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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.10.2009
Aktenzeichen: 16 Sa 501/09
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 305 Abs. 1
BGB § 305 c Abs. 2
BGB § 308 Nr. 4
Die Formulierung in einer Spesenregelung, wonach eine vereinbarte Spesenpauschale im Falle eines Widerrufs noch bis zum Inkrafttreten einer neuen Spesenregelung gelten soll, kann aufgrund der Gesamtumstände dahingehend auszulegen sein, dass zur Ablösung eine Parteivereinbarung erforderlich ist. Eine entprechende Formulierung verstößt aber in jedem Fall gegen die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB, wenn der Begriff der Spesenregelung zwei vertretbare Auslegungsergebnisse ermöglicht, von denen keines den klaren Vorzug verdient.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Duisburg vom 15.04.2009 - 2 Ca 3053/08 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Zahlung einer Spesenpauschale in Höhe von jeweils 920,84 € für die Monate Oktober, November und Dezember 2008.

Die Beklagte betreibt eine bundesweit tätige Bausparkasse. Sie beschäftigt ca. 2.100 Mitarbeiter. Bei der Beklagten bestehen zur Abrechnung entstandener Aufwendungen zwei Verfahren, einerseits die pauschale Abgeltung durch Zahlung einer "Spesenpauschale", andererseits die Einzelabrechung entstandener Aufwendungen. Die Einzelabrechung richtet sich dabei nach einer von der Beklagten einseitig erlassenen Dienstreiseordnung. Die derzeit gültige Dienstreiseordnung trat mit Wirkung zum 01.07.2004 in Kraft, Bl. 95 - 104 GA. Die pauschale Abgeltung wird mit den Mitarbeitern regelmäßig gesondert im Arbeitsvertrag vereinbart. Ihre Höhe richtet sich nach einer internen Regelung, bei der sich die Beklagte an den durchschnittlichen Entfernungskilometern des jeweils betreuten Gebietes orientiert.

Der Kläger war vom 01.10.1972 bis zum 31.12.2008 bei der Beklagten beschäftigt. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses erfolgte der Aufwendungsersatz im Wege der Einzelabrechung, später durch Zahlung einer Spesenpauschale. Zum 01.08.1995 übernahm der Kläger die Funktion eines Bausparbeauftragten, der im Sprachgebrauch der Beklagten auch als Bauspar- und Baufinanzierungsberater (im Folgenden: BSB) bezeichnet wird. Anlässlich dieser Beschäftigung schlossen die Parteien einen neuen Anstellungsvertrag mit Datum vom 11.05.1995, Bl. 249 - 253 GA. Gemäß Ziffer 4 des Vertrages erhielt der Kläger ein tarifliches Grundgehalt in Höhe von 6.130,00 DM sowie eine besondere Zulage in Höhe von 250,00 DM. Als Anlage 1 war diesem Vertrag eine "Vereinbarung über das Arbeitsgebiet" und als Anlage 2 eine "Vereinbarung über die Dienstvergütung" vom 11.05.1995 beigefügt, Bl. 7/8 GA. Auszugsweise enthält Anlage 2 folgende Vereinbarungen:

1. Allgemeines

...

2. Festbezüge

Die Festbezüge setzen sich zusammen aus dem Grundgehalt und etwaigen Kinderzulagen entsprechend dem Tarifvertrag für das private Bankgewerbe bzw. den innerbetrieblichen Richtlinien.

Der BSB ist in die Tarifgruppe 9 des Tarifvertrages für das private Bankgewerbe eingestuft.

Das monatliche Grundgehalt beträgt 6.130,00 DM

Außerdem erhält der BSB folgende monatliche Zulagen:

Besondere Zulage 250,00 DM

Festbezüge insgesamt 6.380,00 DM

Spesenpauschale 2.050,00 DM

3. Sondervergütungen

...

4. Variable Vergütungen

...

5. Spesenregelung

Zur Abgeltung aller Aufwendungen für Dienstreisen/Dienstgänge (Verpflegung und Übernachtung, eigene oder fremde Kraftwagenbenutzung, Parkgebühren, Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und sonstige Kosten, wie z.B. Gepäckbeförderung und -aufbewahrung, Haftpflicht-, Kasko-, Reiseversicherungsbeiträge) erhält der BSB eine monatliche Spesenpauschale, mit der auch alle im Geschäftsinteresse aufgewendeten Kosten für Porto und Telefongespräche abgegolten sind.

Die Spesenpauschale bemisst sich nach der Art der Tätigkeit und der Arbeitsgebiete aufgrund von Erfahrungssätzen. Berücksichtigt dabei sind Fahrtkosten, Tagegeld und Sonderkosten.

Bei Änderung der Dienststellung, Tätigkeit oder des Arbeitsgebietes wird die Spesenpauschale neu festgesetzt.

Im Krankheitsfall entfällt die Fortzahlung der Spesenpauschale.

Die Spesenregelung kann von X. mit einer Frist von 3 Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres gekündigt werden, ohne dass der Vertrag hiervon berührt wird. Sie gilt dann noch bis zum Inkrafttreten einer neuen Spesenregelung.

Die Zahlung der Spesenpauschale erfolgt zusammen mit den Bezügen des laufenden Monats.

6. Prämien für die Vermittlung von Bausparverträgen und sonstigen X.-Angeboten

Hier gilt die jeweilige Innendienstregelung im X. Betriebshandbuch.

7. Bezüge bei Krankheit und Tod

.....

Bei ununterbrochener Krankheit von mehr als vier Wochen entfällt die Spesenpauschale (Ziffer 5) nach der 4. Woche.

Im Urlaub erhält der BSB die volle Spesenpauschale.

Die Höhe der Pauschale beruhte auf der internen Regelung der Beklagten, die zum damaligen Zeitpunkt abhängig von den Entfernungskilometern drei unterschiedliche Pauschalbeträge vorsah. Bei 0 - 40 Entfernungskilometern betrug die Pauschale 1.291,00 DM, bei 41 - 80 Entfernungskilometern 1.801,00 DM und über 81 Entfernungskilometern 2.050,00 DM.

In der Folgezeit übernahm der Kläger unterschiedliche Betreuungsgebiete, zuletzt die Region Duisburg. Die Höhe der Pauschale blieb aufgrund der Größe der vom Kläger betreuten Gebiete regelmäßig gleich. So teilt die Beklagte mit Schreiben vom 29.06.2000 mit, er erhalte für die Betreuung der Postleitzahlenbereiche 40, 41, 42, 45, 46 und 47 aufgrund der errechneten Entfernungspauschale von 86,14 km eine Spesenpauschale von 2.050,00 DM. In diesem Schreiben heißt es in der letzten Zeile: "Die Spesenpauschale ist stets widerruflich". Zuletzt erhielt der Kläger eine Spesenpauschale in Höhe von 920,84 € brutto monatlich.

