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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 17.09.2007
Aktenzeichen: 14 Sa 349/07
Rechtsgebiete: TVG, BGB, ZPO


Vorschriften:

TVG § 1
TVG § 3
TVG § 4 Abs. 1
TVG § 4 Abs. 5
BGB § 133
BGB § 242
BGB §§ 305 ff.
BGB § 305 c Abs. 2
ZPO § 259
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal - Gerichtstag W. - vom 28.11.2006 - 1 Ca 2896/06 v - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Kläger.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Der Gerichtsgebührenwert für beide Instanzen wird auf 1.774,88 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Anwendung eines Lohnabkommens und sich daraus ergebende Zahlungsansprüche des Klägers für den Zeitraum von März bis September 2006.

Der am 07.06.1966 geborene Kläger ist seit dem 10.09.1990 bei der Beklagten in deren Betrieb in W. als Betriebsschlosser beschäftigt. Er ist Mitglied der IG Metall. Sein Arbeitsvertrag vom 20.08.1990 besteht aus Vertragsbestimmungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden sind. Er enthält u.a. folgende Regelungen:

3. Der Lohn setzt sich wie folgt zusammen:

Lohn- bzw. Stammlohngruppe 7 14,45 DM

Außertarifliche Zulage 2,05 DM

Betrieblicher Stundenlohn 16,50 DM

Bei Änderung der Tätigkeit oder der Wertigkeit der verrichteten Arbeit oder wenn ein offensichtlicher Irrtum bei der Eingruppierung unterlaufen ist, kann die Lohn- bzw. Stammlohngruppe zum Ende einer Lohnabrechnungsperiode geändert werden. Im Übrigen besteht die Verpflichtung, jederzeit verschiedenwertige Tätigkeiten wie auch Arbeiten bei verschiedenen Lohnformen zu verrichten.

Die außertarifliche Zulage ist jederzeit und nach freiem Ermessen widerruflich mit einer Frist von 4 Wochen; sie kann darüber hinaus mit evtl. zukünftigen Tariflohnerhöhungen verrechnet werden.

....

8. Auf das Arbeitsverhältnis finden im Übrigen die jeweils gültigen Tarifverträge und Abkommen der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie von Nordrhein-Westfalen Anwendung. Die nachwirkenden Bestimmungen gekündigter Tarifverträge bzw. Abkommen gelten für dieses Arbeitsverhältnis als vereinbart, außerdem die einschlägigen Betriebsvereinbarungen sowie die Arbeitsordnung, deren Inhalt hiermit als rechtsverbindlich anerkannt wird.

....

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie mit ca. 50 Arbeitnehmern, das früher Mitglied des Arbeitgeberverbandes war. Die nicht mehr verbandsangehörige Beklagte schloss - wie sich erst im zweiten Rechtszug herausgestellt hat - am 21.07.1981 mit der IG Metall einen Anerkennungstarifvertrag . Dieser hat folgenden Wortlaut:

§ 1

Dieser Tarifvertrag gilt räumlich für den Betrieb Q. P. und S GmbH für den Bereich W..

§ 2

Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages geltenden Tarifverträge für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende der Metallindustrie des Tarifgebietes Nordrhein-Westfalen, abgeschlossen zwischen der Industriegewerkschaft Metall für die Bundesrepublik Deutschland, Vorstand, Bezirksleitung Hagen, und dem Verband der Metallindustrie Nordrhein-Westfalen e.V., sind Bestandteil dieses Tarifvertrages. Ihre Inhalte gelten für die unter dem Geltungsbereich (§ 1) aufgeführten Arbeitnehmer. Die geltenden Tarifverträge sind in der Anlage zum Anerkennungstarifvertrag bezeichnet, die Teil dieses Tarifvertrages ist.

§ 3

Werden diese Tarifverträge oder Teile von ihnen gekündigt, gelten sie auch zwischen den Parteien dieses Anerkennungstarifvertrages als gekündigt.

Forderungen, die zu den in Bezug genommenen Tarifverträgen gestellt werden, gelten auch gegenüber der Partei dieses Tarifvertrages als gestellt.

