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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.09.2005
Aktenzeichen: 17 Sa 1965/04
Rechtsgebiete: BetrAVG, GG, BGB, ArbGG


Vorschriften:

BetrAVG § 1 Abs. 1 Satz 1
BetrAVG § 1 b Abs. 1 Satz 4
GG Art. 3 Abs. 1
BGB § 242
ArbGG § 67 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

17 Sa 1965/04

Verkündet am 14. September 2005

In Sachen

hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 07.09.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Grigo als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Franzen und den ehrenamtlichen Richter Schulz

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.11.2004 - 12 Ca 4784/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte an den Kläger eine Betriebsrente zahlen muss. Der Kläger ist am 19.01.1941 geboren. Er war vom 01.09.1993 bis zum 31.01.2004 bei dem Beklagten als Referent für Umwelt- und Energiepolitik beschäftigt; mit Wirkung vom 01.01.1995 wurde sein Arbeitsgebiet um die Geschäftsführung der Fachvereinigung Flachglasindustrie e. V. und der Fachvereinigung Spezialglasindustrie e. V. erweitert. Ab dem 01.02.2002 arbeitete der Kläger in Altersteilzeit. Vor Eintritt in die Altersteilzeit stellte sich seine monatliche Bruttovergütung auf 5.831,55 €, während der Altersteilzeit auf 3.158,75 €. Seit dem 01.02.2004 bezieht der Kläger Altersrente von der BfA.

Der Beklagte ist ein Wirtschaftsverband der Glasindustrie und Dachverband einer Anzahl von Fachvereinigungen mit derzeit vier Mitarbeitern. Bei Einstellung des Klägers beschäftigte der Beklagte noch durchschnittlich 10 bis 12 Mitarbeiter, darunter mehrere Referenten/Geschäftsführer von Fachvereinigungen.

Die vom 12.10.1990 datierte "Richtlinie für die Gewährung von einzelvertraglichen Pensionszusagen an Führungskräfte des Bundesverbandes" (im Folgenden: "Richtlinie 90") bestimmt u. a. Folgendes:

"1. Eine einzelvertragliche Pensionszusage können Geschäftsführer und Referenten des Bundesverbandes erhalten. Über die Gewährung entscheidet der Vorstand des Bundesverbandes im Einzelfall.

2. Die Zusage wird erst erteilt, wenn der Empfänger mindestens das 40. Lebensjahr vollendet und dem Bundesverband mindestens 5 Jahre angehört hat.

3. Für den Inhalt der Zusage ist der anliegende Mustervertrag maßgeblich.

4. Die Leistungen nach Ziff. 11 der Zusage betragen für die ersten 10 Dienstjahre 15 % des pensionsfähigen Einkommens."

Der Mustervertrag, auf den zu Ziff. 3 der "Richtlinie 90" verwiesen wird, lautet, soweit hier von Interesse:

"Sehr geehrter Herr ...,

in Ergänzung Ihres Dienstvertrages vom 00.00.00 erhalten Sie hiermit vom Bundesverband Glasindustrie und Mineralfaserindustrie e. V. (im Folgenden "Bundesverband" genannt) eine einzelvertragliche Pensionszusage:

1. Nach Erfüllung der jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen gewährt der Bundesverband Ihnen bzw. Ihren Hinterbliebenen als Pensionsleistungen:

- Alterspension,

- vorgezogene Alterspension,

- Invalidenpension,

- Witwen- und Waisenpension.

Die Höhe der Leistungen richtet sich nach der anrechnungsfähigen Dienstzeit und dem pensionsfähigen Einkommen.

2. Die Pensionsleistungen werden gewährt, wenn Sie

- bei Eintritt des Versorgungsfalles eine anrechnungsfähige Dienstzeit von mindestens 10 Jahren (Wartezeit) beim Bundesverband abgeleistet haben und in einem Arbeitsverhältnis zum Bundesverband stehen,

- infolge Eintritt des Versorgungsfalles aus den Diensten des Bundesverbandes ausscheiden.