Mit Schreiben vom 07.05.2005 informierte die Beklagte den Kläger über den sofortigen Wegfall der Spesenpauschale, Bl. 9 GA und bezog sich auf ein Gespräch zwischen ihm und Herrn C.. Nachdem der Kläger dem Wegfall der Pauschale widersprach, teilte die Beklagte ihm mit Schreiben vom 14.05.2009 mit, die Spesenpauschale werde mit einer Widerrufsfrist von 3 Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres beendet, also zum 30.09.2008, Bl. 10 GA. Dementsprechend zahlte die Beklagte dem Kläger die Pauschale zuletzt für September 2008.

Mit seiner am 17.12.2008 beim Arbeitsgericht Duisburg eingereichten Klage machte der Kläger die Zahlung von 2.762,52 € als Spesenpauschale für die Monate Oktober, November und Dezember 2008 geltend.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Beklagte könne die Zahlung der Spesenpauschale nicht einseitig beenden. Dies stelle einen unzulässigen Eingriff in das Äquivalenzgefüge des Arbeitsvertrages dar, weil die Pauschale nicht nur Spesen abgelte, sondern auch Vergütungsbestandteile beinhalte. Eine einseitige Neuregelung komme nur in Betracht, wenn sich die Dienststellung, Tätigkeit oder das Arbeitsgebiet ändere. Selbst wenn ein einseitiger Widerruf möglich wäre, gelte die bisherige Pauschalregelung fort. Denn sie könne nur durch eine Parteivereinbarung, keinesfalls durch die einseitig erlassene Dienstreiseordnung ersetzt werden.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.762,52 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 920,84 € ab dem 01.11.2008, aus weiteren 920,84 € ab dem 01.12.2008 und aus weiteren 920,84 € seit dem 01.01.2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen

Die Beklagte hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, sie sei zum Widerruf der Pauschale berechtigt. Anlass für die Beendigung der pauschalen Abgeltung sei ein Missverhältnis zwischen der Höhe der Pauschale und den tatsächlichen Aufwendungen des Klägers. Der Pauschale in Höhe von 920,84 € brutto habe im Zeitraum Juli 2006 bis März 2007 lediglich ein durchschnittliches Spesenaufkommen in Höhe von 407,08 € netto zugrunde gelegen. Aufgrund des Widerrufs sei die Pauschale ab dem 01.10.2008 durch die bestehende Dienstreiseordnung abgelöst worden. Eine Ablösung durch eine Vereinbarung sei nicht erforderlich. Die Spesenregelung halte auch einer Inhaltskontrolle stand. Auch künftig werde der entstandene Aufwand abgegolten. Ein Eingriff in das Austauschverhältnis des Arbeitsvertrages läge nicht vor, weil die Pauschale kein Arbeitsentgelt darstelle.

Das Arbeitsgericht Duisburg hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat offen gelassen, ob der Widerruf der Beklagten wirksam ist. Selbst wenn er wirksam erfolgt sei, gelte die ursprüngliche Regelung fort, weil die Dienstreiseordnung der Beklagten keine Spesenregelung im Sinne von Ziffer 5 Abs. 5 der Anlage 2 "Vereinbarung über die Dienstvergütung" sei. Eine Spesenregelung in diesem Sinne könne nur eine Vereinbarung, keine einseitige Regelung sein. Die Auslegung der Regelung ergebe, dass sich der Kläger nicht der einseitigen Leistungsbestimmung durch die Beklagte unterworfen habe. Dafür spreche, dass die Pauschale nicht nur Aufwendungen, sondern mit Kasko- und Reiseversicherungsbeiträgen auch Entgelt im engeren Sinne erfasse. Hinzu kämen der Detailreichtum der Regelung sowie die geregelte Fortzahlung der Pauschale im Urlaub und bei einer bis zu vier Wochen dauernden Erkrankung. Falls auch eine einseitige Regelung erfasst sein sollte, greife die Unklarheitenregelung. Darüber hinaus könne bei Annahme einer einseitigen Regelungsbefugnis auch der Kläger eine neue Regelung erlassen und es käme zu einem Wettlauf der Regelungsgeber. Letztlich verstoße die Klausel auch gegen § 308 Nr. 4 BGB. Die Befugnis, die Spesenpauschale einseitig neu festzusetzen, stelle einen Änderungsvorbehalt dar. Dieser müsse, um wirksam zu sein, die Ausübungsvoraussetzungen erkennen lassen.

Gegen das ihr am 29.04.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 15.05.2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.07.2009 - mit einem am 15.07.2009 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend, dass die bestehende Spesenpauschale entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch durch eine einseitige Regelung abgelöst werden könne. Zunächst habe sie die Spesenregelung wirksam widerrufen. Die in der Vereinbarung enthaltene Teilkündigungsmöglichkeit sei als Widerrufsvorbehalt auszulegen. Dieser halte den Anforderungen einer Inhaltskontrolle stand. Maßstab für dessen Beurteilung sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes nicht § 308 Nr. 4 BGB. Denn diese Norm erfasse nur vertraglich zugesagte Leistungen im Rahmen des Äquivalenzverhältnisses. Die Pauschale aber habe keinen Entgeltcharakter. Es handele sich nur um ein einfaches Abrechnungsverfahren zur Abgeltung entstandener Aufwendungen. Selbst wenn die Klausel an § 308 Nr. 4 BGB zu messen wäre, seien die Anforderungen erfüllt. Der Übergang von der Pauschale zur Einzelabrechnung sei dem Kläger zumutbar, weil das Maß von Leistung und Gegenleistung unberührt bleibe. Zudem sei die Klausel transparent. Selbst wenn die Klausel unwirksam wäre, könne der Kläger die Pauschale nicht beanspruchen. Da es sich um einen Altfall handele, sei eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen. Bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Regelung hätten die Parteien aber statt der Pauschale ohnehin die Einzelabrechnung vereinbart. Der Widerruf sei im Einzelfall auch wirksam ausgeübt worden, weil die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers erheblich unter der gezahlten Pauschale gelegen hätten. Mit Ablauf der vereinbarten Widerrufsfrist sei die Pauschale durch die Dienstreiseordnung abgelöst worden. Denn der Wortlaut der "neuen Spesenregelung" erfasse entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichtes auch eine einseitige Regelung. Dabei käme es auch nicht zu einem Wettlauf der Regelungsgeber, weil die Befugnis zum Regelungserlass nur der Beklagten, nicht auch dem Kläger zustünde.

Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit einem Betrag in Höhe von 69,75 € netto. Unstreitig hat sie dem Kläger für November 2008 Reisekosten in Höhe von 69,75 € abgerechnet und ausgezahlt. Sollte die Pauschale nach wie vor gelten, habe der Kläger diesen Betrag zurückzuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Duisburg vom 15.04.2009, Az. 2 Ca 3053/08 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt in erster Linie das angefochtene Urteil und macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend geltend: Der Widerruf entspreche schon nicht billigem Ermessen, weil keine erhebliche Differenz zwischen der gezahlten Pauschale und den tatsächlichen Aufwendungen bestünde. Denn die Pauschale in Höhe von 920,84 € stelle einen Bruttobetrag, die von der Beklagten ermittelten durchschnittlichen Aufwendungen in Höhe von 407,08 € hingegen einen Nettobetrag dar. Zudem habe die Beklagte bei diesem Betrag Haftpflicht-, Kasko- und Reiseversicherungen nicht berücksichtigt. Hinzu komme, dass die Dienstreiseordnung mehrere Aufwendungsarten, etwa die Versicherungsleistungen, die bislang mit der Pauschale abgedeckt worden seien, gar nicht erfasse. Maßstab für die Überprüfung der Klausel sei § 308 Nr. 4 BGB, weil es sich um einen Entgeltbestandteil handele. Dessen Anforderungen erfülle die Klausel nicht. Sie sei intransparent, weil sie die Widerrufsvoraussetzungen nicht im Einzelnen regle. Folge der Intransparenz sei die Unwirksamkeit der Norm. Eine ergänzende Vertragsauslegung komme nicht in Betracht. Die Beklagte hätte die Klausel innerhalb eines Jahres seit dem 01.01.2002 anpassen müssen. Zutreffend habe das Arbeitsgericht ebenfalls erkannt, dass die Dienstreiseordnung keine "neue Spesenregelung" im Sinne der arbeitsvertraglichen Regelungen darstelle. Sie sei weder "neu" noch eine Regelung im Sinne einer Vereinbarung.

Zur Hilfsaufrechnung behauptet er, die zugrunde liegenden Kosten beträfen eine Fahrt nach Gummersbach. Dieser Ort läge außerhalb seines vereinbarten Einsatzgebietes. Derartige Kosten seien niemals von der Pauschale erfasst worden, sondern auf der Grundlage von Einzelabrechnungen erstattet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs.6 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO), jedoch unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht entschieden, dass die Spesenpauschale nicht durch die Dienstreiseordnung vom 01.07.2004 abgelöst worden ist. Unabhängig von der Wirksamkeit des Widerrufs handelt es sich bei der Dienstreiseordnung schon nicht um eine Spesenregelung im Sinne von Ziffer 5 Abs. 5 Satz 2 der Anlage 2 zum BSB-Vertrag vom 11.05.1995. Darüber hinaus ist die Ablösungsregelung auch intransparent. Der Widerrufsvorbehalt verstößt zudem gegen § 308 Nr. 4 BGB.

Im Einzelnen:

A) Der Kläger hat gegen die Beklagte für die Monate Oktober, November und Dezember 2008 einen Anspruch auf Zahlung einer Spesenpauschale in Höhe von jeweils 920,84 € gem. § 611 Satz 2 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag vom 11.05.1995.

1. Im Arbeitsvertrag vom 11.05.1995 haben die Parteien ausweislich der Anlage 2 "Vereinbarung über die Dienstvergütung" die Zahlung einer Spesenpauschale vereinbart, deren Höhe von der Größe des zu betreuenden Vertriebsgebietes abhing. Dabei besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass dem Kläger für das von ihm zuletzt betreute Vertriebsgebiet eine Spesenpauschale in Höhe von 920,84 € zustand.

2. Die Abgeltung entstandener Aufwendungen durch Zahlung einer Spesenpauschale ist nicht durch das Schreiben der Beklagten vom 07.05.2008 beendet und durch eine Einzelabrechnung auf der Grundlage der Dienstreiseordnung abgelöst worden. Zwar hat die Beklagte dem Kläger in diesem Schreiben mitgeteilt, die Spesenpauschale entfalle ab dem 01.05.2008. Dieses Schreiben entfaltet jedoch keinerlei Rechtswirkungen, nachdem die Beklagte mit dem zeitlich späteren Schreiben vom 14.05.2008 den Widerruf der Spesenpauschale zum 30.09.2008 erklärt hat. Denn letzteres Schreiben enthält den Hinweis: "wir haben den Vorgang nochmals geprüft". Damit bringt die Beklagte zum Ausdruck, dass das Schreiben vom 01.05.2008 gegenstandslos sein soll.

3. Die Abgeltung entstandener Aufwendungen durch Zahlung einer Spesenpauschale ist auch nicht durch den Widerruf der Beklagten im Schreiben vom 14.05.2008 zum 30.09.2008 beendet und ab dem 01.10.2008 durch eine Einzelabrechnung auf der Grundlage der Dienstreiseordnung abgelöst worden.

a) Unabhängig von der Wirksamkeit des erklärten Widerrufs ist die Spesenpauschale bereits deshalb nicht durch die Dienstreiseordnung vom 01.07.2004 abgelöst worden, weil diese keine neue Spesenregelung im Sinne der arbeitsvertraglichen Vereinbarung darstellt. Denn zur Ablösung der Spesenregelung auf Grundlage von Ziffer 5 Abs. 5 Satz 2 der Anlage 2 zum BSB-Vertrag vom 11.05.1995 bedurfte es einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dies ergibt die Auslegung der vertraglichen Abreden.

Im Einzelnen:

aa) Bei den zwischen den Parteien in Anlage 2 zum BSB-Vertrag "Vereinbarung über die Dienstvergütung" vom 11.05.1995 getroffenen Abreden handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen.

(1) Die §§ 305 ff finden auf das Vertragsverhältnis der Parteien Anwendung. Zwar erfassen die §§ 305 ff in zeitlicher Hinsicht zunächst nur die Verträge, die nach dem 31.12.2001 abgeschlossen worden sind. Dieses Merkmal erfüllt die Vereinbarung vom 11.05.1995 nicht. Auf einen derartigen Altvertrag finden die §§ 305 ff aber seit dem 01.01.2003 Anwendung. Denn die Regelungen zur Gestaltung der Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes sind nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 5 EGBGB anzuwenden. Danach findet auf Dauerschuldverhältnisse, die vor dem 01.01.2002 begründet worden sind, vom 01.01.2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung Anwendung. Hierzu gehören auch die §§ 305 bis 310 BGB (BAG v. 12.01.2005 - 5 AZR 364/04 - NZA 2005, 465).

