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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.05.2002
Aktenzeichen: 16 Sa 1224/01
Rechtsgebiete: Dipl.PruefO 1997


Vorschriften:

Dipl.PruefO 1997 § 29
Eine Nachdiplomierung nach § 29 Dipl.PruefO 1997 fuer den Studiengang Musikpaedagogik an der Hochschule fuer Musik Koeln fuehrt nicht automatisch zu einer tariflichen Hoehergruppierung und verguetungsrechtlichen Gleichstellung der Absolventen nach alter Pruefungsordnung mit denen nach neuer Pruefungsordnung.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 16 Sa 1224/01

Verkündet am: 07.05.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 07.05.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kaup als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Bieler und den ehrenamtlichen Richter Schmerbach

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 28.03.2002 - 5 Ca 5659/00 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Streitwert: unverändert: (45.000,00 DM = 23.008,13 ?).

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die am 10.08.1957 geborene Klägerin, zurzeit 44 Jahre alt, legte nach einem Studium an der Staatlichen Hochschule für Musik Rheinland im November 1980 die Staatliche Prüfung für Musikschullehrer und selbständige Musiklehrer mit der Lehrbefähigung im Fach Rhythmik ab. Die Ablegung der Prüfung erfolgte nach der damals geltenden Ordnung der Staatlichen Prüfung für Musikschullehrer und selbständige Musiklehrer vom 22.07.1976 (GABI. NW. S. 483). Diese sah nach ihrem § 2 in der Regel eine Ausbildung von mindestens sechs Semestern vor. Auf die Einzelheiten der Prüfungsordnung wird Bezug genommen.

Mit Arbeitsvertrag der Parteien vom November 1982 trat die Klägerin ab dem 15.11.1982 in den Schuldienst des beklagten Landes. Ihre Eingruppierung erfolgte vereinbarungsgemäß nach dem Erlass des Kultusministeriums vom 20.11.1981 (GABI. NW. 1982 S. 7), der in seiner Ziffer 4.19 (damals Ziffer 4.11) für Musikerzieher unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen eine Eingangsvergütung nach Vergütungsgruppe V b BAT vorsieht. Nach entsprechendem Bewährungsaufstieg erfolgt ihre Vergütung seit dem 01.11.1988 nach Vergütungsgruppe IV b BAT. Seit März 1994 Unterricht sie mit der vollen Stundenzahl von derzeit 26,5 Unterrichtsstunden pro Woche (Berufskolleg W.).

Mit Wirkung vom 01.10.1995 trat als neue Prüfungsordnung die Diplomprüfungsordnung für den Studiengang Musikpädagogik an der Hochschule für Musik Köln vom 11.03.1997 (GABI. NW. S. 433) in Kraft. Gleichzeitig trat die bisherige Prüfungsordnung vom 22.07.1976 außer Kraft. Nach der Diplomprüfungsordnung 1997 beträgt die Regelstudienzeit acht Semester (§ 3). Auf die Einzelheiten der neuen Prüfungsordnung wird verwiesen. § 29 dieser Prüfungsordnung sieht die Möglichkeit einer Nachdiplomierung für Personen vor, die ihre Prüfung nach der Prüfungsordnung vom 22.07.1976 bestanden haben.

Auf entsprechenden Antrag der Klägerin erteilte die Hochschule für Musik Köln ihr unter dem 14.06.1999 nachträglich den akademischen Grad: Diplom-Musikpädagogin.

Mit Schreiben an das beklagte Land vom 06.07.1999 beantragte die Klägerin daraufhin unter Hinweis auf die erfolgte Nachdiplomierung ihre Höhergruppierung nach Vergütungsgruppe II b BAT. Ziffer 4.16 des Eingruppierungserlasses vom 20.11.1981 in seiner derzeit geltenden Fassung sieht für Musikerzieher unter den dort im einzelnen genannten Voraussetzungen eine Vergütung nach Vergütungsgruppe II b BAT vor. Das beklagte Land lehnte den Antrag der Klägerin ab, da die in Ziffer 4.16 des Erlasses vom 20.11.1981 geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Der Differenzbetrag zwischen der derzeitigen Vergütungsgruppe der Klägerin und der von ihr beanspruchten beträgt ca. 1250,00 DM brutto (= 639,11 ?) pro Monat.