Arbeitskampffreiheit und Friedenspflicht regeln sich so, als wäre die Firma Mitglied des Arbeitgeberverbandes, der die in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen hat.

Die Parteien dieses Tarifvertrages verpflichten sich im Falle eines drohenden Arbeitskampfes über die anstehenden Forderungen oder Probleme zu verhandeln. Ziel ist eine einvernehmliche Lösung, um die Firma Q. P. und S GmbH aus einem allgemeinen Arbeitskampf herauszuhalten.

Zwischen den Parteien finden alle Abkommen, Zusatzabkommen, Vertragsänderungen und -ergänzungen Anwendung, die zwischen den Parteien der mit diesem Vertrag in Bezug genommenen Tarifverträge zu den unter § 2 genannten Tarifverträgen abgeschlossen werden. Dies gilt auch hinsichtlich des Inkrafttretens neuer Tarifbestimmungen, die an Stelle der in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. Tarifbestimmungen treten.

§ 4

Die in Bezug genommenen Tarifverträge gelten in der jeweils gültigen Fassung und mit dem jeweils gültigen Rechtsstatus.

§ 5

Dieser Tarifvertrag kann mit einer Frist von 3 Monaten, erstmals zum 31.12.1983, gekündigt werden.

Die Anlage zu diesem Tarifvertrag umfasst 11 Tarifvertrage der Metallindustrie in Nordrhein-Westfalen.

Die Beklagte und die IG Metall vereinbarten am 24.07.1991 Änderungen zum Anerkennungstarifvertrag . Dieser Änderungstarifvertrag regelt u.a. eine Umsetzung des Lohnabkommens vom 16.05.1991 für die Lohngruppen 2 und 3 und stellt weiter fest, dass die neue Fassung mit einer Frist von 3 Monaten, erstmals zum 31.03.1992, gekündigt werden kann. Es wird im Übrigen auf Bl. 106 f. d.A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 18.09.1996 an die IG Metall kündigte die Beklagte den Anerkennungstarifvertrag vom 21.07.1981 zum 31.12.1996. Zwischen den Parteien ist streitig, in welchem Umfang die Beklagte in der Zeit nach der Kündigung des Anerkennungstarifvertrages noch Lohnerhöhungen nach Maßgabe der Tarifabschlüsse für die Metallindustrie in Nordrhein-Westfalen vornahm.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Zahlung einer Lohnerhöhung und einer Einmalzahlung geltend gemacht, die im Lohnabkommen der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 22.04.2006 (im Folgenden: LA 2006) geregelt sind. Er hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei aufgrund der einzelvertraglichen Verweisung auf das gesamte Tarifwerk der Metallindustrie verpflichtet, diesen Lohntarifvertrag anzuwenden. Er hat behauptet, die Beklagte habe in ihrem Betrieb erst ab 2002 Tariflohnerhöhungen nicht mehr nachvollzogen.

Der Kläger hat, soweit hier noch von Bedeutung, beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.694,88 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 131,60 € ab 16.04.2006, aus 151,34 € ab 16.05.2006, aus 151,34 € ab 16.06.2006, aus 215,60 € ab 16.07.2006, aus 310,-- € ab 16.06.2006, aus 205,80 € ab 16.08.2006, aus 264,60 € ab 16.09.2006 und aus 264,60 € brutto ab 16.10.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, Ansprüche des Klägers auf Tariflohnerhöhung seien wegen der langjährigen Nichtanwendung der Lohntarifverträge verjährt oder jedenfalls verwirkt. Sie hat behauptet, sie habe aufgrund ihrer extrem schlechten wirtschaftlichen Lage bereits ab dem Jahr 1998 Tariflohnerhöhungen nicht bzw. nicht vollständig an ihre Mitarbeiter gezahlt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 28.11.2006, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, stattgegeben. Gegen das ihr am 19.01.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.02.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19.04.2007 am 04.04.2007 begründet.

Die Beklagte vertieft ihren Vortrag zur Verjährungseinrede. Sie macht im Übrigen nach Vorlage des Anerkennungstarifvertrages geltend, die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge stelle lediglich eine Gleichstellungsabrede dar.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch weder aus dem Anerkennungstarifvertrag noch aus der arbeitsvertraglichen Regelung noch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung zu.