(2) Die Anlage 2 zum BSB-Vertrag "Vereinbarung über die Dienstvergütung" vom 11.05.1995 enthält in ihren Ziffern 1 bis 7 Allgemeine Geschäftsbedingungen.

Gem. § 305 Abs. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt. Es müssen also einerseits für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen vorliegen, die andererseits "gestellt" werden müssen.

Hier handelt es sich bei den zwischen den Parteien getroffenen Regelungen um Vertragsbedingungen, d.h. um Regelungen, die den Vertragsinhalt gestalten sollen. Sie sind auch vorformuliert und für eine Vielzahl von Verträgen aufgestellt. Die Beklagte hat nach den Feststellungen der Kammer ein Vertragsmuster verwendet, das sie in dieser Form für eine Vielzahl von Fällen verwendet hat. Dass es sich hierbei um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, ist zwischen den Parteien auch gar nicht streitig.

bb) Die Auslegung von Ziffer 5 Abs.5 Satz 2 der Anlage 2 zum BSB-Vertrag vom 11.05.1995 ergibt, dass unter dem Begriff der "neuen Spesenregelung" nur eine Parteivereinbarung verstanden werden kann.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG v. 06.05.2009 - 10 AZR 390/08 - Juris; BAG v. 10.12.2008 - 10 AZR 1/08 - AP Nr. 40 zu § 307 BGB; BAG v. 30.07.2008 - 10 AZR 606/07 - NZA 2008, 1173; BAG v. 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 - AP Nr. 32 zu § 307 BGB; BGH v. 21.09.2005 - VIII ZR 284/04 - DB 2005, 2575; BGH v. 19.01.2005 - XII ZR 107/01 - BGHZ 162, 39; BGH v. 14.07.2004 - VIII ZR 339/03 - NJW 2004, 2961).

(2) Unter Berücksichtigung dieser Auslegungsgrundsätze ergibt sich Folgendes:

Ausgehend vom Wortlaut der Bestimmung ist der Begriff Spesenregelung als solcher nicht trennscharf. Der Begriff "Regelung" bedeutet "das Regeln, das Geregeltsein" (Wahrig, Deutsches Wörterbuch 2006 Stichwort "Regelung"). Er ist von dem lateinischen Wort "regula" abgeleitet, das "Maßstab", "Richtschnur" bedeutet. Der Begriff erfasst also einen Maßstab für die Ordnung eines Sachverhaltes. Dieser kann sowohl einvernehmlich als auch einseitig gesetzt werden.

Indes ergibt sich aus dem weiteren Klauseltext, dass die beteiligten Verkehrskreise den Begriff "Regelung" nur im Sinne einer Vereinbarung verstehen können. Die konkrete Klausel lautet:

"Die Spesenregelung kann von X. mit einer Frist von 3 Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres gekündigt werden, ohne dass der Vertrag hiervon berührt wird. Sie gilt dann noch bis zum Inkrafttreten einer neuen Spesenregelung."

Schon die doppelte Verwendung des Begriffs "Spesenregelung" in Ziffer 5 spricht für eine Vereinbarung. Denn im ersten Satz des Absatzes 5 bezeichnet "Spesenregelung" eindeutig die einvernehmlich zwischen den Vertragspartnern getroffene Spesenregelung. Dies ergibt sich schon aus der Überschrift des Abschnitts, der gleichfalls "Spesenregelung" lautet. Die "Spesenregelung" ist aber gerade das, was die Parteien einvernehmlich in der Anlage 2 zum BSB-Vertrag vom 11.05.1995 vereinbart haben. Wenn dann auch der ablösende Tatbestand eine "Spesenregelung" sein soll, kann der Begriff aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise nur einheitlich verstanden werden. Denn für die beteiligten Verkehrskreise ist nicht ersichtlich, dass dem Begriff in Satz 2 eine andere Bedeutung zukommen soll.

Diese Auslegung wird auch dadurch bestätigt, dass sich die Regelung der Kündigungsmöglichkeit in Ziffer 5 Abs. 5 eindeutig von der in Ziffer 5 Abs. 3 getroffenen Regelung zur Änderung der Höhe der Pauschale unterscheidet. Ziffer 5 Abs. 3 betrifft nicht die Beseitigung der Spesenpauschale als solches, sondern nur die Höhe der Pauschale. Diese soll nach Ziffer 5 Abs. 3 in bestimmten Fällen "neu festgesetzt" werden können. Diese Wortwahl spricht für die einseitige Änderungsmöglichkeit der Höhe der Spesenpauschale bei der Änderung der Dienststellung, Tätigkeit oder des Arbeitsgebietes. Gerade in Abgrenzung zu dieser Bestimmung findet sich in Ziffer 5 Abs. 5 der Kündigungsmechanismus mit Fortgeltung der bisherigen Regelung bis zum Inkrafttreten einer neuen Spesenregelung. Hätte der Verwender nicht auf die einvernehmliche Spesenregelung abstellen wollen, wäre - wie im Absatz zuvor - ein Hinweis auf die Neufestsetzung erfolgt.

Darüber hinaus zeigt auch der vom Verwender gewählte Regelungsmechanismus selbst, also die "Teilkündigungsmöglichkeit" mit der Anordnung der Fortgeltung der bisherigen Regelung, dass unter einer neuen Spesenregelung nur eine einvernehmliche Regelung verstanden werden kann. Denn diese Anordnung wäre andernfalls überflüssig. Wenn ein Arbeitgeber die Spesenpauschale einseitig kündigt und eine Neuregelung wäre nicht erforderlich, träte ohnehin der gesetzliche Zustand ein, also die Einzelabrechnung der Spesen nach § 670 ff BGB. Deshalb gibt die Verwendung des Begriffs aus Sicht der beteiligten Kreise nur Sinn, wenn es zwischen den Parteien auch etwas zu verhandeln geben sollte. Denn der Zustand der Einzelabrechnung träte ohnehin als gesetzliche Folge der Beendigung der pauschalen Abgeltung ein. Hierzu hätte es keiner Aufnahme einer neuen Spesenregelung in den Vertragstext bedurft.