Mit ihrer am 08.12.2000 beim Arbeitsgericht Wuppertal eingegangenen Klage macht die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen der Ziffer 4.16 des Erlasses vom 20.11.1981 für eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe II b BAT mit der erfolgten Nachdiplomierung vom 14.06.1999 in ihrem Fall erfüllt seien. Die von ihr nach der alten Prüfungsordnung absolvierte Ausbildung und Prüfung sei mit dem jetzigen Diplomstudiengang und der nach der jetzigen Diplomprüfungsordnung abzulegenden Prüfung gleichwertig. Dies finde auch in ihrer Nachdiplomierung vom Juni 1999 seinen Ausdruck. Auch die Musikhochschule Köln gehe in zwei ihr erteilten Bescheinigungen vom 07.09.1999 und vom 15.03.2001 von einer Gleichwertigkeit aus.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

festzustellen, dass

a) sie in Vergütungsgruppe II b BAT eingruppiert ist;

b) das beklagte Land verpflichtet ist, an sie rückwirkend ab dem 01.01.1999 eine Vergütung nach Vergütungsgruppe II b BAT zu zahlen und die Differenzbeträge zur tatsächlich gezahlten Vergütung nachzuzahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Es hat vorgetragen: Die Voraussetzungen für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch aus dem hier einschlägigen Erlass vom 22.11.1981 seien nicht erfüllt. Der nachträglich verliehene Diplomgrad könne hieran nichts ändern.

Das Arbeitsgericht Wuppertal hat der Klage mit Urteil vom 28.03.2001 - 5 Ca 5659/00 - stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen. Hiergegen wendet sich das beklagte Land mit der vorliegenden Berufung, die es zu den im Sitzungsprotokoll vom 22.01.2002 genannten Zeitpunkten eingelegt und begründet hat und mit der es weiterhin die Abweisung der Klage begehrt, während die Klägerin die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe beantragt, dass der Anspruch auf Zahlung der Differenzvergütung ab dem 01.07.1999 geltend gemacht wird.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des beklagten Landes ist zulässig: Sie ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 5 EGZPO).

II.

Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ist nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht gegeben.

1. Auszugehen ist zunächst von der ursprünglichen Eingruppierung der Klägerin, die bei ihrer seinerzeitigen Einstellung im November 1982 nach Vergütungsgruppe V b BAT erfolgt ist. Diese Eingruppierung entsprach den Voraussetzungen der (damaligen) Ziffer 4.11 und jetzigen 4.19 des Eingruppierungserlasses vom 20.11.1981. Die Eingruppierung der Klägerin als Musikerzieherin nach Vergütungsgruppe V b BAT fiel unter den Auffangtatbestand der damaligen Ziffer 4.11 und jetzigen Ziffer 4.19 des Erlasses, da die Klägerin die höheren Qualifizierungsmerkmale der vorhergehenden Fallgruppen nicht erfüllte, so dass ihre seinerzeitige Eingruppierung im November 1982 nach Vergütungsgruppe V b und nach sechsjähriger Bewährung ab November 1988 nach Vergütungsgruppe IV b BAT zutreffend war. Gegenteiliges behauptet die Klägerin selbst nicht und trägt hierfür auch nichts vor.

2. Die Klägerin beruft sich vielmehr darauf, dass mit ihrer Nachdiplomierung im Juni 1999 nunmehr spätestens ab dem 01.07.1999 die Voraussetzungen für ihre Eingruppierung nach Vergütungsgruppe II b BAT entsprechend der Ziffer 4.16 des Eingruppierungserlasses erfüllt seien. Dies ist nach Auffassung der Kammer nicht der Fall.