I. Ein Anspruch des Klägers folgt nicht unmittelbar aus dem Anerkennungstarifvertrag vom 21.07.1981 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 24.07.1991, da die Beklagte dieses Tarifwerk wirksam zum 31.12.1996 gekündigt hat.

1. Zur Rechtswirksamkeit der Kündigung des in dem Betrieb der Beklagten geltenden Anerkennungstarifvertrages hat die erkennende Kammer bereits in ihrem Urteil vom 19.04.1999 in dem Rechtsstreit Z ./. Q. P. & S GmbH - 14 (8) Sa 187/99 - Folgendes ausgeführt:

a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand gemäß § 4 Abs. 1 TVG kraft beiderseitiger Tarifbindung zuletzt der Anerkennungstarifvertrag vom 21.07.1981 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 24.07.1991 Anwendung. Der Auffassung des Klägers, dass der erste Anerkennungstarifvertrag durch den nachfolgenden Tarifvertrag vollständig abgelöst worden sei, ist nicht zu folgen. Die Vorinstanz hat bereits darauf hingewiesen, dass die Tarifvertragsparteien schon durch die Bezeichnung Änderungen zum Anerkennungstarifvertrag in der Überschrift des Tarifvertrages vom 24.07.1991 hinreichend deutlich gemacht haben, dass es ihnen darum ging, den Anerkennungstarifvertrag vom 21.07.1981 grundsätzlich aufrechtzuerhalten und nur in einzelnen Punkten abzuändern. Etwas anderes, nämlich die Annahme einer vollständigen Ablösung des ursprünglichen Anerkennungstarifvertrages, wäre allenfalls dann in Betracht zu ziehen, wenn die Tarifvertragsparteien tatsächlich mit dem weiteren Tarifvertrag eine vollständige und lückenlose Regelung aller Fragen vorgenommen hätten. Die hierauf sich stützende Argumentation des Klägers scheitert jedoch daran, dass unstreitig dem Tarifvertrag vom 24.07.1991 keine Anlage mit den einzelnen inkorporierten Tarifverträgen der metallverarbeitenden Industrie beigelegen hat. Auch dies spricht entscheidend dafür, dass die Tarifvertragsparteien kein völlig neues Regelwerk schaffen, sondern auf dem bereits bestehenden Anerkennungstarifvertrag vom 21.07.1981 mit Klarstellungen und Abänderungen in einzelnen Punkten aufbauen wollten.

b) Die Beklagte hat den Anerkennungstarifvertrag vom 21.07.1981 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 24.07.1991 fristgerecht mit Schreiben vom 18.09.1996 zum 31.12.1996 gekündigt. Dies ergibt eine Auslegung des Kündigungsschreibens, bei der entgegen der Ansicht des Klägers nicht allein auf den Wortlaut abgestellt werden kann. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist gemäß § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Maßgeblich ist bei einer empfangsbedürftigen Willenserklärung in Gestalt einer Kündigung, welchen Willen der Erklärende gehabt hat und wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstanden hat und auch verstehen durfte (vgl. BAG, Urteil vom 06.02.1974, AP Nr. 38 zu § 133 BGB; Urteil vom 26.08.1997, EzA Nr. 20 zu § 133 BGB). Wendet man diese Grundsätze im Streitfall an, so kann es im Ergebnis keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass die Beklagte den Anerkennungstarifvertrag mit dem Kündigungsschreiben vom 18.09.1996 in der zuletzt gültigen Fassung aufkündigen wollte. Auch wenn darin nur auf den ursprünglichen Tarifvertrag vom 21.07.1981 verwiesen wird, konnte nur der gesamte maßgebliche Anerkennungstarifvertrag gemeint sein. Es liegt völlig fern anzunehmen, die Beklagte habe lediglich den genannten Tarifvertrag, der doch die Grundlage für die späteren Änderungen zum Anerkennungstarifvertrag bildete, kündigen wollen. Ausweislich der von der Beklagten im zweiten Rechtszug eingereichten Belege gingen auch die Vertreter der IG Metall zunächst von einer Kündigung des gesamten zuletzt gültigen Vertragswerkes aus. Es wurden dementsprechend nach Ablauf der Kündigungsfrist Gespräche über eine tarifliche Neuregelung geführt, in denen von Gewerkschaftsseite ausdrücklich die Nachwirkung der bisher geltenden Tarifnormen angesprochen wurde.