Weiterer Gesichtspunkt für das Erfordernis einer Vereinbarung ist die Nennung der Spesenpauschale in Ziffer 2 der Anlage unter der Rubrik "Festbezüge". Dies zeigt deutlich, dass die Spesenpauschale Gehaltsbestandteil sein sollte. Wenn die Kündigungsmöglichkeit dann mit der Fortgeltung der ursprünglichen Vereinbarung verknüpft wird, kann dies nur so verstanden werden, dass die Ablösung durch eine Vereinbarung erfolgen muss.

Dieses Auslegungsergebnis wird auch bestätigt durch die Überschrift der Anlage. Ausweislich der Überschrift handelt es sich bei den in der Anlage geregelten Bestandteilen der Festbezüge und der Spesenpauschale um die "Vereinbarung der Dienstvergütung". Die vereinbarte Dienstvergütung aber unterliegt der Vereinbarung und damit auch deren Änderung, wenn die Parteien sich für einen bestimmten Fall auf eine Neuregelung verständigt haben.

Dafür spricht auch die Art und Weise der Einbeziehung der Anlage in den Arbeitsvertrag. Ausgangspunkt der Spesenpauschale ist der Anstellungsvertrag vom 11.05.1995, also eine Vereinbarung. Dieser Vereinbarung haben die Parteien mehrere Anlagen beigefügt. Eine dieser Anlagen ist die Anlage zwei, die schon ausweislich der Bezeichnung auf Seite fünf des Arbeitsvertrages auch als "Vereinbarung", genauer "Vereinbarung über die Vergütung" bezeichnet worden ist. Die Anlage selbst ist dann überschrieben mit "Vereinbarung über die Dienstvergütung" mit dem Untertitel "Anlage 2 zum BSB-Vertrag vom 11.05.1995 mit Herrn I. U.". In dieser Anlage wird dann unter 2. "Festbezüge" das bereits in Ziffer 4 des Arbeitsvertrages geregelte Gehalt nach Tarifgruppe 9, 11. Berufsjahr in Höhe von 6.130,00 DM und die besondere Zulage in Höhe von 250,00 nochmals festgelegt. Ebenfalls unter der Auflistung Festbezüge findet sich die Festlegung der Spesenpauschale in Höhe von 2.050,00 DM brutto. Schon dieser Mechanismus zeigt, dass die beteiligten Kreise die Pauschale als Vereinbarung über die Vergütung verstanden haben mit der Konsequenz, dass eine Neuregelung auch nur durch eine Vereinbarung erfolgen kann.

Einen weiteren Gesichtspunkt hat das Arbeitsgericht zutreffend herausgearbeitet. Wenn eine einseitige Neufestsetzung der Spesenregelung durch die Klausel möglich wäre, ist nicht ersichtlich, weshalb die Neufestsetzung nur dem Arbeitgeber zustehen sollte. Denn auch eine derartige Einschränkung enthält die Regelung nicht. In gleicher Weise wäre dann der Arbeitnehmer berechtigt, eine Neuregelung zu bestimmen und es käme zu einem Wettlauf der Regelungsgeber.

cc) Mangels wirksamer Ablösung durch die Dienstreiseordnung greift die in Ziffer 5 Abs. 5 Satz 2 vereinbarte Übergangsregelung Platz. Danach gilt die Pauschalregelung bis zum Inkrafttreten einer neuen Spesenregelung, also auch für die Monate Oktober, November und Dezember 2008.

Da die Beklagte eine einvernehmliche Regelung mit dem Kläger gar nicht erst versucht hat, kann sie auch nicht geltend machen, dass sich der Kläger einer Neuregelung verschlossen habe und sich redlicherweise auf eine Spitzabrechnung hätte einlassen müssen.

b) Soweit man demgegenüber der Auslegung der Beklagten folgen und unter den Begriff "neue Spesenregelung" auch eine einseitige Regelung subsumieren wollte, hielte die Regelung in Ziffer 5 Abs. 5 Satz 2 der Anlage 2 zum BSB-Vertrag vom 11.05.1995 einer Inhaltskontrolle nicht stand. Die Klausel "Sie gilt dann noch bis zum Inkrafttreten einer neuen Spesenregelung" verstieße dann gegen die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB.

aa) Die Anwendung der Unklarheitenregel setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keine den klaren Vorzug verdient. Es müssen "erhebliche Zweifel" an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG v. 10.12.2008 - 10 AZR 1/08 - AP Nr. 40 zu § 307 BGB; BAG v. 30.07.2008 - 10 AZR 606/07 - NZA 2008, 1173; BAG v. 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 - AP Nr. 32 zu § 307 BGB).

Wollte man unter den Begriff der "neuen Spesenregelung" auch eine einseitige Regelung subsumieren, weil der Begriff "Spesenregelung" als solcher nicht trennscharf ist, bestünden erhebliche Zweifel in diesem Sinne. Denn die Subsumtion der Vereinbarung unter den Begriff der Spesenregelung ist nicht nur eine "entfernte Möglichkeit", zu einem anderen Ergebnis zu kommen, sondern ein mögliches Auslegungsergebnis, so dass der gegenteiligen Auffassung in keinem Falle ein klarer Vorrang zukommen kann. Damit aber blieben zwei Auslegungsergebnisse, die zur Unklarheit der Regelung führen würden.

Die Unklarheit wäre dann aber auch noch durch einen weiteren Gesichtspunkt begründet. Wenn der Begriff der Spesenregelung auch die einseitige Regelung erfassen würde, bliebe unklar, wer zur einseitigen Regelung befugt ist. Die Annahme der Beklagten, nur sie sei zur Regelung berechtigt, ist unter Berücksichtigung der Auslegungskriterien ein mögliches, aber nicht das ausschließliche Auslegungsergebnis.

bb) Bleibt nach der Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gem. § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders.

Soweit die Unwirksamkeit der Klausel die Rechtsstellung des Kunden verbessern würde, ist die Unklarheitenregel auch im Individualprozess zunächst umgekehrt anzuwenden, dh. es ist zu prüfen, ob die Klausel bei scheinbar kundenunfreundlichster Auslegung wegen Verstoßes gegen ein Klauselverbot unwirksam ist. Erst wenn sich die Klausel dann noch als wirksam erweist, ist die Unklarheitenregelung "direkt" anzuwenden (vgl. BAG v. 18.03.2008 - 9 AZR 186/07NZA 2008, 1004; Palandt/Heinrichs BGB 68. Aufl. § 305c Rn. 20; Däubler/Dorndorf/Bonin/Deinert/Däubler AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht § 305c BGB Rn. 35 mwN; vgl. auch BGH v. 10.05.1094 - XI ZR 65/93- NJW 1994, 1798).