a) Mit der Nachdiplomierung ist keine Änderung der Qualifikation der Klägerin eingetreten. Die höheren und von der Klägerin bislang nicht erfüllten Qualifikationsvoraussetzungen der Ziffer 4.16 des Erlasses wurden von ihr mit der Erteilung des Diploms im Juni 1999 nicht automatisch erfüllt. Die Klägerin hat keine höhere Qualifikation erworben. Ebenso wenig war mit der Nachdiplomierung eine inhaltliche Änderung der Qualifikationsmerkmale in den Ziffern 4.19 und 4.16 des Erlasses verbunden. Die bis dahin zutreffende Eingruppierung der Klägerin nach Ziffer 4.19 wurde mit der Urkunde vom Juni 1999 nicht automatisch unzutreffend.

b) Die Nachdiplomierung deckt sich auch inhaltlich nicht mit den tatbestandlichen Eingruppierungsmerkmalen der Ziffer 4.16 des Erlasses. Unter diese Ziffer fallen:

"Musikerzieher,

die nach einem Studium an einer Musikhochschule oder Musikakademie

- die künstlerische Abschlussprüfung (nach mindestens 8 Semestern) oder

- den künstlerischen Teil der Künstlerischen Prüfung für das Lehramt am Gymnasium (nach mindestens 6 Semestern) oder

- die staatliche Prüfung für Kirchenmusiker (nach mindestens 8 Semestern) abgelegt oder

- einen fachspezifischen Diplomgrad (nach mindestens 8 Semestern) nach § 1 Dipl.VO-KunstH vom 3. September 1990 (SGV. NW. 223) erworben haben, bei entsprechender Tätigkeit II b."

Unstreitig hat die Klägerin keine künstlerische Abschlussprüfung nach mindestens 8 Semestern im Sinne der Ziffer 4.16 abgelegt, ebenso wenig den künstlerischen Teil der Künstlerischen Prüfung für das Lehramt an Gymnasien und auch keine staatliche Prüfung für Kirchenmusiker. Entsprechendes hat die Klägerin auch nicht behauptet, so dass diese Fallalternativen in Ziffer 4.16 von vornherein ausscheiden. Die Klägerin beruft sich aufgrund ihrer Nachdiplomierung vom Juni 1999 vielmehr auf den Erwerb eines fachspezifischen Diplomgrads nach § 1 Dipl.VO-KunstH vom 03.09.1990 (SGV. NW. 223) entsprechend der letzten Fallalternative in Ziffer 4.16 des Erlasses vom 20.11.1981. Die Nachdiplomierung der Klägerin entspricht diesen Voraussetzungen indessen nicht. Der Erwerb des fachspezifischen Diplomgrads als Musikerzieher setzt in Ziffer 4.16 des Erlasses entsprechend dem dortigen Klammerzusatz ein mindestens achtsemestriges Studium voraus. Er knüpft an an die Diplomprüfungsordnung vom 11.03.1997, die in ihrem § 3 Abs. 1 eine Regelstudienzeit von acht Semestern festlegt, während die seinerzeit für die Klägerin maßgebende Prüfungsordnung vom 22.07.1976 in ihrem § 2 Abs. 2 lediglich eine Regelstudienzeit von sechs Semestern vorsah. Die ausdrückliche Erwähnung des mindestens achtsemestrigen Studiums in Ziffer 4.16 des Erlasses für den Erwerb des dort genannten Diplomgrads kann bei den festgelegten Eingruppierungsvoraussetzungen in Ziffer 4.16 und für die hier streitige Eingruppierung der Klägerin nicht mit "sechs Semestern" gleichgesetzt werden. Dies könnte nur durch eine inhaltliche Änderung in Ziffer 4.16 des Erlasses selbst erfolgen, was aber gerade nicht gewollt war, wie sich dies aus der Gegenüberstellung und der Beibehaltung der separaten Ziffern 4.16 und 4.19 ableiten lässt.

