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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 06.09.2005
Aktenzeichen: 16 Ta 478/05
Rechtsgebiete: ZPO, InsO


Vorschriften:

ZPO § 727 Abs. 1
InsO § 201 Abs. 1
InsO § 215 Abs. 2
1. Ist ein Vollstreckungstitel (hier aus einem Arbeitsverhältnis) gegen den Insolvenzverwalter erwirkt worden und wird später das Insolvenzverfahren mangels Masse nach § 207 InsO eingestellt, kann bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Titelumschreibung nach § 727 ZPO auf den Schuldner als Rechtsnachfolger des Insolvenzverwalters erfolgen.

2. Eine Titelumschreibung ist jedoch mangels Rechtsschutzinteresses abzulehnen, wenn der Titel keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Die Titelumschreibung wäre vollstreckungsrechtlich wertlos.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

16 Ta 478/05

In dem Klauselerteilungsverfahren

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf am 06.09.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kaup beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 13.07.2005 gegen den Zurückweisungs-Beschluss des Arbeitsgerichts Krefeld vom 28.06.2005 6 Ca 84/05 -, zugestellt am 01.07.2005, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Beschwerdewert: 600,00 €.

Gründe: I. Die Antragstellerin war seit Juni 1969 als Arbeitnehmerin bei dem Antragsgegner und späteren Gemeinschuldner beschäftigt. Am 17.07.2001 wurde über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter beendete das Arbeitsverhältnis durch Kündigung zum 31.10.2001. In einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht wegen rückständiger Gehaltsansprüche aus dem Zeitraum 17.07.2005 bis 31.10.2005 schlossen die Antragstellerin und der Insolvenzverwalter am 02.02.2005 einen Vergleich. In ihm heißt es: 1. Der beklagte Insolvenzverwalter erkennt die ... geltend gemachte Forderung in Höhe von 1.434,38 € brutto nebst Zinsen ... an. 2. Die Klägerin verzichtet bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Mit Beschluss vom 17.02.2005 stellte das Amtsgericht das Insolvenzverfahren mangels kostendeckender Masse nach § 207 InsO ein. Unter Bezug auf den Vergleich vom 02.02.2005 beantragt die Antragstellerin nunmehr, den Titel auf den früheren Gemeinschuldner/Antragsgegner umzuschreiben und Vollstreckungsklausel zu erteilen. Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. II. 1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig: Zuständig für die Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen in den Fällen unter anderem des § 727 ZPO ist gemäß § 20 Nr. 12 RPflG der Rechtspfleger. Gegen dessen Entscheidungen im ersten Rechtszug, mit der dieser die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung bzw. Titelumschreibung (§ 727 ZPO) ablehnt, ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 793, 567 Abs. 1 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben (Zöller/Stöber, ZPO 25. Aufl., § 727 Rdn. 29 und § 724 Rdn. 13). Dieses ist hier von der Beschwerdeführerin form- und fristgerecht (§ 569 ZPO) eingelegt worden. 2. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die beantragte Titelumschreibung (§ 727 ZPO) im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Es fehlt bereits an dem dafür erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. a) Zutreffend ist allerdings, worauf die Antragstellerin zu Recht hinweist, dass mit der Einstellung des Insolvenzverfahrens nach § 207 InsO das Amt des Insolvenzverwalters endet. Der Insolvenzschuldner erhält nach § 215 Abs. 1 Satz 1 InsO das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen. Gemäß § 215 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 201 Abs. 1 InsO können Insolvenzgläubiger ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen. Dies gilt auch, wenn es sich wie hier um Masseverbindlichkeiten (hier aus einem Arbeitsverhältnis) nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO handelt. Der Insolvenzschuldner ist nach Verfahrenseinstellung Schuldner sowohl der vor Verfahrenseröffnung bereits bestehenden Forderungen als auch der vom Insolvenzverwalter begründeten Masseverbindlichkeiten (Uhlenbruck, InsO 12. Aufl., § 207 Rdn. 16 m. w. N.). Ist ein Titel, wie es hier mit Abschluss des Vergleichs vom 02.02.2005 erfolgt ist, gegen den Insolvenzverwalter erwirkt worden, wird mit der Einstellung des Insolvenzverfahrens der Insolvenzschuldner kraft Gesetzes Rechtsnachfolger des Insolvenzverwalters und damit auch Rechtsnachfolger im Sinne des § 727 ZPO (ebenso MünchKommZPO Wolfsteiner, 2. Aufl., § 727 Rdn. 27; vgl. auch Zöller/Stöber, ZPO 25. Aufl., § 727 Rdn. 18). Bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 727 ZPO stünde einer Titelumschreibung nichts im Wege. b) Diese scheitert im vorliegenden Fall indessen daran, dass der Vergleich vom 02.02.2005, um dessen Umschreibung es hier geht, keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Zwar hat der Insolvenzverwalter in Ziffer 1 des Vergleichs die Forderung der Antragstellerin in dort näher bezeichneter Höhe rechtsverbindlich anerkannt. Dieses Anerkenntnis enthält jedoch keinen für eine Geldforderung erforderlichen vollstreckungsfähigen Zahlungstitel. Der vollstreckbare Anspruch muss im Vollstreckungstitel inhaltlich bestimmt sein. Er muss auf eine Leistung gerichtet sein (vgl. auch Lackmann, ZwangsvollstreckungsR, 5. Aufl., Rdn. 55). Ein bloßes Anerkenntnis, eine bestimmte Summe zu schulden, genügt dem ebenso wenig wie eine bloße Feststellung. Es fehlt an der im Titel erforderlichen Klarheit, mit der der Gerichtsvollzieher (§ 753 ZPO) ersehen kann, dass es sich um eine zur Zahlung anstehende beitreibbare Forderung handelt. Mangels vollstreckungsfähigen Inhalts kann eine Klausel nicht erteilt werden. Die von der Antragstellerin beantragte Titelumschreibung nach § 727 ZPO kann nicht erfolgen. Das dafür erforderliche Rechtsschutzinteresse ist zu verneinen. Die Titelumschreibung wäre für die Antragstellerin vollstreckungsrechtlich wertlos. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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