Hier bedarf es der umgekehrten Anwendung der Unklarheitenregelung nicht, weil diese umgekehrte Anwendung die Rechtsstellung des Kunden nicht verbessern würde, sondern allenfalls zu einem gleichen Ergebnis führen könnte. Denn die kundenfreundlichste Auslegung der Klausel ist diejenige, die sich unter Zugrundelegung der Auffassung der Kammer oben a) bb) (2) zu Ziffer 5 Abs. 5 Satz 2 der Anlage zum BSB-Vertrag vom 11.05.1995 ergibt. Wendet man die Unklarheitenregelung mit diesem Auslegungsergebnis an, ist die bisherige Regelung nicht abgelöst worden. Eine weitere Verbesserung der Rechtsstellung kann auch durch die umgekehrte Anwendung der Unklarheitenregelung nicht eintreten.

cc) Diese Konsequenz der Unklarheitenregelung muss die Beklagte gegen sich gelten lassen, obwohl es sich um einen "Altfall" handelt. Zwar hat das BAG in den Fällen, in denen der Arbeitsvertrag vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geschlossen worden ist, erwogen, eine unwirksame Klausel nicht stets ersatzlos in Fortfall geraten zu lassen, sondern einen Lösungsweg über die ergänzende Vertragsauslegung zu suchen (vgl. dazu auch BAG v. 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 - NZA 2008, 40). Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor, da es nicht um die Unwirksamkeit der Klausel, sondern nur um das anzuwendende Auslegungsergebnis aufgrund der Unklarheitenregelung geht. Diese nun in § 305 c Abs. 2 BGB normierte Regelung war aber schon vor dem Inkrafttreten des AGB allgemein anerkannt und galt auch für Formulararbeitsverträge (BAG v. 10.12.2008 - 10 AZR 1/08 - AP Nr. 40 zu § 307 BGB; BAG v. 26.01.2005 - 10 AZR 331/04 - BAGE 113, 26%; BAG v. 18.08.1998 - 1 AZR 589/97 - NZA 1999, 659).

c) Darüber hinaus hält auch die als Widerrufsvorbehalt auszulegende Teilkündigungsmöglichkeit in Ziffer 5 Abs. 5 Satz 1 der Anlage 2 zum BSB-Vertrag vom 11.05.1995 der Inhaltskontrolle nicht stand. Sie verstößt gegen das Transparenzgebot des § 308 Nr. 4 BGB und führt ebenfalls zur Unwirksamkeit der Klausel.

aa) Die in der vertraglichen Vereinbarung enthaltene Teilkündigungsmöglichkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BAG in Übereinstimmung mit der Lehre in einen Widerrufsvorbehalt umzudeuten (BAG v. 14.11.1990 - 5 AZR 509/89 - NZA 1991, 377; BAG v. 25.02.1988 - 2 AZR 346/87 - NZA 88, 769; ErfK/Preis, 9. Aufl. § 305 - 310 BGB Rz.63; KR/Rost, 8. Aufl. § 2 KSchG Rz.51).

bb) Dieser Widerrufsvorbehalt unterliegt in vollem Umfang der Prüfung nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird, sind gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bei einem Verstoß gegen das Transparenzgebot unwirksam. Dieser eingeschränkten Kontrolle unterliegen Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen. Im Arbeitsverhältnis sind das vor allem die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt (BAG v. 14.03.2007 - 5 AZR 630/06 - NZA 2008, 45). Der inhaltlichen Überprüfung entzogen ist der Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht angenommen werden kann (BAG v. 14.03.2007 - 5 AZR 630/06 - NZA 2008, 45; BAG v. 27.07.2005 - 7 AZR 486/04 - AP Nr.6 zu § 307 BGB).

Die geregelte Pauschalierung der Aufwendungen nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB weicht von der gesetzlichen Regelung der Einzelabrechung in § 670 BGB ab. Auch handelt es sich bei der Abrede nicht um eine Preisabrede oder eine Leitungsbeschreibung, weil die Klausel weder unmittelbar das Arbeitsentgelt noch die Arbeitsleistung regelt. Insbesondere ist die Zahlung der Pauschale nicht Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachten Dienste, so dass der Anwendungsbereich des § 308 BGB eröffnet ist.

cc) Maßstab der Prüfung ist § 308 Nr. 4 BGB als lex specialis. Dieser Überprüfung hält die in Ziffer 5 Abs. 5 der Anlage 2 zum BSB-Vertrag vom 11.05.1995 nicht stand.

Nach § 308 Nr. 4 BGB ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen insbesondere die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders unwirksam, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte, die dem Arbeitgeber in einem von ihm vorformulierten Arbeitsvertrag das Recht einräumen, seine Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Vergütung einzuschränken, zu verändern, auszugestalten oder zu modifizieren, unterliegen damit einer gerichtlichen Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB (BAG v. 30.07.2008 - 10 AZR 606/07 - NZA 2008, 1173; BAG v. 25.04.2007 - 5 AZR 627/06 - AP Nr. 7 zu § 308 BGB).

(1) Die pauschale Abgeltung von Aufwendungen ist eine "versprochene Leistung" im Sinne von § 308 Nr. 4 BGB. Die Rechtsprechung des BAG grenzt die versprochenen Leistungen von den freiwilligen Leistungen ab (BAG v. 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 - NZA 2007, 87; BAG v. 12.01.2005 - 5 AZR 364/04 - NZA 2005, 465). Daraus folgt im Umkehrschluss, dass jede sonstige vereinbarte Mehrung des Vermögens des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber eine versprochene Leistung des Arbeitgebers darstellt. Dass es sich lediglich um einen Ausgleich für tatsächlich entstandene Aufwendungen handelt, ist für die Definition der Leistung als "versprochene Leistung" unerheblich. Denn der Gesetzestext gebietet keine Beschränkung des § 308 Nr. 4 BGB auf die Hauptleistung. Auch Nebenleistungen gehören zum Inhalt des Leistungsversprechens (Ulmer/Brandner/Hensen/H. Schmidt, AGB-Recht, 10. Aufl. § 308 Nr. 4 Rn. 4).