Die Berufungskammer weist darauf hin, dass bei dieser Sachlage der Befund auch dann kein anderer wäre, wenn man mit dem Kläger entgegen den Ausführungen unter 1 a) von einer vollständigen Ablösung des ursprünglichen Anerkennungstarifvertrages durch den Tarifvertrag vom 24.07.1991 ausgehen würde. In diesem Fall enthielte das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 18.09.1996 eine rechtlich unschädliche Falschbezeichnung. Es entsprach sicherlich nicht dem Willen der Beklagten, einen nicht mehr existenten Anerkennungstarifvertrag zu kündigen. Die gegenteilige Auffassung des Klägers ist nicht nur lebensfremd, sondern lässt vor allem unberücksichtigt, wie die IG Metall als Erklärungsempfänger das Kündigungsschreiben selbst verstanden hat.

Die Berufungskammer sieht keinen Grund, diese Rechtsausführungen in Frage zu stellen.

2. Da die Beklagte den Anerkennungstarifvertrag vom 21.07.1981 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 24.07.1991 wirksam zum 31.12.1996 gekündigt hat, ist diese an das LA 2006, aus dem der Kläger die geltend gemachten Ansprüche herleitet, nicht mehr gebunden. Mit dem Ablauf der Kündigungsfrist endete die unmittelbare und zwingende Wirkung sämtlicher aufgrund des Anerkennungstarifvertrages zur Anwendung kommenden Tarifnormen. Da das LA 2006 für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund des Anerkennungstarifvertrages gegolten hat, kommt schließlich auch eine Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG nicht in Betracht. Die gesetzliche Nachwirkung setzt die vorherige Geltung der entsprechenden Tarifnormen voraus.

II. Der Kläger hat entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts auch keinen Zahlungsanspruch aus seinem Arbeitsvertrag. Die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel ist nach dem im zweiten Rechtszug zur Entscheidung stehenden unstreitigen Sachverhalt eine Gleichstellungsabrede im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Über das Ende der Tarifgebundenheit der Beklagten hinaus entfalten die in Bezug genommenen Tarifverträge keine Dynamik mehr, die im Arbeitsverhältnis der Parteien wirksam werden könnte.

1. Die Parteien des Arbeitsvertrages haben unter Ziffer 8 des Arbeitsvertrages vom 20.08.1990 für die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses auf die jeweils gültigen Tarifverträge und Abkommen der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie von Nordrhein-Westfalen Bezug genommen. Mit dem Arbeitsgericht kann dies nicht nur als statische Verweisung auf den zur Zeit des Vertragsschlusses gültigen Tarifstand verstanden werden. Vielmehr geht bereits aus dem Adverb jeweils hervor, dass auch zukünftige Tarifverträge und Abkommen einbezogen sein sollten. Auch die Nennung einer konkreten Lohn- bzw. Stammlohngruppe aus dem seinerzeitigen Lohnabkommen macht deutlich, dass das im Lohnabkommen geregelte Vergütungsgefüge übernommen werden sollte. Dies schloss die Weitergabe von tariflichen Lohnsteigerungen für die im Arbeitsvertrag genannte Vergütungsgruppe ein. Die Parteien haben dies auch tatsächlich so praktiziert, was einen Rückschluss auf die von ihnen einvernehmlich vorausgesetzte Bedeutung der Bezugnahmeklausel als zeitdynamische Verweisung zulässt. Im Übrigen hat sich auch während des Rechtsstreits keine der Parteien auf eine andere Sichtweise berufen (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 15.03.2006 - 4 AZR 132/05 - AP Nr. 9 zu § 2 TVG Firmentarifvertrag). Im Zweifel wäre ohnehin von einer zeitdynamischen Bezugnahme auf das einschlägige Tarifwerk auszugehen (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - AP Nr. 21 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag).

2. Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel ist als Gleichstellungsabrede im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu verstehen. Mit ihr sollte lediglich eine möglicherweise fehlende Tarifgebundenheit des Klägers an den seinerzeitigen Anerkennungstarifvertrag und mittelbar an das Tarifwerk der nordrhein-westfälischen Metallindustrie ersetzt werden.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Bezugnahme in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifverträge regelmäßig als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen (vgl. z.B. Urteil vom 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - a.a.O.; Urteil vom 21.08.2002 - 4 AZR 263/01 - AP Nr. 21 zu § 157 BGB, jeweils m.w.N.). Dies gilt unter dem entscheidenden Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes für Arbeitsverträge, die - wie der des Klägers - bis zum 31.12.2001 abgeschlossen worden sind. Das Bundesarbeitsgericht hat lediglich für die nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Arbeitsverträge mit Verweisungsklauseln seine Rechtsprechung hinsichtlich dieser Auslegungsregel geändert (vgl. Ankündigung in dem Urteil vom 14.12.2005 - 4 AZR 536/04 - AP Nr. 39 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; vgl. jetzt BAG, Urteil vom 18.04.2007 - 4 AZR 652/05 - juris). Die aus Gründen des Vertrauensschutzes für Altverträge weiter zugrunde gelegte Auslegungsregel rechtfertigt sich daraus, dass es dem Arbeitgeber verwehrt ist, nach der Gewerkschaftszugehörigkeit des Arbeitnehmers zu fragen, er jedoch an einer einheitlichen Anwendung der Tarifvorschriften in seinem Unternehmen oder Betrieb ein für den Arbeitnehmer erkennbares Interesse hat, was deshalb auch der Vertragsklausel über die Bezugnahme auf die für den Betrieb ansonsten geltenden Tarifverträge zugrunde zu legen ist (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - a.a.O.).

Objektive Voraussetzung für diese der Auslegungsregel zugrunde liegende Interessenlage und damit für die Auslegungsklausel als Gleichstellungsabrede ist die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 26.09.2001 - 4 AZR 544/00 - a.a.O.; BAG, Urteil vom 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - AP Nr. 33 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag.; BAG, Urteil vom 25.09.2002 - 4 AZR 294/01 - AP Nr. 26 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag, jeweils m.w.N.). Die Verweisungsklausel soll lediglich die eventuelle fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzen, nicht die des Arbeitgebers (vgl. BAG, Urteil vom 01.12.2004 - 4 AZR 50/04 - AP Nr. 34 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag). In den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Fallgestaltungen beruhte, soweit das Bundesarbeitsgericht von einer Gleichstellungsabrede ausging, die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers jeweils auf seiner Zugehörigkeit zu dem tarifvertragsschließenden Arbeitgeberverband. Bei Austritt des Arbeitgebers aus dem Verband galt die Dynamik der Verweisungsklausel nicht mehr und die in Bezug genommenen Tarifverträge wurden in ihrem zu diesem Zeitpunkt geltenden Inhalt für das Arbeitsverhältnis eingefroren (vgl. BAG, Urteil vom 27.11.2002 - 4 AZR 540/01 - AP Nr. 29 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag).

b) Die zu dieser Rechtsfolge führende Auslegungsregel ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch dann maßgeblich, wenn die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers nicht auf dessen Verbandsmitgliedschaft zurückgeht, sondern auf einen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages geltenden Anerkennungstarifvertrag. Dies gilt jedenfalls für einen Anerkennungstarifvertrag in der vorliegenden Form, der auf eine völlige Gleichstellung des nicht verbandsangehörigen Arbeitgebers mit dem verbandsangehörigen Arbeitgeber hinausläuft. Die Berufungskammer hat die Parteien bereits auf das einschlägige Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15.03.2006 - 4 AZR 132/05 - (AP Nr. 9 zu § 2 TVG Firmentarifvertrag) hingewiesen, sodass auf die dort gemachten Ausführungen zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden kann.