11. Als Alterspension, vorgezogene Alterspension oder Invalidenpension erhalten Sie nach dem vollendeten 10. Dienstjahr 15 % Ihres pensionsfähigen Einkommens."

Mit seiner am 28.06.2004 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage beansprucht der Kläger ab dem 01.02.2004 Versorgungsleistungen i. H. v. 15 % der Bruttovergütung nach dem Stand Januar 2002. Er beziffert die Rückstände der Monate Februar bis Mai 2004 mit insgesamt 3.498,92 € und fordert zudem künftige Leistung mit monatlich 874,73 € ab Juni 2004. Der Kläger begründet seine Forderung vorrangig damit, dass ihm der damalige Geschäftsführer E. anlässlich seiner Einstellung eine Versorgungszusage auf der Grundlage der "Richtlinie 90" zugesichert habe. E. habe dies mit Schreiben vom 24.04.2004 an Rechtsanwalt K. (den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers) ausdrücklich bestätigt. Auch aus dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung sei ihm ein solcher Rechtsanspruch erwachsen, da der Beklagte allen mit ihm vergleichbaren Führungskräften eine entsprechende Zusage erteile. Zumindest aus der gebotenen Wahrung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes erwachse ihm deshalb ein Versorgungsanspruch. In der Vergangenheit seien den Geschäftsführern und Referenten betriebliche Altersversorgungszusagen erteilt worden, so etwa dem Mitarbeiter K.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.498,92 € zu zahlen nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 874,73 € brutto jeweils seit dem 01.03.2004, 01.04.2004, 03.05.2004 und 01.06.2004,

2. den Beklagten weiterhin zu verurteilen, an ihn 874,73 € monatlich an jedem letzten eines Monats, nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit diesem Tage, beginnend mit dem Monat Juni 2004 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er stellt die Versorgungszusage durch E. in Abrede, erachtet im Übrigen den diesbezüglichen Vortrag des Klägers als unsubstantiiert und verweist zudem auf die nicht gewahrte Schriftform einer etwaigen Zusage, wie sie § 14 des vom 09.07.1993 datierten Arbeitsvertrages zwingend für jede Ergänzung des Vertrages vorsehe. Auf eine betriebliche Übung könne sich der Kläger ebenso wenig stützen wie auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Einerseits weise Ziff. 1 der "Richtlinie 90" unmissverständlich aus, dass Versorgungszusagen allein der ungebundenen Entscheidung des Vorstandes im Einzelfalle unterlägen. Andererseits fehle es mit der ausschließlichen Verweisung des Klägers auf die dem Mitarbeiter K. gewährte Versorgung an der schlüssigen Darlegung eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 05.11.2004 abgewiesen. Es hat die Erteilung einer wirksamen Versorgungszusage anlässlich des Einstellungsgesprächs verneint, weil eine derartige Zusage nur der Vorstand habe erteilen können und der Kläger eine Bevollmächtigung des Geschäftsführers E. nicht dargelegt habe. Auch stehe die Schriftformklausel des Arbeitsvertrages jeglicher bindenden Zusage entgegen. Da dem Kläger bekannt gewesen sei, dass Versorgungsleistungen nur aufgrund von Einzelzusagen gewährt würden, hindere dies im Übrigen einen Anspruch aus betrieblicher Übung. Der Gleichbehandlungsgrundsatz streite nicht zu Gunsten des Klägers, weil die Versorgungszusage des K. auf Gründen beruht habe, die einen sachlich gerechtfertigten Differenzierungsgrund darstellten; anders als K., dessen frühere Versorgung der Beklagte fortführe, habe sich der Kläger seine Versorgungsansprüche gegenüber seinem vormaligen Arbeitgeber , der Fa. T. Glaswerke abgelten lassen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er wendet ein, das Arbeitsgericht habe fehlerhaft angenommen, dass die Zusage des Geschäftsführers E. nicht wirksam sei. Überdies müsse es als "Generalzusage" oder Selbstbindung der Beklagten gewertet werden, dass streitlos bei seiner Einstellung die Pensionsregelung für Führungskräfte zur Sprache gekommen sei. Auf jeden Fall habe er aus betrieblicher Übung und/oder aufgrund des Gleichbehandlungsgebots einen Anspruch auf Gewährung der Versorgungsleistungen nach Maßgabe der "Richtlinie 90". Da der Beklagte allen Führungskräften nach Erfüllung der in der "Richtlinie 90" aufgestellten Anspruchsvoraussetzungen Versorgungsleistungen - wenn gleich unterschiedlich ausgestaltet - zahle, dürfe er ihn, den Kläger, hiervon nicht ausnehmen. Ein Sachgrund zur Differenzierung liege vor allem nicht deshalb vor, weil er sich frühere Versorgungsansprüche habe abgelten lassen. Er mache nicht etwa die Fortführung der Versorgungszusage aus einem früheren Arbeitsverhältnis oder die Berücksichtigung diesbezüglicher Beschäftigungszeiten geltend.

