertragsverhandlungen dieses Interesse geltend gemacht hätte, wenn die Parteien das Entstehen der Lücke vorausgesehen hätten. Vor dem Hintergrund, dass bei Abschluss des Arbeitsvertrages der Grundsatz der Tarifeinheit kaum bestritten war ("ein Unternehmen, ein Tarifvertrag"), hätte sich nach Auffassung der Kammer der Kläger als redlicher Vertragspartner auf dieses Interesse einlassen müssen. Dass die Beklagte 1999 dazu übergegangen ist, statt des BAT die AVR zu vereinbaren, ändert hieran nichts. Zum einen war dies bei Vertragsschluss noch nicht bekannt. Zum anderen spricht dieser Systemwechsel nicht gegen den grundsätzlichen Willen der Beklagten, möglichst für alle Mitarbeiter einheitliche Arbeitsbedingungen zu vereinbaren. Zu den abzuwägenden eigenen Interessen beruft sich der Kläger lediglich darauf, der Marburger Bund sei die speziellere Vertretung für Ärzte. Im Hinblick darauf, dass der Marburger Bund zuvor nie eigenverantwortlich Tarifverhandlungen für Ärzte geführt hatte, sondern über ein halbes Jahrhundert lang eine tarifpolitische Kooperation mit der Deutschen Angestellten Gewerkschaft und dann mit ver.di hatte, kann dies die Interessen der Beklagten jedoch nicht überspielen. Die Beklagte konnte den Kläger darauf verweisen, dass die Interessen auch der im Marburger Bund organisierten Ärzte seit langer Zeit offensichtlich hinreichend durch die DAG bzw. ver.di vertreten worden waren. Dagegen spricht auch nicht eine Mitgliedschaft des Klägers im Marburger Bund. Der Kläger hat auf Nachfrage der Kammer nicht vortragen können, dass er die Beklagte bei den Vertragsverhandlungen auf diesen Umstand hingewiesen hat. Sein Hinweis, er habe den Vertragsentwurf vom Marburger Bund prüfen lassen, so dass die Beklagte womöglich den Umstand der Mitgliedschaft habe erkennen können, reicht nicht aus. Im Übrigen wäre im Hinblick auf die geschilderte Wahrnehmung des Verhandlungsmandats durch DAG bzw. ver.di die Mitgliedschaft im Marburger Bund kein maßgebliches Argument.

Gegen den Kläger spricht zudem, dass wie erwähnt sich auch nach seiner Ansicht dem TV-Ärzte/VKA allein keine für ihn angemessene Vergütung entnehmen lässt. Das Einfrieren des von ihm reklamierten Vergütungsabstands zu seinem bestbezahlten Oberarzt auf den zufälligen Stand bei Auslaufen des BAT stellt eine rein willkürliche Festlegung dar. Es ist plausibler, dass die Parteien, wenn sie die Problematik vorausgesehen hätten, sich eher auf das Tarifwerk verständigt hätten, welches ohne weitere Probleme eine Überleitung ermöglicht.

Auch nach der Historie der Tarifverhandlungen kommt eine Lückenfüllung mit Hilfe des TV-Ärzte/VKA nicht in Betracht. Nach § 2 Abs. 1 TVÜ-Ärzte/VKA ersetzt der TV-Ärzte/VKA den BAT nämlich erst mit Wirkung ab dem 1. August 2006. Die zu schließende Regelungslücke ist jedoch bereits zum 30. September 2005 (Auslaufen des BAT) entstanden. In der Zeit zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem 31. Juli 2006 kamen für die Lückenfüllung deshalb ausschließlich die am 13. September 2009 vereinbarten Vergütungsregelungen des TVöD/VKA in Betracht. Entsprechend haben die Parteien des TV-Ärzte/VKA in § 2 TVÜ-Ärzte/VKA bestimmt, dass der TV-Ärzte/VKA zum 1. August 2006 den TVöD und den Besonderen Teil Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen (BT-K) ablöst. Nach der seitens des Marburger Bundes kurz vor Abschluss der Verhandlungen über den TVöD ausgesprochenen Kündigung der Vertretung durch ver.di (Beschluss der 108. Hauptversammlung des Marburger Bundes am 10. September 2005) war die Frage umstritten, ob der TVÜ-VKA auch für die Mitglieder des Marburger Bundes galt (Litschen in TVöD Teil II TVÜ-VKA - Kommentierung Seite 1). Der VKA hatte seinen Mitgliedern empfohlen, ihre Einrichtungen in den TVöD zu überführen. Bei Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA hatten nur wenige Krankenhäuser ihre Arbeitsverhältnisse nicht in den TVöD übergeleitet, sondern weiter den BAT angewendet (Clemens/Scheuring ua. Teil II a TV-Ärzte/VKA § 1 - Geltungsbereich RN 1). Mit der Übergangsregelung des § 2 TVÜ-Ärzte/VKA haben der Marburger Bund und die VKA diese Handhabung nachträglich gebilligt. Der Marburger Bund hat ein gegen die VKA wegen der Empfehlung, in den TVöD überzuleiten, eingeleitetes Verfahren vor dem Arbeitsgericht Köln (- 1 Ca 3003/06 -) nach Abschluss des TV-Ärzte/VKA und des TVÜ-Ärzte/VKA zurückgenommen. Auch die Parteien haben für diesen Zeitraum das Arbeitsverhältnis einvernehmlich auf der Grundlage des TVöD abgewickelt. Damit bestand für eine Lückenfüllung bei Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA am 1. August 2008 kein Anlass mehr. Die zu ergänzende Vertragslücke war bereits geschlossen (ähnlich LAG Niedersachsen 30. Juni 2009 - 13 Sa 1277/08 E - juris, Revision unter 00 AZR 498/09; LAG Hamm 17. Februar 2009 - 12 Sa 529/08 - juris; Revision unter - 4 AZR 384/09). Dagegen spricht anders als der Kläger meint nicht, dass § 2 TVÜ-Ärzte/VKA eine Überleitung aus dem TVöD in den TV-Ärzte/VKA vorsieht. Denn eine Tarifgebundenheit der Parteien liegt wie dargelegt nicht vor. Mit dem TVÜ-Ärzte/VKA hat neben der VKA und ver.di auch der Marburger Bund deutlich gemacht, dass er eine Überleitung aus dem BAT in den TVöD mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2005 akzeptiert und für angemessen hält. Es stellt sich bei der Lückenfüllung nicht die Frage, welcher Übergangstarifvertrag anwendbar ist. Vielmehr ist ein Vergütungssystem zu suchen, welches nach dem mutmaßlichen Parteiwillen per 1. Oktober 2005 den Verweis auf I BAT ersetzen sollte. Insoweit bestehen aber trotz Auflösung der Tarifgemeinschaft keine unterschiedlichen Vorstellungen zwischen ver.di und dem Marburger Bund. Deshalb bleibt auch ohne Auswirkung, dass die VKA mit Rundschreiben vom 18. Dezember 2006 - R 413/2006 ihren Mitgliedern empfohlen hat, die ab dem 1. August 2006 bestehende Konkurrenz zwischen dem TVöD und dem TV-Ärzte/VKA zugunsten des letzteren aufzulösen.

Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus den Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Niedersachsen (12. Dezember 2008 - 16 Sa 901/08 E - juris, Revision unter - 4 AZR 135/09 -) und Schleswig-Holstein (20. Januar 2009 - 5 Sa 101/08 - ZTR 2009, 269, Revision unter - 4 AZR 123/09 -). Anders als in den dort zugrundeliegenden Sachverhalten handelt es sich bei der hier beklagten Arbeitgeberin nicht um einen tarifgebundenen kommunalen Träger. Auch wendet die Beklagte im Gegensatz zu den dortigen Arbeitgebern den TV-Ärzte/VKA nicht überwiegend auf die den Chefärzten nachgeordneten Ärzte an. Soweit der Kläger im Kammertermin darauf hingewiesen hat, die Beklagte zahle diesen Ärzten eine Zulage, erlaubt dies nicht den von ihm gezogenen Schluss, die Bezahlung erfolge entsprechend dem TV-Ärzte/VKA, sie werde nur nicht so genannt. Der Einlassung der Beklagten, Zulagen würden nur den nach dem AVR bezahlten Ärzten, nicht jedoch den entsprechend dem TVöD vergüteten gewährt, hat der Kläger keinen Sachvortrag entgegengesetzt, der verbunden mit einem Beweisantritt der Kammer Tatsachenfeststellungen erlauben würde. Hinzu tritt, dass es an jeder Darlegung fehlt, dass die gezahlten Zulagen in der Höhe dem Differenzbetrag zwischen TV-Ärzte/VKA und TVöD entsprechen. Soweit sich der Kläger auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 9. Juni 2008 (- 2 Sa 357/08 - ZTR 2009, 94) beruft, übersieht er, dass dort die Anwendung der vom Marburger Bund abgeschlossenen Tarifverträge unstreitig war. Die Entscheidung des hiesigen Landesarbeitsgerichts vom 31. Oktober 2008 (- 10 Sa 1016/08 - ArztR 2009, 182) beruht darauf, dass dort die Anwendung "der jeweils höchsten tariflichen Vergütungsgruppe für Angestellte, zur Zeit BAT I" arbeitsvertraglich vereinbart war.

Darauf, ob der Kläger mit seinem Schreiben vom 28. Februar 2007 die tariflichen Ausschlussfristen gewahrt hat, kommt es deshalb nicht an

4.

Das Klageziel lässt sich auch nicht über die Regeln zum Wegfall der Geschäftsgrundlage rechtfertigen. Es ist insoweit jedenfalls weder vorgetragen noch ersichtlich, dass es für den Kläger unzumutbar wäre, weiterhin nach dem TVöD/VKA vergütet zu werden. Dabei ist nicht nur zu berücksichtigen, dass auch dieser eine Verbesserung gegenüber dem BAT darstellt, sondern auch, dass im Hinblick auf das dem Kläger eingeräumte Recht zur Privatliquidation sowie die vereinbarte nicht ruhegehaltsfähige Zulage die streitige Vergütung nur einen Teil seine Einnahmen ausmacht.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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