c) Die Anwendung von §§ 305 ff. BGB steht der Auslegung der Verweisungsklausel des Arbeitsvertrages des Klägers als Gleichstellungsabrede nicht entgegen. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist unter Anwendung der seit dem 01.01.2002 in § 305 c Abs. 2 BGB normierten, jedoch bereits vorher auch für das Arbeitsrecht anerkannten Unklarheitenregel (z.B. BAG, Urteil vom 17.11.1998 - 9 AZR 584/97 - AP Nr. 10 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag) davon ausgegangen, dass bei der der Gleichstellung generell zugrunde liegenden soziotypischen Konstellation von als berechtigt anzuerkennenden Zweifeln im Sinne von § 305 c Abs. 2 BGB nicht ausgegangen werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2003 - 4 AZR 331/02 - AP Nr. 33 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag). Auch insoweit hält das Bundesarbeitsgericht für Altverträge aus der Zeit vor dem 01.01.2002, dem Tag des Inkrafttretens der Schuldrechtsreform, aus Gründen des Vertrauensschutzes an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Sie ist in jahrelanger Rechtsprechung entwickelt und durch in der Amtlichen Sammlung des Bundesarbeitsgerichts veröffentlichte Urteile immer wieder bestätigt worden. Die Rechtsprechung der Instanzgerichte hat diese Rechtsprechung ebenso wie die beratende und forensische Praxis weitgehend anerkannt. Die Arbeitgeber und ihre Berater haben deshalb, soweit sie nur Gleichstellungsabreden bezweckt hatten, in der Regel keine Versuche unternommen, den Wortlaut der von ihnen abgeschlossenen Verträge in dem angestrebten Sinne klarzustellen und so ihren Interessen Rechnung zu tragen (vgl. BAG, Urteil vom 14.12.2005 - 4 AZR 536/04 - AP Nr. 39 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag, zu I 2 c (2) der Gründe). Für die bis zur Änderung der Gesetzeslage durch die Schuldrechtsreform am 01.01.2002 abgeschlossenen Verträge gab es vor diesem Hintergrund keinen zwingenden Anlass für den Arbeitgeber, einen klarstellenden Eingriff in die bereits laufenden Arbeitsverträge zu versuchen. Der zuständige Senat des Bundesarbeitsgericht hat seine Rechtsprechung zu den sog. Altfällen zwischenzeitlich mehrfach bestätigt (vgl. Urteil vom 15.03.2006 - 4 AZR 132/05 -, a.a.O.; zuletzt Urteil vom 18.04.2007 - 4 AZR 652/05 -, juris).

3. Nach den von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Grundsätzen zur Gleichstellungsabrede hat der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Zahlung nach dem LA 2006. Mit dem Ende der Tarifgebundenheit der Beklagten am 31.12.1996 entfiel die Dynamik der im Anerkennungstarifvertrag in Bezug genommenen Lohnabkommen der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen. Für den Kläger können sich daher aus nachfolgenden Änderungen der Lohnabkommen wie auch der sonstigen Verbandstarifverträge keine Ansprüche mehr ergeben (vgl. BAG, Urteil vom 27.11.2002 - 4 AZR 661/01 - AP Nr. 28 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; zum Anerkennungstarifvertrag: BAG, Urteil vom 15.03.2006 - 4 AZR 132/05 - a.a.O.).

III. Der Kläger kann sich zur Begründung seines Anspruchs auch nicht auf den Gesichtspunkt der betrieblichen Übung stützen.

1. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers ist zu ermitteln, ob der Arbeitnehmer davon ausgehen musste, die Leistung werde nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur für eine bestimmte Zeit gewährt (ständige Rechtsprechung: z.B. BAG, Urteil vom 16.01.2002 - 5 AZR 715/00 - AP Nr. 56 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; BAG, Urteil vom 13.03.2002 - 5 AZR 755/00 - EzA Nr. 1 zu § 29 ZPO; BAG, Urteil vom 03.11.2004 - 5 AZR 73/04 - juris, jeweils m.w.N.).

2. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist im Falle des Klägers keine betriebliche Übung feststellbar, aus der sich eine Verpflichtung der Beklagten ergäbe, die Tariflohnverpflichtungen aus dem LA 2006 zu erfüllen.

a) In dem Zeitraum, in dem über den Anerkennungstarifvertrag die in Bezug genommenen Verbandstarifverträge galten, kann keine betriebliche Übung zustande gekommen sein. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann nur entstehen, wenn es an einer anderen kollektiv- oder individualrechtlichen Grundlage für die Leistungsgewährung fehlt (vgl. BAG, Urteil vom 24.11.2004 - 10 AZR 202/04 - AP Nr. 70 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; BAG, Urteil vom 27.10.2004 - 10 AZR 138/04 - EzA Nr. 38 zu § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; BAG, Urteil vom 20.06.2007 - 10 AZR 410/06 - juris).

b) Auch für die Folgezeit ist eine betriebliche Übung in Bezug auf die von der Beklagten vorgenommenen Lohnerhöhungen nicht feststellbar. Der Kläger hat zum einen seine Behauptung, die Beklagte habe noch bis zum Jahr 2002 sämtliche Tariflohnerhöhungen an ihre Mitarbeiter weitergegeben, nicht substantiiert. Auch wenn dies geschehen wäre, könnte indes keine betriebliche Übung angenommen werden.

aa) Bei einem nichttarifgebundenen Arbeitgeber kann von einer tariflichen Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet nur ausgegangen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will. Denn ein nichttarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende Tarifbindung verdeutlicht den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen. Die nicht vorhersehbare Dynamik der Lohnentwicklung und die hierdurch verursachten Personalkosten sprechen grundsätzlich gegen einen objektiv erkennbaren rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitgebers für eine dauerhafte Entgeltanhebung entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet. Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohns, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tariflohnerhöhungen weiterzugeben. Der nichttarifgebundene Arbeitgeber will seine Entscheidungsfreiheit für die künftige Lohn- und Gehaltsentwicklung behalten. Darin unterscheidet sich dieser Sachverhalt von der betrieblichen Übung bei der Gewährung von Zulagen oder Jahressonderzahlungen. Hierbei entstehen zwar auch weitere Kosten. Diese sind aber statisch und damit vorhersehbar und nicht unüberschaubar dynamisch ausgestaltet (BAG, Urteil vom 16.01.2002 - 5 AZR 751/00-, AP Nr. 56 zu § 242 BGB Betriebliche Übung.; BAG, Urteil vom 13.03.2002 - 5 AZR 755/00 - EzA Nr. 1 zu § 259 ZPO; BAG, Urteil vom 09.02.2005 - 5 AZR 284/04 - juris; BAG, Urteil vom 20.06.2007 - 10 AZR 410/06 - juris).

bb) Hier sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Arbeitnehmer das Verhalten der Beklagten im Sinne einer Verpflichtung zur Teilnahme an künftigen Tariferhöhungen verstehen durften. Es war im Gegenteil klar, dass sich die Beklagte durch die Kündigung des Anerkennungstarifvertrages gerade den als erforderlich angesehenen wirtschaftlichen Spielraum für zukünftige Entscheidungen über weitere Lohnsteigerungen verschaffen wollte.

IV. Nebenentscheidungen:

1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 2 ZPO. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind der Beklagten aufzuerlegen, da sie im Rechtsmittelzug aufgrund eines neuen Vorbringens obsiegt hat, das sie bereits in der ersten Instanz hätte geltend machen können. Mit der Einrede der Verjährung wäre die Beklagte auch im zweiten Rechtszug erfolglos geblieben, da die zu Schadensersatzansprüchen und Rentenansprüchen ergangene Verjährungsrechtsprechung auf laufendes Arbeitsentgelt nicht übertragbar ist. Die Rücknahme des Klageantrags auf Erteilung von Korrekturlohnabrechnungen im Berufungsrechtszug bleibt wegen Geringfügigkeit gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO analog außer Ansatz.

2. Die Festsetzung des Gerichtsgebührenwertes beruht auf § 63 Abs. 2 und 3 GKG. Neben der Zahlungsklage ist der Wert des zurückgenommenen Klageantrags lediglich mit 4 x 20,-- € = 80,-- € zu berücksichtigen; der Wertansatz des Arbeitsgerichts erscheint übersetzt.

3. Eine Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG kommt nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Die Kammer folgt in ihrer Entscheidung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht und wendet sie auf den Einzelfall an.

Ende der Entscheidung

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