Der Kläger beantragt nunmehr,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.11.2004 - 12 Ca 4784/04 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

1. an ihn 3.498,92 € brutto zu zahlen nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 874,73 € brutto seit dem 01.03.2004, 01.04.2004, 03.05.2004 und 01.06.2004.

2. an ihn 874,73 € brutto monatlich an jedem letzten Werktag eines Monats zu zahlen nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit diesem Tage, beginnend mit dem Monat Juni 2004.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, das Arbeitsgericht habe zu Recht eine rechtswirksame einzelvertragliche Versorgungszusage verneint. Aus den vom Kläger angeführten Einzelzusagen, in der Berufungsinstanz nunmehr auch im Falle des Mitarbeiters F., sei eine betriebliche Übung nicht herzuleiten. Abgestellt auf diese zudem unterschiedlich ausgestalteten Zusagen scheitere die Berufung des Klägers auf den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften und den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, gegen die keine Zulässigkeitsbedenken bestehen, hat in der Sache keinen Erfolg. Eine Versorgungsverpflichtung der Beklagten besteht weder aufgrund einer dem Kläger einzelvertraglich erteilten Versorgungszusage noch aus betrieblicher Übung oder aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes.

I.

Im Anschluss an das Arbeitsgericht tritt auch die Berufungskammer dem Kläger nicht darin bei, dass ihm seitens des damaligen Geschäftsführers E. anlässlich seiner Einstellung im Jahre 1993 eine Versorgungszusage in der nunmehr beanspruchten Ausgestaltung erteilt wurde.

1. Zwar spricht entgegen der Auffassung erster Instanz vieles dafür, dass die Wirksamkeit einer Zusage nicht schon an der fehlenden Schriftform scheitern würde. Der rechtsgeschäftlich begründete Formzwang, hier nach Maßgabe von § 14 des vom 09.07.1993 datierten Arbeitsvertrages der Parteien, kann im Hinblick auf künftige Änderungen oder Ergänzungen des Arbeitsvertrages durch die Arbeitsvertragsparteien jederzeit, auch formlos und etwa konkludent, aufgehoben werden. Ausreichend ist, dass die Arbeitsvertragsparteien das formlos vereinbarte übereinstimmend gewollt haben, da sie gegenüber ihrer eigenen Formbestimmung souverän bleiben müssen - vgl. BAG, Urteil vom 10.01.1989 - AP Nr. 57 zu § 74 HGB.

Ebenso unbenommen wäre es E. - eine Bevollmächtigung zu einer Versorgungszusage unterstellt gewesen, ungeachtet der in der "Richtlinie 90" vorgesehenen Wartefrist von fünf Jahren dem Kläger bereits anlässlich des Einstellungsgesprächs eine derartige Zusage zu machen.