(2) Die Frage der Zumutbarkeit der Änderung ist aufgrund einer Abwägung zwischen den Interessen des Klauselverwenders an der Möglichkeit einer Änderung seiner Leistung und denen des anderen Vertragsteils an der Unveränderlichkeit der vereinbarten Leistung zu beurteilen. Dabei erscheint ein Änderungsvorbehalt, der sich nicht nur auf die Umstände der Leistungserbringung oder auf Nebenpflichten bezieht, sondern auch Inhalt und Umfang der Hauptleistung betrifft, als besonders nachteilig für den anderen Vertragsteil (BGH v. 30.06.2009 - XI ZR 364/08 - ZIP 2009, 1558; BGH v. 15.11.2007 - II ZR 247/06 - WM 2008, 308). Insbesondere eine Änderung des Äquivalenzverhältnisses zwischen den beiderseitigen Leistungen kann ein Indiz für die Unzumutbarkeit des Änderungsvorbehalts sein (Staudinger/Coester-Waltjen, BGB (2006), § 308 Nr. 4 Rn. 7; MünchKomm/Kieninger, BGB, 5. Aufl., § 308 Nr. 4 Rn. 7; Ulmer/Brandner/Hensen/H. Schmidt, AGB-Recht, 10. Aufl. § 308 Nr. 4 Rn. 9). Die Änderungsklausel muss ferner dem Grundsatz der Erforderlichkeit genügen (BGH v. 30.06.2009 - XI ZR 364/08 ZIP 2009, 1558; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, AGB-Recht, 5. Aufl., § 308 Nr. 4 Rn. 24). Weiterhin ist erforderlich, dass die Klausel in ihren Voraussetzungen und Folgen für den anderen Vertragsteil zumindest ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit der möglichen Leistungsänderungen gewährleistet (BGH v. 30.06.2009 - XI ZR 364/08 ZIP 2009, 1558; BGH v. 15.11.2007 - II ZR 247/06 - WM 2008, 308).

Auf dieser Grundlage ist der vereinbarte Widerrufsvorbehalt zwar zumutbar, aber in seinen Voraussetzungen nicht klar geregelt.

Der Widerrufsvorbehalt ist wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse, als Instrument der Anpassung notwendig, weil die Entwicklung der tatsächlichen Aufwendungen und die Höhe der Pauschale während des Arbeitsverhältnisses auseinander fallen können. Insofern besteht ein nachvollziehbares Interesse des Arbeitgebers an der Flexibilisierung der pauschalen Abgeltung der Aufwendungen (BAG v. 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 - NZA 2007, 87).

Die Regelung wird aber den formalen Anforderungen der §§ 308 Nr. 4, 307 BGB nicht gerecht. Denn erforderlich ist, dass sich aus der Regelung selbst ergibt, in welchen Fällen die Spesenpauschale widerrufen werden darf.

Vor dem Hintergrund des § 308 Nr. 4 BGB gewinnt auch das Transparenzgebot besondere Bedeutung. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB (BAG v. 30.07.2008 - 10 AZR 606/07 - NZA 2008, 1173; BAG v. 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 - NZA 2008, 40; BAG v. 25.04.2007 - 5 AZR 627/06 - AP Nr. 7 zu § 308 BGB).

Dies erfordert es insbesondere, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel hat im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so eindeutig und so verständlich wie möglich darzustellen. Doch darf das Transparenzgebot den Verwender nicht überfordern (BAG v. 27.08.2008 - 5 AZR 820/07 - NZA 2009, 49; BAG v. 31.08.2005 - 5 AZR 545/04 - BAGE 115, 372).

Deshalb muss der Maßstab von § 307 Abs. 1 und 2 sowie des § 308 Nr. 4 im Text der Klausel zum Ausdruck kommen. Es muss sich aus der Regelung selbst ergeben, dass der Widerruf nicht ohne Grund erfolgen darf (BAG v. 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 - NZA 2007, 87; BAG v. 12.1.2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140; BGH v. 17.02.2004 - XI ZR 140/03 - BGHZ 158, 149).

Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, wann er mit einem Widerruf der Regelung durch den Arbeitgeber zu rechnen hat. Dies gilt nicht nur bei Widerrufsvorbehalten, mit denen der Arbeitgeber Entgeltbestandteile beseitigen kann. Denn auch bei einer Spesenpauschale muss für den Arbeitnehmer klar sein, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber zur Spitzabrechnung übergehen kann. Ergibt sich dies - wie hier - nicht unmittelbar aus dem Text der Klausel, ist die Bestimmung unwirksam.

dd) Der unwirksame Widerrufsvorbehalt fällt ersatzlos weg.

Eine geltungserhaltende Reduktion kommt von vornherein nicht in Betracht. Unwirksame Klauseln sind grundsätzlich nicht auf einen mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführen (BAG v. 10.12.2008 - 10 AZR 1/08 - DB 2009, 684; BAG v. 30.07.2008 - 10 AZR 606/07 - NZA 2008, 1173).

Allerdings will das BAG für Altfälle nicht stets die Konsequenz des ersatzlosen Wegfalls der Klausel ziehen (schon oben 3. c) cc). Eine durch den Wegfall der unwirksamen Klausel entstandene Lücke könne im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen sein, wenn dispositives Gesetzesrecht für den betreffenden Regelungssachverhalt nicht zur Verfügung steht und ein ersatzloser Wegfall der unwirksamen Klausel unverhältnismäßig in die Privatautonomie eingreifen und keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragspartner Rechnung tragende Lösung bieten würde (vgl. nur BAG v. 23.01.2007 - 9 AZR 482/06; BAG v. 10.12.2006 - 9 AZR 294/06; BAG v. 12.01.2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140).

Diese Sichtweise wird dem Willen des Gesetzgebers nicht gerecht. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB hat allen Arbeitgebern eine einjährige Übergangsfrist bis zum 01.01.2003 eingeräumt. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber selbst zu erkennen gegeben, inwieweit er bereit ist, einen Vertrauensschutz zu gewähren. Für die Zeit nach dem 01.01.2003 ist es daher nicht gerechtfertigt, Vertrauensschutz anzuwenden, wenn der Arbeitgeber es - wie hier - nicht versucht hat, die unwirksamen Klauseln der neuen Gesetzeslage anzupassen (so zutreffend: BAG v. 10.12.2008 - 10 AZR 1/08 - DB 2009, 684).