c) Auch ist nicht gerichtlicherseits eine inhaltliche Gleichstellung oder eine Gleichstellung aus etwaigen Billigkeitserwägungen vorzunehmen, zum Beispiel deshalb, weil nach § 11 Abs. 4 alter Prüfungsordnung die Meldung zu den abschließenden Prüfungsteilen nach dem sechsten Studiensemester zu erfolgen hatte, sich also an das sechste Semester anschloss, während nach § 4 Abs. 1 der neuen Diplomprüfungsordnung vom 11.03.1997 die Diplomprüfung in der Regel zum Ende der Vorlesungszeit des achten Studiensemesters (Abschluss des Hauptstudiums) durchgeführt werden soll. Ziffer 4.16 des Erlasses, die auf ein mindestens achtsemestriges Studium abstellt, ist insoweit eindeutig. Die Eingruppierung nach Ziffer 4.16 stellt auf den Erwerb eines fachspezifischen Diploms nach mindestens acht Semestern und damit auf die Ausbildung ab, nicht allein auf die Berechtigung, einen Diplomgrad zu führen. Die nachträgliche Verleihung des akademischen Grads einer Diplom-Musikpädagogin, wie sie hier mit der Nachdiplomierung der Klägerin vom 14.06.1999 erfolgt ist, hat für die vergütungsrechtliche Regelung in dem Erlass vom 20.11.1981 keine Bedeutung, da dies in den Eingruppierungsbestimmungen als Qualifikationsmerkmal nicht vorgesehen ist (vgl. für den Bereich der TdL-Richtlinien ebenso: BAG vom 09.12.1998 - 10 AZR 244/98 - ZTR 1999, 464 zu II 2 c bb der Gründe m. w. N.). Es kann deshalb auch dahinstehen, ob entsprechend der Bescheinigung des Rektors der Hochschule für Musik Köln vom 15.03.2001 die Studiendauer und -Inhalte nach alter und neuer Prüfungsordnung "nahezu identisch" sind. Für die vergütungsrechtliche Regelung im Erlass vom 20.11.1981 hat dies aufgrund der dort festgelegten Eingruppierungsmerkmale keine Bedeutung (vgl. auch BAG vom 17.07.1997 - 6 AZR 634/95 - AP Nr. 59 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). d) Es ist dem beklagten Land auch nicht verwehrt, trotz der erfolgten Nachdiplomierung der Klägerin sich auf deren fehlende Qualifikationsmerkmale aus Ziffer 4.16 des Erlasses zu berufen. Es ist nicht willkürlich, bei der Eingruppierung und den vergütungsrechtlichen Folgen danach zu unterscheiden, ob ein Musikerzieher die kürzere Studien- und Ausbildungszeit nach alter Prüfungsordnung oder die längere nach neuer Prüfungsordnung absolviert hat. Dies gilt auch bei gleicher Tätigkeit. Dass bei gleicher Tätigkeit, aber unterschiedlicher Ausbildung auch eine unterschiedliche Vergütung geschuldet wird, ist für das Vergütungssystem des öffentlichen Dienstes typisch und lässt sachfremde Erwägungen nicht erkennen (BAG vom 09.12.1998 - 10 AZR 244/98 - a. a. O., zu II 2 e der Gründe).

3. Schließlich rechtfertigt sich der geltend gemachte Anspruch der Klägerin auch nicht wegen einer ihr gegenüber angeblich erfolgten Ungleichbehandlung. Zum einen scheidet eine Ungleichbehandlung hier schon insoweit aus, als die Klägerin Musikerzieher benennt, die nicht bei dem beklagten Land, sondern bei kirchlichen Arbeitgebern beschäftigt sind. Es handelt sich um andere Arbeitgeber. Die dort beschäftigten Arbeitnehmer werden auch nicht deshalb zu Arbeitnehmern des beklagten Landes, weil deren jeweilige Vergütung zum überwiegenden Teil über das beklagte Land refinanziert wird. Soweit in einem weiteren von der Klägerin benannten Fall (J.) ein mit ihr vergleichbarer Musikerzieher (im Regierungsbezirk Detmold) nach Vergütungsgruppe II b BAT höhergruppiert worden ist, führt dies nicht zur Bejahung des klägerischen Anspruchs. Die dortige Höhergruppierung kann zutreffend oder unzutreffend erfolgt sein. Für die vorliegende Entscheidung kommt hierauf nicht an. Entscheidend ist, ob die Hö-hergruppierungsvoraussetzungen im Fall der Klägerin erfüllt sind. Dies ist, wie ausgeführt, nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert blieb unverändert. Die Zulassung der Revision erfolgt nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die Kammer bejaht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

Ende der Entscheidung

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