2. Darauf, ob, wie der Beklagte einwendet, E. zu einer derartigen Zusage nicht befugt bzw. bevollmächtigt war, kommt es letztlich jedoch ebenso wenig an, wie auf die Entscheidung zur Frage des möglichen Schriftformmangels, da der Kläger nicht schlüssig vorgetragen hat, eine solche Zusage seitens des E. erhalten zu haben.

a) Der Kläger trägt vor, E. habe ihm gegenüber anlässlich des Einstellungsgesprächs Erklärungen abgegeben, wie dieser sie in dem Schreiben vom 24.04.2004 nochmals dokumentiert habe. Dabei versteht der Kläger den Inhalt des Schreibens als Bestätigung einer ihm anlässlich seiner Einstellung erteilten Versorgungszusage.

b) Diese Auslegung hält einer Nachprüfung nicht stand, der Sachvortrag des Klägers ist damit nicht hinlänglich schlüssig.

Aus dem Schreiben vom 24.04.2004 ergibt sich nicht, dass E. dem Kläger eine Versorgungszusage gemacht hat. E. räumt lediglich ein, dass das Versorgungswerk der Beklagten zur Sprache gekommen sei, dies mit der Maßgabe, dass "die Versorgungsordnung" für den Personenkreis der Führungskräfte, zu denen auch der Kläger rechnete, nach 10jähriger Betriebzugehörigkeit eine Versorgungszusage vorsehe. Weiter heißt es in dem Schreiben: "Eigentlich gehe ich davon aus, dass ihr Mandant einen Abdruck der Versorgungsordnung in Händen hält". Diese Ausführungen bestätigen alles andere als eine dem Kläger anlässlich seiner Einstellung erteilte Versorgungszusage. Verwiesen wird mit der "Versorgungsordnung" allein auf die "Richtlinie 90" und die dort festgeschriebenen Voraussetzungen und nähere Ausgestaltung einer betrieblichen Altersversorgung. Wenn der Inhalt des Schreibens mit dem tatsächlichen Geschehen anlässlich der Einstellung des Klägers übereinstimmt, wie der Kläger behauptet, hat E. dem Kläger einen schlichten Hinweis zu möglichen Versorgungsansprüche erteilt und nicht, wie vom Kläger vertreten, eine originäre Versorgungszusage gemacht.

II.

Die "Richtlinie 90" stellt sich gleichfalls nicht als rechtsbegründende "Generalzusage" dar. Die "Richtlinie 90" und der Text des hier zu Ziffer 3) in Bezug genommenen Mustervertrages regeln nur, was gilt, wenn eine Zusage vorliegt.

III.

Der Kläger hat auch nicht aufgrund betrieblicher Übung eine Versorgungszusage, aus der er einen Anspruch auf die geforderten Leistungen herleiten könnte.

1. Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das den Inhalt des Arbeitsverhältnisses gestaltet und geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten schließen durften, ihnen werde die Leistung auch künftig gewährt - st. Rspr. des BAG, vgl. etwa BAG, Urteil vom 25.06.2002 - AP Nr. 50 zu § 16 BetrAVG, zu B I 1 der Gründe m.w.N. Dabei ist die betriebliche Übung im Bereich der betrieblichen Altersversorgung als Rechtsquelle vom Gesetzgeber ausdrücklich anerkannt (§ 1 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Für die betriebliche Übung als anspruchsbegründende Tatsache trägt der jeweilige Kläger nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast. Insoweit gilt allerdings eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Ein Arbeitnehmer, der keinen Einblick in die Betriebsinterna seines Arbeitgebers hat, kann nicht im Einzelnen anführen, welche Erwägungen über Jahre hinweg eine Rolle gespielt haben. Zunächst genügt es von daher, dass der Arbeitnehmer die Umstände darlegt, die den Eindruck einer festen Übung erwecken. Alsdann obliegt es dem Arbeitgeber, seine Praxis offenzulegen und gegebenenfalls den Anschein einer betrieblichen Übung zu erschüttern - BAG, Urteil vom 29.10.1985 - AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG Betriebliche Übung.