4. Die von der Beklagten erklärte hilfsweise Aufrechnung hat nicht gem. §§ 387, 389 BGB zum Erlöschen der Forderung in Höhe von 69,75 € geführt. Denn die Aufrechnung ist unzulässig. Die Forderungen sind schon nicht gleichartig.

a) Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann, § 387 BGB. Voraussetzung der Aufrechnung sind demnach u.a. die Gegenseitigkeit und die Gleichartigkeit der Forderungen. Der Aufrechnende muss Gläubiger der Gegenforderung und Schuldner der Hauptforderung sein, der Aufrechnungsgegner Schuldner der Gegenforderung und Gläubiger der Hauptforderung. Gleichartigkeit bedeutet, dass es sich um den gleichen Gegenstand handelt (Palandt/Heinrichs, 68. Aufl. § 387 Rz.8).

b) Zwar handelt es sich bei beiden Forderungen um Geldforderungen, die dem Grunde nach gleichartig sind. Allerdings hat der Kläger eine Bruttoforderung geltend gemacht. Demgegenüber handelt es sich bei der Gegenforderung der Beklagten um eine Nettoforderung. Für die Aufrechnung einer Bruttoforderung gegen eine Nettoforderung ist anerkannt, dass Gleichartigkeit nicht besteht. Denn diese Forderungen sind strikt voneinander zu unterscheiden. Wesentliches Merkmal der Bruttoansprüche ist, dass von ihnen noch Steuern und die Sozialversicherungsabgaben abzuführen sind. Demgegenüber stehen dem Arbeitnehmer Nettoansprüche ohne weitere Abzüge zu. Wegen der unterschiedlichen Rechtsqualität handelt es sich, obgleich es sich in beiden Fällen um Geldschulden handelt, nicht um gleichartige Forderungen im Sinne von § 387 BGB (BAG v. 15.03.2005 - 9 AZR 502/03 - NZA 2005, 683; BAG v. 22.03.2000 - 4 AZR 120/99 - Juris; LAG Schleswig-Holstein v. 21.01.2009 - 3 Sa 317/08 - Juris; LAG Köln v. 18.02.2008 - 14 Sa1029/07 - LAGE § 138 ZPO 2002 Nr. 1; ErfK/Preis, 9. Aufl. § 611 BGB Rz. 450). Nichts anderes gilt für die Aufrechung einer Nettoforderung gegen eine Bruttoforderung. Denn auch hier kann der Umfang der Rechtskraft nicht eindeutig ermittelt werden.

c) Darüber hinaus hat die Beklagte ihren behaupteten Gegenanspruch auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

Der Anspruch der Beklagten kann sich nur aus einer ungerechtfertigten Bereicherung des Klägers ergeben. Dann müsste der Kläger gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB etwas ohne Rechtsgrund erlangt haben.

Die Beklagte behauptet, sie sei zur Aufrechnung berechtigt, weil sie dem Kläger - unstreitig - Fahrtkosten in Höhe von 69,75 € erstattet habe, worauf er im Falle der Fortgeltung der Pauschale keinen Anspruch habe. Der Kläger hat demgegenüber erläutert, der Fahrtkostenerstattung läge eine Fahrt nach Gummersbach zugrunde, einem Ort der unstreitig außerhalb seines Betreuungsgebietes liegt. Derartige Kosten seien zu keiner Zeit von der Pauschale erfasst gewesen und bislang stets über Einzelabrechnungen vergütet worden.

Dieser substantiierten Einlassung des Klägers ist die Beklagte nicht mehr entgegengetreten.

Im Falle der Leistungskondiktion ist der Bereicherungsgläubiger grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtig für das Fehlen des rechtlichen Grundes (BGH v. 14.12.1994 - IV ZR 304/93 - NJW 1995, 662). Dabei unterliegt der Bereicherungsschuldner in Einzelfällen einer gesteigerten sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Gründe, aus denen sich ergeben soll, dass er das Geleistete behalten darf. Dies insbesondere, wenn der Gläubiger außerhalb des von ihm zu beweisenden Geschehensablaufs steht. Dann legt die Rechtsprechung dem Gegner der primär behauptungs- und beweisbelasteten Partei eine (sekundäre) Behauptungslast auf, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt (BGH v. 03.05.2002 - V ZR 115/01 - NJW RR 2002, 1280; BAG v. 20.11.2003 - 8 AZR 580/02 - NZA 2004, 489).

Dies ist hier nicht der Fall. Der Kläger hat eingehend dargestellt, woraus sich der Rechtsgrund für sein Behaltendürfen der Leistung ergeben soll. Er hat darauf hingewiesen, dass es sich um eine Fahrt außerhalb seines Betreuungsgebietes handelte und diese Fahrten stets separat abgerechnet worden seien. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass die Höhe der Spesenpauschale schon nach der Vereinbarung nur für das jeweilige Betreuungsgebiet festgelegt worden ist, insoweit also nur die Kosten für das Betreuungsgebiet abdecken sollte. Vor diesem Hintergrund hätte die Beklagte auf diese Einlassung substantiiert und unter Beweisantritt erwidern müssen. Dies ist nicht erfolgt.

B) Auch die Zinsansprüche sind gerechtfertigt. Sie beruhen auf §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich mit der Zahlung der geltend gemachten Beträge zu den geltend gemachten Zahlungszeitpunkten in Verzug.

Verzug ist die schuldhafte Nichtleistung trotz Fälligkeit und Mahnung. Entsprechend den allgemeinen Fälligkeitsregelungen ist das Gehalt des Klägers fällig zum Monatsende. Mangels anderweitiger Abreden erfasst diese Fälligkeitsregelung auch die Zahlung der Spesenpauschale. Das ist zwischen den Parteien auch nicht streitig.

Einer Mahnung durch den Kläger bedurfte es gem. § 286 Abs.2 Nr.1 BGB nicht. Denn aufgrund der eindeutigen Regelung war für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt. Die Nichtleistung hat der Schuldner auch zu vertreten, § 286 Abs.4 BGB.

Die Höhe der Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1. Danach ist eine Geldschuld während des Verzuges zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

Dabei kann der Arbeitnehmer diesen Zinssatz auch aus dem Bruttobetrag verlangen. Der Schuldner kommt nach § 284 BGB mit der gesamten Bruttovergütung in Verzug, wenn er nach dem Eintritt der Fälligkeit nicht leistet. Das steuerrechtliche Zuflussprinzip beeinflusst Fälligkeit und Verzug nicht. Der Arbeitgeber, der keine Vergütung zahlt, gerät nicht etwa nur mit dem Nettoanspruch in Verzug, denn die Lohnsteuer ist als Teil des Bruttolohnanspruchs mit diesem zusammen und wie dieser zu erfüllen (BAG GS v. 07.03.2001 - GS 1/00 - AP Nr. 4 zu § 288 BGB; BAG v. 17.04.1985 - 5 AZR 74/84 - BAGE 48, 229).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 97 Abs. 1 ZPO. Danach fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels der Person zur Last, die es eingelegt hat.

III.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht liegen vor. Die Kammer ist bei ihrer Entscheidung von der Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Baden-Württemberg vom 14.02.2008 - 21 Sa 66/07 - abgewichen. Damit besteht der Revisionsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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