2. Abgestellt auf diese Grundsätze steht der Berufung des Klägers auf eine betriebliche Übung zwar nicht entgegen, dass ausweislich der "Richtlinie 90" Versorgungsleistungen aufgrund von Einzelzusagen gewährt werden. Die tatsächliche Handhabe des Beklagten könnte durchaus i.S. einer betrieblichen Übung anspruchsbegründend sein, wenn dem Kläger der Eindruck vermittelt wurde, dass Führungskräfte durchgängig in den Genuss einer betrieblichen Altersversorgung kamen. Für einen solchen Fall wäre die tatsächliche Erteilung einer förmlichen Zusage lediglich deklaratorischer Natur. Das Arbeitsgericht hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass das Vorbringen des Klägers auch insoweit wiederum unschlüssig ist. Zunächst entspricht seine pauschale Einlassung, "alle Führungskräfte erhielten Versorgung nach Maßgabe der Richtlinie 90" nicht der ihm obliegenden Darlegungslast. Der erstinstanzlich vom Kläger angeführte Fall des Mitarbeiters K. vermag als Einzelfall ebenso wenig zu indizieren, dass dessen Versorgung auf der allgemeinen Praxis des Beklagten beruhte. Dabei hat das Arbeitsgericht zu Recht ergänzend darauf abgestellt, dass diesem Mitarbeiter nicht einmal eine Versorgung nach Maßgabe der "Richtlinie 90" geleistet wird. Zudem lässt die Verweisung auf die dem Mitarbeiter F. erteilte Versorgungszusage, hier nach der "Richtlinie 90", nicht den Schluss zu, demzufolge bekomme jede sog. Führungskraft eine entsprechende Versorgung. Dem steht schon die anders geartete Versorgung des K. entgegen.

IV.

Der Kläger kann schließlich den geltend gemachten Anspruch auf Betriebsrente nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

1. Ein Versorgungsanspruch wegen Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, für deren Vorliegen wiederum der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist, setzt voraus, dass einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund schlechter gestellt werden. Für die vorgenommene Abgrenzung der verschiedenen Gruppen muss es billigenswerte Gründe geben. Billigenswert sind Differenzierungsgründe, die unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Leistung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und gegen keine verfassungsrechtlichen oder sonstigen übergeordneten Wertentscheidungen verstoßen - vgl. BAG, Urteile vom 23.04.2002 und vom 10.12.2002 - AP Nr. 54 und 56 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung.

2. Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt her ist eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu Lasten des Klägers nicht festzustellen und das Klagebegehren deshalb nicht gemäß § 1 b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG gerechtfertigt.

a) Eine Gruppenbildung, von der er unzulässigerweise ausgenommen wurde, hat der Kläger nicht hinlänglich spezifiziert dargelegt. Er hat weder in erster Instanz noch in der Berufungsbegründung erläutert, aus welchen ihm bekannten Tatsachen sich ergeben soll, dass der Beklagte mit ihm vergleichbaren "Führunskräften", unter welchen Umständen und nach welchen Grundsätzen Versorgungsleistungen zugesagt hat. Wie schon im Hinblick auf die in Anspruch genommene betriebliche Übung hat der Kläger seinen erstinstanzlich unzulänglichen Sachvortrag in der Berufungsbegründung nicht hinlänglich vertieft und dem Einzelfall des Mitarbeiters K. lediglich den anders gelagerten Versorgungsfall des Mitarbeiters F. hinzugefügt. Gleichermaßen reicht auch im Zusammenhang der Prüfung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes die Behauptung einer angeblich unstreitigen Praxis des Beklagten, allen Führungskräften Versorgungszusagen zu geben, nicht als Vortrag aus. Die darlegungsbelastete Partei muss ihren Vortrag so konkret halten, dass er vom Gegner bestritten und vom Gericht durch Beweiserhebung überprüft werden kann. Dieser Anforderung wird der Kläger auch in der Berufungsbegründung nicht gerecht.

b) Der spezifiziertere Vortrag des Klägers mit Schriftsatz vom 06.09.2005 war zudem gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 ArbGG als verspätet zurückzuweisen.

aa) Nach § 67 Abs. 4 Satz 1 ArbGG muss neuer Sachvortrag, soweit er in der Berufungsinstanz nicht ohnehin nach Maßgabe von § 67 Abs. 2 und 3 ArbGG präkludiert ist, vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung vorgebracht werden. Ansonsten sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren nur noch in Ausnahmefällen zuzulassen. Zulässig sind sie einerseits, wenn sie erst nach der Berufungsbegründung entstanden sind. Früher entstandene Angriffs- und Verteidigungsmittel sind zum anderen dann zu berücksichtigen, wenn sie nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würden oder nicht auf Verschulden der Partei beruhen - § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG.

bb) Im Streitfalle liegt keiner dieser Ausnahmetatbestände des § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG vor mit der Folge, dass der Vortrag des Klägers mit Schriftsatz vom 06.09.2005 nicht zuzulassen war.

(1) Kenntnis der Fälle der nunmehr benannten fünf Mitarbeiter, denen der Klageforderung entsprechende Versorgungszusagen gemacht worden sein sollen, hatte der Kläger, wie er in der letzten mündlichen Verhandlung einräumte, bereits vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist.

(2) Es wäre auch eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits für den Fall der Zulassung des ergänzenden Sachvortrages eingetreten. Die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe den fünf konkret aufgeführten Mitarbeitern Versorgungszusagen nach Maßgabe der "Richtlinie 90" erteilt und damit - soweit ihm bekannt - allen mit ihm vergleichbaren Mitarbeitern der Führungsebene, ist erheblich. Sollte sich dies bestätigen, käme für die Klageforderung der Gleichbehandlungsgrundsatz als Anspruchsgrundlage in Betracht. Andererseits war bei Berücksichtigung dieses Vortrages die Anberaumung eines neuen Termins ungeachtet der Präsenz des klägerseits benannten Zeugen E. erforderlich. Der Zeuge hätte im Termin vom 07.09.2005 zwar vernommen werden können. Selbst bei einem Ergebnis der Beweisaufnahme, das der unter Beweis gestellten Behauptung des Klägers entsprach, wäre jedoch eine Vertagung geboten gewesen, da der Beklagte sich zu der Einlassung des Klägers nicht abschließend erklären konnte. Weder der Prozessbevollmächtigte noch der anwesende Geschäftsführer Dr. O. vermochten zu dem neuen Vorbringen des Klägers vollständig und der Wahrheit gemäß (§ 138 Abs. 1 ZPO) Stellung zu nehmen. Dies hatte seinen Grund insbesondere darin, dass Dr. O. die Geschäftsführung des Beklagten erst zum 01.01.2003 übernommen hatte und sich deshalb nicht ohne nähere Rückfragen zu den neu vom Kläger vorgetragenen "Pensionärsfällen" erklären konnte.

(3) Der Kläger vermochte dem späten Vortrag erst mit Schreiben vom 06.09.2005 auch nicht genügend zu entschuldigen. Verschulden i.S.v. § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG liegt selbst bei leichter Fahrlässigkeit vor, da das Gesetz einen besonderen Verschuldensmaßstab nicht nennt. Nach diesem Maßstab ist der vom Kläger vorgetragene Grund einer schweren Erkrankung seiner Ehefrau nicht geeignet, zu entschuldigen, dass er sein Vorbringen zurückgehalten hat. Es ist nicht nachvollziehbar, aufgrund welchen Krankheitsbildes seiner Ehefrau der Kläger gehindert gewesen sein sollte, die hier in Rede stehende Kenntnis einer Vielzahl von Versorgungszusagen seinem Prozessbevollmächtigten bereits anlässlich der Fertigung der Berufungsbegründungsschrift zu vermitteln. Sollte dies andererseits geschehen sein, wäre die verspätete Umsetzung einer solchen Information dem Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO als schuldhaft zuzurechnen.

B.

Die Berufung des Klägers war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und daher für den Kläger die Revision an das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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